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Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
eines Beschlusses des Gemeinsamen Bundesausschusses
über eine Neufassung der Soziotherapie-Richtlinie

Vom 22. Januar 2015

Der Gemeinsame Bundesausschuss hat in seiner Sitzung am 22. Januar 2015 die Richtlinie über die Durchführung von Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung (Soziotherapie-Richtlinie/ST-RL) beschlossen:

I.

„Richtlinie
des Gemeinsamen Bundesausschusses
über die Durchführung von Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung
(Soziotherapie-Richtlinie/ST-RL)

§ 1

Grundlagen und Ziele

(1) 1Die vom Gemeinsamen Bundesausschuss gemäß § 37a und § 92 Absatz 1 Satz 2 Nummer 6 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) beschlossene Richtlinie regelt Voraussetzungen, Art und Umfang der Versorgung mit Soziotherapie in der vertragsärztlichen Versorgung. 2Dazu gehören auch Inhalt und Umfang der Zusammenarbeit der verordnenden Ärztin oder des verordnenden Arztes mit dem Erbringer der soziotherapeutischen Leistung (soziotherapeutischer Leistungserbringer).

(2) 1Schwer psychisch Kranke sind häufig nicht in der Lage, Leistungen, auf die sie Anspruch haben, selbständig in Anspruch zu nehmen. 2Soziotherapie nach § 37a SGB V soll ihnen die Inanspruchnahme ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen ermöglichen. 3Sie soll Patienten durch Motivierungsarbeit und strukturierte Trainingsmaßnahmen helfen, psychosoziale Defizite abzubauen; Patienten sollen in die Lage versetzt werden, die erforderlichen Leistungen zu akzeptieren und selbständig in Anspruch zu nehmen. 4Sie ist koordinierende und begleitende Unterstützung und Handlungsanleitung für schwer psychisch Kranke auf der Grundlage von definierten Therapiezielen. 5Dabei kann es sich auch um Teilziele handeln, die schrittweise erreicht werden sollen.

(3) 1Soziotherapie kann verordnet werden, wenn dadurch Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt wird oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist. 2Sie kommt auch in Betracht, wenn bisher kein stationärer Aufenthalt stattgefunden hat. 3Die Erbringung von Soziotherapie erfolgt bedarfsgerecht und ist an einer wirtschaftlichen Mittelverwendung zu orientieren. 4Bei der Verordnung von Soziotherapie sind die in §§ 2 und 3 festgelegten Indikationen und Kriterien zu beachten.

(4) Die Durchführung der Soziotherapie setzt einen mit der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt und der oder dem Versicherten abgestimmten und vom soziotherapeutischen Leistungserbringer zu erstellenden soziotherapeutischen Betreuungsplan voraus, mit dessen Hilfe die verschiedenen Elemente und Ziele des ärztlichen Behandlungsplans erreicht werden sollen.

(5) Soziotherapie findet überwiegend im sozialen Umfeld der Patientin oder des Patienten statt.

(6) Soziotherapie umfasst die Koordination der im Rahmen des ärztlichen Behandlungsplans festgelegten Maßnahmen.

(7) Soziotherapie unterstützt einen Prozess, der Patienten einen besseren Zugang zu ihrer Krankheit ermöglicht, indem Einsicht, Aufmerksamkeit, Initiative, soziale Kontaktfähigkeit und Kompetenz gefördert werden.

(8) Für die medizinische Behandlung relevante Informationen, die der soziotherapeutische Leistungserbringer durch die Betreuung der oder des Versicherten gewinnt, sollen durch die Zusammenarbeit zwischen ihm und der verordnenden Ärztin oder dem verordnenden Arzt für die Behandlung nutzbar gemacht werden.

§ 2

Indikation und Therapiefähigkeit

(1) Die Indikation für Soziotherapie ist gegeben bei einer Beeinträchtigung der Aktivitäten (Fähigkeitsstörungen) in mindestens einem der in Absatz 2 aufgeführten Bereiche und einem Ausmaß gemäß Absatz 3 wegen einer schweren psychischen Erkrankung gemäß Absatz 4 sowie bei den in Absatz 5 genannten Fällen.

(2) 1Der Soziotherapie bedürfen Versicherte, bei denen durch schwere psychische Erkrankung hervorgerufene Beeinträchtigungen der Aktivitäten dazu führen, dass sie in ihren Fähigkeiten zur selbständigen Inanspruchnahme ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen erheblich beeinträchtigt sind. 2Dies trifft zu, wenn folgende Beeinträchtigungen (alternativ oder kumulativ) gegeben sind:

Beeinträchtigung durch Störungen des Antriebs, der Ausdauer und der Belastbarkeit, durch Unfähigkeit zu strukturieren, durch Einschränkungen des planerischen Denkens und Handelns sowie des Realitätsbezuges,
Störungen im Verhalten mit Einschränkung der Kontaktfähigkeit und fehlender Konfliktlösungsfähigkeit,
Einbußen im Sinne von Störungen der kognitiven Fähigkeiten, wie Konzentration und Merkfähigkeit, der Lernleistungen sowie des problemlösenden Denkens,
krankheitsbedingt unzureichender Zugang zur eigenen Krankheitssymtomatik und zum Erkennen von Konfliktsituationen und Krisen.

(3) 1Zur Bestimmung des Ausmaßes der Beeinträchtigung der Aktivität soll die GAF*-Skala herangezogen werden. 2Orientierungswert ist 40 (höchstens 50).

(4) 1Schwere psychische Erkrankungen in diesem Sinne sind solche aus den Bereichen des schizophrenen Formenkreises (ICD-10-Nummern: F20.0 bis 20.6 [Schizophrenie], 21 [schizotype Störung], 22 [anhaltende wahnhafte ­Störung], 24 [induzierte wahnhafte Störung] und 25 [schizoaffektive Störung]) und der affektiven Störungen (ICD-10-Nummern: F31.5 [gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer bipolaren affektiven Störung], 32.3 [schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen] und 33.3 [gegenwärtig schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen im Rahmen einer rezividierenden depressiven Störung]). 2Bei ­Verordnungen nach § 5 Absatz 2 genügt auch der Verdacht auf eine schwere psychische Erkrankung.

(5) Schwer psychisch Erkrankte mit Diagnosen aus dem Bereich F00 bis F99, die nicht unter § 2 Absatz 4 der Richtlinie genannt sind, erhalten in begründeten Einzelfällen eine ärztliche Verordnung von Soziotherapie, wenn bei der oder dem Versicherten in Abweichung des in Absatz 3 genannten GAF-Wertes hier ein GAF-Wert 40 gilt und wenn sich aufgrund der Gesamtsituation und nach fachärztlicher Einschätzung eine medizinische Erforderlichkeit insbesondere aus einem der nachfolgend genannten Kriterien ergibt:

relevante Co-Morbiditäten (psychiatrische, wie z. B. Persönlichkeitsstörungen oder Suchterkrankungen, oder somatische, wie z. B. Mobilitätseinschränkungen oder chronische Schmerzerkrankungen),
stark eingeschränkte Fähigkeit zur Planung, Strukturierung und Umsetzung von Alltagsaufgaben,
eingeschränkte Fähigkeit zur selbständigen Inanspruchnahme ärztlicher und ärztlich verordneter Leistungen sowie zur Koordination derselben, oder
stark eingeschränkte Wegefähigkeit.

1Kontraindikationen müssen ausgeschlossen werden. 2Die übrigen Voraussetzungen der Absätze 1 bis 3 gelten entsprechend. 3Diese Verordnungen unterliegen § 9 der Richtlinie (Genehmigung von Soziotherapie).

(6) 1Um das Ziel der Soziotherapie erreichen zu können, soll die Patientin oder der Patient über das hierzu notwendige Mindestmaß an Belastbarkeit, Motivierbarkeit und Kommunikationsfähigkeit verfügen und in der Lage sein, einfache Absprachen einzuhalten. 2Dies ist nicht gegeben, wenn keine langfristige Verminderung der in § 2 Absatz 2 genannten Fähigkeitsstörungen und kein längerfristig anhaltendes Erreichen der soziotherapeutischen Therapieziele zu erwarten ist.

§ 3

Leistungsinhalt

(1) Soziotherapie umfasst die im Folgenden aufgeführten Leistungen, welche den Patienten zur selbständigen Inanspruchnahme ärztlicher oder ärztlich verordneter Maßnahmen befähigen sollen.

(2) Folgende Leistungen sind in jedem Fall zu erbringen:

a)
Erstellung des soziotherapeutischen Betreuungsplans: Die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt, der soziotherapeutische Leistungserbringer und die oder der Versicherte wirken bei der Erstellung des soziotherapeutischen Betreuungsplans zusammen.
b)
Koordination von Behandlungsmaßnahmen und Leistungen: Der soziotherapeutische Leistungserbringer koordiniert die Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung und verordneter Leistungen für die Patientin oder den Patienten gemäß dem soziotherapeutischen Betreuungsplan. Dies umfasst sowohl aktive Hilfe und Begleitung als auch Anleitung zur Selbsthilfe. Dabei soll der soziotherapeutische Leistungserbringer die Patienten zur Selbständigkeit anleiten und sie so von der soziotherapeutischen Betreuung unabhängig machen.
c)
Arbeit im sozialen Umfeld: Der soziotherapeutische Leistungserbringer analysiert die häusliche, soziale und berufliche Situation der Patientin oder des Patienten und kann zur Unterstützung Familienangehörige und den Freundes- und Bekanntenkreis einbeziehen. Um die Therapieziele zu erreichen, kann er die Patientin oder den Patienten an komplementäre Dienste heranführen.
d)
Soziotherapeutische Dokumentation: Der soziotherapeutische Leistungserbringer dokumentiert fortlaufend Ort, Dauer und Inhalt der Arbeit mit und für die Patientin oder den Patienten und deren oder dessen Entwicklung; er berichtet der verordnenden Fachärztin oder dem verordnenden Facharzt über den Stand der Behandlung (bei gravierender Befundänderung um­gehend). Die soziotherapeutische Dokumentation enthält insbesondere Angaben zu:
den durchgeführten soziotherapeutischen Maßnahmen (Art und Umfang),
dem Behandlungsverlauf und
den bereits erreichten bzw. den noch verbliebenen Therapie(teil)zielen.

(3) Folgende Leistungen können gegebenenfalls aufgrund der Struktur der spezifischen Patientenprobleme vom soziotherapeutischen Leistungserbringer erbracht werden:

a)
Motivations(antriebs)relevantes Training: Mit der Patientin oder dem Patienten werden praktische Übungen zur Verbesserung von Motivation, Belastbarkeit und Ausdauer durchgeführt. Sie finden im Lebensumfeld der Patientin oder des Patienten statt.
b)
Training zur handlungsrelevanten Willensbildung: Das Training beinhaltet die Einübung von Verhaltensänderungen, Übungen zur Tagesstrukturierung und zum planerischen Denken. Dabei ist Hilfestellung bei der Bewältigung von Konflikten zu geben und eine selbständige Konfliktlösung bzw. Konfliktvermeidung einzuüben.
c)
Anleitung zur Verbesserung der Krankheitswahrnehmung: Diese beinhaltet Hilfen beim Erkennen von Krisen (Frühwarnzeichen) und zur Krisenvermeidung, sowie die Förderung der Compliance und von gesunden Persönlichkeitsanteilen.
d)
Hilfe in Krisensituationen: Bei auftretenden Krisen erfolgt entsprechende Hilfe, gegebenenfalls auch aufsuchend, zur Vermeidung erheblicher Verschlimmerung sowohl der Krankheit als auch der häuslichen, sozialen und beruflichen Situation der Patientin oder des Patienten.
§ 4

Ärztliche Verordnung

(1) 1Die Befugnis zur Verordnung von Soziotherapie bedarf der Genehmigung durch die Kassenärztliche Vereinigung. 2Die Genehmigung ist auf Antrag zu erteilen, wenn die Antragstellerin oder der Antragsteller nachweist, dass sie oder er die im Folgenden aufgeführten Voraussetzungen erfüllt. 3Die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt muss in der Lage sein, die Indikation für die Soziotherapie (einschließlich der Feststellung, ob dadurch gegebenenfalls Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt werden kann oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist) zu stellen, deren Ablauf und Erfolg zu kontrollieren und in Absprache mit dem soziotherapeutischen Leistungserbringer gegebenenfalls notwendige fachliche Korrekturen am soziotherapeutischen Betreuungsplan vorzunehmen.

(2) Folgende Fachärztinnen oder Fachärzte dürfen Soziotherapie verordnen:

Fachärztin oder Facharzt für Neurologie,
Fachärztin oder Facharzt für Nervenheilkunde,
Fachärztin oder Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie,
Fachärztin oder Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie,
Fachärztin oder Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie (in therapeutisch begründeten Fällen in der Übergangsphase ab dem 18. Lebensjahr bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs).

1Die in der Richtlinie verwendeten, Facharzt-, Schwerpunkt- und Zusatzbezeichnungen richten sich nach der (Muster-)Weiterbildungsordnung der Bundesärztekammer und schließen auch die Ärztinnen und Ärzte ein, welche eine entsprechende Bezeichnung nach altem Recht in den jeweiligen Bundesländern führen. 2Zusätzlich ist deren Erklärung über die Kooperation in einem gemeindepsychiatrischen Verbund oder in vergleichbaren Versorgungsstrukturen notwendig.

(3) Eine Verordnung zur Soziotherapie kann ferner erfolgen durch:

psychiatrische Institutsambulanzen nach § 118 SGB V oder
Fachärztinnen und Fachärzte (nach Absatz 2) der psychiatrischen Institutsambulanzen.

(4) Andere Vertragsärztinnen und -ärzte können Patienten zu einer Ärztin oder einem Arzt überweisen, der gemäß Absatz 1 bis 3 qualifiziert ist, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass bei dieser oder diesem Versicherten eine der in § 2 beschriebenen Indikationen vorliegt und sie oder er aufgrund dessen nicht in der Lage ist, ärztliche oder ärztlich verordnete Leistungen selbständig in Anspruch zu nehmen und wenn durch die Verordnung von Soziotherapie Krankenhausbehandlung vermieden oder verkürzt werden kann oder wenn diese geboten, aber nicht ausführbar ist.

(5) 1Kommt die überweisende Ärztin oder der überweisende Arzt aufgrund seiner Kenntnis des Einzelfalles zu der Auffassung, dass die oder der Versicherte nicht in der Lage ist, diese Überweisung selbständig in Anspruch zu nehmen, kann ein soziotherapeutischer Leistungserbringer per Verordnung hinzugezogen werden.2Diese Verordnung erfolgt auf dem hierfür vereinbarten Vordruck („Verordnung bei Überweisung zur Indikationsstellung bei Soziotherapie gemäß § 37a SGB V“).

(6) 1Ziel dieser Verordnung ist die Motivierung der Patientin oder des Patienten, die Überweisung wahrzunehmen. 2Zur Erreichung dieses Zieles stehen dem soziotherapeutischen Leistungserbringer maximal 5 Therapieeinheiten zur ­Verfügung. 3Diese werden auf das Gesamtkontingent der Soziotherapie angerechnet, wenn es zur Verordnung von Soziotherapie gemäß Absatz 1 bis 3 kommt.

(7) 1Lässt es sich nicht erreichen, dass die Patientin oder der Patient die Überweisung zu einer Ärztin oder einem Arzt nach Absatz 1 bis 3 wahrnimmt, oder kommt es nicht zur Verordnung von Soziotherapie durch eine Ärztin oder einen Arzt nach Absatz 1 bis 3, sind die maximal 5 vom soziotherapeutischen Leistungserbringer erbrachten Therapie­einheiten dennoch berechnungsfähig. 2Die Abrechnung dieser Leistungen erfolgt auf dem oben genannten Vordruck.

(8) 1Für denselben Zeitraum ist die Verordnung von Maßnahmen der Soziotherapie neben inhaltlich gleichen Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege ausgeschlossen. 2Die Verordnung von Maßnahmen der Soziotherapie neben den Leistungen der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege ist für denselben Zeitraum möglich, wenn sich diese Leistungen aufgrund ihrer spezifischen Zielsetzung ergänzen (vergleiche hierzu Häusliche Krankenpflege-Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses). 3Sowohl im soziotherapeutischen Betreuungsplan als auch im Behandlungsplan der psychiatrischen häuslichen Krankenpflege sind die Notwendigkeit, die Dauer sowie die Angrenzung der Leistungen zueinander darzulegen.

§ 5

Leistungsumfang

(1) 1Die Dauer und die Frequenz der soziotherapeutischen Betreuung sind abhängig von den individuellen medizinischen Erfordernissen. 2Es können bis zu 120 Stunden je Krankheitsfall innerhalb eines Zeitrahmens von höchstens drei Jahren erbracht werden. 3Unter einem Krankheitsfall im Sinne dieser Richtlinie ist eine Phase der Behandlungsbedürftigkeit bei einer der in § 2 aufgeführten Indikationen von bis zu drei Jahren zu verstehen. 4Soweit alle übrigen Leistungsvoraussetzungen erfüllt sind, kommt nach Ablauf von drei Jahren erneut die Gewährung von Soziotherapie in Betracht, auch wenn dem Therapiebedarf unverändert dieselbe Krankheitsursache zugrunde liegt.

(2) 1Vor der ersten Verordnung nach § 4 Absatz 1 bis 3 können bis zu 5 Probestunden verordnet werden, die auf diese Verordnung angerechnet werden. 2Die Verordnung von Probestunden zur Abklärung der Therapiefähigkeit der Patientin oder des Patienten und Erstellung des soziotherapeutischen Betreuungsplans kann maximal zweimal pro Jahr für eine Versicherte oder einen Versicherten erfolgen. 3Verordnungen gemäß § 4 Absatz 1 bis 3 können jeweils bis maximal 30 Therapieeinheiten ausgestellt werden. 4Verordnet werden dürfen nur so viele Therapieeinheiten, wie zur Erreichung des Therapiezieles oder bis zur Feststellung, dass dieses nicht erreichbar sein wird, erforderlich scheinen.

(3) 1Eine Soziotherapieeinheit umfasst 60 Minuten. 2Die Therapieeinheiten können in kleinere Zeiteinheiten maßnahmebezogen aufgeteilt werden. 3Dies ist in der soziotherapeutischen Dokumentation (Zeitaufwand) entsprechend zu vermerken.

(4) 1Soziotherapie wird in der Regel als Einzelmaßnahme erbracht. 2Soziotherapie kann in Absprache von Ärztin oder Arzt und soziotherapeutischem Leistungserbringer in besonderen Fällen auch in gruppentherapeutischen Maßnahmen erbracht werden. 3Dabei kann die Gruppengröße je nach Zielsetzung einer Sitzung bis zu 12 Teilnehmer umfassen. 4Bei gruppentherapeutischen Maßnahmen umfasst die Soziotherapieeinheit 90 Minuten. 5Dadurch darf jedoch das maximale Gesamtkontingent für Soziotherapie von 120 Zeitstunden nicht überschritten werden.

§ 6

Vorbereitung, Planung und Erfolgskontrolle

(1) 1Die Ärztin oder der Arzt unterstützt die Patientin oder den Patienten bei der Auswahl des geeigneten soziotherapeutischen Leistungserbringers gemäß § 132b SGB V. 2Die verordnende Ärztin oder der verordnende Arzt nimmt Kontakt mit dem soziotherapeutischen Leistungserbringer auf und bespricht die Patientenproblematik und die sich daraus ergebende Betreuung.

(2) Im soziotherapeutischen Betreuungsplan müssen enthalten sein:

Anamnese,
Diagnose,
aktueller Befund mit Art und Ausprägung der Fähigkeitsstörungen der Patientin oder des Patienten und Schweregrad gemäß GAF,
plausible Darstellung der angestrebten Therapieziele und der hierfür erforderlichen Teilschritte (Nahziel und Fernziel),
die zur Erreichung der Therapieziele vorgesehenen therapeutischen Maßnahmen,
die zeitliche Strukturierung der therapeutischen Maßnahmen,
Prognose.

(3) 1Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt hat sich über den Erfolg der verordneten Maßnahmen zu vergewissern. 2Sollte sich im Verlauf der Behandlung herausstellen, dass die Patientin oder der Patient nicht geeignet ist oder die definierten Therapieziele nicht erreichen kann, ist die Soziotherapie abzubrechen. 3Entsprechendes gilt bei vorzeitigem Erreichen der Therapieziele. 4Die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt teilt dies unverzüglich unter Angabe der Gründe der Krankenkasse mit.

§ 7

Zusammenarbeit mit dem Krankenhaus

(1) Informiert ein Krankenhaus die Vertragsärztin oder den Vertragsarzt gemäß § 4 Absatz 1 bis 3 über die Möglichkeit, eine Versicherte oder einen Versicherten vorzeitig zu entlassen, ist gegebenenfalls unter Hinzuziehung eines soziotherapeutischen Leistungserbringers zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die Verordnung von Soziotherapie erfüllt sind.

(2) Wird während der Soziotherapie eine stationäre Behandlung notwendig, die die Weiterführung der Soziotherapie nach dem Betreuungsplan nicht möglich macht, umfasst die Soziotherapie auch den Kontakt mit der Patientin oder dem Patienten, um eine frühestmögliche Entlassung zu erreichen und in Absprache mit der verordnenden Vertragsärztin oder dem verordnenden Vertragsarzt die Wiederaufnahme und Weiterführung der Soziotherapie sicherzustellen.

§ 8

Zusammenarbeit mit dem soziotherapeutischen Leistungserbringer

(1) Zur Sicherstellung der Leistungserbringung wirkt die Vertragsärztin oder der Vertragsarzt mit dem soziotherapeutischen Leistungserbringer und der Krankenkasse der oder des Versicherten eng zusammen und koordiniert die dafür erforderliche Zusammenarbeit.

(2) Soziotherapeutischer Leistungserbringer, verordnende Ärztin oder verordnender Arzt und Patientin oder Patient stimmen sich in regelmäßigen Zeitabständen ab, mindestens jeden zweiten Monat, obligat vor und nach den 5 Probestunden sowie vor jeder Folgeverordnung, um die soziotherapeutischen Leistungen unter Berücksichtigung des Therapieverlaufs hinsichtlich der Therapieziele anzupassen.

§ 9

Genehmigung von Soziotherapie

(1) 1Mit Ausnahme der Verordnung nach § 4 Absatz 5 und 6 (bis zu 5 Stunden) sowie nach § 5 Absatz 2 (5 Stunden) bedarf jede Verordnung von Soziotherapie der vorherigen Genehmigung durch die Krankenkasse der oder des Versicherten. 2Dazu ist der soziotherapeutische Betreuungsplan gemäß dem entsprechenden Vordruck vorzulegen. 3Wurden Probestunden verordnet, ist bei der gegebenenfalls folgenden Verordnung von Soziotherapie der soziotherapeutische Betreuungsplan gemäß dem entsprechenden Vordruck zusammen mit der Verordnung für die Probestunden vorzulegen. 4Eine Genehmigung der Krankenkasse ist auch bei den Ausnahmefällen nach Satz 1 erforderlich, wenn insgesamt mehr als 5 Stunden Soziotherapie verordnet werden.

(2) 1Die Krankenkassen können im Rahmen des Genehmigungsverfahrens mit der Prüfung der verordneten Maßnahmen der Soziotherapie den Medizinischen Dienst der Krankenkassen beauftragen. 2Falls erforderlich, sind dem Medizinischen Dienst vom soziotherapeutischen Leistungserbringer ergänzende Angaben zum Betreuungsplan gemäß § 6 Absatz 2 zu übermitteln. 3Werden verordnete Soziotherapieeinheiten nicht oder nicht in vollem Umfang genehmigt, ist die verordnende Vertragsärztin oder der verordnende Vertragsarzt unverzüglich unter Angabe der Gründe über die Entscheidung der Krankenkasse zu informieren.

(3) Die Krankenkasse übernimmt bis zur Entscheidung über die Genehmigung die Kosten für die von der Vertragsärztin oder vom Vertragsarzt verordneten und vom soziotherapeutischen Leistungserbringer erbrachten Leistungen entsprechend der vereinbarten Vergütung nach § 132b SGB V, wenn die Verordnung spätestens am dritten – der Ausstellung folgenden – Arbeitstag der Krankenkasse vorgelegt wird.“

II.

Regelung zum Inkrafttreten

Die Richtlinie tritt am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Die Tragenden Gründe zu diesem Beschluss werden auf den Internetseiten des Gemeinsamen Bundesausschusses unter www.g-ba.de veröffentlicht.

Berlin, den 22. Januar 2015

Gemeinsamer Bundesausschuss
gemäß § 91 SGB V

Der Vorsitzende
Hecken
*
Global Assessment of Functioning Scale in: DSM-IV-TR (Text Revision) von 2000, in deutscher Fassung von 2003, S. 24f.