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Bundesministerium
für Arbeit und Soziales

Zweite Verordnung
über zwingende Arbeitsbedingungen für die Pflegebranche
(Zweite Pflegearbeitsbedingungenverordnung – 2. PflegeArbbV)

Vom 27. November 2014

Auf Grund des § 11 Absatz 1 und 2 in Verbindung mit Absatz 3 des Arbeitnehmer-Entsendegesetzes vom 20. April 2009 (BGBl. I S. 799) verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales, nachdem es den in den Geltungsbereich dieser Rechtsverordnung fallenden Arbeitgebern und Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern sowie den ­Parteien von Tarifverträgen, die zumindest teilweise in den fachlichen Geltungsbereich dieser Rechtsverordnung fallen, und paritätisch besetzten Kommissionen, die auf der Grundlage kirchlichen Rechts Arbeitsbedingungen für den Bereich kirchlicher Arbeitgeber in der Pflegebranche festlegen, Gelegenheit zur schriftlichen Stellungnahme gegeben hat:

§ 1

Geltungsbereich

(1) Diese Verordnung gilt für Pflegebetriebe. Dies sind Betriebe und selbstständige Betriebsabteilungen, die überwiegend ambulante, teilstationäre oder stationäre Pflegeleistungen oder ambulante Krankenpflegeleistungen für Pflegebedürftige erbringen. Keine Pflegebetriebe im Sinne des Satzes 2 sind Einrichtungen, in denen die Leistungen zur medizinischen Vorsorge, zur medizinischen Rehabilitation, zur Teilhabe am Arbeitsleben oder am Leben in der Gemeinschaft, die schulische Ausbildung oder die Erziehung kranker oder behinderter Menschen im Vordergrund des Zwecks der Einrichtung stehen, sowie Krankenhäuser.

(2) Diese Verordnung gilt für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer. Sie gilt nicht für:

1.
Auszubildende nach dem Berufsbildungsgesetz sowie
2.
Pflegeschülerinnen und Pflegeschüler.

(3) Diese Verordnung gilt nicht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer der Pflegebetriebe in folgenden Bereichen:

1.
in der Verwaltung,
2.
in der Haustechnik,
3.
in der Küche,
4.
in der hauswirtschaftlichen Versorgung,
5.
in der Gebäudereinigung,
6.
im Bereich des Empfangs- und des Sicherheitsdienstes,
7.
in der Garten- und Geländepflege,
8.
in der Wäscherei sowie
9.
in der Logistik.

(4) Abweichend von Absatz 3 gilt diese Verordnung für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer im Sinne des Ab­satzes 3, soweit sie im Rahmen der von ihnen auszuübenden Tätigkeiten in nicht unerheblichem Umfang gemeinsam mit Bewohnerinnen und Bewohnern tagesstrukturierend, aktivierend, betreuend oder pflegend tätig werden, insbesondere als:

1.
Alltagsbegleiterinnen und -begleiter,
2.
Betreuungskräfte von Menschen mit dementiellen Erkrankungen oder
3.
Assistenzkraft.

(5) Für Betreuungskräfte von Menschen mit erheblichem Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung (§ 87b des Elften Buches Sozialgesetzbuch) und für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer nach Absatz 4 ist diese Verordnung ab dem 1. Oktober 2015 anzuwenden.

(6) Diese Verordnung findet für eine berufliche Orientierungsphase, die als Arbeitsverhältnis ausgestaltet ist, für die Dauer von bis zu sechs Wochen keine Anwendung.

§ 2

Mindestentgelt

(1) Das Mindestentgelt beträgt im Gebiet der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Bremen, Hamburg, ­Hessen, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Schleswig-Holstein

ab dem 1. Januar 2015: 9,40 Euro je Stunde,
ab dem 1. Januar 2016: 9,75 Euro je Stunde,
ab dem 1. Januar 2017: 10,20 Euro je Stunde.

Das Mindestentgelt beträgt im Gebiet der Länder Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen

ab dem 1. Januar 2015: 8,65 Euro je Stunde,
ab dem 1. Januar 2016: 9,00 Euro je Stunde,
ab dem 1. Januar 2017: 9,50 Euro je Stunde.

(2) Das nach Absatz 1 maßgebliche Mindestentgelt ist auch für Wegezeiten zwischen mehreren aufzusuchenden Patientinnen oder Patienten sowie gegebenenfalls zwischen diesen und den Geschäftsräumen des Pflegebetriebs zu zahlen.

(3) Das nach Absatz 1 maßgebliche Mindestentgelt ist für Zeiten des Bereitschaftsdienstes gemäß nachstehender Grundsätze zu zahlen. Bereitschaftsdienste im Sinne dieser Verordnung leisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer vom Arbeitgeber bestimmten Stelle aufhalten, um im Bedarfsfall die Arbeit aufzunehmen, wenn zu erwarten ist, dass zwar Arbeit anfällt, erfahrungsgemäß aber die Zeit ohne Arbeitsleistung mindestens 75 Prozent beträgt. Sie sind im Dienstplan zu hinterlegen. Zum Zwecke der Entgeltberechnung kann die Zeit des Bereitschaftsdienstes einschließlich der geleisteten Arbeit auf der Grundlage einer kollektivrechtlichen oder einer schriftlichen einzelvertraglichen Regelung mit mindestens 25 Prozent als Arbeitszeit bewertet werden. Leistet die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer in einem Kalendermonat mehr als acht Bereitschaftsdienste, so ist die Zeit eines jeden über acht Bereitschaftsdienste hinausgehenden Bereitschaftsdienstes zusätzlich mit mindestens 15 Prozent als Arbeitszeit zu bewerten. Umfasst die Arbeitsleistung innerhalb des Bereitschaftsdienstes mehr als 25 Prozent, ist die darüber hinausgehende Arbeitsleistung zusätzlich mit dem Mindestentgelt nach Absatz 1 zu vergüten.

(4) Von dieser Verordnung nicht erfasst werden Zeiten der Rufbereitschaft. Rufbereitschaft im Sinne dieser Verordnung leisten Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die sich auf Anordnung des Arbeitgebers außerhalb der regelmäßigen Arbeitszeit an einer dem Arbeitgeber anzuzeigenden Stelle aufhalten, um auf Abruf die Arbeit aufzunehmen. Das Vorliegen von Rufbereitschaft in diesem Sinne ist nicht dadurch ausgeschlossen, dass die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber mit einem Mobiltelefon oder einem vergleichbaren technischen Hilfsmittel ausgestattet ist. Im Falle einer Arbeitsaufnahme ist die geleistete Arbeitszeit mindestens in Höhe des nach Absatz 1 maßgeblichen Mindestentgelts zu vergüten.

(5) Die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes bleiben unberührt.

§ 3

Fälligkeit

(1) Das in § 2 festgelegte Mindestentgelt wird für die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit zum 15. des Monats fällig, der auf den Monat folgt, für den das Mindestentgelt zu zahlen ist. Über die vertraglich vereinbarte Stundenzahl hinausgehende Arbeitsstunden können auf der Grundlage schriftlicher einzelvertraglicher oder kollektivrechtlicher Verein­barungen bis zu einer Gesamthöhe von 225 Arbeitsstunden in ein Arbeitszeitkonto eingestellt werden. Im Falle einer Überschreitung der in Satz 2 genannten Obergrenze gilt für die Fälligkeit des Anspruchs auf Vergütung dieser Arbeitsstunden die Regelung nach Satz 1. Der Ausgleich dieser Arbeitsstunden kann durch Auszahlung des auf die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden entfallenden Entgelts oder durch bezahlte Freizeit erfolgen.

(2) Die Obergrenze von 225 Arbeitsstunden nach Absatz 1 Satz 2 gilt nicht, wenn der Ausgleich der über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehenden Arbeitsstunden zum Ende eines Ausgleichszeitraums mit einer Länge von höchstens 16 Monaten in der Arbeitszeitkontenvereinbarung vereinbart ist. Der Anspruch auf Vergütung von ­Arbeitsstunden, die in ein Arbeitszeitkonto eingestellt wurden und nicht innerhalb des Ausgleichszeitraums nach Satz 1 ausgeglichen wurden, wird mit Ablauf des für diese Arbeitsstunden geltenden Ausgleichszeitraums fällig. Die Obergrenze von 225 Stunden gilt des Weiteren nicht für Wertguthaben auf der Grundlage des Altersteilzeitgesetzes, der §§ 7b und 7e des Vierten Buches Sozialgesetzbuch oder einer im Hinblick auf den Schutz der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer vergleichbaren ausländischen Regelung.

(3) Im Falle der Beendigung des Arbeitsverhältnisses hat der Arbeitgeber nicht ausgeglichene Arbeitsstunden ­spätestens in dem auf die Beendigung des Arbeitsverhältnisses folgenden Kalendermonat auszugleichen.

(4) Die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes bleiben unberührt.

§ 4

Ausschlussfrist

Die Ansprüche auf das Mindestentgelt verfallen, wenn sie nicht innerhalb von zwölf Monaten nach ihrer Fälligkeit schriftlich geltend gemacht werden.

§ 5

Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Diese Verordnung tritt am 1. Januar 2015 in Kraft und am 31. Oktober 2017 außer Kraft.

Berlin, den 27. November 2014

Die Bundesministerin
für Arbeit und Soziales

Andrea Nahles