Suchergebnis

 

Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Bekanntmachung
einer Empfehlung der Strahlenschutzkommission
(Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der
Umgebung kerntechnischer Anlagen – vom 19. Februar 2015)

Vom 24. September 2015

Nachfolgend wird die Empfehlung der Strahlenschutzkommission (SSK), verabschiedet in der 274. Sitzung der Kommission am 19./20. Februar 2015, vom Hauptausschuss des Länderausschusses für Atomkernenergie am 25./26. Juni 2015 zustimmend zur Kenntnis genommen, von der Ständigen Konferenz der Innenminister und -senatoren der Länder in deren 203. Sitzung am 3./4. Dezember 2015 zur Kenntnis genommen, bekannt gegeben.

Bonn, den 24. September 2015

RS II 2 - 17027/2

Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit

Im Auftrag
Dr. Böttger

Rahmenempfehlungen für den
Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen
Empfehlung der Strahlenschutzkommission

Verabschiedet in der 274. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 19./20. Februar 2015

Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Zusammenwirken von behördlicher Planung und Maßnahmen des Betreibers der kerntechnischen Anlage

2.1 Unterrichtung der Katastrophenschutzbehörden

2.2 Aufgaben des Betreibers bei der Radiologischen Lageermittlung

2.3 Einrichtung einer Ausweichstelle für die Einsatzleitung des Betreibers außerhalb der Anlage

2.4 Messungen und Probenentnahmen in der Umgebung

2.5 Mitwirkung im vorbereitenden Katastrophenschutz

3 Grundsätze für das Aufstellen besonderer Katastrophenschutzpläne für die Umgebung kerntechnischer Anlagen

3.1 Inhaltsverzeichnis

3.2 Fortführungsnachweis

3.3 Führungsorganisation

3.3.1 Grundlagen und Zusammenarbeit

3.3.2 Lagebeurteilung

3.3.3 Apparative Ausstattung

3.4 Alarmierung

3.5 Information der Öffentlichkeit

3.6 Bereitstellung von materiellen und personellen Ressourcen

3.7 Einteilung der Umgebung von Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb

3.7.1 Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb

3.7.2 Planungsgebiet „Zentralzone“

3.7.3 Planungsgebiet „Mittelzone“

3.7.4 Planungsgebiet „Außenzone“

3.7.5 Gesamtes Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland

3.7.6 Sektoreneinteilung

3.7.7 Einsatzkarten

3.7.8 Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke

3.8 Alarmstufen

3.8.1 Für die Auslösung verantwortliche Stelle

3.8.2 Voralarm

3.8.3 Katastrophenalarm

3.8.4 Kriterien

3.9 Übersicht über die Alarmmaßnahmen

3.9.1 Unterteilung der Alarmmaßnahmen

3.10 Zuordnung von Maßnahmen zu den Alarmstufen

3.10.1 Maßnahmen bei Voralarm

3.10.2 Maßnahmen bei Katastrophenalarm

3.11 Offenlegung

4 Hinweise zur Durchführung der Alarmmaßnahmen

4.1 Alarmierung

4.2 Festlegung des gefährdeten Gebietes

4.3 Lageermittlung und Lagedarstellung

4.3.1 Radiologisches Lagebild

4.3.2 Messungen in der Umgebung

4.3.3 Durchführung der Messungen

4.3.4 Probensammelstellen und Sammelplatz

4.3.5 Auswertung der Messung

4.4 Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung

4.5 Verkehrslenkung und -beschränkung

4.6 Aufenthalt in Gebäuden

4.7 Planung der Iodtablettenverteilung

4.8 Evakuierungsplanungen (Evakuierung und Aufnahme)

4.9 Dekontamination

4.10 Notfallstationen

4.11 Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel und möglicherweise kontaminierter Nahrungsmittel

4.12 Information von Wassergewinnungsstellen

5 Hinweise für zusätzliche Maßnahmen der Katastrophenschutzbehörde einschließlich Übungen

6 Zusätzliche Unterlagen zu den besonderen Katastrophenschutzplänen

7 Unterlagenverzeichnis

8 Anhänge

8.1 Begriffserläuterungen zu den Rahmenempfehlungen

8.2 Eingreifrichtwerte für die Einleitung von Maßnahmen

8.3 Mustertexte für die Information der Öffentlichkeit im Falle eines kerntechnischen Unfalls

8.4 Informationen, die im Falle eines kerntechnischen Unfalls vom Betreiber eines Kernkraftwerkes der Katastrophenschutzleitung zur Verfügung gestellt werden müssen

8.5 Tabellarischer Vergleich der Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen in der Fassung von 2008 mit der Fassung von 2015

1 Einleitung

Diese Rahmenempfehlungen treten an die Stelle der Rahmenempfehlungen (BMU 2008), die vom Arbeitskreis V der Innenministerkonferenz am 18./19. Oktober 2007 und im Umlaufverfahren vom Länderausschuss für Atomkernenergie vom 29. Februar 2008 zur Kenntnis genommen wurden (vgl. die Veröffentlichung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 19. Dezember 2008 im GMBl 2008 Nr. 62/63). Die Überarbeitung der Rahmenempfehlungen von 2008 ist erforderlich zur Anpassung an die Empfehlungen und Regeln, die im Zuge der Aufarbeitung der Erfahrungen aus dem nuklearen Unfall in Fukushima für den Notfallschutz in Deutschland niedergelegt wurden.

Die Erfahrungen aus dem nuklearen Unfall in Fukushima wurden sowohl in verschiedenen Arbeitsgruppen des AK V der Innenministerkonferenz als auch der SSK im Auftrag des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) gesammelt und diskutiert. Die Ergebnisse sind in neuen Empfehlungen und überarbeiteten Regeln für die verschiedenen Bereiche des Notfallschutzes wie

der SSK-Empfehlung zu Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei Ereignissen mit Freisetzungen von Radionukliden (SSK 2014a),
der SSK-Empfehlung zu Planungsgebieten für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken (SSK 2014b),
der SSK-Empfehlung zu Planungsgebieten für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke (SSK 2014d),
der SSK-Empfehlung zur Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke (SSK 2014c),
der SSK-Stellungnahme zu Fragestellungen zu Aufbau und Betrieb von Notfallstationen (SSK 2014f),
der SSK-Empfehlung zur Prognose und Abschätzung von Quelltermen bei Kernkraftwerksunfällen (SSK 2014e),
den Rahmenempfehlungen zu Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen (AK V 2014a),
der Rahmenempfehlung für die Planung und Durchführung von Evakuierungsmaßnahmen einschließlich der Evakuierung für eine erweiterte Region (AK V 2014b),
dem Bericht der Unterarbeitsgruppe Krisenkommunikation (AK V 2014c),
den RSK/SSK-Rahmenempfehlungen für die Planung von Notfallschutzmaßnahmen durch Betreiber von Kernkraftwerken (RSK/SSK 2014) und
der RSK/SSK-Empfehlung zu Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen (RSK/SSK 2013)

niedergelegt. Dabei wurde deutlich, dass auch wesentliche Änderungen in den Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz (RE KatS) in der Umgebung kerntechnischer Anlagen (BMU 2008) notwendig sind und die Katastrophenschutzplanung auf langandauernde und auf Ereignisse der Kategorie INES 7 ausgedehnt werden soll. Gleichzeitig muss die Planung auch hinsichtlich der Situation stillgelegter Kernkraftwerke modifiziert werden.

Die Richtlinie 2013/59/Euratom vom 5. Dezember 2013 zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung (Euratom 2014) bedingt u. a. eine weitgehende Neuordnung des Regelwerkes für den Notfallschutz. Eine umfassende Neufassung der Rahmenempfehlungen muss sich in dieses neue Regelwerk einfügen und kann daher derzeit noch nicht begonnen werden. Die für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden der Länder benötigen jedoch schnell eine Aktualisierung der Rahmenempfehlungen, um die Erfahrungen aus Fukushima in die bestehende Notfallplanung einarbeiten zu können. Die vorliegende Fassung der Rahmenempfehlungen lehnt sich aus Gründen der Kontinuität eng an die Empfehlung von 2008 an und wurde hauptsächlich in den Bereichen aktualisiert, in denen Änderungen aufgrund der zwischenzeitlich neu erstellten Empfehlungen und Stellungnahmen (siehe oben) notwendig sind.

Deutsche Kernkraftwerke verfügen über Sicherheitseinrichtungen sowie vorgeplante Maßnahmen, die das Eintreten eines kerntechnischen Unfalls mit relevanten radiologischen Auswirkungen in der Umgebung praktisch ausschließen sollen. Zu einem solchen Ereignisablauf kann es nur dann kommen, wenn die vorhandenen, mehrfach gestaffelten Sicherheitsmaßnahmen nicht greifen sollten und die zusätzlichen Maßnahmen zur Verhinderung schwerer Kernschäden und zur Eindämmung ihrer radiologischen Folgen nicht erfolgreich wären. Für diesen Fall werden Katastrophenschutzplanungen für die Umgebung von Kernkraftwerken erarbeitet. Die hier vorliegenden Empfehlungen zur Erstellung von Katastrophenschutzplänen betreffen Kernkraftwerke. Sie sind sinngemäß auf andere kerntechnische Anlagen (Forschungsreaktoren, Brennelementzwischenlager, Brennelementfabriken etc.), sofern besondere Katastrophenschutzplanungen erforderlich sind, übertragbar.

Nach dem Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Dai-ichi im März 2011 wurden die deutschen Kernkraftwerke einer Sicherheitsüberprüfung durch die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) (RSK 2011) und die Europäische Kommission (Stresstest) (ENSREG 2012) unterzogen. Durch diese Sicherheitsüberprüfung wurden der hohe Sicherheitsstandard der deutschen Kernkraftwerke bestätigt, aber auch zusätzliche Maßnahmen u. a. für den anlageninternen Notfallschutz abgeleitet. Trotz unveränderter Gefährdungslage wird nunmehr ein strengerer Bewertungsmaßstab beim Vorsorgeumfang zugrunde gelegt.

Die Folgen von Ereignissen, die heute der INES-7-Einstufung entsprechen, waren wegen ihrer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit bisher nicht Grundlage für die besondere Katastrophenschutzplanung, die in der Umgebung von Kernkraftwerken zusätzlich zur allgemeinen Katastrophenschutzplanung notwendig ist. Die Festlegung des für die Notfallplanung zugrunde liegenden Unfallspektrums sollte sich nach Auffassung der Strahlenschutzkommission (SSK) jedoch künftig stärker an den potenziellen Auswirkungen als an der berechneten Eintrittswahrscheinlichkeit von Unfällen orien­tieren. Aus der Sicht der SSK ist es daher notwendig, das der besonderen Planung zugrunde liegende Unfallspektrum zu erweitern und zusätzlich zu den Planungen für Unfälle der INES-Stufen 5 und 6 und darunter zukünftig auch Unfälle der INES-7-Einstufung, deren radiologische Auswirkungen denen des Unfalls am Standort Fukushima entsprechen, in die Planung des Notfallschutzes aufzunehmen. Die SSK hat daher in Zusammenarbeit und in Abstimmung mit den für diese Thematik zuständigen Stellen des BMUB und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) Referenz­unfälle vorgeschlagen, die zukünftig die Grundlage für die Planung bilden sollen. Einzelheiten können der SSK-Empfehlung „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken“ (SSK 2014b) entnommen werden. Für ausländische Kernkraftwerke, die wegen ihrer Nähe zur deutschen Grenze Planungen auf deutschem Gebiet erfordern, wird dasselbe Unfallspektrum unterstellt.

Die Schutzziele der Notfallschutzplanungen sind in den „Radiologischen Grundlagen“ (SSK 2014a) festgelegt.

Gemeinsames Ziel der Maßnahmen des Notfallschutzes ist es, unmittelbare Folgen der Auswirkungen eines kerntechnischen Unfalls auf die Bevölkerung zu verhindern oder zu begrenzen. Dabei sollen als vorrangiges Ziel schwerwiegende deterministische Effekte durch Maßnahmen zur Beschränkung der individuellen Strahlendosis auf Werte unter den Schwellendosen für diese Effekte vermieden werden.

Neben der Vermeidung deterministischer Effekte soll das Risiko stochastischer Effekte für die Einzelpersonen durch geeignete Maßnahmen herabgesetzt und hinreichend begrenzt werden.

Die vorliegende Empfehlung berührt nicht die bestehenden Zuständigkeiten, Organisationsformen und Regelungen für den allgemeinen Katastrophenschutz; sie soll jedoch Grundlage dafür sein, dass bei der besonderen Katastrophenschutzplanung für die Umgebung kerntechnischer Anlagen im gesamten Bundesgebiet nach gleichen Grundsätzen verfahren wird. Länderspezifische Besonderheiten bei der Ausgestaltung der Planungen werden durch diese Rahmenempfehlungen nicht berührt.

Der Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen wird von den nach Landesrecht zuständigen Behörden wahrgenommen. Die Länder stellen dabei sicher, dass die Zuständigkeitsebene der Bedeutung der Planungsaufgaben und der Anordnung von Schutzmaßnahmen im Katastrophenfall entspricht. Soweit mehrere Katastrophenschutzbehörden betroffen sind, arbeiten diese bei der Planung und im Einsatzfall eng zusammen, tauschen die erforderlichen Informationen aus und koordinieren Bekanntmachungen, Verhaltensempfehlungen und Schutzmaßnahmen.

Die Empfehlung findet Anwendung auf deutsche kerntechnische Anlagen und solche ausländische Anlagen, die wegen ihrer grenznahen Lage Planungsmaßnahmen im Sinne dieser Empfehlung auf deutschem Gebiet erfordern.

Für die Umgebung kerntechnischer Anlagen werden besondere Katastrophenschutzpläne erstellt, wobei die nachstehenden Grundsätze (Nummer 3) zu beachten sind. Neben der behördlichen Katastrophenschutzplanung ist der Betreiber der kerntechnischen Anlage aufgrund der §§ 51 und 53 der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) (StrlSchV 2001) zu eigenen Vorsorge- und Schutzmaßnahmen verpflichtet, die in der Alarmordnung, im Notfallhandbuch und weiteren Handbüchern des Betreibers erfasst sind. Anforderungen an die Planungen des anlageninternen Notfallschutzes sind u. a. in den Rahmenempfehlungen für die Planung von Notfallschutzmaßnahmen durch Betreiber von Kernkraftwerken (RSK/SSK 2014) enthalten.

Unabhängig von den (lokalen) Katastrophenschutzplanungen der Länder existieren allgemeine, örtlich nicht begrenzte Planungen nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz (StrVG), um die Strahlenexposition der Menschen bei radiologisch bedeutsamen Ereignissen durch geeignete Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Da bei einem kerntechnischen Unfall, bei dem Katastrophenschutzmaßnahmen erforderlich sind, auch Maßnahmen nach dem StrVG eingeleitet werden müssen, ist eine enge Abstimmung zwischen Bund und Ländern bereits im Vorfeld eines Ereignisses erforderlich. Dies gilt insbesondere auch für Maßnahmen, die bei einem kerntechnischen Ereignis außerhalb der Planungsradien durchzuführen sind.

Dies bedeutet nicht, dass bei einem kerntechnischen Unfall Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die außerhalb des Planungsgebietes erforderlich werden, der Strahlenschutzvorsorge zuzurechnen sind und demnach durch Strahlenschutzvorsorgebehörden durchgeführt werden müssten.

Auch außerhalb der Planungsgebiete für Katastrophenschutzmaßnahmen gilt der Grundsatz, dass die zur unmittelbaren Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen durch die Gefahrenabwehrbehörden durchzuführen sind.

Zeitlich und räumlich spezifizierte Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung werden im weiteren Verlauf des Ereignisses durch Entscheidungen der für die Gefahrenabwehr, den Katastrophenschutz oder für die Strahlenschutzvorsorge zuständigen Behörden nach Bewertung der radiologischen Lage ausgelöst. Wurden bereits Maßnahmen ergriffen, ist in der Folge zu entscheiden, inwieweit zusätzliche Maßnahmen notwendig sind und ob einzelne Maßnahmen aufgehoben werden können.

Es ist zweckmäßig, den Ablauf des Notfallereignisses gemäß den „Radiologischen Grundlagen“ (SSK 2014a) in Phasen zu unterteilen. Ziel dieser Phaseneinteilung ist es, in der Notfallplanung die jeweils notwendigen Maßnahmen insbesondere im Hinblick auf Anlauf und Ablauf zeitlich einzuordnen.

Hinweis: Nach einer Meldung des Betreibers entsprechend der AtSMV (AtSMV 1992) an die Aufsichtsbehörde über ein Ereignis, das keine Katastrophenschutzmaßnahmen, aber Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen erfordert, wird die Aufsichtsbehörde nach Prüfung der Relevanz die Strahlenschutzvorsorgebehörde und gegebenenfalls andere für die Gefahrenabwehr zuständige Behörden informieren. Etwaige Maßnahmen werden dann durch die Strahlenschutzvorsorgebehörde oder andere Gefahrenabwehrbehörden veranlasst.

2 Zusammenwirken von behördlicher Planung und Maßnahmen des Betreibers der kerntechnischen Anlage

Spezifische Anforderungen an die Betreiber in Deutschland können den Rahmenempfehlungen für die Planung von Notfallschutzmaßnahmen durch Betreiber von Kernkraftwerken (RSK/SSK 2014) entnommen werden. Der Betreiber der kerntechnischen Anlage ist u. a. zu folgenden Maßnahmen verpflichtet:

2.1 Unterrichtung der Katastrophenschutzbehörden

a)
Der Betreiber der kerntechnischen Anlage alarmiert die nach den besonderen Katastrophenschutzplänen für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zuständigen Stellen unverzüglich, wenn die für einen Voralarm bzw. für einen Katastrophenalarm festgelegten Voraussetzungen (siehe Nummer 3.8) vorliegen. (Sofortmeldung).
Der Betreiber unterrichtet die zuständigen Stellen sodann fortlaufend über die Situation in der Anlage sowie deren Beurteilung.
b)
Die Sofortmeldung erfolgt nach vorbereitetem Text mit nachstehenden Angaben:
1.
Stichwort: „kerntechnischer Unfall“ in der Anlage … Block …
2.
Klassifizierungsvorschlag: Voralarm, Katastrophenalarm
3.
Angaben zur Beurteilung der Gefahrenlage in der Umgebung
Angaben zu den Ausbreitungsbedingungen, insbesondere Ausbreitungsrichtung und Windgeschwindigkeit (siehe Anhang 8.4)
Angabe der vorläufigen Einstufung nach INES. (Falls diese Einstufung zu unverhältnismäßigen Verzögerungen bei der Abgabe der Meldung führt, kann sie in der Erstmeldung entfallen. Sie ist dann so schnell wie möglich nachzuliefern.)
Sofern es sich um ein schnell ablaufendes Ereignis (Definition siehe Anhang 1) handelt, d. h. dass eine erhebliche Freisetzung unmittelbar bevorsteht, ist in der Sofortmeldung auf den schnellen Ablauf deutlich hinzuweisen (siehe auch Nummer 3.8.4)
4.
Datum und Uhrzeit, Name und Dienststellung des Meldenden
Der Betreiber übermittelt den Katastrophenschutzbehörden ferner unverzüglich alle Angaben, die für die Beurteilung des Unfallgeschehens und zur Einleitung von Abwehrmaßnahmen von Bedeutung sein können (siehe Anhang 8.4).
Der Betreiber informiert die nach den besonderen Katastrophenschutzplänen für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zuständigen Stellen unverzüglich über die Lageentwicklung (siehe Nummer 3.3).
c)
Kommunikationsverbindungen zwischen der kerntechnischen Anlage und den für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zuständigen Stellen sowie der Katastrophenschutzleitung müssen auch bei Überlastung oder Ausfall des öffentlichen Netzes (Telefon, Internet) gewährleistet sein. Die technische Sicherstellung der telefonischen Kommunikation kann z. B. durch Festverbindungen, Funk, Mobilfunk oder durch andere Kommunikationsverbindungen entsprechend dem Stand der Technik, die die gleiche Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit gewährleisten, erreicht werden.

2.2 Aufgaben des Betreibers bei der Radiologischen Lageermittlung

Der Betreiber stellt unverzüglich eine sachkundige Verbindungsperson zu der für den Standort festgelegten Stelle (siehe Nummer 3.3) ab. Aufgaben der Verbindungsperson sind im Wesentlichen:

a)
Beschreibung des Anlagenzustands, Erläuterung des Unfallablaufs und des Quellterms (siehe auch SSK-Empfehlung zur Prognose und Abschätzung von Quelltermen bei Kernkraftwerksunfällen (SSK 2014e)),
b)
Darstellung der radiologischen Konsequenzen.

2.3 Einrichtung einer Ausweichstelle für die Einsatzleitung des Betreibers außerhalb der Anlage

Für den Fall einer notwendigen Räumung der kerntechnischen Anlage richtet der Betreiber eine Ausweichstelle für seine Einsatzleitung außerhalb der Anlage ein, die über verschiedene, voneinander unabhängige Mittel zur Kommunikation mit den Katastrophenschutzbehörden und allen anderen relevanten Stellen und Personen verfügt (siehe RSK/SSK 2014).

2.4 Messungen und Probenentnahmen in der Umgebung

Messungen in der Umgebung erfolgen durch ortsfeste und mobile Messsysteme, durch Messdienste des Betreibers und der unabhängigen Messstellen sowie gegebenenfalls durch weitere Messdienste, die vom Radiologischen Lagezentrum durch die Messzentralen entsprechend ihrer Ausrüstung und Fähigkeiten eingesetzt werden.

Art und Umfang dieser Messungen sind in Nummer 4.3.2 festgelegt.

Die Messergebnisse werden über die Messzentrale der für die Erarbeitung der radiologischen Lage zuständigen Stelle unverzüglich mitgeteilt.

2.5 Mitwirkung im vorbereitenden Katastrophenschutz

Der Betreiber und die Katastrophenschutzbehörden stimmen ihre Planungen untereinander ab.

Der Betreiber unterstützt die Katastrophenschutzbehörden nicht nur beim abwehrenden Katastrophenschutz, sondern gemäß § 53 StrlSchV auch im vorbereitenden Katastrophenschutz.

Insbesondere soll er die Katastrophenschutzbehörden bei der Erarbeitung von besonderen Katastrophenschutzplänen nach diesen Rahmenempfehlungen beraten, die dafür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen und sich an von den Katastrophenschutzbehörden angeordneten Übungen und sonstigen Ausbildungsmaßnahmen beteiligen und diese unterstützen.

Das aufsichtführende Land soll die Interessen der Nachbarländer gegenüber dem Betreiber berücksichtigen und sich hierzu mit den Nachbarländern abstimmen.

3 Grundsätze für das Aufstellen besonderer Katastrophenschutzpläne für die Umgebung kerntechnischer Anlagen

In den besonderen Katastrophenschutzplänen sind folgende Gesichtspunkte hinsichtlich des Inhalts und der Gliederung zu berücksichtigen:

3.1 Inhaltsverzeichnis

3.2 Fortführungsnachweis

Die für die Ausarbeitung zuständigen Behörden und Stellen schreiben die Planungen kontinuierlich fort und überprüfen sie in regelmäßigen Abständen (grundsätzlich jährlich).

3.3 Führungsorganisation

3.3.1 Grundlagen und Zusammenarbeit

Die Führungsorganisation nach dem besonderen Katastrophenschutzplan orientiert sich, insbesondere hinsichtlich der Verantwortlichkeiten und der Aufbau- und Ablauforganisation der Stäbe, an den entsprechenden Katastrophenschutz-Dienstvorschriften der Länder.

Der Aufbau der Führungsorganisation, die Aufgaben und Verantwortlichkeiten ihrer Mitglieder sowie der Arbeitsablauf sind in besonderen Dienstordnungen festzulegen.

Die Zusammenarbeit der mitwirkenden Katastrophenschutzleitungen ist sicherzustellen.

Da mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen sein können, ist die Zusammenarbeit und Kommunikation länderübergreifend zu planen, zu beschreiben und zu vereinbaren. Dabei sind auch grenznahe1 ausländische Anlagen zu betrachten. Diese Planung soll sicherstellen, dass die Entscheidungen auf der Basis einer einheitlichen Lagebeurteilung getroffen werden, die unter Einbeziehung aller verfügbaren Daten und Informationen ermittelt wird, und dass der Einsatz der Kräfte effizient erfolgt.

3.3.2 Lagebeurteilung

Für die Erarbeitung und Bewertung der radiologischen Lage durch Fachbehörden/Fachberater sind in dem Betreiberland und beim Bund Radiologische Lagezentren einzurichten.

Neben diesen Radiologischen Lagezentren müssen in den weiterhin betroffenen Ländern zuständige Ansprechstellen vorhanden sein, die bei der Erstellung des radiologischen Lagebildes mitwirken.

In den Lagezentren und in den Ansprechstellen sind die Daten und Informationen sowie die Hilfsmittel und das sachkundige Personal verfügbar, die zum Erstellen der radiologischen Lage und zur Empfehlung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung erforderlich sind.

Zur Fachberatung im Radiologischen Lagezentrum werden mindestens einbezogen:2

Eine im Strahlenschutz fachkundige Verbindungsperson des Betreibers, die u. a. die aus der Anlage eingehenden Lageberichte erläutert,
Strahlenschutzsachverständige, z. B. von einschlägigen Fachbehörden und Institutionen,
Strahlenschutzärzte und
Vertreter der Aufsichtsbehörde.

Darüber hinaus ist meteorologischer Sachverstand zuzuziehen. Weitere Berater können standortspezifisch oder angepasst an die Lage hinzugezogen werden.

Für die Radiologischen Lagezentren, die zuständigen Ansprechstellen in den Ländern und die Fachbehörden/Fachberater ist jeweils eine Aufbau- und Ablauforganisation zu planen und eine entsprechende Dienstordnung zu erstellen.

Da mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen sein können, stellt das Radiologische Lagezentrum des Betreiberlandes allen betroffenen Ländern ein einheitliches, radiologisches Lagebild bis zu derjenigen Entfernung zur Verfügung, wie es die verfahrensmäßige und technische Ausstattung prognostisch und diagnostisch zulässt. Dieses radiologische Lagebild beinhaltet eine räumliche Darstellung, aus der mindestens ersichtlich sein muss, in welchen Gebieten ein Überschreiten der Eingreifrichtwerte zu erwarten ist, sodass es den verantwortlichen Stellen auf dieser Grundlage möglich ist, schnelle und umfassende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung einzuleiten.

Die zuständigen Ansprechstellen der betroffenen Länder übermitteln regionale Lagebewertungen und relevante dia­g­nostische Daten zur Ergänzung des einheitlichen radiologischen Lagebildes. Das Radiologische Lagezentrum des Bundes erstellt ein großräumiges prognostisches und diagnostisches radiologisches Lagebild für Deutschland und leitet daraus Maßnahmen und Empfehlungen für den Katastrophenschutz und die Strahlenschutzvorsorge ab. Damit das Radiologische Lagezentrum des Bundes vor allem die prognostische Lage in der Vorfreisetzungsphase für Deutschland schnell erstellen und bereitstellen kann, haben die Radiologischen Lagezentren der Betreiberländer die ihnen vorliegenden Daten und Informationen unverzüglich an das Radiologische Lagezentrum des Bundes weiterzugeben. Nach dem Vorliegen von Messwerten werden prognostische und diagnostische Daten zu einem einheitlichen radiologischen Lagebild zusammengeführt.

Das einheitliche radiologische Lagebild wird vom Radiologischen Lagezentrum des Bundes allen Bedarfsträgern zur Verfügung gestellt.

Bei grenznahen Anlagen im Ausland nehmen analog zum Ereignis in Deutschland sowohl das zuständige Radiolo­gische Lagezentrum als auch das Radiologische Lagezentrum des Bundes bereits ab der ersten Alarmierung unverzüglich ihren Betrieb auf.

Bei Ereignissen in nicht grenznahen ausländischen Kernkraftwerken werden das radiologische Lagebild und die erforderlichen Maßnahmenempfehlungen zentral durch das Radiologische Lagezentrum des Bundes den Ländern übermittelt.

3.3.3 Apparative Ausstattung

Die apparative Ausstattung der Führungseinrichtungen (z. B. Lagezentren, Messzentralen) erfordert insbesondere eine ausreichende Zahl von verschiedenen, voneinander unabhängigen Kommunikationsmitteln sowie die sichere Verfügbarkeit des einheitlichen Informations- und Kommunikationssystems zur radiologischen Lageermittlung.

3.4 Alarmierung

Eine schnelle und vollständige Alarmierung der im Rahmen der einzelnen Alarmstufen benötigten Behörden, Einheiten und sonstigen Stellen ist sicherzustellen (vgl. Nummer 4.1).

Für die Alarmstufen sind grafische Alarmierungsschemata zu erstellen.

3.5 Information der Öffentlichkeit

1.
Als Bestandteil der Katastrophenschutzpläne ist ein Konzept zur Information der Öffentlichkeit3 zu erstellen. Dieses Konzept stellt sicher, dass die Information eindeutig, verständlich und lagegerecht zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Es ist mit den Strahlenschutzvorsorgebehörden abzustimmen.
2.
Das Konzept ist entsprechend den Vorschriften der StrlSchV Anlage XIII zu gliedern in
a.
Vorbereitende Information für denkbare Notfälle.
b.
Aktuelle Information der Öffentlichkeit im eingetretenen Notfall.
3.
Die Zuständigkeiten sind im Rahmen des Konzeptes verbindlich festzulegen, d. h. es wird geregelt, welche Institution zu welchem Zeitpunkt aufgrund welchen Anlasses, wen über welche Sachverhalte und über welche Kommunikationsmittel informiert.
4.
Es ist im Rahmen des Konzeptes festzulegen, über welche Medien die Information der Öffentlichkeit erfolgen wird. Für jeden der vorgesehenen Informationswege sind Hilfsmittel vorzubereiten, z. B. Hilfsmittel zur Erstellung von Presseerklärungen, Textbausteine, Ausrüstungen für „mobile“ Pressezentren, vorbereitete Internetseiten.
5.
Das Konzept soll ein verbindliches Verfahren enthalten, nach dem die verschiedenen mit der Begrenzung der Notfallauswirkungen befassten Institutionen die Inhalte ihrer Informationen abstimmen.
6.
Das Konzept soll mindestens ein Verfahren enthalten, das es dem Bürger ermöglicht, mit den für Katastrophenschutzmaßnahmen zuständigen Behörden in Kontakt zu treten.
7.
Das Konzept ist an die jeweiligen standortspezifischen Gegebenheiten anzupassen und soll, wenn erforderlich, länderübergreifend wirksam sein.
8.
Die Information der Öffentlichkeit ist zu üben. Die Eignung der vorbereiteten Maßnahmen ist zu überprüfen und gegebenenfalls sind Anpassungen vorzunehmen.

3.6 Bereitstellung von materiellen und personellen Ressourcen

Bei der Vorplanung des Kräfte- und Ressourcenmanagements sind auch die Konsequenzen einer langandauernden oder intermittierenden Freisetzung von radioaktiven Stoffen zu berücksichtigen.

Es sind Vorkehrungen für die rechtzeitige Ablösung der Einsatzkräfte zu treffen. Im Planungs- und im Einsatzfall sind bei der Anforderung neuer Kräfte und Ressourcen die notwendigen Vorlaufzeiten und die Anfahrtsdauer insbesondere beim Einsatz überörtlicher Kräfte zu berücksichtigen. Das zur Verfügung stehende Einsatzkräftepotenzial kann hierzu in der Planung, je nach notwendiger Vorlaufzeit bis zur Herstellung der Einsatzbereitschaft, entsprechend dem Bedarf eingeteilt werden.

Mehrere ausreichend dimensionierte Bereitstellungsräume für Einsatzkräfte außerhalb des gefährdeten Gebiets in verschiedenen Ausbreitungsrichtungen zur Anlage sind vorzuplanen. Die Bereitstellungsräume müssen auch für ortsunkundige Einsatzkräfte leicht erreichbar sein. Das Verkehrsführungskonzept ist bei der Auswahl der Bereitstellungsräume zu berücksichtigen.

Die Strahlenschutzverordnung und die Radiologischen Grundlagen bilden die Grundlage für die Anforderungen an den Schutz der vorgesehenen Einsatzkräfte bei einem kerntechnischen Unfall. Darüber hinaus sind die Feuerwehrdienstvorschrift 500 (AFKzV 2012) sowie der Leitfaden LF 450 der Polizei (POL 2006) zu berücksichtigen. Es ist sicherzustellen, dass die Einsatzkräfte über die für ihre Tätigkeit erforderliche Schutzausrüstung verfügen.

3.7 Einteilung der Umgebung von Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb

3.7.1 Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb

Die Umgebung eines Kernkraftwerks im Leistungsbetrieb ist entsprechend der SSK-Empfehlung „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken“ (SSK 2014b) zur Abgrenzung vorbereitender Maßnahmen in folgende Planungsgebiete, die als Zonen bezeichnet werden, zu unterteilen. Wenn für Planungszwecke Zonen nochmals unterteilt werden, ist für einen KKW-Standort einheitlich vorzugehen.

Die Planungsgebiete sind:

Zentralzone „(Z)“
Mittelzone „(M)“
Außenzone „(A)“
Gesamtes Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland.

3.7.2 Planungsgebiet „Zentralzone“

Die Zentralzone umschließt die kerntechnische Anlage unmittelbar. Sie erstreckt sich bei Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb bis zu einer Entfernung von etwa 5 km von der Anlage. Die Grenze der Zentralzone ist den jeweils vorliegenden örtlichen Gegebenheiten (Größe der Anlage, Geländestruktur und Besiedlungsverhältnisse) anzupassen.

In der Zentralzone sind zum Schutz der Bevölkerung insbesondere die Maßnahmen „Aufenthalt in Gebäuden“, Verteilung und „Einnahme von Iodtabletten“ sowie „Evakuierung“ vorzubereiten.

Maßnahmen in der Zentralzone sind wegen der Nähe zur kerntechnischen Anlage besonders dringlich und werden unabhängig von der Ausbreitungsrichtung radioaktiver Stoffe durchgeführt.

Für die Zentralzone sollen die Maßnahmen so vorbereitet werden, dass sie möglichst vor dem Beginn einer unfallbedingten Freisetzung durchgeführt werden können.

Die Evakuierung der gesamten Bevölkerung aus der Zentralzone soll daher innerhalb von etwa 6 Stunden nach der Alarmierung der zuständigen Behörden abgeschlossen sein können.

Die Maßnahmen zur Vorbereitung der Iodblockade, d. h. die Verteilung der Iodtabletten an alle Personen, für die eine Iodblockade vorzusehen ist, sollen im selben Zeitraum abgeschlossen werden können.

3.7.3 Planungsgebiet „Mittelzone“

Die Mittelzone umschließt die Zentralzone; bei Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb beträgt der äußere Abstand von der kerntechnischen Anlage etwa 20 km. Örtliche Gegebenheiten wie Geländestruktur, Besiedlungsverhältnisse und Verwaltungsstrukturen sind bei der Festlegung des Planungsgebietes zu berücksichtigen.

Für dieses Gebiet sind – wie auch für die Zentralzone – Maßnahmen zur Abwehr akuter Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung vorzubereiten. Sie umfassen insbesondere die Maßnahmen „Aufenthalt in Gebäuden“, Verteilung und „Einnahme von Iodtabletten“ sowie „Evakuierung“. Maßnahmen in der Mittelzone können in Abhängigkeit von der prognostizierten bzw. der festgestellten Ausbreitungsrichtung radioaktiver Stoffe durchgeführt werden, sofern ausreichende Informationen zur Beurteilung der radiologischen Lage vorliegen.

Die Evakuierung ist so zu planen, dass sie in der Mittelzone innerhalb von 24 Stunden nach der Alarmierung der zuständigen Behörden abgeschlossen werden kann. Die Voraussetzungen für die Durchführung der Iodblockade, d. h. die Verteilung der Iodtabletten an alle Personen, für die eine Iodblockade vorzusehen ist, sollen innerhalb von 12 Stunden geschaffen werden können.

3.7.4 Planungsgebiet „Außenzone“

Die Außenzone umschließt die Mittelzone. Die äußere Begrenzung dieses Planungsgebietes liegt für Kernkraftwerke im Leistungsbetrieb etwa 100 km von der kerntechnischen Anlage entfernt. Örtliche Gegebenheiten wie Geländestruktur, Besiedlungsverhältnisse und Verwaltungsstrukturen sind bei der Festlegung des Planungsgebietes zu berücksichtigen.

In diesem Planungsgebiet sollen Maßnahmen zur Ermittlung und Überwachung der radiologischen Lage vorbereitet werden, die es ermöglichen, die Notwendigkeit für weitere Maßnahmen festzustellen. Neben den Messprogrammen zur Ermittlung der radiologischen Lage sind die Maßnahmen „Aufenthalt in Gebäuden“ und die Verteilung von Iodtabletten an alle Personen, für die eine Iodblockade vorzusehen ist und die Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel vorzubereiten. Maßnahmen in der Außenzone werden im Allgemeinen in Abhängigkeit von der prognostizierten oder durch Messungen bestimmten Ausbreitungsrichtung radioaktiver Stoffe durchgeführt.

3.7.5 Gesamtes Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland

Für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sollen durch konkrete Planungen der zuständigen Behörden folgende Maßnahmen vorbereitet sein:

Die Durchführung von Maßnahmen entsprechend dem Strahlenschutzvorsorgegesetz (StrVG), insbesondere die Durchführung von Messprogrammen zur Ermittlung der radiologischen Lage.
Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sowie Schwangeren mit Iodtabletten zur Herstellung einer Iodblockade. Sind Gebiete Teil der Zentral-, Mittel- oder Außenzone, so finden die für diese Gebiete geltenden Regelungen zur Vorbereitung der Iodblockade Anwendung.

3.7.6 Sektoreneinteilung

Die Mittelzone und die Außenzone sind in Sektoren von 30° zu unterteilen, wobei diese im Uhrzeigersinn durchnummeriert werden und Sektor 1 symmetrisch zur Nordrichtung liegt.

3.7.7 Einsatzkarten

Zonen und Sektoren sind festzulegen und in entsprechenden Einsatzkarten einzuzeichnen. Übersichtskarten, die im Katastrophenschutzplan enthalten sind, sollen einen geeigneten Maßstab des amtlichen Kartenmaterials aufweisen.

3.7.8 Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke

Die SSK-Empfehlung „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke“ (SSK 2014d) empfiehlt folgende Vorgehensweise.

Bereits stillgelegte Kernkraftwerke:

Die Planungsgebiete Zentralzone, Mittelzone und Außenzone einschließlich der dort geplanten Maßnahmen, die in der Umgebung der im Jahr 2011 stillgelegten Kernkraftwerke entsprechend den Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz (BMU 2008) ausgewiesen sind, können beibehalten werden. Die Fernzone kann aufgehoben werden. Die Planung der Iodblockade für die Umgebung der im Jahr 2011 endgültig stillgelegten Kernkraftwerke muss gemäß SSK-Empfehlung „Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke“ (SSK 2014c) nicht mehr aufrechterhalten werden.

Zukünftig stillzulegende Kernkraftwerke:

Für die Umgebung der künftig in Deutschland endgültig stillgelegten Kernkraftwerke empfiehlt die SSK, dass die Planungsgebiete entsprechend (SSK 2014b) so lange aufrechterhalten werden, wie Brennstoff in der Anlage verwahrt wird, jedoch längstens für die Dauer von drei Jahren ab dem Tag der letzten Abschaltung. Für den Fall, dass nach Ablauf von drei Jahren noch Brennstoff in der Anlage vorhanden ist, können die Planungsgebiete entsprechend den oben genannten Regelungen für heute bereits stillgelegte Kernkraftwerke festgelegt werden. Die SSK-Empfehlung „Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke“ (SSK 2014c) ist außerdem zu beachten.

Empfehlung für grenznahe Anlagen:

Für Kernkraftwerke, die zukünftig im grenznahen Ausland stillgelegt werden, sollte für die Planungen auf deutschem Staatsgebiet die Übertragbarkeit des für deutsche Anlagen empfohlenen Vorgehens im Einzelfall durch Rücksprache mit den zuständigen Behörden des Auslands geprüft werden.

3.8 Alarmstufen

Es sind folgende Alarmstufen festzulegen:

Voralarm
Katastrophenalarm

3.8.1 Für die Auslösung verantwortliche Stelle

Die Auslösung des Voralarms oder des Katastrophenalarms obliegt dem Leiter der Katastrophenschutzbehörde bzw. dessen Beauftragtem. Hierfür gelten folgende allgemeine Kriterien:

3.8.2 Voralarm

Voralarm wird ausgelöst, wenn bei einem Ereignis in der kerntechnischen Anlage bisher noch keine oder nur eine im Vergleich zu den Auslösekriterien für Katastrophenalarm geringe Auswirkung auf die Umgebung eingetreten ist, jedoch aufgrund des Anlagenzustandes nicht ausgeschlossen werden kann, dass Auswirkungen, die den Auslösekriterien für Katastrophenalarm entsprechen, eintreten könnten.

3.8.3 Katastrophenalarm

Katastrophenalarm wird ausgelöst, wenn bei einem Unfall in der kerntechnischen Anlage eine gefahrbringende Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung festgestellt ist oder droht.

3.8.4 Kriterien

Das Verfahren zur Auslösung von Voralarm oder Katastrophenalarm ist eindeutig festzulegen und allen Beteiligten bekannt zu geben. Auf die „Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen“ (RSK/SSK 2013) wird hingewiesen.

Für den Fall schnell ablaufender Ereignisse sind geeignete Verfahren zur kurzfristigen Veranlassung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung (Warnung der Bevölkerung, Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von Iodtabletten) im Gebiet der Zentralzone festzulegen.

3.9 Übersicht über die Alarmmaßnahmen

3.9.1 Unterteilung der Alarmmaßnahmen

Die Alarmmaßnahmen sind zu unterteilen in die Alarmmaßnahmen 1 und 2 sowie weitere Maßnahmen.

Die Alarmmaßnahmen 1 umfassen die bei Eingang einer Alarmmeldung durchzuführenden Alarmierungen und gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen.

Die Alarmmaßnahmen 2 dienen der Abwehr akuter Gefahren, (d. h. der Vermeidung schwerwiegender deterministischer Effekte) und der Begrenzung des Risikos für stochastische Effekte (siehe auch Radiologische Grundlagen, SSK 2014a). Ob und in welchen Gebieten sie ausgelöst werden, wird nach Bewertung des Anlagenzustandes und der radiologischen Lage entschieden, wobei für die Maßnahmen Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von Iodtabletten und Evakuierung die Eingreifrichtwerte der Radiologischen Grundlagen (SSK 2014a, Anhang 8.2) heranzuziehen sind. In Abhängigkeit von der radiologischen Lage und deren Entwicklung können auch die Kombination oder der Ausschluss einzelner der vorgenannten Maßnahmen erforderlich werden. Hierzu sind Schutzstrategien und Kriterien für deren Optimierung im Ereignisfall vorzuplanen.

Die weiteren Maßnahmen schließen zeitlich an und dienen der Vorsorge sowie der Beseitigung oder Verringerung noch bestehender Gefahren. Die Durchführung dieser Maßnahmen erfolgt durch die jeweilig zuständige Behörde, insbesondere nach Maßgabe des Strahlenschutzvorsorgegesetzes. Hierzu können Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes hinzugezogen werden. Die Auslösung und der Umfang dieser Maßnahmen richten sich nach den Umständen des Einzelfalls und sind deshalb in der Regel nicht im Voraus planbar.

Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen können in Gebieten, in denen keine Maßnahmen zur Abwehr akuter Gefahren (Alarmmaßnahmen 2) durchgeführt werden, unabhängig von diesen nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz und gegebenenfalls anderen Rechtsvorschriften zur Gefahrenabwehr ergriffen werden.

3.10 Zuordnung von Maßnahmen zu den Alarmstufen

3.10.1 Maßnahmen bei Voralarm

Alarmmaßnahmen 1:

1.
Alarmierung der zuständigen Behörden, Dienststellen und benachbarter Verwaltungseinheiten (auch über die Landesgrenze hinaus), sofern diese betroffen sein können, sowie des für die internationalen Meldeverpflichtungen zuständigen Bundesministeriums; sofort alarmiert werden sollen auch benachbarte Länder, da dort gegebenenfalls ebenfalls Krisenstäbe einberufen werden müssen,
2.
Zusammentreten der Katastrophenschutzleitung in der erforderlichen Besetzung (unter Einbeziehung der für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Stelle),
3.
Herstellen der Alarmbereitschaft der übrigen Mitglieder der Katastrophenschutzleitung, der Messdienste und der Hilfsorganisationen,
4.
Festlegung des möglicherweise gefährdeten Gebietes in Abhängigkeit vom Anlagenzustand, von der radiologischen und von der meteorologischen Situation und der prognostizierten Entwicklung unter Zugrundelegung der Zonen und Sektoren durch das Radiologische Lagezentrum und
5.
Inbetriebnahme von Messeinrichtungen.

Die Bevölkerung ist in geeigneter Weise über den Sachverhalt und die behördlichen Maßnahmen zu unterrichten.

Alarmmaßnahmen 2 nach Nummer 3.10.2 können unter Umständen auch bei Voralarm vorbereitet oder bei Bedarf ergriffen werden.

3.10.2 Maßnahmen bei Katastrophenalarm

Alarmmaßnahmen 1:

1.
Alarmierung der zuständigen Behörden, Dienststellen, Hilfsorganisationen und benachbarter Verwaltungseinheiten (auch über die Landesgrenze hinaus), sofern diese betroffen sein können sowie des für die internationalen Meldeverpflichtungen zuständigen Bundesministeriums; sofort alarmiert werden sollen auch benachbarte Länder, da dort ebenfalls Krisenstäbe einzuberufen sind,
2.
Zusammentreten der Katastrophenschutzleitung,
3.
Festlegung des gefährdeten Gebietes in Abhängigkeit vom Anlagenzustand, von der radiologischen und von der meteorologischen Situation und der prognostizierten Entwicklung unter Zugrundelegung der Zonen und Sektoren durch das Radiologische Lagezentrum und
4.
Einsatz der Messdienste, Messungen nach besonderem Plan.

Alarmmaßnahmen 2:

1.
Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung,
2.
Verkehrslenkung, -regelung und Einschränkung des Straßenverkehrs nach vorbereitetem Plan,
3.
Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden,
4.
Ausgabe von Iodtabletten nach besonderem Plan,
5.
Aufforderung zur Einnahme von Iodtabletten unter Berücksichtigung der Merkblätter für die Bevölkerung sowie für Ärzte und Apotheker (siehe auch SSK-Empfehlung „Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall“ (SSK 2011),
6.
Evakuierung nach besonderem Plan,
7.
Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen,
8.
Dekontamination und ärztliche Betreuung der Einsatzkräfte,
9.
Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter bzw. möglicherweise kontaminierter Lebensmittel,
10.
Veranlassung von Verkehrseinschränkungen für Schienenverkehr, Schifffahrt und gegebenenfalls Luftverkehr,
11.
Information der Wassergewinnungs- und -verteilerstellen und
12.
Sperrung kontaminierter Wassergewinnungsstellen.

Weitere Maßnahmen:

Warnung der Bevölkerung vor Gebrauch des Wassers, vor Wassersport und Fischfang,
Unterrichtung der Schifffahrt, Warnung vor Gebrauch des Wassers,
Sperrung stark kontaminierter Flächen,
Gewährleistung der Nahrungsmittelversorgung,
Gewährleistung der Wasserversorgung,
Versorgung der Tiere mit Futtermitteln, in Sonderfällen Verlegung, gegebenenfalls Beseitigung stark kontaminierter oder getöteter Tiere,
Dekontamination von Verkehrswegen, Häusern, Gerätschaften und Fahrzeugen und
Unterbindung des Inverkehrbringens kontaminierter Nahrungs- und Futtermittel.

3.11 Offenlegung

Die Katastrophenschutzpläne sind mit Ausnahme von personenbezogenen und sicherheitsempfindlichen Angaben zur Einsichtnahme durch die Bevölkerung bei den Katastrophenschutzbehörden oder anderen geeigneten Stellen offenzulegen.

4 Hinweise zur Durchführung der Alarmmaßnahmen

4.1 Alarmierung

Um eine schnelle und vollständige Alarmierung zu gewährleisten, sollen sämtliche zu einer Alarmstufe gehörenden Alarmierungen zusammengefasst sein, wobei eine Unterteilung in Führungsorganisation der Katastrophenschutzbehörde, Behörden, Dienststellen, Messdienste und Hilfsdienste zweckmäßig erscheint (Alarmierungsplan).

Die rasche und sichere Erreichbarkeit der nach Alarmierungsplan vorgesehenen Personen soll durch entsprechende technische Einrichtungen (z. B. automatisches Alarmierungssystem) und organisatorische Maßnahmen (z. B. Bereitschaftsdienst) sichergestellt werden.

4.2 Festlegung des gefährdeten Gebietes

Bei Eingang einer Alarmmeldung mit dem Stichwort „Kerntechnischer Unfall“ ist als eine der ersten behördlichen Maßnahmen das Gebiet festzulegen, für das voraussichtlich eine der Alarmmaßnahmen 2 Nr. 3 bis Nr. 6 in Frage kommen kann (gefährdetes Gebiet).

Die Festlegung erfolgt ausgehend von den Ergebnissen der Lageermittlung. Das gefährdete Gebiet ist anhand der Zonen und Sektoren zu benennen. Es ist an die Lageentwicklung anzupassen.

Bei schnell ablaufenden Ereignissen wird zunächst mindestens die Zentralzone als gefährdetes Gebiet festgelegt.

4.3 Lageermittlung und Lagedarstellung

Die Lageermittlung wird vom zuständigen Radiologischen Lagezentrum mit den zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen über den Anlagenzustand, die meteorologische Lage und die Emissions- und Immissionssituation durchgeführt. In der Vorfreisetzungsphase beruht sie zunächst auf Prognosen, später zunehmend auf Messungen in der Umgebung.

Dazu ist es erforderlich, dass dem Radiologischen Lagezentrum Anlagendaten, Emissions- und Immissionsdaten sowie meteorologische Daten bereitgestellt werden und dass es neben eigenen Hilfsmitteln zur Dosisabschätzung auf geeignete Rechenmodelle mit ausreichender Rechenkapazität zur Diagnose und Prognose der radiologischen Lage zurückgreifen kann. Hierzu eignen sich insbesondere die Ausbreitungs- und Dosisberechnungen der ländereigenen Kernreaktorfernüberwachungen (KFÜ) sowie des bundesweiten Systems RODOS (Realtime Online Decision Support System).

Das zuständige Radiologische Lagezentrum hat alle verfügbaren Daten und Informationen unverzüglich dem Radiologischen Lagezentrum des Bundes zuzuleiten.

Die Lagedarstellung erfolgt durch die installierten Systeme des zuständigen Radiologischen Lagezentrums sowie über den Daten- und Informationsaustausch im ELAN-System (Elektronische Lagedarstellung für den Notfallschutz) des Bundes. Die Informationsplattform ELAN dient der strukturierten Präsentation der Ergebnisse zur Entscheidung über die notwendigen Maßnahmen im Inland sowie zur Information von Nachbarstaaten und den zuständigen ausländischen Behörden.

4.3.1 Radiologisches Lagebild

Durch das zuständige Radiologische Lagezentrum ist bereits vor der ersten Freisetzung ein aussagekräftiges radiologisches Lagebild zu erstellen, das alle erforderlichen Informationen über die aktuelle und die zu erwartende Entwicklung der Unfallsituation in der Anlage, ihre voraussichtlichen Auswirkungen in der Umgebung und die daraus abzuleitenden Maßnahmenempfehlungen enthält.

Grundlagen einer ersten, unmittelbar nach der Alarmmeldung des Betreibers erforderlichen Einschätzung der Lage mit Prognose der radiologischen Auswirkungen des kerntechnischen Unfalls sollen sein:

Angaben des Betreibers über das Alarmierungskriterium (Allgemeines Kriterium, Anlagen-, Emissions-, Immissionskriterium) und die Einhaltung von Schutzzielen sowie die vorläufige Einstufung nach der INES-Skala,
Abschätzung des voraussichtlichen Quellterms, seines zeitlichen Verlaufes sowie der Freisetzungswege,
laufende Informationen des Betreibers über den Anlagenzustand, z. B. über die Aktivitätskonzentration und -zusammensetzung der Sicherheitsbehälteratmosphäre, sowie über mögliche Entwicklungen,
Daten wesentlicher Betriebsparameter aus dem Kernreaktorfernüberwachungssystem (KFÜ),
standortspezifische meteorologische Daten (Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Diffusionskategorie und Niederschlagsintensität) und
Wettervorhersagen und Trajektorienberechnungen des Deutschen Wetterdienstes.

Die mögliche Strahlenexposition der Bevölkerung ist mittels Ausbreitungsrechnungen unverzüglich abzuschätzen. Sobald belastbare Messdaten aus der Umgebung und Emissionsdaten des Betreibers oder des KFÜ vorliegen, sind diese zur Verbesserung der Prognose zu verwenden.

Zur weiteren umfassenderen und genaueren Ausbreitungs- und Dosisberechnung sind die Modelle des KFÜ sowie des bundesweiten Systems RODOS heranzuziehen.

4.3.2 Messungen in der Umgebung

Eine in sich geschlossene Lagedarstellung ist auf der Basis von Einzelmessungen anfangs nicht möglich. Messungen dienen deshalb dazu, die aufgrund von Abschätzungen oder mit Hilfe von Computermodellen erstellte Prognose zu erhärten, zu ergänzen oder gar zu korrigieren. Sie sind wichtig, um den angenommenen Quellterm und die Grenzen des gefährdeten Gebietes zu überprüfen sowie um deutlich erhöhte lokale Kontaminationen aufzuspüren, die durch kleinräumige meteorologische Vorgänge oder Kontaminationsverschleppung verursacht sein können.

Messungen in der Umgebung erfolgen durch ortsfeste und mobile Messsysteme, durch Messdienste des Betreibers und der unabhängigen Messstellen sowie gegebenenfalls durch weitere Messdienste, die vom Radiologischen Lagezentrum durch die Messzentralen entsprechend ihrer Ausrüstung und Fähigkeiten eingesetzt werden. Die Messungen erfolgen nach den vorgegebenen Messprogrammen oder nach besonderen Messprogrammen auf Weisung des Radiologischen Lagezentrums. Die vorgegebenen Messprogramme nach REI (BMU 2006a); den Plänen des Katastrophenschutzes und von IMIS (BMU 2006b) sollen von den zuständigen Behörden der Länder standortspezifisch abgestimmt werden, um Doppelbeprobungen und Überwachungslücken zu vermeiden.

Während der Freisetzungsphase sind Messungen zur Quelltermüberprüfung Aufgabe der Betreibermessdienste und ihrer Messsysteme.

In der Nachfreisetzungsphase stehen das Auffinden von erhöhten Kontaminationen und die Festlegung des betroffenen Gebietes im Vordergrund. Dies ist eine Aufgabe für alle Messdienste.

Die Einsätze der Messdienste sind zwischen den Beteiligten abzustimmen.

Für die Messungen kommen folgende Einrichtungen zum Einsatz:

Festinstallierte on-line-Messsysteme
Im Katastrophenschutzplanungsgebiet der Kernkraftwerke sind in der Regel Gammaortsdosisleistungsmessstellen als Bestandteil des KFÜ in Betrieb. Dazu kommen Gammaortsdosisleistungsmessstellen des im 25-km-Umkreis von kerntechnischen Anlagen verdichteten Messnetzes des Bundesamtes für Strahlenschutz (BfS). Im Allgemeinen kann auf die Messdaten dieses Bundesmessnetzes über KFÜ zugegriffen werden.
Vor Ort installierbare Messsysteme
Festinstallierte on-line-Messsysteme können durch vor Ort installierbare Messsysteme ergänzt werden. Hierzu gehören mobile Gammaortsdosisleistungssonden und mobile Messstationen für radioaktive Schwebstoffe bzw. Iod, die gegebenenfalls von fachkundigen Messtrupps an geeigneten Orten aufgestellt werden, und die ihre Messergebnisse per Funk oder Telefon an eine Messzentrale übermitteln. Die mobilen Radioaerosol- bzw. Radioiodmessstationen können durch ferngesteuerte Sammler ergänzt werden.
Messdienste
Als Messdienste stehen Messtrupps und Strahlenspürtrupps zur Verfügung. Messtrupps werden vom Betreiber der kerntechnischen Anlage, von den unabhängigen Messstellen für die Umgebungsüberwachung und nach Vereinbarung von fachkundigen Organisationen (z. B. BfS, Strahlenmessdienst von nicht betroffenen Kernkraftwerken, wissenschaftlichen Instituten und Fachbehörden), die Strahlenspürtrupps vom Katastrophenschutz gestellt.
Die Messtrupps der Betreiber und der Kerntechnischen Hilfsdienst GmbH (KHG) sollen zunächst im Gebiet mit einem Radius von 2 km zur Anlage und in dem hauptbeaufschlagten Gebiet der Zone bis 10 km Radius tätig werden. Die Messtrupps der unabhängigen Messstellen und der fachkundigen Organisationen sowie die Strahlenspürtrupps werden im angrenzenden Bereich im 10-km-Radius sowie im Bereich bis 25 km Radius eingesetzt. Diese Zuordnung kann später entsprechend der Lageentwicklung vom Radiologischen Lagezentrum angepasst werden. Die Planung der Programme im Bereich zwischen 10 km und 25 km Abstand obliegt der zuständigen Behörde.
Die Strahlenspürtrupps werden hauptsächlich mit einfachen Messaufgaben (vorwiegend ODL-Messungen, evtl. auch Probenentnahmen) zur Eingrenzung des gefährdeten Gebietes und zum Auffinden von höher kontaminierten Gebieten betraut. Hierzu eignen sich besonders Messfahrzeuge mit kontinuierlicher Dosisleistungserfassung und gleichzeitiger Ermittlung der Messort-Koordinaten (z. B. CBRN-Erkundungswagen). Zur schnellen Lageermittlung können Messtrupps des BfS für die In-situ-Gammaspektrometrie aus der Luft mittels Hubschrauber herangezogen werden.
In dem Gebiet mit einem Radius größer als 25 km ist durch eine geeignete Strategie sicherzustellen, dass die zur Lagedarstellung und Lageprognose erforderlichen Daten bereitgestellt werden können. Hierzu eignen sich neben der Erfassung von Messwerten durch automatische Messstellen z. B. des IMIS-Messnetzes der Einsatz von Hubschrauberflügen, und – bei entsprechender Qualifizierung – auch von mit Messgeräten bestückten Drohnen. Die Strategie ist länderübergreifend abzustimmen.
Außerhalb des festgelegten gefährdeten Gebietes ist auf der Grundlage des Strahlenschutzvorsorgegesetzes durch das Intensivmessprogramm des IMIS eine großräumige Radioaktivitätsüberwachung vorgesehen. Auch diese Messergebnisse können zur Lagebeurteilung beitragen.

4.3.3 Durchführung der Messungen

Um die Auswirkungen eines kerntechnischen Unfalls beurteilen zu können, und zwar für die Festlegung des tatsächlich gefährdeten Gebietes und für die Entscheidung über Schutzmaßnahmen, sind vordringlich die in der Tabelle 4-1 aufgeführten Messungen erforderlich.

Tabelle 4-1: Vordringliche Messungen4

Art der Messung5 Ort Beginn Messdienste/Messsysteme Messzweck
a) Gammaorts­dosisleistung 2 km Radius + Hauptausbreitungssektoren bis 10 km Radius Sofort Mobile/stationäre Mess­stationen, KFÜ/ODL-Messnetz des BfS, Betreiber-Messtrupps Unterstützung der Lage­ermittlung, Erfordernis zusätz­licher Schutzmaßnahmen
Nebensektoren ab 2 km Radius und bis 25 km Radius Nach Durchzug der Wolke Messtrupps Eingrenzung des tatsächlich gefährdeten Gebiets, Suche von hochkontaminierten Stellen
b) Aktivitäts­konzentration der verschiedenen Radionuklide in der Luft 2 km Radius + Hauptausbreitungssektoren bis 10 km Sofort Mobile/stationäre Messstationen,Betreiber-Messtrupps Unterstützung der Lage­ermittlung, Erfordernis zusätz­licher Schutzmaßnahmen
Nebensektoren Messtrupps Kontrolle der Prognosen, Erforder­nis zusätzlicher Schutzmaßnahmen
c) Flächenbezogene Aktivität auf dem Boden (nach Durchzug der Wolke) Nebensektoren Nach Durchzug der Wolke Messtrupps oder Strahlenspürtrupps Festlegung des tatsächlich gefähr­deten Gebietes, Auffinden von Stellen höherer Kontamination
Gesamtgebiet Hubschraubermessungen, Auto­matische Messungen, Drohnen Lageermittlung

Zur Entscheidung über Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen (z. B. Vermarktungsverbote) werden – über die in der Tabel­le 4-1 aufgeführten Messungen hinaus – Messungen weiterer Medien (wie Bewuchs, Milch und Oberflächenwasser) vorgenommen. Diese Maßnahmen sind keine unmittelbaren Maßnahmen des Katastrophenschutzes und werden hier nicht weiter erläutert.

Bei der Tätigkeit der Messdienste sind die Strahlenschutz-Grundsätze zu beachten:

Der Einsatz muss gerechtfertigt sein: Grundsätzlich dürfen Messdienste nur in höher kontaminiertes Gebiet geschickt werden, wenn die Messergebnisse für die Lageermittlung unbedingt erforderlich sind.

Die Strahlenbelastung muss so gering wie möglich gehalten werden: Der Einsatz in höher kontaminierten Gebieten soll so kurz wie möglich sein. Dabei sollen vorrangig automatisch arbeitende Dosisleistungsmesssonden und Probenentnahme- und Messgeräte für die Feststellung der Aktivitätskonzentration in der Luft eingesetzt werden. Messungen und Probenentnahmen von Hand sind auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken.

Die Dosis ist zu beschränken: Dem Personal sind Umkehrdosen vorzugeben, bzw. es sind Vorgaben für eine maximale Aufenthaltsdauer im beaufschlagten Gebiet zu machen.

Der Einsatz der Messdienste soll koordiniert und planvoll erfolgen. Messungen ohne Aussagekraft sind zu vermeiden. Hierzu dient die Einrichtung lokaler Messzentralen, die die Einsätze der Messtrupps oder Strahlenspürtrupps steuern, die Ergebnisse bewerten, dokumentieren und in vorab festgelegter Form an das Radiologische Lagezentrum weiterleiten.

Die lokalen Messzentralen werden vom Radiologischen Lagezentrum geführt und setzen dessen Anweisungen um. Es soll nur ein Radiologisches Lagezentrum geben, das die Messziele sowie die Grobsteuerung aller Messdienste vorgibt und eine einheitliche Lagedarstellung vornimmt. Benachbarte Katastrophenschutzleitungen stimmen sich hierüber ab. Es erscheint in der Regel sinnvoll, das Radiologische Lagezentrum in dem Zuständigkeitsbereich (z. B. Land) anzusiedeln, in dem sich die betroffene Reaktoranlage befindet.

Jeder Trupp soll über Einsatzkarten verfügen, in denen das Einsatzgebiet in Zonen und Sektoren eingeteilt ist. Die Mess- und Probenentnahmeorte der Messprogramme und gegebenenfalls die Fahrtrouten sollen in den Einsatzkarten verzeichnet und gegebenenfalls gesondert beschrieben sein.

4.3.4 Probensammelstellen und Sammelplatz

Die von den Messtrupps und gegebenenfalls von den Strahlenspürtrupps eingeholten Proben sind mit vollständigen Probenbegleitpapieren einem Labor oder einer geeigneten Probensammelstelle zu übergeben.

Probensammelstellen müssen in ausreichender Entfernung möglichst querab zur Hauptausbreitungsrichtung eingerichtet werden. Sie müssen über günstige Verkehrsverbindungen und eine geeignete Infrastruktur

(Kommunikation mit der Messzentrale einschließlich Datenübertragung, witterungsgeschützte Aufenthaltsmöglichkeiten und sanitäre Anlagen) verfügen. Entsprechende Räumlichkeiten nebst Ausweichmöglichkeiten sind vorab festzulegen. Es ist Aufgabe der Probensammelstellen, dafür zu sorgen, dass die Proben auf schnellstem Weg in geeignete Labors, auch unter Ausnutzung der angebotenen Laborkapazität anderer Länder, verbracht werden.

Als zentrale Anlaufstelle für die Messtrupps und Strahlenspürtrupps kann ein Sammelplatz eingerichtet werden. Dieser kann mit dem Ort einer Probensammelstelle zusammenfallen. Am Sammelplatz werden die Personendosimetrie und die Kontaminationskontrolle des Einsatzpersonals sowie die Funktionskontrolle der Messgeräte durchgeführt. Außerdem kann dort entsprechende Zusatz- bzw. Ersatzausrüstung vorgehalten werden. Geräte für erste orientierende Messungen (Bestimmung des Nuklidvektors) an den angelieferten Proben sollen an dieser Stelle ebenfalls vorhanden sein.

Der Sammelplatz ist möglichst so auszuwählen, dass er auch für einen Hubschraubereinsatz geeignet ist (Landeplatz, „Tower“ (Fahrzeug der Flugeinsatzleitung), Tankfahrzeug, Feuerwehrfahrzeug, Räume für die Datenauswertung).

4.3.5 Auswertung der Messung

Die Ergebnisse der Messungen von Strahlenspürtrupps und Messtrupps sind von den lokalen Messzentralen auf Plausibilität zu überprüfen. Die plausibilisierten Daten sind unmittelbar oder in vorverarbeiteter Form an die für die Erarbeitung der radiologischen Lage zuständige Stelle zu übermitteln. Dafür sind einheitliche Verfahren (Datenformate, Übermittlungsprotokolle) nach der AVV IMIS (BMU 2006b) einzusetzen. Das Radiologische Lagezentrum muss über Prozeduren und Geräte verfügen, um die Daten zusammenzuführen und für die Lagedarstellung aufzubereiten. Von besonderer Bedeutung bei der Auswertung sind dabei grafische Darstellungen für die örtliche und zeitliche Entwicklung von Größen, die zur Entscheidungsfindung für die einzelnen Maßnahmen und zur Kommunikation mit der Öffentlichkeit benötigt werden. Für die Darstellung sollen möglichst geografische Informationssysteme (GIS) eingesetzt werden.

Alle Verfahren sind in einem Mess- und Auswertungskonzept zusammenzufassen.

4.4 Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung

Die Bevölkerung ist bei Eintritt eines kerntechnischen Unfalls zu warnen und über seine möglichen Folgen zu unterrichten (siehe Nummer 3.5). Schon bei Voralarm muss die Bevölkerung Informationen und Anweisungen über geeignetes Schutzverhalten erhalten.

Die Warnung der betroffenen Bevölkerung erfolgt durch Sirenensignale (einminütiger Heulton) oder andere geeignete Mittel, die eine Weckfunktion besitzen (z. B. Lautsprecherdurchsagen). Gleichzeitig muss die Bevölkerung über die Medien unterrichtet werden. Die dazu notwendigen Vereinbarungen sind zu treffen. Die Unterrichtung hat rasch und wiederholt durch amtliche Verlautbarungen über Rundfunk, Fernsehen oder andere geeignete Medien zu erfolgen.

Entsprechende Mustertexte sind in die Pläne aufzunehmen. Beispiele für Mustertexte finden sich in Anhang 8.3. Weitere Unterrichtungen veranlasst die Katastrophenschutzleitung entsprechend der Lage.

4.5 Verkehrslenkung und -beschränkung

Bei Katastrophenalarm ist der in das gefährdete Gebiet fließende Straßenverkehr nach vorbereiteten Plänen umzuleiten, um eine mögliche Gefährdung von Personen durch das Betreten oder Befahren des gefährdeten Gebietes zu verhindern. Es sind keine Einschränkungen für Personen, die das gefährdete Gebiet verlassen wollen, vorzusehen. Sofern Kontaminationen oder Strahlenexpositionen zu besorgen sind, sind diese Personen aufzufordern, sich zu den eingerichteten Notfallstationen zu begeben.

Die für den übrigen Verkehr (Schienenverkehr, Schifffahrt, Luftverkehr) zu treffenden Maßnahmen sind von den dafür zuständigen Stellen nach Unterrichtung durch die Katastrophenschutzleitung aufgrund eigener Planungen zu veranlassen.

4.6 Aufenthalt in Gebäuden

Der Aufenthalt in Gebäuden dient dem Schutz gegen äußere Bestrahlung und innere Bestrahlung infolge Inhalation radioaktiver Stoffe. Die beste Schutzwirkung wird während des Durchzugs der Wolke in geschlossenen Räumen abseits von Türen und Fenstern oder in Kellern erzielt. Dabei muss die Erreichbarkeit für Lautsprecher- und Rundfunkdurchsagen gewährleistet sein. Zuluftanlagen sollen vorübergehend abgeschaltet werden.

Der Aufenthalt in Gebäuden ist eine einfache und effektive Katastrophenschutzmaßnahme, die jedoch nur über kurze Zeit aufrechterhalten werden kann.

4.7 Planung der Iodtablettenverteilung

Iodtabletten sättigen die Schilddrüse mit nicht-radioaktivem Iod und verhindern damit bei rechtzeitiger Einnahme die Anreicherung von radioaktivem Iod in der Schilddrüse (Iodblockade).

Für die Iodblockade sind nur Tabletten mit einem hohen Iodgehalt (mg-Bereich) geeignet. (Siehe auch SSK-Empfehlung „Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall“ (SSK 2011).)

Das bestehende Konzept zur Bevorratung und Verteilung von Iodtabletten (0 – 25 km dezentrale Lagerung und >25 km Lagerung in mehreren zentralen Lagern) ist an die vergrößerten Planungsgebiete (siehe Nummer 3.7.1) geeignet anzupassen.

Es ist durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass im Ereignisfall Einsatzkräfte und betroffene Bevölkerung Iodtabletten frühzeitig, d. h. möglichst vor einer Inhalation, erhalten bzw. darüber informiert werden, bereits vorverteilte Iodtabletten bereitzuhalten.

Verteilerwege und Ausgabeverfahren sind für alle Planungsgebiete festzulegen.

Die Bevölkerung ist über die vorgesehene Schutzmaßnahme zu informieren und erhält Angaben, wann, wo und wie die Ausgabe erfolgt (siehe Mustertext 3a).

Bei der Wahl der Ausgabestellen ist darauf zu achten, dass die Abholenden oder Überbringer von Iodtabletten sich nur möglichst kurzzeitig im Freien aufhalten müssen. Für die Ausgabestellen sind Einrichtungen auszuwählen, die möglichst einfach angesprochen werden können (z. B. Apotheken, Arztpraxen, Wahllokale), um in den Warnmeldungen lange Aufzählungen zu vermeiden.

Bei der Ausgabe soll das „Merkblatt für die Bevölkerung6“ mitgegeben werden. Bei den Ausgabestellen soll das „Merkblatt für Ärzte und Apotheker“ vorhanden sein.

Die Ausgabe der Iodtabletten ist eine vorsorgliche Maßnahme und bedeutet nicht, dass die Tabletten sofort eingenommen werden sollen.

Eine Einnahme ist nur dann erforderlich, wenn nach der Lagebeurteilung tatsächlich eine erhebliche Freisetzung radioaktiven Iods befürchtet werden muss und die Eingreifrichtwerte möglicherweise überschritten werden, (siehe auch SSK 2014a).

Die betroffene Bevölkerung ist dann ausdrücklich über die Medien (z. B. durch Rundfunk- oder Lautsprecherdurchsage) zur Einnahme aufzufordern, (siehe Mustertext 3b).

4.8 Evakuierungsplanungen (Evakuierung und Aufnahme)

Aufgrund der geänderten Planungsgebiete ergeben sich zusätzliche Anforderungen an die Evakuierungsplanungen. Anforderungen an diese Planungen aus radiologischer Sicht (z. B. Berücksichtigung wechselnder Ausbreitungsrichtungen bei länger andauernden Freisetzungen oder Evakuierung während der Freisetzung) sollten in den RE KatS vorgegeben werden. Spezifische Aspekte einer Evakuierung sind in der „Rahmenempfehlung für die Planung und Durchführung von Evakuierungsmaßnahmen einschließlich der Evakuierung für eine erweiterte Region“ (AK V 2014b) geregelt.

Evakuierung im Sinne dieser Empfehlung ist die organisierte Verlegung von Menschen aus einem akut gefährdeten in ein sicheres Gebiet, wo sie vorübergehend untergebracht, verpflegt und betreut werden (Aufnahme).

Die Evakuierung ist besonders dann eine wirkungsvolle Schutzmaßnahme, wenn sie vor Durchzug der Wolke erfolgt. In bestimmten Fallkonstellationen (z. B. bei langandauernden Freisetzungen) kann eine nachträgliche Evakuierung nach Freisetzungsbeginn, während und nach erfolgtem Durchzug der radioaktiven Wolke zur Verringerung der Strahlenexposition sinnvoll sein. Hierzu bedarf es einer besonderen Abwägung.

Für die Durchführung der Evakuierung sind Evakuierungspläne aufzustellen, in denen Folgendes aufzuführen ist:

a)
betroffene Gemeinden bzw. Gemeindeteile mit Anzahl der zu evakuierenden Personen unter Berücksichtigung struktureller Gegebenheiten, z. B. Krankenhäuser, Seniorenheime, Bildungseinrichtungen, Kindertageseinrichtungen, Justizvollzugsanstalten,
b)
gegebenenfalls Einteilung des Evakuierungsgebietes in Räumungsbezirke,
c)
Festlegung von Sammelplätzen und Aufnahmestellen,
d)
Transportraum für Sammelbeförderung (Art der Transportmittel, Zahl der Plätze, Erreichbarkeit),
e)
Warn- und Informationsmittel (z. B. Sirenen, geeignete Lautsprecherfahrzeuge, Internet, Rundfunk, Fernsehen, Bürgertelefon),
f)
mögliche Evakuierungsrouten/-wege,
g)
Maßnahmen des Verkehrsmanagements,
h)
Hinweise auf begleitende Infrastruktur der Evakuierung veröffentlichen (z. B. Notfallstationen, Bürgertelefon, Evakuierungsrouten),
i)
besondere Vorkehrungen zur Evakuierung von Bildungseinrichtungen, Krankenhäusern, Seniorenheimen, Kindertageseinrichtungen, Justizvollzugsanstalten und sonstigen Einrichtungen, in denen sich Personen aufhalten, die evakuiert werden müssen,
j)
Maßnahmen der Sicherung der Infrastruktur des Evakuierungsgebietes und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung,
k)
Maßnahmen der Unterbringung, Betreuung und Versorgung der Evakuierten in Aufnahmegebieten,
l)
Schaffung von Schnittstellen zum Austausch von Informationen zwischen Evakuierungsgebiet und Aufnahme­gebiet und
m)
Registrierung/Sicherstellung der Personen-/Vermisstensuche.

Zur Evakuierung ist die Bevölkerung durch vorbereitete Mitteilungen (vgl. Mustertexte, Anhang 8.3) aufzufordern. Diese Mitteilungen sollen über die Gefahrenlage, die Schutzmaßnahme und die voraussichtliche Dauer der

Evakuierung informieren und Angaben enthalten, die für eine möglichst rasche Evakuierung (z. B. Sammelplätze, Evakuierungswege und Aufnahmestellen, Empfehlung, nach Möglichkeit private Ausweichquartiere aufzusuchen) notwendig sind. Ferner sollen sie Informationen und Hinweise enthalten, die für den Aufenthalt außerhalb des Wohnbereiches (Mitnahme von Arzneimitteln, persönlicher Dokumente usw.) wichtig sind. Bei der Evakuierung eines kontaminierten Gebietes ist auf die Notfallstationen hinzuweisen.

Nähere Angaben zur Evakuierungsplanung und -durchführung enthalten die Rahmenempfehlungen für die Planung und Durchführung von Evakuierungsmaßnahmen einschließlich der Evakuierung für eine erweiterte Region.

4.9 Dekontamination

Die Dekontamination betroffener Personen erfolgt in Notfallstationen (vgl. SSK 2007a), die in ausreichender Entfernung von der kerntechnischen Anlage oder in den vorgesehenen Aufnahmeräumen eingerichtet werden. Dafür geeignete Objekte (z. B. Hallenbäder, Sporthallen, Schulen) sind zu erfassen. Details zum Aufbau und Betrieb von Notfallstationen können den Rahmenempfehlungen „Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen“ (AK V 2014a) entnommen werden.

Die Dekontamination von möglicherweise kontaminierten Fahrzeugen der Bevölkerung erfolgt in Fahrzeug-Waschstraßen, wobei das Waschwasser in die öffentliche Entwässerung abgeleitet wird. Die Innenraumkontamination stellt gemäß SSK-Empfehlung (Richtlinie für die Festlegung von Kontaminationswerten zur Kontrolle von Fahrzeugoberflächen im grenzüberschreitenden Verkehr nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz) keine unmittelbare Gefährdung dar. Der Bevölkerung wird zu einem späteren Zeitpunkt eine Kontaminationskontrolle der Fahrzeuge angeboten. Die Bewertung der Kontamination erfolgt nach oben genannter SSK-Empfehlung.

Die Dekontamination der Einsatzkräfte und -fahrzeuge kann in gesonderten Dekontaminationsstellen erfolgen, die z. B. in der Umgebung des Sammelplatzes eingerichtet werden.

Zur Dekontamination können im Rahmen der Amtshilfe auch geeignete Einheiten der Bundeswehr herangezogen werden.

4.10 Notfallstationen

Eine erste medizinische Betreuung betroffener Personen findet ebenfalls in den Notfallstationen statt (vgl. Medizinische Maßnahmen bei Kernkraftwerksunfällen, Leitfaden für Ärztliche Berater der Katastrophenschutzleitung, Ärzte in Notfallstationen, Ärzte in der ambulanten und stationären Betreuung, SSK-Band 4 [SSK 2007a] bzw. Rahmenempfehlungen zu Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen [AK V 2014a]). Dort legen Strahlenschutzärzte die weiteren, aus medizinischer Sicht erforderlichen Maßnahmen fest, die dann ambulant oder im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in allgemeinen Krankenhäusern oder speziellen Kliniken erfolgen.

4.11 Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel und möglicherweise kontaminierter Nahrungsmittel

In allen Planungszonen ist im hauptbeaufschlagten Sektor und seinen jeweils 2 Nachbarsektoren (Öffnungswinkel mindestens 150°) vorsorglich die Bevölkerung aufzufordern, keine frisch geernteten Nahrungsmittel zu verzehren und das Vieh nicht mit frisch geernteten Futtermitteln zu versorgen, bis eine endgültige Entscheidung der zuständigen Strahlenschutzvorsorgebehörde auf der Basis von Messungen erfolgt ist.

Einzelregelungen über Vermarktungsverbote und den Verbleib kontaminierter Nahrungs- und Futtermittel werden im Rahmen der Strahlenschutzvorsorge getroffen.

4.12 Information von Wassergewinnungsstellen

Im gefährdeten Gebiet gelegene Wassergewinnungsstellen sind zu informieren.

5 Hinweise für zusätzliche Maßnahmen der Katastrophenschutzbehörde einschließlich Übungen

Zusätzlich zu den bereits aufgeführten Maßnahmen sind weitere Vorbereitungen zu treffen, um eine effektive Arbeit des Katastrophenschutzes sicherzustellen. Diese Vorbereitungen erfolgen soweit erforderlich in Zusammenarbeit mit anderen Fachbehörden und Stellen.

1.
Aufstellung, Ausrüstung und Ausbildung von Strahlenspürtrupps nach einheitlichen Grundsätzen. Für ihren Einsatz sind Dienstanweisungen auszuarbeiten. Zur Gewährleistung der Einsatzbereitschaft sind nach erfolgter Ausbildung in regelmäßigen Abständen Übungen durchzuführen (siehe Nummer 2.5).
2.
Aufstellung von Alarmierungs- und Einsatzplänen für die Einsatzkräfte, die Messdienste und die übrigen Hilfsorganisationen durch diese Dienste und Organisationen auf Veranlassung und in Abstimmung mit der Katastrophenschutzbehörde.
3.
Einweisung der zur Fachberatung der Katastrophenschutzleitung notwendigen Personen – insbesondere Fachberater Strahlenschutz und Strahlenschutzärzte – in die vorgesehenen Funktionen und Abläufe in der Katastrophenschutzleitung, Einbeziehung dieser Personen in Planbesprechungen und Übungen. Entsprechendes gilt für die in Notfallstationen einzusetzenden Ärzte. Soweit der Bedarf nicht durch ihre spezielle berufliche Tätigkeit dafür qualifizierte Personen gedeckt werden kann, sind geeignete Personen anzuwerben und für die vorgesehenen Aufgaben in Weiterbildungsveranstaltungen vorzubereiten.
4.
Maßnahmen zum Schutz der bei einem kerntechnischen Unfall herangezogenen Einsatzkräfte und sonstigen Personen.
Hinweise hierzu sind den Radiologischen Grundlagen (SSK 2014a), den SSK-Empfehlungen zu Notfallstationen (SSK 2014f), der Feuerwehrdienstvorschrift FwDV 500 (AFKzV 2012) sowie dem Leitfaden LF 450 der Polizei (POL 2006) zu entnehmen (siehe auch Nummer 3.6).
5.
Auflistung der Dienststellen, Institute und sonstigen Einrichtungen, die im Katastrophenfall Probenauswertungen und Inkorporationsmessungen durchführen (siehe Nummer 6, Nr. 13).
6.
Organisatorische Vorbereitung eines Kurierdienstes für die Übermittlung von Proben von den Probensammelstellen in die Laboratorien.
Ein Einsatz von Hubschraubern der Polizei, der Bundespolizei und der Bundeswehr ist nur nach vorheriger Vereinbarung vorzusehen.
7.
Vereinbarungen über die vorläufige Lagerung der beim Einsatz der Katastrophenschutzkräfte anfallenden kontaminierten Gegenstände.
8.
Bei Unfällen in ausländischen kerntechnischen Anlagen, die sich in der Nähe der deutschen Grenze befinden, müssen die gleichen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung durchgeführt werden können wie bei deutschen Anlagen. Deshalb sind bei grenznahen kerntechnischen Anlagen Vereinbarungen mit den angrenzenden Staaten anzustreben, dass
a)
die Warn- und Alarmmeldungen an die zuständigen deutschen Behörden unverzüglich übermittelt werden,
b)
alle Informationen, die zur Gefahrenabwehr nötig sind, an die jeweilige Katastrophenschutzleitung gelangen,
c)
bei einem kerntechnischen Unfall Verbindungspersonen ausgetauscht werden,
d)
die Katastrophenschutzplanung der Nachbarstaaten aufeinander abgestimmt und in gemeinsamen Übungen erprobt wird,
e)
gegenseitige Unterstützung bei allen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durch die Einsatzdienste des Katastrophenschutzes der betreffenden Länder möglich ist,
f)
bei Ereignissen ohne radiologische Bedeutung, die die Bevölkerung beunruhigen könnten, eine rasche Unterrichtung erfolgt und
g)
eine gegenseitige Information über amtliche Mitteilungen zur Unterrichtung der Bevölkerung erfolgt.
Dasselbe gilt bei grenznahen deutschen kerntechnischen Anlagen gegenüber den Nachbarstaaten.
9.
Es sind Alarmierungs- und Einsatzübungen durchzuführen. Beteiligte, Art, Umfang und Intervalle der Übungen sind in einem Übungsplan festzulegen. Benachbarte Länder stimmen sich hierüber ab.
Hierzu sollen auch Vereinbarungen mit angrenzenden Staaten über die Durchführung gemeinsamer grenzüberschreitender Übungen getroffen werden.
Der Erfahrungsrückfluss aus Übungen ist sicherzustellen.

6 Zusätzliche Unterlagen zu den besonderen Katastrophenschutzplänen

Den besonderen Katastrophenschutzplänen sind als Anhang mindestens folgende Unterlagen in der jeweils gültigen Fassung beizufügen:

1.
Das vorliegende Dokument „Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“,
2.
Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden,
3.
Leitfaden zur Information der Öffentlichkeit in kerntechnischen Notfällen – Empfehlung der Strahlenschutzkommission – Verabschiedet in der 220. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 5./6. Dezember 2007,
4.
Leitfaden für den Fachberater Strahlenschutz der Katastrophenschutzleitung bei kerntechnischen Notfällen, Berichte der SSK, Heft 37,
5.
Medizinische Maßnahmen bei Kernkraftwerksunfällen, Veröffentlichungen der SSK, Band 4,
6.
Der Strahlenunfall, Veröffentlichungen der SSK, Band 32,
7.
Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall (SSK 2011),
8.
Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen (RSK/SSK 2013),
9.
Auszüge aus der Alarmordnung des Betriebshandbuches sowie aus anderen für Notfälle vorgesehenen Hand­büchern, aus dem auch Zuständigkeiten und Ansprechpartner für die Katastrophenschutzleitung und deren Erreichbarkeit entnommen werden können,
10.
Jeweilige Länderregelungen zum Aufbau und Betrieb von Notfallstationen,
11.
Liste der Ärzte, die sich für den Dienst in Notfallstationen zur Verfügung gestellt haben (Strahlenschutzärzte nach Band 4 der Veröffentlichungen der SSK),
12.
Übersicht über geeignete medizinische Einrichtungen z. B. Krankenhäuser mit nuklearmedizinischer oder hämatologischer Abteilung,
13.
Katalog der „Hilfsmöglichkeiten bei kerntechnischen Unfällen“,
14.
Richtlinie für die Festlegung von Kontaminationswerten zur Kontrolle von Fahrzeugoberflächen im grenzüberschreitenden Verkehr nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, 1996,
15.
DIN 25700 Oberflächenkontaminationsmessungen an Fahrzeugen und deren Ladungen in strahlenschutzrelevanten Ausnahmesituationen,
16.
Für den Standort gültige Informationsbroschüren gemäß § 53 Absatz 5 StrlSchV,
17.
Internationale Bewertungsskala für bedeutsame Ereignisse in kerntechnischen Anlagen – INES-Skala (Quelle: Handbuch für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz, Nummer 3.56) und
18.
Mess- und Probenentnahmeprogramm der Länder.

7 Unterlagenverzeichnis

AFKzV 1999 Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung (AFKzV). Feuerwehrdienstvorschrift FwDV 100 Führung und Leitung im Einsatz, Stand 1999
AFKzV 2012 Ausschuss Feuerwehrangelegenheiten, Katastrophenschutz und zivile Verteidigung (AFKzV). Feuerwehrdienstvorschrift FwDV 500 Einheiten im ABC-Einsatz, Stand 2012
AK V 2014a Arbeitskreis V (AK V) „Feuerwehrangelegenheiten, Rettungswesen, Katastrophenschutz und Zivile Verteidigung“ der Innenministerkonferenz. Rahmenempfehlungen zu Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen (RE-NFS), Stand: 20. August 2014,
http://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/14-12-11_12/anlage4zu34.pdf?__blob=publicationFile&v=2
AK V 2014b Arbeitskreis V (AK V) „Feuerwehrangelegenheiten, Rettungswesen, Katastrophenschutz und Zivile Verteidigung“ der Innenministerkonferenz, Unterarbeitsgruppe „Evakuierungsplanung“. Rahmenempfehlung für die Planung und Durchführung von Evakuierungsmaßnamen einschließlich der Evakuierung für eine erweiterte Region, Stand: 25. August 2014,
http://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/14-12-11_12/anlage3zu34.pdf?__blob=publicationFile&v=2
AK V 2014c Arbeitskreis V (AK V) „Feuerwehrangelegenheiten, Rettungswesen, Katastrophenschutz und Zivile Verteidigung“ der Innenministerkonferenz. Bericht der Unterarbeitsgruppe Krisenkommunikation vom 11. März 2014,
http://www.innenministerkonferenz.de/IMK/DE/termine/to-beschluesse/14-12-11_12/anlage2zu34.pdf?__blob=publicationFile&v=2
AtSMV 1992 Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (AtSMV) vom 14. Oktober 1992 (BGBl. I S. 1766), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 8. Juni 2010 (BGBl. I S. 755) geändert worden ist
BMU 2006a Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen. GMBl. Nr. 14-17, S. 253, 2006
BMU 2006b Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Integrierten Mess- und Informationssystem zur Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt (IMIS) nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz (AVV-IMIS) vom 13. Dezember 2006 (BAnz. Nr. 224a vom 29. Dezember 2006)
BMU 2008 Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU). Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen, GMBl. Nr. 62/63, S. 1278, 2008
DIN 1995 Deutsches Institut für Normung (DIN). DIN 25700. Oberflächenkontaminationsmessungen an Fahrzeugen und deren Ladungen in strahlenschutzrelevanten Ausnahmesituationen, 1995-10
ENSREG 2012 European Nuclear Safety Regulators Group. Stress tests performed on European nuclear power plants, Peer review report, 25. April 2012
Euratom 2014 Richtlinie 2013/59/Euratom des Rates vom 5. Dezember 2013 zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung und zur Aufhebung der Richtlinien 89/618/Euratom, 90/641/Euratom, 96/29/Euratom, 97/43/Euratom und 2003/122/Euratom. Amtsblatt der Europäischen Union vom 17. Januar 2014
KTA 2009 Kerntechnischer Ausschuss (KTA). Sicherheitstechnische Regel des KTA 1201:
Anforderungen an das Betriebshandbuch, Fassung 2009-11
POL 2006 Dienstvorschrift der Polizei. Leitfaden 450 (LF 450) „Gefahren durch chemische, radioaktive und biologische Stoffe“ (Stand: 10. November 2005). Nicht veröffentlicht − nur für den Dienstgebrauch durch die Polizei
RSK 2011 Reaktor-Sicherheitskommission (RSK). Anlagenspezifische Sicherheitsüberprüfung (RSK-SÜ) deutscher Kernkraftwerke unter Berücksichtigung der Ereignisse in Fukushima-I (Japan), Stellungnahme der RSK, verabschiedet in der 437. Sitzung der RSK am 11. bis 14. Mai 2011
RSK/SSK 2013 Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) und Strahlenschutzkommission (SSK). Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen, Gemeinsame Empfehlung verabschiedet in der 366. Sitzung der RSK am 16. Oktober 2003 und in der 186. Sitzung der SSK am 11./12. September 2003, Ergänzung verabschiedet in der 453. Sitzung der RSK am 13. Dezember 2012 und der 260. Sitzung der SSK am 28. Februar 2013, veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz AT 09.10.2014 B1)
RSK/SSK 2014 Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) und Strahlenschutzkommission (SSK). Rahmenempfehlungen für die Planung von Notfallschutzmaßnahmen durch Betreiber von Kernkraftwerken, Empfehlung verabschiedet in der 242. Sitzung der SSK am 1./2. Juli 2010 und in der 429. Sitzung der RSK am 14. Oktober 2010 (BAnz. Nr. 65a vom 28. April 2011); Ergänzung verabschiedet in der 468. Sitzung der RSK am 4. September 2014 und in der 271. Sitzung der SSK am 20./21. Oktober 2014
SSK 2006 Strahlenschutzkommission (SSK). Der Strahlenunfall – Ein Leitfaden für Erstmaßnahmen, Veröffentlichung der Strahlenschutzkommission, Band 32, 2. überarbeitete Auflage 2006
SSK 2007a Strahlenschutzkommission (SSK). Medizinische Maßnahmen bei Kernkraftwerksunfällen, Leitfaden für Ärztliche Berater der Katastrophenschutzleitung, Ärzte in Notfallstationen, Ärzte in der ambulanten und stationären Betreuung, Veröffentlichungen der Strahlenschutzkommission, Band 4, 3. überarbeitete Auflage, 2007
SSK 2007b Strahlenschutzkommission (SSK). Leitfaden zur Information der Öffentlichkeit in kerntechnischen Notfällen, Empfehlung verabschiedet in der 220. Sitzung der SSK am 5./6. Dezember 2007, veröffentlicht im Bundesanzeiger (BAnz. Nr. 152a vom 8. Oktober 2008)
SSK 2011 Strahlenschutzkommission (SSK). Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 247. Sitzung der SSK am 24./25. Februar 2011, Banz. S. 3144
SSK 2014a Strahlenschutzkommission (SSK). Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei Ereignissen mit Freisetzungen von Radionukliden, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 268. Sitzung der SSK am 13./14. Februar 2014,
urn:nbn:de:101:1-2014111925770
SSK 2014b Strahlenschutzkommission (SSK). Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 268. Sitzung der SSK am 13./14. Februar 2014,
urn:nbn:de:101:1-201403101200
SSK 2014c Strahlenschutzkommission (SSK). Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke; Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 269. Sitzung der SSK am 10. April 2014,
urn:nbn:de:101:1-2014111010842
SSK 2014d Strahlenschutzkommission (SSK). Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 271. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 20./21. Oktober 2014, urn:nbn:de:101:1-201506037948
SSK 2014e Strahlenschutzkommission (SSK). Prognose und Abschätzung von Quelltermen bei Kernkraftwerksunfällen, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 270. Sitzung der SSK am 17./18. Juli 2014,
urn:nbn:de:101:1-2015020917940
SSK 2014f Strahlenschutzkommission (SSK). Fragestellungen zu Aufbau und Betrieb von Notfallstationen; Stellungnahme der Strahlenschutzkommission, verabschiedet in der 268. Sitzung der Strahlenschutzkommission SSK am 13./14. Februar 2014,
urn:nbn:de:101:1-201404088377
StrlSchV 2001 Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutzverordnung – StrlSchV) vom 20. Juli 2001 (BGBl. I S. 1714; 2002 I S. 1459), die zuletzt durch Artikel 5 der Verordnung vom 11. Dezember 2014 (BGBl. I S. 2010) geändert worden ist
StrVG 2008 Strahlenschutzvorsorgegesetz vom 19. Dezember 1986 (BGBl. I S. 2610), zuletzt geändert durch Artikel 1 des Gesetzes vom 8. April 2008 (BGBl. I S. 686)

8 Anhänge

8.1 Begriffserläuterungen zu den Rahmenempfehlungen

Begriffserläuterungen zu den Rahmenempfehlungen

Die in der folgenden Tabelle zusammengestellten Begriffserläuterungen sollen dem Planer und der Katastrophenschutzleitung Hinweise auf verfügbare Detail- und Hintergrundinformation geben.

Neben den Definitionen für die vorgestellten Begriffe wurden aus diesem Grund Verweise auf ergänzende Unterlagen und Quellen aufgenommen.

Darüber hinaus soll damit eine Verbindung zu den im Anhang des Katastrophenschutzplanes zusammengestellten Unterlagen hergestellt werden.

Stichwort Beschreibung, Verweis
Alarmierung Alarmierung ist die Benachrichtigung von Personen und Behörden mit der Aufforderung, die jeweils vorgesehene Funktion wahrzunehmen. Die Alarmierung kann über verschiedene Informationskanäle (z. B. Personenrufsysteme, Telefon, Telefax, Sirenen) erfolgen. Die Aufforderung wird häufig codiert (z. B. durch Stichwörter, Abfolge von akustischen Signalen).
Alarmierungskriterien Alarmierungskriterien sind Vorgaben für Betreiber kerntechnischer Einrichtungen, bei deren Erreichen bzw. Überschreiten die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durchzuführen ist.
Die Kriterien sind unterteilt in Allgemeine (Dosis-)Kriterien, Anlagenkriterien, Emissionskriterien und Immissionskriterien.
(RSK/SSK 2013)
Alarmmaßnahmen Alarmmaßnahmen sind die einer Alarmstufe zugeordneten Maßnahmen. Alarmmaßnahmen 1 dienen insbesondere der Herstellung der Arbeitsfähigkeit der Katastrophenschutzleitung und der Messdienste, der Lageermittlung und -bewertung sowie der Unterrichtung der Bevölkerung. Alarmmaßnahmen 2 dienen der Abwehr akuter Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung und umfassen insbesondere Maßnahmen wie „Aufenthalt in Gebäuden“, „Verteilung und Einnahme von Iodtabletten“ sowie „Evakuierung“.
Alarmordnung Die Alarmordnung ist nach KTA 1201 Teil des Betriebshandbuches des Betreibers, in der die Anweisungen für Notfälle bezüglich der Alarmierung, der Planung, der Verhaltensregeln, der Maßnahmen und der Ausrüstung sowie bezüglich der Kommunikation mit externen Stellen enthalten sind. Die Alarmordnung wird ergänzt durch Regelungen des Notfallhandbuches bzw. anderer für Notfälle vorgesehener Handbücher.
(KTA 2009)
Alarmstufe Die Alarmstufe fasst die bei einer Alarmmeldung zu ergreifenden Alarmierungen und Maßnahmen zusammen. In den vorliegenden Rahmenempfehlungen sind zwei Alarmstufen, nämlich Voralarm und Katastrophenalarm festgelegt. Alarmstufen werden vom Betreiber in der Alarmmeldung vorgeschlagen und von der Katastrophenschutzleitung festgelegt.
AtSMV AtSMV ist die Abkürzung für die Atomrechtliche Sicherheitsbeauftragten- und Meldeverordnung (Verordnung über den kerntechnischen Sicherheitsbeauftragten und über die Meldung von Störfällen und sonstigen Ereignissen). In der AtSMV wird die Meldepflicht für Unfälle und Störfälle präzisiert. Sie enthält u. a. die Kriterien und Fristen für die meldepflichtigen Ereignisse. Die Meldepflicht nach der AtSMV besteht unabhängig von den Alarmmeldungen nach Nummer 2.1 dieser Rahmenempfehlungen.
(AtSMV 1992)
Aufenthalt in Gebäuden Der „Aufenthalt in Gebäuden“ ist eine Maßnahme zur Reduzierung der äußeren Strahlenexposition durch Abschirmung und zur Verringerung der Inhalation eventuell kontaminierter Atemluft.
(SSK 2014a)
Ausbreitungsrechnungen Ausbreitungsrechnungen beschreiben den luftgetragenen Transport radioaktiver Stoffe unter Berücksichtigung der Windrichtung, der Turbulenz in der Atmosphäre, der Windgeschwindigkeit sowie des Niederschlags. (Es gibt auch Ausbreitungsrechnungen für Fließgewässer und Grundwasser, die aber im Katastrophenschutz in aller Regel nicht benötigt werden.) Siehe
Leitfaden für den Fachberater Strahlenschutz der Katastrophenschutzleitung, Kap. 3,
Kernreaktorfernüberwachungssysteme (KFÜ),
RODOS (Realtime Online Decision Support System).
Ausweichstelle der
Einsatzleitung
Die Ausweichstelle der Einsatzleitung ist eine Einrichtung des Betreibers zur Aufnahme des Krisenstabes des Betreibers für den Fall einer Räumung der Anlage.
AVV IMIS Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum integrierten Mess- und Informationssystem zur Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt (IMIS) nach dem Strahlenschutzvorsorge­gesetz.
(BMU 2006b)
Bereitstellungsraum Der Bereitstellungsraum ist die Sammelbezeichnung für Orte, an denen Einsatzkräfte und Einsatzmittel für den unmittelbaren Einsatz oder vorsorglich gesammelt, gegliedert und bereitgestellt oder in Reserve gehalten werden.
FwDV 100 (AFKzV 1999)
CBRN-Erkundungswagen CBRN-Erkundungswagen sind vom Bund bereitgestellte Fahrzeuge (CBRN-ErkW) mit messtechnischer Ausrüstung zur schnellen Erkundung kontaminierter Flächen und Gegenstände (CBRN: Chemisch, Biologisch, Radiologisch und Nuklear).
Dekontamination Dekontamination ist das Beseitigen oder Vermindern einer Kontamination.
Man unterscheidet die Dekontamination von Personen, Geräten und Gegenständen/Fahrzeugen sowie von Gelände (städtisch/ländlich).
(StrlSchV 2001, SSK 2014a, SSK 2007a, DIN 1995)
Deterministischer Effekt Deterministische Effekte treten als Folge hoher Energiedepositionen durch ionisierende Strahlung auf, bei denen Zellen in funktionell bedeutsamer Zahl geschädigt werden oder absterben. Diese Effekte können vorübergehend oder dauerhaft sein. Deterministische Effekte treten erst oberhalb einer Schwellendosis auf. Deterministische Effekte sind u. a. Strahlenschäden der Haut (Erythem) und das akute Strahlensyndrom mit seinen möglichen Symptomenkomplexen in verschiedenen Formen (hämatologisch, gastrointestinal, (muko)kutan, zerebrovaskulär).
(SSK 2014a, SSK 2006)
Effektive Dosis Die effektive Dosis E ist die Summe der mit den zugehörigen Gewebe-Wichtungsfaktoren wT multiplizierten Organdosen HT in relevanten Organen und Geweben T.
Die Wichtungsfaktoren berücksichtigen die unterschiedliche Strahlenempfindlichkeit der Organe und Gewebe. Die Einheit der effektiven Dosis ist das Sievert (Sv).
(StrlSchV 2001, SSK 2006, SSK 2014a)
Eingreifrichtwert Eingreifrichtwerte sind Planungswerte der erwarteten Dosis, bei deren Erreichen die Einleitung von Schutzmaßnahmen zu prüfen ist.
Die Radiologischen Grundlagen enthalten Eingreifrichtwerte für die Maßnahmen „Aufenthalt in Gebäuden“, „Einnahme von Iodtabletten“ und „Evakuierung“.
(SSK 2014a)
Eingreifwert Eingreifwerte sind die im Ereignisfall zur Anwendung gelangenden Werte der erwarteten Dosis zur Einleitung von Schutzmaßnahmen.
(SSK 2014a)
Einsatzkräfte Einsatzkräfte sind Personen, die bei einem kerntechnischen Unfall zur Bewältigung der Unfallfolgen eingesetzt werden.
Hierzu gehören neben dem Anlagenpersonal Personen, die aufgrund ihrer allgemeinen beruflichen Qualifikation für bestimmte Aufgaben (z. B. Messungen, Transporte, Reparaturen, Bauarbeiten) eingesetzt werden sowie Sicherheits- und Rettungspersonal (z. B. Polizei, Feuerwehr, Sanitäter, Ärzte).
Für Einsatzkräfte sind besondere Dosisrichtwerte festgelegt.
(SSK 2014a, SSK 2007a, AFKzV 2012, POL 2006)
Energiedosis Die Energiedosis ist der Quotient aus der Energie, die durch ionisierende Strahlung auf das Material in einem Volumenelement übertragen wird, und der Masse in diesem Volumenelement. Die Einheit der Energiedosis ist Joule durch Kilogramm (J/kg); der besondere Einheitenname ist Gray (Gy).
(SSK 2014a)
Evakuierung Evakuierung ist die organisierte Verlegung von Menschen aus einem akut gefährdeten in ein sicheres Gebiet, wo sie vorübergehend untergebracht, verpflegt und betreut werden (Aufnahme).
(AK V 2014b)
Expositionspfad In die Umwelt freigesetzte radioaktive Stoffe können auf unterschiedlichen Pfaden zu einer Strahlenexposition des Menschen führen.
Die wichtigsten Expositionspfade sind: äußere Bestrahlung aus der radioaktiven Wolke, äußere Bestrahlung vom kontaminierten Boden, Inhalation radioaktiver Stoffe, Ingestion radioaktiver Stoffe.
(StrlSchV 2001, SSK 2014a)
Fachberater Strahlenschutz Der Fachberater Strahlenschutz ist ein Strahlenschutzfachmann, der die Katastrophenschutzleitung in Fragen des Strahlenschutzes sowie bei der Entscheidung über Schutzmaßnahmen berät.
Fachberatung der
Katastrophenschutzleitung
Die Fachberatung der Katastrophenschutzleitung ist die Gesamtheit der fachkundigen Vertreter verschiedener Fachgebiete (z. B. Strahlenschutz, Polizei, Medizin, Meteorologie), die die Katastrophenschutzleitung berät und bei Entscheidungen unterstützt.
Folgedosis Die Folgedosis ist die Dosis, die als Folge der Aufnahme von radioaktiven Stoffen in den Körper über den Zeitraum ihres Aufenthalts im Körper erzeugt wird. Für die Berechnung der Folgedosis wird für Erwachsene ein Zeitraum von 50 Jahren und für Kinder ein Zeitraum vom jeweiligen Alter bis zum Alter von 70 Jahren angesetzt.
(SSK 2014a, StrlSchV 2001)
Gefährdetes Gebiet Als gefährdetes Gebiet wird das Gebiet bezeichnet, in dem zur Abwehr akuter Gefahren nach den Ergebnissen der radiologischen Lageermittlung wegen der festgestellten oder zu besorgenden Überschreitung der Eingreifwerte eine oder mehrere der Maßnahmen Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von Iodtabletten und Evakuierung erwogen werden müssen. Das gefährdete Gebiet wird durch Zonen und Sektoren näher beschrieben.
Gewebe-Wichtungs­faktoren Durch die Gewebe-Wichtungsfaktoren wT werden die einzelnen Organ-Äquivalentdosen HT entsprechend ihren relativen Beiträgen zu den stochastischen Strahlenwirkungen bei der Bestimmung der effektiven Dosis E gewichtet.
Diese Faktoren wT spiegeln die unterschiedliche Empfindlichkeit der verschiedenen Organe, Gewebe und Körperteile gegenüber stochastischen Strahlenwirkungen (Krebsinduktion, Auslösung von Erbschäden) wider.
(SSK 2006)
IMIS Abkürzung für „Integriertes Mess- und Informationssystem“ zur Überwachung der Radioaktivität in der Umwelt.
(StrVG 2008)
INES Abkürzung für „International Nuclear Event Scale“. Die Internationale Bewertungsskala für bedeutsame Ereignisse in kerntechnischen Einrichtungen (INES) soll eine nachvollziehbare Einstufung von Ereignissen in kerntechnischen Einrichtungen zur Information der Öffentlichkeit über die sicherheitstechnische Bedeutung dieser Ereignisse ermöglichen und damit die gegenseitige Verständigung zwischen Fachwelt, Medien und Öffentlichkeit erleichtern. Die Skala reicht von Stufe 0, für Ereignisse ohne sicherheitstechnische Bedeutung, bis Stufe 7 für katastrophale Unfälle.
Ingestion Ingestion ist die Aufnahme radioaktiver Stoffe mit Nahrungsmitteln in den Körper.
Inhalation Inhalation ist die Aufnahme radioaktiver Stoffe mit der Atemluft in den Körper.
In-Situ-Gamma­spektroskopie Die In-Situ-Gammaspektroskopie ist ein Verfahren zur messtechnischen Analyse der nuklidspezifischen Zusammensetzung insbesondere der abgelagerten radioaktiven Stoffe vor Ort mit Hilfe mobiler Messgeräte.
Integrationszeit Die Integrationszeit ist der Zeitraum, der bei der Berechnung der Strahlendosen entsprechend den jeweils zu berücksichtigenden Expositionspfaden und Eingreifwerten zugrunde zu legen ist.
Bei externer Exposition ist die Aufenthaltsdauer im Strahlenfeld, bei interner Exposition die Aufenthaltsdauer des Strahlers im Körper/Gewebe zugrunde zu legen.
(SSK 2014a)
Iodtabletten Kaliumiodidtabletten mit einem hohen Iodgehalt (mg-Bereich) zur Sättigung der Schilddrüse mit Iod (Iodblockade) zur Verhinderung der Anreicherung von radioaktivem Iod in der Schilddrüse.
Wichtig: Nicht zu verwechseln mit den zur Vorbeugung von Iodmangelerscheinungen vorgesehenen Tabletten mit tausendfach niedrigerem Iodgehalt (µg-Bereich). Diese sind nicht zur Blockade der Schilddrüse geeignet.
(SSK 2011, SSK 2014a)
Katalog der Hilfsmöglichkei­ten bei kerntechnischen Unfällen Zusammenstellung von Adressen und Kommunikationsverbindungen zu Beratern und Organisationen, die bei kerntechnischen Unfällen, aber auch bei Ereignissen mit radioaktiven Stoffen außerhalb der Kerntechnik, beratende Funktion oder unterstützende Aufgaben insbesondere in der Messtechnik und Dekontamination übernehmen können. Der Katalog wird im Auftrag des BMUB von der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) herausgegeben und ausschließlich an die zuständigen Behörden verteilt.
Kernreaktor­fernüberwachungs­system (KFÜ) Das KFÜ-System ist ein Datenerfassungs- und Auswertungssystem der atomrechtlichen Aufsichtsbehörde, mit dem technische und radiologische Daten aus der Anlage sowie Daten aus der Umgebung des Kernkraftwerks erfasst, online an die Behörde übermittelt und dort zu Überwachungszwecken ausgewertet werden.
Kerntechnischer Unfall Ein kerntechnischer Unfall ist ein Ereignisablauf, der schwerwiegende radiologische Auswirkungen in der Umgebung der betroffenen kerntechnischen Anlage zur Folge hat oder bei dem solche Auswirkungen drohen. Zu einem solchen Ereignisablauf kann es nur dann kommen, wenn bei einem auslösenden Ereignis die auslegungsgemäß in der kerntechnischen Anlage vorhandenen, mehrfach gestaffelten Sicherheitsmaßnahmen nicht greifen. Als schwerwiegend im Sinne dieser Definition werden Auswirkungen betrachtet, bei denen in der Umgebung eine effektive Dosis von 10 mSv bzw. eine Schilddrüsendosis von 50 mSv für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren erreicht oder überschritten werden können (entsprechend dem allgemeinen Dosiskriterium in den Alarmierungskriterien).
Kontamination, radioaktive Eine Kontamination ist eine Verunreinigung mit radioaktiven Stoffen.
a)  Oberflächenkontamination:
Verunreinigung einer Oberfläche mit radioaktiven Stoffen. Dabei wird zwischen nicht festhaftender, festhaftender und über die Oberfläche eingedrungener Aktivität unterschieden. Die Einheit der Messgröße der Oberflächenkontamination ist die flächen­bezogene Aktivität in Becquerel pro Quadratzentimeter;
b) Oberflächenkontamination, nicht festhaftende:
Verunreinigung einer Oberfläche mit radioaktiven Stoffen, bei denen eine Weiter­verbreitung der radioaktiven Stoffe nicht ausgeschlossen werden kann.
(StrlSchV 2001, SSK 2014a, SSK 2006, SSK 2007a)
Messdienste Die Messdienste führen im Rahmen von Messprogrammen radiologische Messungen in der Umgebung durch. Bei den Messdiensten wird zwischen Messtrupps (siehe dort) und Strahlenspürtrupps (siehe dort) mit unterschiedlichen Messaufgaben und Einsatzgebieten unterschieden.
Messnetz Messnetze sind Systeme zur automatisierten Erfassung, Übertragung und Speicherung radiologischer (gegebenenfalls auch meteorologischer) Messdaten von Sonden an festliegenden oder mobilen Messorten. Sie sind Bestandteil von Überwachungssystemen wie z. B. KFÜ und IMIS.
Messort Messorte sind vorab oder im Ereignisfall festgelegte Orte, an denen (radiologische) Messungen durchgeführt werden.
Messtrupp Messtrupps werden vom Betreiber der kerntechnischen Anlage, den unabhängigen Messstel­len für die Umgebungsüberwachung und nach Vereinbarung von fachkundigen Organisationen (z. B. BfS, Strahlenmessdienst nicht betroffener Kernkraftwerke, wissenschaftliche Institute und Fachbehörden) gestellt. Hauptziele ihrer Messungen sind die Verifizierung der rechnerisch ermittelten Dosis- und Kontaminationsabschätzungen und der Abgrenzung des gefährdeten Gebietes. Eine weitere wichtige Aufgabe ist die Feststellung des Nuklidvektors als Basis der Prognose der weiteren Strahlenexposition.
Messzentrale Messzentralen sind Einrichtungen zur Führung von Messdiensten und zur Erfassung der Messergebnisse und Probenauswertungen. Sie arbeiten auf der Grundlage von Messprogrammen nach Weisung des Radiologischen Lagezentrums. Die Messergebnisse werden von der Messzentrale an das Radiologische Lagezentrum übermittelt.
Notfallhandbuch Das Notfallhandbuch (des Betreibers) beschreibt Maßnahmen und Prozeduren, die unter Verwendung der vorhandenen technischen Einrichtungen des anlageninternen Notfallschutzes anzuwenden sind, um ein auslegungsüberschreitendes Ereignis (kerntechnischer Unfall) zu beherrschen oder seine radiologischen Auswirkungen zu begrenzen. Es ergänzt bei solchen Ereignissen den Teil des Betriebshandbuches, in dem die Beherrschung der Auslegungsstörfälle beschrieben wird.
Notfallstation In den Notfallstationen werden Einsatzkräfte und Betroffene eines Ereignisses auf Kontami­nation überprüft und gegebenenfalls dekontaminiert. Neben der Dekontamination erfolgt in der Notfallstation auch eine strahlenmedizinische Beurteilung durch speziell fortgebildete Ärzte, um die Betroffenen, die einer weiteren ärztlichen Behandlung bedürfen, dieser zuzuführen, sei es in stationärer oder ambulanter ärztlicher Betreuung. Gleichzeitig bildet die Notfallstation den Startpunkt des Gesundheitsmonitorings der Betroffenen, dessen Ziel es ist, langfristig die gesundheitliche Entwicklung der Betroffenen zu beobachten und zu dokumentieren (siehe auch Rahmenempfehlung zum Aufbau und Betrieb von Notfallstationen).
Organdosis Die Organdosis ist das Produkt aus der mittleren Energiedosis in einem Organ, Gewebe oder Körperteil und dem Strahlungswichtungsfaktor wR. Die Werte des Strahlungswichtungsfaktor wR )richten sich nach Art und Qualität der Strahlung (Photonen, Elektronen, Neutronen, Protonen, Alpha-Teilchen).
(SSK 2014a, StrlSchV 2001)
Planungsgebiet
„Außenzone“
Die Außenzone ist eine kreisringförmige Planungszone, in der neben Messungen zur Ermittlung und Überwachung der radiologischen Lage die Ausgabe von Iodtabletten an alle Personen bis 45 Jahre sowie die Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel vorzubereiten ist. Sie hat bei Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb einen inneren Radius von etwa 20 km und einen Außenradius von etwa 100 km. Maßnahmen in der Außenzone werden im Allgemeinen in Abhängigkeit von der Ausbreitungsrichtung (orientiert an Sektoren) durchgeführt.
(SSK 2014b)
Planungsgebiet
„Mittelzone“
Die Mittelzone ist eine kreisringförmige Planungszone, in der alle Alarmmaßnahmen 2 vorzubereiten sind. Sie hat bei Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb einen inneren Radius von etwa 5 km und einen Außenradius von etwa 20 km. Maßnahmen in der Mittelzone werden im Allgemeinen in Abhängigkeit von der Ausbreitungsrichtung (orientiert an Sektoren) durchgeführt.
(SSK 2014b)
Planungsgebiet
„Zentralzone“
Die Zentralzone ist eine Planungszone, in der alle Alarmmaßnahmen 2 vorzubereiten sind. Sie hat bei Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb einen Radius von etwa 5 km. Maßnahmen in der Zentralzone sind wegen der Nähe zur betroffenen Anlage besonders dringlich und werden im Allgemeinen unabhängig von der Ausbreitungsrichtung durchgeführt.
(SSK 2014b)
Probenentnahme Probenentnahme ist die nach standardisierten Verfahren erfolgende Entnahme von Proben aus Umweltbereichen wie Luft, Boden, Bewuchs, Oberflächen- und Grundwasser. Ort, Zeit und gegebenenfalls Umstände der Entnahme werden in Probenbegleitpapieren mit einer Probenidentifikation und Angabe des Probennehmers dokumentiert. Die Proben werden über die Probensammelstellen zu mobilen oder stationären Labors gebracht und dort nach ebenfalls standardisierten Verfahren ausgemessen. Die Messergebnisse werden mit den Daten der Probenbegleitpapiere der Messzentrale zur Plausibilisierung und Bewertung mitgeteilt.
Probensammelstelle Die Probensammelstelle ist eine Einrichtung zur Entgegennahme von Umweltproben (siehe Probenentnahme) und zum weiteren Versand der Proben an die fachlich geeigneten Labors. Zu den Aufgaben der Sammelstelle gehören die Disposition, d. h. die Feststellung, welche Labors über die notwendigen Einrichtungen verfügen und ob die erforderliche Kapazität aktuell zur Verfügung steht, sowie die Organisation des Probentransportes.
Quellterm Als Quellterm werden die Eigenschaften einer unfallbedingten Freisetzung bezeichnet. Dazu gehören insbesondere die voraussichtlich oder tatsächlich freigesetzte Aktivität, nuklidspezifisch oder hilfsweise nach Leitnukliden (z. B. I 131, Xe 133, Cs 137) oder Nuklidgruppen (Edelgase, Iod, Schwebstoffe) sowie der zeitliche Verlauf der Freisetzung. Im weiteren Sinne gehören zu den Quelltermeigenschaften auch Freisetzungsbedingungen wie Höhe der Freisetzung, Beeinflussung durch Gebäude, thermische Energie.
Radiologisches
Lagezentrum
Ein Radiologisches Lagezentrum ist eine Einrichtung zur Ermittlung und Bewertung der radiologischen Lage und zur Beratung der Katastrophenschutzleitung und Strahlenschutzvorsorgebehörden.
Im Radiologischen Lagezentrum werden Daten aus der Anlage (z. B. Anlagenzustand, Emission radioaktiver Stoffe), meteorologische Daten sowie Messdaten aus der Umgebung zusammengefasst, aufbereitet und interpretiert und Maßnahmenempfehlungen zum Schutz der Bevölkerung abgeleitet.
Räumungsbezirk Räumungsbezirk ist ein in Evakuierungsplänen aufgeführtes Gebiet, das anhand von geografischen Merkmalen abgegrenzt wird (z. B. Ortsteil mit eigenem Namen, durch Straßenzüge, Bahnlinien, Flüsse begrenzt). Die in einem Räumungsbezirk sich aufhaltende Bevölkerung wird gegebenenfalls separat (z. B. wegen des Beginns der Evakuierung) angesprochen.
Referenzwert Der Referenzwert der verbleibenden Dosis bezieht sich auf die effektive Dosis, die Personen im Laufe des ersten Jahres über alle wirksamen Expositionspfade Inhalation, äußere Bestrahlung und Ingestion durch beim Unfall freigesetzte Radionuklide unter realistischen Annahmen und Bedingungen erhalten.
(SSK 2014a)
REI Richtlinie zur Emissions- und Immissionsüberwachung kerntechnischer Anlagen. Sie enthält Grundlagen und Zielsetzungen der Überwachung sowie Festlegungen über zu überwachende Umweltbereiche, Art der Messungen und Probenentnahmen, einzuhaltende Nachweisgrenzen, Messorte und Messhäufigkeiten. Die Überwachung erfolgt in jeweils gesonderten Messprogrammen sowohl für den bestimmungsgemäßen Betrieb als auch für den Störfall/Unfall durch den Betreiber der kerntechnischen Anlage und durch unabhängige (i. A. behördliche) Messstellen.
(BMU 2006a)
Sammelplatz Sammelplätze sind in Evakuierungsplänen aufgeführte Orte, an denen sich Personen zusammenfinden, die mit von der Katastrophenschutzleitung organisierten Transportmitteln evakuiert werden.
Schnell ablaufendes
Ereignis
Ereignisablauf in einer kerntechnischen Anlage, bei dem als Folge eines Unfalls eine nennenswerte Freisetzung kurzfristig, d. h. innerhalb weniger als 6 Stunden, erfolgen kann oder erfolgt. Wenn ein solches Ereignis frühzeitig nach dem auslösenden Ereignis eintritt, sodass für eine Analyse durch das Radiologische Lagezentrum nicht genügend Zeit vorhanden ist, muss die Katastrophenschutzleitung auf Empfehlung des Betreibers kurzfristig Schutzmaßnahmen der Bevölkerung veranlassen. Eine solche Situation ist nur denkbar, wenn der Betreiber ein Ereignis mit der Einstufung „Katastrophenalarm“ meldet, ohne dass es vorher eine Meldung mit der Einstufung „Voralarm“ gegeben hat oder wenn die Empfehlung zur Auslösung von Katastrophenalarm weniger als 2 Stunden nach der Empfehlung des Voralarms erfolgt.
Schwellendosis Eine Schwellendosis ist eine Dosis, unterhalb der kein deterministischer Effekt zu erwarten ist.
Den verschiedenen deterministischen Effekten sind unterschiedliche Schwellendosen zugeordnet.
(SSK 2014a, SSK 2006)
Sievert (Sv) Sievert ist die Einheit der Organdosis, der Äquivalentdosis und der effektiven Dosis.
Stochastischer Effekt Stochastische Effekte sind Strahlenschäden, bei denen die Wahrscheinlichkeit ihres Auftretens mit zunehmender Dosis zunimmt, ihr Schweregrad jedoch nicht dosisabhängig ist.
Folgen stochastischer Effekte können Krebserkrankungen (somatischer stochastischer Strahlenschaden) oder Erbkrankheiten bei Nachkommen (genetischer stochastischer Strahlenschaden) sein.
(SSK 2014a)
Strahlenexposition Strahlenexposition ist die Einwirkung ionisierender Strahlung auf den menschlichen Körper.
Ganzkörperexposition ist die Einwirkung ionisierender Strahlung auf den ganzen Körper.
Teilkörperexposition ist die Einwirkung ionisierender Strahlung auf einzelne Organe, Gewebe oder Körperteile.
Äußere Strahlenexposition ist die Einwirkung durch Strahlungsquellen außerhalb des Körpers.
Innere Strahlenexposition ist die Einwirkung durch Strahlungsquellen innerhalb des Körpers.
(StrlSchV 2001)
Strahlenschutz-Grundsätze Strahlenschutz-Grundsätze sind:
Die Rechtfertigung jeder Strahlenexposition,
Die Pflicht zur Dosisbegrenzung und zur Dosisreduzierung,
Die Vermeidung unnötiger Strahlenexposition.

(StrlSchV 2001)
Strahlenschutz­vorsorgemaßnahmen Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen sind Maßnahmen, um die Strahlenexposition der Menschen und die radioaktive Kontamination der Umwelt im Falle von Ereignissen mit möglichen nicht unerheblichen radiologischen Auswirkungen unter Beachtung des Standes der Wissenschaft und unter Berücksichtigung aller Umstände so gering wie möglich zu halten. Dazu gehören vor allem Verbote und Beschränkungen im Bereich von Lebens-, Futter- und Arzneimitteln und Abfällen, Kontrollen und Beschränkungen im grenzüberschreitenden Verkehr sowie Empfehlungen für Verhaltensweisen der Bevölkerung.
(StrVG 2008)
Strahlenspürtrupp Strahlenspürtrupps werden zur Durchführung von Messaufgaben wie Ortsdosisleistungsmessungen und einfache Probenentnahmen (z. B. Boden- und Bewuchsproben) eingesetzt. Sie werden im Allgemeinen von Einheiten des Katastrophenschutzes/der Feuerwehr gestellt. Wichtigstes Ziel ihrer Messungen ist die Verifizierung, dass in ihrem Einsatzbereich die Eingreifwerte nicht überschritten werden.
Strahlenwirkungen Strahlenwirkungen sind Auswirkungen der Energieabsorption von Strahlung in Gewebe, die an den Biomolekülen Ionisation und/oder Anregungsvorgänge bewirkt.
(SSK 2006, SSK 2014a)
Unterrichtung Information verschiedener Zielgruppen (z. B. Bevölkerung, Behörden) über einen Sachverhalt, i. A. ohne Aufforderung, etwas zu tun.
Vorverteilung
(von Iodtabletten)
Die Vorverteilung von Iodtabletten bedeutet die ereignisunabhängige Vorverteilung an die Haushalte in der unmittelbaren Umgebung von Kernkraftwerken. Durch diese Maßnahme soll erreicht werden, dass im Ereignisfall Iodtabletten bei der betroffenen Bevölkerung schnell verfügbar sind. Im Ereignisfall sollten die Tabletten möglichst vor einer Inhalation von Radioiod eingenommen werden können.
Die Durchführung der Vorverteilung kann nach dem Arzneimittelgesetz (AMG) nur über Apotheken (§ 43 AMG) und zentrale Beschaffungsstellen (§ 47 AMG) erfolgen.
Die Vorverteilung muss in der Regel im Ereignisfall durch eine weitere Verteilaktion ergänzt werden, da vorverteilte Iodtabletten in den Haushalten verlorengegangen sein können oder die Tabletten überhaupt nicht abgeholt wurden.
Warnung Information an die Bevölkerung mit der Aufforderung, im Warntext genannte Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Zur Durchführung der Warnung können verschiedene Informationskanäle (z. B. Telefon, ortsfeste und mobile Lautsprecher, Sirenen, Rundfunkdurchsagen) einzeln oder in Kombination zur Anwendung kommen.

8.2 Eingreifrichtwerte für die Einleitung von Maßnahmen

Eingreifrichtwerte für die Einleitung von Maßnahmen

Auszüge aus:

„Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen
zum Schutz der Bevölkerung bei Ereignissen mit Freisetzungen von Radionukliden“,
verabschiedet in der 268. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 13./14. Februar 2014

Altersgrenzen bei der Schilddrüsendosis/Einnahme von Iodtabletten von 12 Jahre auf 18 Jahre geändert auf Empfehlung der Strahlenschutzkommission vom 13./14. Dezember 2001.

Eingreifrichtwerte für die Maßnahmen „Aufenthalt in Gebäuden“, „Einnahme von Iodtabletten“ und „Evakuierung“

  Eingreifrichtwerte
Maßnahme Organdosis (Schilddrüse) effektive Dosis Integrationszeiten und Expositionspfade
Aufenthalt in Gebäuden   10 mSv äußere Exposition in 7 Tagen und effektive Folgedosis durch in diesem Zeitraum inhalierte Radionuklide bei unterstelltem Daueraufenthalt im Freien
Einnahme von
Iodtabletten
50 mSv
Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere,
250 mSv
Personen von 18 bis 45 Jahren
  Organ-Folgedosis durch im Zeitraum von 7 Tagen inhaliertes Radioiod bei unterstelltem Daueraufenthalt im Freien
Evakuierung   100 mSv äußere Exposition in 7 Tagen und effektive Folgedosis durch in diesem Zeitraum inhalierte Radionuklide bei unterstelltem Daueraufenthalt im Freien

Ist bei lang anhaltenden Freisetzungen der Zeitraum des Wolkendurchzugs in einzelnen Gebieten größer als 7 Tage, dann ist zum Zeitpunkt der Entscheidung über Maßnahmen auf der Basis einer prognostizierten Dosis für die folgenden 7 Tage die bereits vorab erhaltene Dosis einzubeziehen. Diese schon erhaltene Dosis sollte dabei unter realistischen Annahmen abgeschätzt werden.

Eingreifrichtwerte sind Dosiswerte, die Personen unter bestimmten Annahmen zu den Expositionsbedingungen erhalten oder erhalten könnten. Sie fungieren als radiologisches Auslösekriterium (Triggerwerte) für die jeweilige Schutzmaßnahme. Eingreifrichtwerte sind Planungswerte, Eingreifwerte sind die im Ereignisfall zur Anwendung gelangenden Werte. Von den Eingreifrichtwerten sollte im Ereignisfall nur beim Vorliegen gewichtiger Gründe abgewichen werden, z. B. wenn die so definierte Zuordnung von Maßnahmen und Gebieten im Konflikt mit schwerwiegenden Einflussfaktoren steht.

Eingreifwerte, die über den Eingreifrichtwerten liegen, können dann gerechtfertigt sein, wenn die Durchführung der Maßnahme mit großen Nachteilen verbunden oder die vermeidbare Dosis gering ist.

Eingreifwerte, die unter den Eingreifrichtwerten liegen, sind allein aus radiologischen Gründen nicht gefordert. Grundsätzlich gilt auch bei Strahlenexpositionen unterhalb der Eingreifrichtwerte das ALARA-Prinzip.

In jedem Fall muss die Bevölkerung unter Angabe geeigneter Vergleichsgrößen über das Strahlenrisiko informiert werden.

Insbesondere bei grenzüberschreitenden Ereignissen sollten die Maßnahmen zwischen den betroffenen Staaten abgestimmt werden, um die Anwendung unterschiedlicher Eingreifwerte in verschiedenen Regionen zu vermeiden.

Die Kollektivdosis ist als Entscheidungsgrundlage für Schutzmaßnahmen nicht geeignet.

8.3 Mustertexte für die Information der Öffentlichkeit im Falle eines kerntechnischen Unfalls

Mustertexte für die Information der Öffentlichkeit im Falle eines kerntechnischen Unfalls

Allgemeine Hinweise:

Die folgenden Mustertexte sind Elemente, die je nach Ereignisablauf kombiniert werden können.

Sie liegen für folgende Situationen vor:

Mitteilung über Störung im Kernkraftwerk bei Voralarm,
Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden bei bevorstehender Freisetzung,
Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden bei erfolgter Freisetzung, gegebenenfalls ohne Vorwarnung,
Ausgabe von Iodtabletten,
Einnahme von Iodtabletten,
Evakuierung und
Entwarnung.

Es sind Situationen denkbar, bei denen mehrere Maßnahmen gleichzeitig in Frage kommen, z. B. Aufenthalt in Gebäuden und Einnahme von Iodtabletten. In solchen Fällen sind die Mustertexte sinnvoll zu kombinieren. Mögliche Lösungen für die dabei auftretenden Konfliktsituationen (z. B. wer im Haus ist, kann keine Iodtabletten in der Apotheke abholen!) sind dabei anzusprechen.

Die in geschweifte Klammern { } gesetzten Ausdrücke sind durch ereignisbezogene Angaben zu ersetzen.

Es wurde bewusst darauf verzichtet, Fachausdrücke wie „Mittelzone“ usw. zu verwenden, um die Betroffenen nicht zu verunsichern. Zudem wurde versucht, eine möglichst umgangssprachliche Ausdrucksweise anzuwenden. Darunter leidet etwas die Exaktheit der Meldung, macht sie aber leichter verständlich.

1.
Mitteilung über einen Unfall im Kernkraftwerk (Voralarm, aber noch keine Freisetzung erfolgt)
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}. Sie richtet sich vor allem an Personen im {Kreis, Bereich}.
Im Kernkraftwerk {XY} ist es zu einem Unfall gekommen. Es wurden bisher keine radioaktiven Stoffe freigesetzt. Zurzeit besteht für Sie deshalb keine Gefahr und damit kein Anlass für eigene Maßnahmen. Wenn es zu einer gefahrbringenden Freisetzung kommt, werden Sie sofort informiert. Bitte beachten Sie deshalb die weiteren Meldungen auf diesem Sender.
Bei der {Bezirksregierung} ist ein Einsatzstab gebildet worden. Der Einsatzstab steht in ständigem Kontakt mit den Verantwortlichen im Kraftwerk. Er wird Sie über die weitere Entwicklung unterrichten. Die nächste Meldung erfolgt spätestens um {xyz}.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.}
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
– Ende der amtlichen Mitteilung –
2.
Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden
a)
noch keine Freisetzung erfolgt, aber steht bevor
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Im Kernkraftwerk {XY} kam es zu einem Unfall. Bisher wurden keine radioaktiven Stoffe freigesetzt. Es muss aber damit gerechnet werden, dass es in {X} Stunden zu einer Freisetzung kommt.
Die Bewohner der Gemeinden
{– Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg,
 – Talhausen und
 – Niederspeier}
werden daher aufgefordert, vorsorglich Häuser aufzusuchen sowie Fenster und Türen zu schließen.
Nehmen Sie jetzt noch keine Iodtabletten ein. Wenn es erforderlich werden sollte, werden wir Sie rechtzeitig informieren.
Bringen Sie vorsorglich Haustiere und Vieh ins Haus oder die Stallungen, soweit dies kurzfristig möglich ist.
Wir werden Sie über Änderungen der Lage sofort informieren.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.}
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
– Ende der amtlichen Mitteilung –
2.
Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden
b)
Freisetzung ist erfolgt, (Bevölkerung war eventuell nicht vorgewarnt)
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Im Kernkraftwerk {XY} kam es zu einem Unfall; radioaktive Stoffe sind freigesetzt worden.
Die Bewohner der Gemeinden
{– Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg,
 – Talhausen und
 – Niederspeier}
werden daher aufgefordert, umgehend Häuser aufzusuchen sowie Fenster und Türen zu schließen. Schalten Sie Lüftungs- und Klimaanlagen ab. Halten Sie sich möglichst weit im Inneren des Gebäudes auf. Lassen Sie ihre Kinder nicht mehr im Freien spielen.
Verzehren Sie kein frisch geerntetes Obst oder Freilandgemüse; verwenden Sie keine frisch gemolkene Milch. Benutzen Sie kein Wasser aus offenen Brunnen, Seen oder Flüssen.
Geben Sie Tieren möglichst kein Futter, das bis jetzt im Freien gelagert war.
Legen Sie bei Betreten des Hauses die heute im Freien getragene Oberbekleidung und Schuhe ab, lagern Sie diese außerhalb des Hauses und waschen Sie unbedeckte Körperteile gründlich mit fließendem Wasser. Das draußen benutzte Spielzeug ihrer Kinder sollte nicht mit ins Haus genommen werden.
{Nehmen Sie jetzt noch keine Iodtabletten ein. Wenn es erforderlich werden sollte, werden wir Sie rechtzeitig informieren.} {Nehmen Sie jetzt die Iodtabletten ein.}
Wir werden Sie über Änderungen der Lage sofort informieren.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.}
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
– Ende der amtlichen Mitteilung –
3.
Mitteilungen über die Iodblockade der Schilddrüse
a)
Ausgabe von Iodtabletten
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Bei dem Unfall im Kernkraftwerk {XY} muss damit gerechnet werden, dass radioaktive Stoffe freigesetzt werden. Zum Schutz der Bevölkerung werden vorsorglich Iodtabletten verteilt.
Wir werden Sie unverzüglich informieren, sobald eine Einnahme der Iodtabletten erforderlich wird.
Die Bevölkerung bis zum Alter von 45 Jahren in den Gemeinden
{– Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg
 – Talhausen und
 – Niederspeier}
wird aufgefordert, die Iodtabletten jetzt {an den Ausgabestellen/in Ihrer Apotheke} abzuholen. Bitte lassen Sie die Iodtabletten von einem Erwachsenen für den gesamten Haushalt und eventuell hilfsbedürftige Nachbarn abholen.
Bewohner in der direkten Nähe zum Kernkraftwerk, denen Iodtabletten bereits zur Verfügung gestellt wurden, sollten sich diese bereitlegen, aber erst nach Aufforderung einnehmen. Wenn Sie die Tabletten verlegt haben sollten, erhalten Sie Ersatz an den genannten Ausgabestellen.
Die Schutzwirkung von Iodtabletten ist dann am größten, wenn sie zum richtigen Zeitpunkt eingenommen werden. Dem Beipackzettel der Iodtabletten können Sie entnehmen, wann die Iodtabletten am Besten wirken und warum Personen über 45 Jahren keine Tabletten einnehmen sollten.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.}
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
– Ende der amtlichen Mitteilung –
3.
Mitteilungen über die Iodblockade der Schilddrüse
b)
Einnahme von Iodtabletten empfohlen
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Nach dem Unfall im Kernkraftwerk {XY} {ist es zu einer Freisetzung von radioaktivem Iod gekommen/steht eine Freisetzung von radioaktivem Iod kurz bevor}. Die Einnahme von Iodtabletten zum Schutz der Schilddrüse ist daher erforderlich.
Die Bevölkerung bis zum Alter von 45 Jahren in den Gemeinden
{– Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg
 – Talhausen und
 – Niederspeier}
wird aufgefordert, die Iodtabletten jetzt einzunehmen. Wie im Beipackzettel erläutert wird, sollen Personen über 45 Jahre keine Tabletten einnehmen. Bitte beachten Sie die weiteren Hinweise auf der Packungsbeilage und halten Sie sich an die Anweisungen zur Dosierung, besonders für Kinder. Nehmen Sie keine höhere Dosis ein!
Wir empfehlen dringend die Einnahme von Iodtabletten für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren und für Schwangere auch in den {westlichen Gemeinden bis zur Kreisgrenze und im Landkreis Weinstraße}.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.}
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
– Ende der amtlichen Mitteilung –
4.
Mitteilung bei Evakuierung
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
{Eine erhebliche Freisetzung von Radioaktivität aus dem Kernkraftwerk {XY} kann nicht mehr ausgeschlossen werden /ist erfolgt}. Eine {vorsorgliche} Evakuierung ist daher in den folgenden Gemeinden erforderlich:
{– Römerdorf mit Ortsteil Dudenberg in das Aufnahmegebiet Landau
 – Talhausen und Niederspeier in das Aufnahmegebiet Kandel}.
{Die Gemeindeverwaltungen in den Aufnahmegebieten übernehmen die Betreuungsaufgaben wie Unterkunft, Verpflegung, Zusammenführung von Familien.} {Bei Evakuierung nach einer Freisetzung: In {Landau und Kandel} sind Notfallstationen eingerichtet. Suchen Sie diese auf. Dort werden Sie auf eine eventuelle Kontamination überprüft.}
Wenn Sie das Gebiet selbständig verlassen möchten, begeben Sie sich zunächst zu den genannten Aufnahmegebieten. {Ihre Kinder werden aus Schule oder Kindergarten {Ursprung, Ziel} evakuiert} {Holen Sie vorher Ihre Kinder aus dem Kindergarten oder aus der Schule ab.}
Erforderliche Maßnahmen zur Verkehrslenkung werden eingerichtet.
Wenn Sie keine eigene Transportmöglichkeit haben, suchen Sie bitte die vorgesehenen Sammelstellen auf. {In den genannten Orten sind dies die Schulhöfe der Grund- und Hauptschulen, in Talhausen zusätzlich der Parkplatz am Schwimmbad}. Von dort werden Sie abgeholt.
Nehmen Sie nur die wichtigsten Dokumente (z. B. Ausweispapiere), benötigte Medikamente sowie Ersatzbekleidung und Körperpflegemittel mit.
Schalten Sie vor Verlassen der Wohnung nicht benötigte Elektrogeräte aus und drehen Sie die Wasserhähne zu. Verschließen Sie Ihre Wohnung; die Polizei sichert das Gebiet.
Bitte sorgen Sie auch für hilfsbedürftige Nachbarn.
Versorgen Sie Ihr Vieh im Stall mit Futter und Wasser; machen Sie Futtervorräte für Helfer zugänglich, die Ihr Vieh später versorgen. {Sobald wie möglich wird auch das Vieh aus dem Gebiet gebracht.} Nehmen Sie Ihre Haustiere mit.
Diese und weitere Informationen können Sie auch laufend auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} abrufen. {Informationen über die Lage finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.} Schalten Sie im Auto bitte ihr Autoradio ein {Sender}.
Bitte informieren Sie Ihre Nachbarn.
– Ende der amtlichen Mitteilung –
5.
Mitteilung zur Aufhebung von Schutzmaßnahmen
Achtung, es folgt eine sehr wichtige amtliche Mitteilung der {Katastrophenschutzbehörde X in Y}:
Sie betrifft alle Personen in der Umgebung des Kernkraftwerkes {Kraftwerkname}, die von der Maßnahme {…} betroffen sind.
{Der gemeldete Unfall wurde unter Kontrolle gebracht}. {Nach Feststellungen der Aufsichtsbehörde sind Freisetzungen nicht {mehr} zu befürchten.} {Die Freisetzung von Radioaktivität wurde gestoppt. Dies bestätigen die von den Behörden durchgeführten Messungen.}
{Zurzeit führen Messtrupps noch Messungen durch. Sie dienen der Feststellung, ob und in welchem Umfang radioaktive Stoffe in der Umgebung vorhanden sind}.
Diese Mitteilung können Sie auch auf Videotext-Tafel {Seite Nr. xyz, Fernsehsender} nachlesen. Dort werden auch die Messergebnisse veröffentlicht. {Informationen über die Lage und die Messergebnisse finden Sie auch im Internet unter www.xyz.de.}
– Ende der amtlichen Mitteilung –

8.4 Informationen, die im Falle eines kerntechnischen Unfalls vom Betreiber eines Kernkraftwerkes der Katastrophenschutzleitung zur Verfügung gestellt werden müssen

Die folgenden Informationen müssen nach Ereignismeldungen mit der Einstufung Voralarm und Katastrophenalarm vom Betreiber der Katastrophenschutzleitung zur Verfügung gestellt werden:

I.
Informationen, die vor Beginn der Freisetzung radioaktiver Stoffe aus der Anlage die Entscheidung zur Vorbereitung und Durchführung vorsorglicher Katastrophenschutzmaßnahmen (Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung, Aufenthalt in Gebäuden, Ausgabe von Iodtabletten, Evakuierung) ermöglichen sollen:
geschätzter Zeitpunkt des Beginns der Freisetzung (Vorlaufzeit)
Prognose zum zeitlichen Verlauf der Freisetzung
erwarteter Umfang der Freisetzung und die mögliche Zusammensetzung der Emission (Edelgase/Iod/Schweb­stoffe)
Aussagen zum möglichen Freisetzungsweg (Freisetzung über den Kamin oder andere erwartete Wege mit Angabe der Freisetzungshöhe)
meteorologische Daten am Standort
Zustand der Anlage in Bezug auf die Einhaltung von Schutzzielen (Kontrolle der Reaktivität, Kühlung der Brennelemente und Einschluss der radioaktiven Stoffe)

Alle diese Informationen sind bei auftretenden Änderungen zu aktualisieren.

II.
Informationen, die bei Beginn und während der Emission radioaktiver Stoffe die Katastrophenschutzleitung in ihren Entscheidungen unterstützen sollen:
Angaben zum Freisetzungsweg (Kamin oder anderer Emissionsweg mit Angabe der Freisetzungshöhe)
wahrscheinlicher zeitlicher Verlauf der Freisetzung
Angaben über die Quellstärke und die Zusammensetzung der Emission (Edelgase/Iod/Schwebstoffe)
meteorologische Daten am Standort
Ergebnisse von Immissionsmessungen durch die Messtrupps des Betreibers
Zustand der Anlage in Bezug auf die Schutzziele Kontrolle der Reaktivität, Kühlung der Brennelemente und Einschluss der radioaktiven Stoffe
bis zur Übernahme dieser Aufgabe durch den Fachberater: Prognose zur radiologischen Belastung des betroffenen Gebietes (effektive Dosis sowie zur Iodbelastung der Schilddrüse)

Alle diese Informationen sind ständig zu aktualisieren.

Die Erfassung der zur Information der Katastrophenschutzleitung notwendigen Messdaten, die Übermittlung dieser Informationen von der Anlage zur Katastrophenschutzbehörde bzw. zur Aufsichtsbehörde muss auch nach erfolgter Freisetzung radioaktiver Stoffe garantiert sein, solange noch für den Notfallschutz relevante Angaben aus der Anlage benötigt werden und zu erwarten sind.

Die anlageninternen Messdaten, ihre Erfassung und Verarbeitung, die zur Erlangung der oben angegebenen Informationen notwendig sind, sind vorab im Einzelnen unter Berücksichtigung der Alarmierungskriterien (RSK/SSK 2013) vom Betreiber in Abstimmung mit der Genehmigungs- und Aufsichtsbehörde in den Betriebsvorschriften festzulegen.

8.5 Tabellarischer Vergleich der Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen in der Fassung von 2008 mit der Fassung von 2015

In der 145. Sitzung des Ausschusses „Notfallschutz“ (A5) der SSK wurde festgelegt, dass die jetzigen Rahmenempfehlungen im Hinblick auf die aus dem Ereignis in Fukushima gewonnenen Erkenntnisse zeitnah aktualisiert und angepasst werden sollen. Hierzu wurde eine Ad-hoc-Arbeitsgruppe aus Vertretern des A5 und der Länderbehörden eingerichtet.

Das vorliegende von dieser Ad-hoc-Arbeitsgruppe erstellte Papier enthält eine Gegenüberstellung des bisherigen Textes der Rahmenempfehlungen zu den vorgeschlagenen Änderungen und Ergänzungen und soll die Grundlage für die weitere Abstimmung bzgl. der Überarbeitung darstellen.

Änderungen gegenüber dem ursprünglichen Text sind in der rechten Tabellenspalte vermerkt. Wenn in der rechten Spalte nichts steht, ist weiterhin der ursprüngliche Text (linke Spalte) gültig. Beabsichtigte Löschungen des alten Textes sind ebenfalls in der rechten Spalte vermerkt.

Es ist vorgesehen, die tabellarische Darstellung in eine Interims-Rahmenempfehlung zu überführen, die nur den beibehaltenen bzw. aktualisierten Text enthält. Die Endfassung dieser tabellarischen Gegenüberstellung der Texte soll aber als „Sekundärpapier“ für die Nachvollziehbarkeit und zur Dokumentation der Änderungen weiter Bestand haben.

Lfd. Nr. Text Rahmenempfehlungen Änderungen
  1 Einleitung  
1. Diese Rahmenempfehlungen treten an die Stelle der Rahmenempfehlungen, die in der Innenministerkonferenz am 11. Juni 1999 und im Länderausschuss für Atomkernenergie – Hauptausschuss – am 6. April 1999 verabschiedet wurden (vgl. die Bekanntmachung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit vom 9. August 1999 im GMBl. 1999, S. 538 – 587). Die Überarbeitung der Rahmenempfehlungen von 1999 ist erforderlich geworden zur Berücksichtigung neuer Entwicklungen. Dazu gehören neben formalen Anpassun­gen an die novellierte Strahlenschutzverordnung von 2001
insbesondere neue nationale Regelungen in Bezug auf Iodtabletten. Hier hat die SSK die Iodmerkblätter überarbeitet. Neue Iodtabletten wurden beschafft und neue Verteilkonzepte vorgeschlagen, welche auch Gebiete außerhalb der
bisherigen Planungszonen betreffen. Die SSK hat darüber hinaus die Konzepte für medizinische Maßnahmen bei Strahlenunfällen weiterentwickelt (dargestellt in Band 32 der Veröffentlichungen der SSK) und speziell auch für die medizinischen Maßnahmen bei Kernkraftwerksunfällen (dargestellt in Band 4 der Veröffent­lichungen der SSK). Darüber hinaus werden Erkenntnisse aus der Planungspraxis im In- und Ausland in die Rahmenempfehlungen aufgenommen. Hierzu gehören u. a. die Berücksichtigung schnell ablaufender Ereignisse bei der Maßnahmenplanung sowie die Weiterentwicklungen der – auch länderübergreifenden – Konzep­te zur Erarbeitung und Kommunikation der radiologischen Lage.
Angesichts der Bedeutung einer rechtzeitigen, umfassenden und abgestimmten Information für die Akzeptanz und damit die Wirksamkeit von Schutzmaßnahmen der Bevölkerung wird der Planungsauftrag zur Erarbeitung eines abgestimmten Informationskonzeptes präzisiert.
Diese Rahmenempfehlungen treten an die Stelle der Rahmenempfehlungen (BMU 2008), die vom Arbeitskreis V der Innenministerkonferenz am
18./19. Oktober 2007 und im Umlaufverfahren vom Länderausschuss für Atomkernenergie vom 29. Februar 2008 zur Kenntnis genommen wurden (vgl. die Veröffentlichung des Bundesministers für Umwelt, Naturschutz und Reaktor­sicherheit vom 19. Dezember 2008 im GMBl. 2008 Nr. 62/63). Die Überarbeitung der Rahmenempfehlungen von 2008 ist erforderlich zur Anpassung an die Empfehlun­gen und Regeln, die im Zuge der Aufarbeitung der Erfahrungen aus dem nuklearen Unfall in Fukushima für den Notfallschutz in Deutschland nieder­gelegt wurden.
  Die Erfahrungen aus dem nuklearen Unfall in Fukushima wurden sowohl in verschiedenen Arbeitsgruppen des AK V der Innenministerkonferenz als auch der SSK im Auftrag des BMUB gesammelt und diskutiert. Die Ergebnisse sind in neuen Empfehlungen und überarbeiteten Regeln für die verschiedenen Bereiche des Notfallschutzes wie
  der SSK-Empfehlung zu Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei Ereignissen mit Freisetzungen von Radionukliden (SSK 2014a),
  der SSK-Empfehlung zu Planungsgebieten für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken (SSK 2014b),
  der SSK-Empfehlung zu Planungsgebieten für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke (SSK 2014d),
  der SSK-Empfehlung zur Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke (SSK 2014c),
  der SSK-Stellungnahme zu Fragestellungen zu Aufbau und Betrieb von Notfallstationen (SSK 2014f),
  der SSK-Empfehlung zur Prognose und Abschätzung von Quelltermen bei Kernkraftwerks­unfällen (SSK 2014e),
  den Rahmenempfehlungen zu Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen (AK V 2014a),
                  der Rahmenempfehlung für die Planung und Durchführung von Evakuierungs­maßnahmen einschließlich der Evakuierung für eine erweiterte Region (AK V 2014b),
                  dem Bericht der Unterarbeitsgruppe Krisenkommunikation (AK V 2014c),
                  den RSK/SSK-Rahmenempfehlungen für die Planung von Notfallschutz­maßnahmen durch Betreiber von Kernkraftwerken (RSK/SSK 2014) und
                  der RSK/SSK-Empfehlung zu Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen
(RSK/SSK 2013)
                  niedergelegt. Dabei wurde deutlich, dass auch wesentliche Änderungen in den Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz (RE KatS) in der Umgebung kerntechnischer Anlagen (BMU 2008) notwendig sind und die Katastrophen­schutzplanung auf langandauernde und auf Ereignisse der Kategorie INES 7 ausgedehnt werden soll. Gleichzeitig muss die Planung auch auf die Situation stillgelegter Kernkraftwerke modifiziert werden.
                  Die Richtlinie 2013/59/Euratom vom 5. Dezember 2013 zur Festlegung grundlegender Sicherheitsnormen für den Schutz vor den Gefahren einer Exposition gegenüber ionisierender Strahlung (Euratom 2014) bedingt u. a. eine weitgehende Neuordnung des Regelwerkes für den Notfallschutz. Eine umfassende Neufassung der Rahmenempfehlungen muss sich in dieses neue Regelwerk einfügen und kann daher derzeit noch nicht begonnen werden. Die für den Katastrophenschutz zuständigen Behörden der Länder benötigen jedoch schnell eine Aktualisierung der Rahmenempfehlungen, um die Erfahrungen aus Fukushima in die bestehende Notfallplanung einarbeiten zu können. Die vorliegende Fassung der Rahmen­empfehlungen lehnt sich aus Gründen der Kontinuität eng an die Empfehlung von 2008 an und wurde hauptsächlich in den Bereichen aktualisiert, in denen Änderungen aufgrund der zwischenzeitlich neu erstellten Empfehlungen und Stellungnahmen (siehe oben) notwendig sind.
2. Deutsche Kernkraftwerke verfügen über Sicherheitseinrichtungen sowie
vorgeplante Maßnahmen, die das Eintreten eines kerntechnischen Unfalls mit relevanten radiologischen Auswirkungen in der Umgebung praktisch ausschließen sollen. Zu einem solchen Ereignisablauf kann es nur dann kommen, wenn die vorhandenen, mehrfach gestaffelten Sicherheitsmaßnahmen nicht greifen sollten und die zusätzlichen Maßnahmen zur Verhinderung schwerer Kernschäden und zur Eindämmung ihrer radiologischen Folgen nicht erfolgreich wären. Für diesen Fall werden Katastrophenschutzplanungen für die Umgebung von Kernkraft­werken erarbeitet. Die hier vorliegenden Empfehlungen zur Erstellung von Katastrophenschutz­plänen betreffen Kernkraftwerke. Sie sind sinngemäß auf
andere kerntechnische Anlagen (Forschungsreaktoren, Brennelementzwischen­lager, Brennelementfabriken etc.), sofern Katastrophenschutzplanungen erforderlich sind, übertragbar.
Deutsche Kernkraftwerke verfügen über Sicherheitseinrichtungen sowie
vorgeplante Maßnahmen, die das Eintreten eines kerntechnischen Unfalls mit relevanten radiologischen Auswirkungen in der Umgebung praktisch ausschließen sollen. Zu einem solchen Ereignisablauf kann es nur dann kommen, wenn die vorhandenen, mehrfach gestaffelten Sicherheitsmaßnahmen nicht greifen sollten und die zusätzlichen Maßnahmen zur Verhinderung schwerer Kernschäden und zur Eindämmung ihrer radiologischen Folgen nicht erfolgreich wären. Für diesen Fall werden Katastrophenschutzplanungen für die Umgebung von Kernkraftwerken erarbeitet. Die hier vorliegenden Empfehlungen zur Erstellung von Katastrophenschutzplänen betreffen Kernkraftwerke. Sie sind sinngemäß auf andere kern­technische Anlagen (Forschungsreaktoren, Brennelementzwischenlager, Brenn­elementfabriken etc.), sofern besondere Katastrophenschutzplanungen erforder­lich sind, übertragbar.
                  Nach dem Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Dai-ichi im März 2011 wurden die deutschen Kernkraftwerke einer Sicherheitsüberprüfung durch die Reaktor-Sicherheitskommission (RSK) (RSK 2011) und die Europäische
Kommission (Stresstest) (ENSREG 2012) unterzogen. Durch diese Sicherheits­überprüfung wurden der hohe Sicherheitsstandard der deutschen Kernkraftwerke
                  bestätigt, aber auch zusätzliche Maßnahmen u. a. für den anlageninternen Notfallschutz abgeleitet. Trotz unveränderter Gefährdungslage wird nunmehr ein
strengerer Bewertungsmaßstab beim Vorsorgeumfang zugrunde gelegt.
                  Die Folgen von Ereignissen, die heute der INES-7-Einstufung entsprechen, waren wegen ihrer geringen Eintrittswahrscheinlichkeit bisher nicht Grundlage für die besondere Katastrophenschutzplanung, die in der Umgebung von Kernkraftwerken zusätzlich zur allgemeinen Katastrophenschutzplanung notwendig ist. Die Festlegung des für die Notfallplanung zugrunde liegenden Unfallspektrums sollte sich nach Auffassung der Strahlenschutzkommission (SSK) jedoch künftig stärker an den potenziellen Auswirkungen als an der berechneten Eintrittswahrscheinlichkeit von Unfällen orientieren. Aus der Sicht der SSK ist es daher notwendig, das der besonderen Planung zugrunde liegende Unfallspektrum zu erweitern und zusätzlich zu den Planungen für Unfälle der INES-Stufen 5 und 6 und darunter zukünftig auch Unfälle der INES-7-Einstufung, deren radiologische Auswirkungen denen des Unfalls am Standort Fukushima entsprechen, in die Planung des Notfallschutzes aufzunehmen. Die SSK hat daher in Zusammenarbeit und in Abstimmung mit den für diese Thematik zuständigen Stellen des Bundesministeriums für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) und der Gesellschaft für Anlagen- und Reaktorsicherheit (GRS) Referenzunfälle vorgeschlagen, die zukünftig die Grundlage für die Planung bilden sollen. Einzelheiten können der SSK-Empfehlung „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken“ (SSK 2014b) entnommen werden. Für ausländische Kernkraftwerke, die wegen ihrer Nähe zur deutschen Grenze Planungen auf deutschem Gebiet erfordern, wird dasselbe Unfallspektrum unterstellt.
3. Vorrangiges Ziel der Planungen ist, unmittelbare Folgen der Auswirkungen eines kerntechnischen Unfalls auf die Bevölkerung zu verhindern oder zu begrenzen. Unter unmittelbaren Folgen werden deterministische Effekte, insbesondere Frühschäden, und hohe Individualrisiken, deren Minderung Sofortmaßnahmen des Katastrophenschutzes erfordern, verstanden. Die „Radiologischen Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden“ (Beschluss des Länderausschusses für Atomkernenergie – Hauptausschuss – am 6. April 1999, GMBl 1999, S. 538) bilden die radiologische Basis für Entscheidungen über Katastrophenschutz­maßnahmen. Die Schutzziele der Notfallschutzplanungen sind in den „Radiologischen
Grundlagen“ (SSK 2014a) festgelegt.
  Gemeinsames Ziel der Maßnahmen des Notfallschutzes ist es, unmittelbare Folgen der Auswirkungen eines kerntechnischen Unfalls auf die Bevölkerung zu verhindern oder zu begrenzen. Dabei sollen als vorrangiges Ziel schwerwiegende deterministische Effekte durch Maßnahmen zur Beschränkung der individuellen Strahlendosis auf Werte unter den Schwellendosen für diese Effekte vermieden werden.
  Neben der Vermeidung deterministischer Effekte soll das Risiko stochastischer Effekte für die Einzelpersonen durch geeignete Maßnahmen herabgesetzt und hinreichend begrenzt werden.
4. Die vorliegende Empfehlung berührt nicht die bestehenden Zuständigkeiten, Organisationsformen und Regelungen für den allgemeinen Katastrophenschutz; sie soll jedoch Grundlage dafür sein, dass bei der besonderen Katastrophenschutzplanung für die Umgebung kerntechnischer Anlagen im gesamten Bundes- Die vorliegende Empfehlung berührt nicht die bestehenden Zuständigkeiten, Organisationsformen und Regelungen für den allgemeinen Katastrophenschutz; sie soll jedoch Grundlage dafür sein, dass bei der besonderen Katastrophenschutzplanung für die Umgebung kerntechnischer Anlagen im gesamten Bundes-
  gebiet soweit wie möglich nach gleichen Grundsätzen verfahren wird. Länderspezifische Besonderheiten bei der Ausgestaltung der Planungen werden durch diese Rahmenempfehlungen nicht berührt. gebiet nach gleichen Grundsätzen verfahren wird. Länderspezifische Besonder­heiten bei der Ausgestaltung der Planungen werden durch diese Rahmen­empfehlungen nicht berührt.
5. Der Katastrophenschutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen wird von den nach Landesrecht zuständigen Behörden wahrgenommen. Die Länder stellen dabei sicher, dass die Zuständigkeitsebene der Bedeutung der Planungsaufgaben und der Anordnung von Schutzmaßnahmen im Katastrophenfall entspricht.
Soweit mehrere Katastrophenschutzbehörden betroffen sind, arbeiten diese bei der Planung und im Einsatzfall eng zusammen, tauschen die erforderlichen Informationen aus und koordinieren Bekanntmachungen, Verhaltensempfehlungen und Schutzmaßnahmen.
           
6. Die Empfehlung findet Anwendung auf deutsche kerntechnische Anlagen und solche ausländische Anlagen, die wegen ihrer grenznahen Lage Planungs­maßnahmen im Sinne dieser Empfehlung auf deutschem Gebiet erfordern.            
7. Für die Umgebung kerntechnischer Anlagen werden besondere Katastrophenschutzpläne erstellt, wobei die nachstehenden Grundsätze (Nummer 3) zu
beachten sind. Neben der behördlichen Katastrophenschutzplanung ist der
Betreiber der kerntechnischen Anlage aufgrund der §§ 51 und 53 der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutz­verordnung – StrlSchV) zu eigenen Vorsorge- und Schutzmaßnahmen verpflichtet, die in der Alarmordnung und im Notfallhandbuch des Betreibers erfasst sind.
Für die Umgebung kerntechnischer Anlagen werden besondere Katastrophenschutzpläne erstellt, wobei die nachstehenden Grundsätze (Nummer 3) zu
beachten sind. Neben der behördlichen Katastrophenschutzplanung ist der
Betreiber der kerntechnischen Anlage aufgrund der §§ 51 und 53 der Verordnung über den Schutz vor Schäden durch ionisierende Strahlen (Strahlenschutz­verordnung – StrlSchV) (StrlSchV 2001) zu eigenen Vorsorge- und Schutz­maßnahmen verpflichtet, die in der Alarmordnung, im Notfallhandbuch und
weiteren Handbüchern des Betreibers erfasst sind. Anforderungen an die
Planungen des anlageninternen Notfallschutzes sind u. a. in den Rahmen­empfehlungen für die Planung von Notfallschutzmaßnahmen durch Betreiber von Kernkraftwerken (RSK/SSK 2014) enthalten.
8. Unabhängig von den (lokalen) Katastrophenschutzplanungen der Länder
existieren allgemeine, örtlich nicht begrenzte Planungen nach dem Strahlen­schutzvorsorgegesetz (StrVG), um die Strahlenexposition der Menschen bei radiolog­isch bedeutsamen Ereignissen durch geeignete Maßnahmen so gering wie möglich zu halten. Da bei einem kerntechnischen Unfall, bei dem Katastrophenschutz­maßnahmen erforderlich sind, auch Maßnahmen nach dem StrVG eingeleitet werden müssen, ist eine enge Abstimmung zwischen Bund und
Ländern bereits im Vorfeld eines Ereignisses erforderlich. Dies gilt insbesondere auch für Maßnahmen, die bei einem kerntechnischen Ereignis außerhalb der Planungsradien durchzuführen sind.
           
9. Dies bedeutet nicht, dass bei einem kerntechnischen Unfall Maßnahmen zur Gefahrenabwehr, die außerhalb des Planungsgebietes erforderlich werden, der Strahlenschutzvorsorge zuzurechnen sind und demnach durch Strahlenschutz­vorsorgebehörden durchgeführt werden müssten.            
10. Auch außerhalb des Planungsbereiches für Katastrophenschutzmaßnahmen gilt der Grundsatz, dass die zur Gefahrenabwehr erforderlichen Sofortmaßnahmen durch die Katastrophenschutzbehörden durchzuführen sind. Auch außerhalb der Planungsgebiete für Katastrophenschutzmaßnahmen gilt der Grundsatz, dass die zur unmittelbaren Gefahrenabwehr erforderlichen Maßnahmen durch die Gefahrenabwehrbehörden durchzuführen sind.
11. Außerdem gilt der Grundsatz, dass nach Abwendung der unmittelbaren Gefahr die zum Schutz der Bevölkerung weiterhin durchzuführenden Maßnahmen in die Zuständigkeit der Strahlenschutzvorsorgebehörden übergehen. Hierunter fallen insbesondere solche Maßnahmen, deren Einleitung der Vermeidung hoher stochas­tischer Risiken dient, deren Aufhebung jedoch erst nach Feststellung der Unbedenklichkeit (Nahrungsmittelverbot) oder unter Abwägung sozialer Gesichtspunkte (temporäre Umsiedlung) erfolgen kann. Zeitlich und räumlich spezifizierte Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung
werden im weiteren Verlauf des Ereignisses durch Entscheidungen der für die Gefahrenabwehr, den Katastrophenschutz oder für die Strahlenschutzvorsorge zuständigen Behörden nach Bewertung der radiologischen Lage ausgelöst.
Wurden bereits Maßnahmen ergriffen, ist in der Folge zu entscheiden, inwieweit zusätzliche Maßnahmen notwendig sind und ob einzelne Maßnahmen aufgehoben werden können.
                  Es ist zweckmäßig, den Ablauf des Notfallereignisses gemäß den „Radiologischen Grundlagen“ (SSK 2014a) in Phasen zu unterteilen. Ziel dieser Phaseneinteilung ist es, in der Notfallplanung die jeweils notwendigen Maßnahmen insbesondere im Hinblick auf Anlauf und Ablauf zeitlich einzuordnen.
12. Hinweis: Nach einer Meldung des Betreibers entsprechend der AtSMV an die Aufsichtsbehörde über ein Ereignis, das keine Katastrophenschutzmaßnahmen, aber Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen erfordert, wird die Aufsichtsbehörde nach Prüfung der Relevanz die Strahlenschutzvorsorgebehörde informieren.
Etwaige Maßnahmen werden dann durch die Strahlenschutzvorsorgebehörde veranlasst.
Hinweis: Nach einer Meldung des Betreibers entsprechend der AtSMV an die Aufsichtsbehörde über ein Ereignis, das keine Katastrophenschutzmaßnahmen, aber Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen erfordert, wird die Aufsichtsbehörde nach Prüfung der Relevanz die Strahlenschutzvorsorgebehörde und gegebenen­falls andere für die Gefahrenabwehr zuständige Behörden informieren. Etwaige Maßnahmen werden dann durch die Strahlenschutzvorsorgebehörde oder andere Gefahrenabwehrbehörden veranlasst.
  2 Zusammenwirken von behördlicher Planung und Maßnahmen des Betreibers der kerntechnischen Anlage            
13. Der Betreiber der kerntechnischen Anlage ist zu folgenden Maßnahmen
verpflichtet:
Spezifische Anforderungen an die Betreiber in Deutschland können den Rahmenempfehlungen für die Planung von Notfallschutzmaßnahmen durch Betreiber von Kernkraftwerken (RSK/SSK 2014) entnommen werden. Der Betreiber der kerntechnischen Anlage ist u. a. zu folgenden Maßnahmen verpflichtet:
  2.1 Unterrichtung der Katastrophenschutzbehörden            
14. a) Der Betreiber der kerntechnischen Anlage alarmiert die nach den besonderen Katastrophenschutzplänen für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zustän­digen Stellen unverzüglich, wenn die für einen Voralarm bzw. für einen Katastrophenalarm festgelegten Voraussetzungen (s. Nummer 3.8) vorliegen.
(Sofortmeldung).
Der Betreiber unterrichtet die zuständigen Stellen sodann fortlaufend über die Situation in der Anlage sowie deren Beurteilung.
           
15. b) Die Sofortmeldung erfolgt nach vorbereitetem Text mit nachstehenden
Angaben:
           
16.   1. Stichwort: „kerntechnischer Unfall“ in der Anlage … Block …            
17.   2. Klassifizierungsvorschlag: Voralarm, Katastrophenalarm            
18.   3. Angaben zur Beurteilung der Gefahrenlage in der Umgebung            
19.     Angaben zu den Ausbreitungsbedingungen insbesondere Ausbreitungsrich­tung und Windgeschwindigkeit Angaben zu den Ausbreitungsbedingungen, insbesondere Ausbreitungs­richtung und Windgeschwindigkeit (siehe Anhang 8.4)
20.     Angabe der vorläufigen Einstufung nach INES (Falls diese Einstufung zu unverhältnismäßigen Verzögerungen bei der Abgabe der Meldung führt, kann sie in der Erstmeldung entfallen. Sie ist dann so schnell wie möglich nachzuliefern.)            
21.     Sofern es sich um ein schnell ablaufendes Ereignis (Definition siehe Anhang 1) handelt, d. h. dass eine erhebliche Freisetzung unmittelbar bevorsteht, ist in der Sofortmeldung auf den schnellen Ablauf deutlich hinzuweisen (siehe auch Nummer 3.8.4)            
22.   4. Datum und Uhrzeit, Name und Dienststellung des Meldenden            
23.     Der Betreiber übermittelt den Katastrophenschutzbehörden ferner unverzüg­lich alle Angaben, die für die Beurteilung des Unfallgeschehens und zur Einleitung von Abwehrmaßnahmen von Bedeutung sein können (siehe Anhang 7.4).            
24.     Der Betreiber informiert die nach den besonderen Katastrophenschutzplänen für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zuständigen Stellen unverzüglich über die Lageentwicklung (siehe Nummer 3.3).            
25. c) Kommunikationsverbindungen zwischen der kerntechnischen Anlage und den für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zuständigen Stellen sowie der Katastrophenschutzleitung müssen auch bei Überlastung oder Ausfall des öffentlichen Wahlnetzes gewährleistet sein. Die technische Sicherstellung der telefonischen Kommunikation kann z. B. durch Festverbindungen oder durch andere Kommunikationsverbindungen entsprechend dem Stand der Technik, die die gleiche Zuverlässigkeit und Verfügbarkeit gewährleisten, erreicht werden. c) Kommunikationsverbindungen zwischen der kerntechnischen Anlage und den für die Entgegennahme von Alarmmeldungen zuständigen Stellen sowie der Katastrophenschutzleitung müssen auch bei Überlastung oder Ausfall des öffentlichen Netzes (Telefon, Internet) gewährleistet sein. Die technische Sicherstellung der telefonischen Kommunikation kann z. B. durch Festverbindun­gen, Funk, Mobilfunk oder durch andere Kommunikations­verbindungen entsprechend dem Stand der Technik, die die gleiche Zuverlässig­keit und Verfügbarkeit gewährleisten, erreicht werden.
  2.2 Aufgaben des Betreibers bei der Radiologischen Lageermittlung            
26. Der Betreiber stellt unverzüglich eine sachkundige Verbindungsperson zu der für den Standort festgelegten Stelle (siehe Nummer 3.3) ab. Aufgaben der Verbindungsperson sind im Wesentlichen:            
27. a) Beschreibung des Anlagenzustands, Erläuterung des Unfallablaufes und des Quellterms a) Beschreibung des Anlagenzustands, Erläuterung des Unfallablaufes und des Quellterms (siehe auch SSK-Empfehlung zur Prognose und Abschätzung von Quelltermen bei Kernkraftwerksunfällen [SSK 2014e])
28. b) Darstellung der radiologischen Konsequenzen            
  2.3 Einrichtung einer Ausweichstelle für die Einsatzleitung des Betreibers
außerhalb der Anlage
           
29. Für den Fall einer notwendigen Räumung der kerntechnischen Anlage richtet der Betreiber eine Ausweichstelle für seine Einsatzleitung außerhalb der Anlage ein, die über verschiedene, voneinander unabhängige Mittel zur Kommunikation mit den Katastrophenschutzbehörden verfügt. Die Kommunikation mit der Not- bzw. Teilsteuerstelle der Anlage ist sicherzustellen. In der Ausweichstelle sind die Unterlagen, die für die Beurteilung des Unfallgeschehens notwendig sind, sowie die Ausrüstung für den persönlichen Strahlenschutz der Einsatzkräfte des
Betreibers vorzuhalten.
Für den Fall einer notwendigen Räumung der kerntechnischen Anlage richtet der Betreiber eine Ausweichstelle für seine Einsatzleitung außerhalb der Anlage ein, die über verschiedene, voneinander unabhängige Mittel zur Kommunikation mit den Katastrophenschutzbehörden und allen anderen relevanten Stellen und
Personen verfügt (siehe RSK/SSK 2014).
  2.4 Messungen und Probenentnahmen in der Umgebung            
30. Der Betreiber der kerntechnischen Anlage nimmt mit ortsfesten und mobilen Einrichtungen Messungen in der Umgebung an vorab festgelegten Orten vor. Art und Umfang dieser Messungen sind in Nummer 4.3.2 festgelegt. Messungen in der Umgebung erfolgen durch ortsfeste und mobile Messsysteme, durch Messdienste des Betreibers und der unabhängigen Messstellen sowie gegebenenfalls durch weitere Messdienste, die vom Radiologischen Lagezentrum durch die Messzentralen entsprechend ihrer Ausrüstung und Fähigkeiten
eingesetzt werden.
                  Art und Umfang dieser Messungen sind in Nummer 4.3.2 festgelegt.
31. Die Messergebnisse werden über die Messzentrale der für die Erarbeitung der radiologischen Lage zuständigen Stelle unverzüglich mitgeteilt.            
  2.5 Mitwirkung im vorbereitenden Katastrophenschutz            
32. Der Betreiber und die Katastrophenschutzbehörden stimmen ihre Planungen untereinander ab.            
33. Der Betreiber unterstützt die Katastrophenschutzbehörden nicht nur beim abwehren­den Katastrophenschutz, sondern gemäß § 53 StrlSchV auch im vorbereitenden Katastrophenschutz.            
34. Insbesondere soll er die Katastrophenschutzbehörden bei der Erarbeitung von besonderen Katastrophenschutzplänen nach diesen Rahmenempfehlungen
beraten, die dafür erforderlichen Informationen zur Verfügung stellen und sich an von den Katastrophenschutzbehörden angeordneten Übungen und sonstigen Ausbildungsmaßnahmen beteiligen und diese unterstützen.
           
35. Das aufsichtführende Land soll die Interessen der Nachbarländer gegenüber dem Betreiber berücksichtigen und sich hierzu mit den Nachbarländern abstimmen.            
  3 Grundsätze für das Aufstellen besonderer Katastrophenschutzpläne für die Umgebung kerntechnischer Anlagen            
36. In den besonderen Katastrophenschutzplänen sind folgende Gesichtspunkte hinsichtlich des Inhalts und der Gliederung zu berücksichtigen:            
  3.1 Inhaltsverzeichnis            
  3.2 Fortführungsnachweis            
37. Die für die Ausarbeitung zuständige Behörde schreibt die Planungen
kontinuierlich fort und überprüft sie in regelmäßigen Abständen (grundsätzlich jährlich).
Die für die Ausarbeitung zuständigen Behörden und Stellen schreiben die
Planungen kontinuierlich fort und überprüfen sie in regelmäßigen Abständen (grundsätzlich jährlich).
  3.3 Führungsorganisation            
  3.3.1 Grundlagen und Zusammenarbeit            
38. Die Führungsorganisation nach dem besonderen Katastrophenschutzplan
orientiert sich, insbesondere hinsichtlich der Verantwortlichkeiten und der Aufbau- und Ablauforganisation der Stäbe, an den entsprechenden Katastrophenschutz-Dienstvorschriften der Länder.
           
39. Der Aufbau der Führungsorganisation, die Aufgaben und Verantwortlichkeiten ihrer Mitglieder sowie der Arbeitsablauf sind in besonderen Dienstordnungen festzulegen.            
40. Die Zusammenarbeit der mitwirkenden Katastrophenschutzleitungen ist sicherzustel­len.            
41. Können mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen sein, so ist die länderübergreifende Zusammenarbeit und Kommunikation zu planen, zu vereinbaren und zu beschreiben. Diese Planung soll sicherstellen, dass die Entscheidungen auf der Basis einer Lage­beurteilung getroffen werden, die unter Einbeziehung aller verfügbaren Daten und Informationen ermittelt wird, und dass der Einsatz der Kräfte effizient erfolgt. Da mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer
kerntechnischen Anlage betroffen sein können, ist die Zusammenarbeit und Kommunikation länderübergreifend zu planen, zu beschreiben und zu vereinbaren. Dabei sind auch grenznahe1 ausländische Anlagen zu betrachten. Diese Planung soll sicherstellen, dass die Entscheidungen auf der Basis einer einheitlichen Lagebeurteilung getroffen werden, die unter Einbeziehung aller verfügbaren Daten und Informationen ermittelt wird, und dass der Einsatz der Kräfte effizient erfolgt.
  3.3.2 Lagebeurteilung            
42. Für die Erarbeitung und Bewertung der „radiologischen Lage“ durch Fachberater ist eine Stelle (Radiologisches Lagezentrum) einzurichten. Im Radiologischen Lagezentrum sind die Daten und Informationen sowie die Hilfsmittel verfügbar, die zum Erstellen der „radiologischen Lage“ und zur Empfehlung über
Maßnahmen erforderlich sind.
Für die Erarbeitung und Bewertung der radiologischen Lage durch Fachbehörden/Fachberater sind in dem Betreiberland und beim Bund Radiologische Lagezentren einzurichten.
  Neben diesen Radiologischen Lagezentren müssen in den weiterhin betroffenen Ländern zuständige Ansprechstellen vorhanden sein, die bei der Erstellung des radiologischen Lagebildes mitwirken.
  In den Lagezentren und in den Ansprechstellen sind die Daten und Informationen sowie die Hilfsmittel und das sachkundige Personal verfügbar, die zum Erstellen der radiologischen Lage und zur Empfehlung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung erforderlich sind.
43. Zur Fachberatung im Radiologischen Lagezentrum werden mindestens
einbezogen2:
           
44. Eine im Strahlenschutz fachkundige Verbindungsperson des Betreibers,
die u. a. die aus der Anlage eingehenden Lageberichte erläutert.
           
45. Strahlenschutzsachverständige, z. B. von einschlägigen Fachbehörden und Institutionen            
46. Strahlenschutzärzte            
47. Vertreter der Aufsichtsbehörde            
48. Darüber hinaus ist meteorologischer Sachverstand zuzuziehen.            
49. Weitere Berater können standortspezifisch oder angepasst an die Lage hinzugezogen werden.            
50. Für das „Radiologische Lagezentrum“ und die Gruppe der Fachberater ist eine Aufbau- und Ablauforganisation zu planen und eine entsprechende
Dienstordnung zu erstellen.
Für die Radiologischen Lagezentren, die zuständigen Ansprechstellen in den Ländern und die Fachbehörden/Fachberater ist jeweils eine Aufbau- und Ablauforganisation zu planen und eine entsprechende Dienstordnung zu erstellen.
51. Können mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer kerntechnischen Anlage betroffen sein, so ist, sofern mehrere „Radiologische Lagezentren“ vorhanden sind, vorab zu vereinbaren, wo die gemeinsame radiologi­sche Lage federführend ermittelt wird. Da mehrere Bundesländer von den Auswirkungen eines Unfalls in einer kern­technischen Anlage betroffen sein können, stellt das Radiologische Lagezentrum des Betreiberlandes allen betroffenen Ländern ein einheitliches radiologisches Lagebild bis zu derjenigen Entfernung zur Verfügung, wie es die verfahrensmäßige und technische Ausstattung prognostisch und diagnostisch zulässt. Dieses radiologi­sche Lagebild beinhaltet eine räumliche Darstellung, aus der mindestens ersichtlich sein muss, in welchen Gebieten ein Überschreiten der Eingreif­richtwerte zu erwarten ist, sodass es den verantwortlichen Stellen auf dieser Grundlage möglich ist, schnelle und umfassende Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung einzuleiten.
                  Die zuständigen Ansprechstellen der betroffenen Länder übermitteln regionale Lagebewertungen und relevante diagnostische Daten zur Ergänzung des einheit­lichen radiologischen Lagebildes. Das Radiologische Lagezentrum des Bundes erstellt ein großräumiges prognostisches und diagnostisches radiologisches
Lagebild für Deutschland und leitet daraus Maßnahmen und Empfehlungen für den Katastrophenschutz und die Strahlenschutzvorsorge ab. Damit das
Radiologische Lagezentrum des Bundes vor allem die prognostische Lage in der Vorfreisetzungsphase für Deutschland schnell erstellen und bereitstellen kann, haben die Radiologischen Lagezentren der Betreiberländer die ihnen vorliegenden Daten und Informationen unverzüglich an das Radiologische Lagezentrum
des Bundes weiterzugeben. Nach dem Vorliegen von Messwerten werden prognosti­sche und diagnostische Daten zu einem einheitlichen radiologischen Lagebild zusammengeführt.
                  Das einheitliche radiologische Lagebild wird vom Radiologischen Lagezentrum des Bundes allen Bedarfsträgern zur Verfügung gestellt.
                  Bei grenznahen1 Anlagen im Ausland nehmen analog zum Ereignis in Deutschland sowohl das zuständige Radiologische Lagezentrum als auch das Radiologische Lagezentrum des Bundes bereits ab der ersten Alarmierung unverzüglich ihren Betrieb auf.
                  Bei Ereignissen in nicht grenznahen ausländischen Kernkraftwerken werden das radiologische Lagebild und die erforderlichen Maßnahmenempfehlungen zentral durch das Radiologische Lagezentrum des Bundes den Ländern übermittelt.
  3.3.3 Apparative Ausstattung            
52. Die apparative Ausstattung der Führungseinrichtungen erfordert insbesondere eine ausreichende Zahl von verschiedenen, voneinander unabhängigen
Kommunikationsmitteln (z. B. Telefax, E-Mail).
Die apparative Ausstattung der Führungseinrichtungen (z. B. Lagezentren, Messzentra­len) erfordert insbesondere eine ausreichende Zahl von verschiedenen, voneinander unabhängigen Kommunikationsmitteln sowie die sichere
Verfügbarkeit des einheitlichen Informations- und Kommunikationssystems zur radiologischen Lageermittlung.
  3.4 Alarmierung            
53. Eine schnelle und vollständige Alarmierung der im Rahmen der einzelnen Alarmstufen benötigten Behörden, Einheiten und sonstigen Stellen ist sicherzustellen vgl. Nummer 4.1).            
54. Für die Alarmstufen sind grafische Alarmierungsschemata zu erstellen.            
  3.5 Information der Öffentlichkeit            
55. 1. Als Bestandteil der Katastrophenschutzpläne ist ein Konzept zur Information der Öffentlichkeit3 zu erstellen. Dieses Konzept stellt sicher, dass die Information eindeutig, verständlich und lagegerecht zum richtigen Zeitpunkt erfolgt. Es ist mit den Strahlenschutzvorsorgebehörden abzustimmen.            
56. 2. Das Konzept ist entsprechend den Vorschriften der StrlSchV Anlage XIII zu gliedern in            
57.   a. Vorbereitende Information auf denkbare Notfälle, a. Vorbereitende Information für denkbare Notfälle
58.   b. Aktuelle Information der Öffentlichkeit im eingetretenen Notfall.            
59. 3. Die Zuständigkeiten sind im Rahmen des Konzeptes verbindlich festzulegen, d. h. es wird geregelt, welche Institution zu welchem Zeitpunkt aufgrund welchen Anlasses wen über welche Sachverhalte und über welche Kommunikations­mittel informiert.            
60. 4. Es ist im Rahmen des Konzeptes festzulegen, über welche Medien die Information der Öffentlichkeit erfolgen wird. Für jeden der vorgesehenen Informationswege sind Hilfsmittel vorzubereiten, z. B. Hilfsmittel zur
Erstellung von Presseerklärungen, Textbausteine, Ausrüstungen für „mobile“ Pressezentren, vorbereitete Internetseiten.
           
61. 5. Das Konzept soll ein verbindliches Verfahren enthalten, nach dem die verschiedenen mit der Begrenzung der Notfallauswirkungen befassten Institutio­nen die Inhalte ihrer Informationen abstimmen.            
62. 6. Das Konzept soll mindestens ein Verfahren enthalten, das es dem Bürger ermöglicht, mit den für Katastrophenschutzmaßnahmen zuständigen
Behörden in Kontakt zu treten.
           
63. 7. Das Konzept ist an die jeweiligen standortspezifischen Gegebenheiten anzupas­sen und soll, wenn erforderlich, länderübergreifend wirksam sein.            
64. 8. Die Eignung der für die Information der Öffentlichkeit vorbereiteten
Maßnahmen ist durch Übungen zu belegen.
Die Information der Öffentlichkeit ist zu üben. Die Eignung der vorbereiteten Maßnahmen ist zu überprüfen und gegebenenfalls sind Anpassungen
vorzunehmen.
65. 3.6 Festlegung von Bereitstellungsräumen für Einsatzkräfte 3.6 Bereitstellung von materiellen und personellen Ressourcen
66. Bei der Auswahl von Bereitstellungsräumen sind ausreichende Verkehrs­anbindungen und leichte Erreichbarkeit für ortsunkundige Einsatzkräfte wichtig. Bei der Vorplanung des Kräfte- und Ressourcenmanagements sind auch die Konsequenzen einer langandauernden oder intermittierenden Freisetzung von radioaktiven Stoffen zu berücksichtigen.
                  Es sind Vorkehrungen für die rechtzeitige Ablösung der Einsatzkräfte zu treffen. Im Planungs- und im Einsatzfall sind bei der Anforderung neuer Kräfte und Ressourcen die notwendigen Vorlaufzeiten und die Anfahrtsdauer insbesondere beim Einsatz überörtlicher Kräfte zu berücksichtigen. Das zur Verfügung stehende Einsatzkräftepotenzial kann hierzu in der Planung, je nach notwendiger Vorlaufzeit bis zur Herstellung der Einsatzbereitschaft, entsprechend dem Bedarf eingeteilt werden.
                  Mehrere ausreichend dimensionierte Bereitstellungsräume für Einsatzkräfte
außerhalb des gefährdeten Gebiets in verschiedenen Ausbreitungsrichtungen zur Anlage sind vorzuplanen. Die Bereitstellungsräume müssen auch für ortsunkundi­ge Einsatzkräfte leicht erreichbar sein. Das Verkehrsführungskonzept ist bei der Auswahl der Bereitstellungsräume zu berücksichtigen.
                  Die Strahlenschutzverordnung und die Radiologischen Grundlagen bilden die Grundlage für die Anforderungen an den Schutz der vorgesehenen Einsatzkräfte bei einem kerntechnischen Unfall. Darüber hinaus sind die Feuerwehrdienst­vorschrift 500 (AFKzV 2012) sowie der Leitfaden LF 450 der Polizei (POL 2006) zu berücksichtigen. Es ist sicherzustellen, dass die Einsatzkräfte über die für ihre Tätigkeit erforderliche Schutzausrüstung verfügen.
  3.7 Einteilung der Umgebung der kerntechnischen Anlage 3.7 Einteilung der Umgebung von Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb
  3.7.1 Planungszonen 3.7.1 Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von
Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb
67. Die Umgebung der kerntechnischen Anlage ist zur Abgrenzung vorbereitender Maßnahmen in folgende Zonen zu unterteilen. Wenn für Planungszwecke Zonen nochmals unterteilt werden, ist für einen Standort einheitlich vorzugehen. Die Umgebung eines Kernkraftwerks im Leistungsbetrieb ist entsprechend der
SSK-Empfehlung „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung von Kernkraftwerken“ (SSK 2014b) zur Abgrenzung vorbereitender Maßnahmen in folgende Planungsgebiete, die als Zonen bezeichnet werden, zu unterteilen. Wenn für Planungszwecke Zonen nochmals unterteilt werden, ist für einen
KKW-Standort einheitlich vorzugehen.
68. Die Zonen sind durch Buchstaben zu kennzeichnen. Die Planungsgebiete sind:
69. Zentralzone „(Z)“ Zentralzone „(Z)“
  Mittelzone „(M)“ Mittelzone „(M)“
  Außenzone „(A)“ Außenzone „(A)“
  Fernzone „(F)“ Gesamtes Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland
  3.7.2 Zentralzone 3.7.2 Planungsgebiet „Zentralzone“
70. Die Zentralzone umschließt die kerntechnische Anlage unmittelbar. Ihre Grenze ist den jeweils vorliegenden örtlichen Gegebenheiten (Größe der Anlage, Geländestruk­tur und Besiedlungsverhältnisse) anzupassen und soll einen
Abstand von 2 km von der Anlage nicht überschreiten.
Die Zentralzone umschließt die kerntechnische Anlage unmittelbar. Sie erstreckt sich bei Kernkraftwerken im Leistungsbetrieb bis zu einer Entfernung von etwa 5 km von der Anlage. Die Grenze der Zentralzone ist den jeweils vorliegenden örtlichen Gegebenheiten (Größe der Anlage, Geländestruktur und Besiedlungs­verhältnisse) anzupassen.
                  In der Zentralzone sind zum Schutz der Bevölkerung insbesondere die
Maßnahmen „Aufenthalt in Gebäuden“, Verteilung und „Einnahme von
Iodtabletten“ sowie „Evakuierung“ vorzubereiten.
                  Maßnahmen in der Zentralzone sind wegen der Nähe zur kerntechnischen
Anlage besonders dringlich und werden unabhängig von der Ausbreitungsrichtung radioaktiver Stoffe durchgeführt.
                  Für die Zentralzone sollen die Maßnahmen so vorbereitet werden, dass sie
möglichst vor dem Beginn einer unfallbedingten Freisetzung durchgeführt werden können.
                  Die Evakuierung der gesamten Bevölkerung aus der Zentralzone soll daher
innerhalb von etwa 6 Stunden nach der Alarmierung der zuständigen Behörden abgeschlossen sein können.
                  Die Maßnahmen zur Vorbereitung der Iodblockade, d. h. die Verteilung der Iodtabletten an alle Personen, für die eine Iodblockade vorzusehen ist, sollen im selben Zeitraum abgeschlossen werden können.
  3.7.3 Mittelzone 3.7.3 Planungsgebiet „Mittelzone“
71. Die Mittelzone umschließt die Zentralzone. Ihre äußere Begrenzung soll durch
einen Kreis mit einem Radius bis zu etwa 10 km festgelegt werden.
Die Mittelzone umschließt die Zentralzone; bei Kernkraftwerken im Leistungs­betrieb beträgt der äußere Abstand von der kerntechnischen Anlage etwa 20 km. Örtliche Gegebenheiten wie Geländestruktur, Besiedlungsverhältnisse und Verwaltungsstruk­turen sind bei der Festlegung des Planungsgebietes zu berücksichti­gen.
                  Für dieses Gebiet sind – wie auch für die Zentralzone – Maßnahmen zur Abwehr akuter Gefahren für Leben und Gesundheit der Bevölkerung vorzubereiten. Sie umfassen insbesondere die Maßnahmen „Aufenthalt in Gebäuden“, Verteilung und „Einnahme von Iodtabletten“ sowie „Evakuierung“. Maßnahmen in der Mittelzone können in Abhängigkeit von der prognostizierten bzw. der festgestellten Ausbreitungsrichtung radioaktiver Stoffe durchgeführt werden, sofern
ausreichende Informationen zur Beurteilung der radiologischen Lage vorliegen.
                  Die Evakuierung ist so zu planen, dass sie in der Mittelzone innerhalb von
24 Stunden nach der Alarmierung der zuständigen Behörden abgeschlossen
werden kann. Die Voraussetzungen für die Durchführung der Iodblockade,
d. h. die Verteilung der Iodtabletten an alle Personen, für die eine Iodblockade vorzusehen ist, sollen innerhalb von 12 Stunden geschaffen werden können.
  3.7.4 Außenzone 3.7.4 Planungsgebiet „Außenzone“
72. Die Außenzone umschließt die Mittelzone. Ihre äußere Begrenzung soll durch einen Kreis mit einem Radius bis zu etwa 25 km festgelegt werden. Die Außenzone umschließt die Mittelzone. Die äußere Begrenzung dieses Planungs­gebietes liegt für Kernkraftwerke im Leistungsbetrieb etwa 100 km von der kerntechnischen Anlage entfernt. Örtliche Gegebenheiten wie Geländestruktur, Besiedlungsverhältnisse und Verwaltungsstrukturen sind bei der Festlegung des Planungsgebietes zu berücksichtigen.
                  In diesem Planungsgebiet sollen Maßnahmen zur Ermittlung und Überwachung der radiologischen Lage vorbereitet werden, die es ermöglichen, die Not­wendigkeit für weitere Maßnahmen festzustellen. Neben den Messprogrammen zur Ermittlung der radiologischen Lage sind die Maßnahmen „Aufenthalt in Gebäuden“ und die Verteilung von Iodtabletten an alle Personen, für die eine Iodblockade vorzusehen ist, und die Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel vorzubereiten. Maßnahmen in der Außenzone werden im Allgemeinen in Abhängigkeit von der prognostizierten oder durch Messungen bestimmten Ausbreitungsrichtung radioaktiver Stoffe durchgeführt.
  3.7.5 Fernzone 3.7.5 Gesamtes Staatsgebiet der Bundesrepublik Deutschland
73. Die Fernzone umschließt die Außenzone. Ihre äußere Begrenzung soll durch einen Kreis mit einem Radius bis zu etwa 100 km festgelegt werden. Für das gesamte Gebiet der Bundesrepublik Deutschland sollen durch konkrete Planungen der zuständigen Behörden folgende Maßnahmen vorbereitet sein:
Die Durchführung von Maßnahmen entsprechend dem Strahlenschutzvorsorge­gesetz (StrVG), insbesondere die Durchführung von Messprogrammen zur Ermittlung der radiologischen Lage.
Die Versorgung von Kindern und Jugendlichen unter 18 Jahren sowie Schwange­ren mit Iodtabletten zur Herstellung einer Iodblockade. Sind
Gebiete Teil der Zentral-, Mittel- oder Außenzone, so finden die für diese
Gebiete geltenden Regelungen zur Vorbereitung der Iodblockade Anwendung.
  3.7.6 Sektoreneinteilung  
74. Die Mittelzone, die Außenzone und die Fernzone sind in Sektoren von 30° zu unterteilen, wobei diese im Uhrzeigersinn durchnummeriert werden und Sektor 1 symmetrisch zur Nordrichtung liegt. Die Mittelzone und die Außenzone sind in Sektoren von 30° zu unterteilen, wobei diese im Uhrzeigersinn durchnummeriert werden und Sektor 1 symmetrisch zur Nordrichtung liegt.
  3.7.7 Einsatzkarten            
75. Zonen und Sektoren sind festzulegen und in entsprechenden Einsatzkarten einzuzeichnen (Maßstab 1 : 25 000 oder 1 : 50 000). Übersichtskarten, die im Katastrophen­schutzplan enthalten sind, sollen einen geeigneten Maßstab des amtlichen Kartenmaterials aufweisen. Zonen und Sektoren sind festzulegen und in entsprechenden Einsatzkarten einzuzeichnen. Übersichtskarten, die im Katastrophenschutzplan enthalten sind, sollen einen geeigneten Maßstab des amtlichen Kartenmaterials aufweisen.
  3.7.8 Vorzubereitende Maßnahmen in den Planungszonen 3.7.8 Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraft­werke
76. Für jede Zone müssen die erforderlichen Maßnahmen vorbereitet werden. Die Planun­gen für die Zentral- und Mittelzone umfassen neben den Alarm­maßnahmen 1 alle Alarmmaßnahmen 2 nach Nummer 3.10. In der Außenzone
sollen Mess- und Probenentnahmeorte festgelegt und Alarmierungen vorbereitet werden. In der Außenzone ist die Verteilung von Iodtabletten für alle Personen unter 45 Jahre, in der Fernzone für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahre sowie Schwangere vorzubereiten. Weiterhin ist in diesen Zonen sicherzustellen, dass die Warnung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel unverzüglich verbreitet werden kann.
Die SSK-Empfehlung „Planungsgebiete für den Notfallschutz in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke“ (SSK 2014d) empfiehlt folgende Vorgehensweise.
  Bereits stillgelegte Kernkraftwerke:
  Die Planungsgebiete Zentralzone, Mittelzone und Außenzone einschließlich der dort geplanten Maßnahmen, die in der Umgebung der im Jahr 2011 stillgelegten Kernkraftwerke entsprechend den Rahmenempfehlungen für den Katastrophenschutz (BMU 2008) ausgewiesen sind, können beibehalten werden. Die Fernzone kann aufgehoben werden. Die Planung der Iodblockade für die Umgebung der im Jahr 2011 endgültig stillgelegten Kernkraftwerke muss gemäß SSK-Empfehlung „Planung der Iodblockade in der Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke“ (SSK 2014c) nicht mehr aufrechterhalten werden.
                  Zukünftig stillzulegende Kernkraftwerke:
                  Für die Umgebung der künftig in Deutschland endgültig stillgelegten Kernkraft­werke empfiehlt die SSK, dass die Planungsgebiete entsprechend (SSK 2014b) so lange aufrechterhalten werden, wie Brennstoff in der Anlage verwahrt wird,
jedoch längstens für die Dauer von drei Jahren ab dem Tag der letzten
Abschaltung. Für den Fall, dass nach Ablauf von drei Jahren noch Brennstoff in der Anlage vorhanden ist, können die Planungsgebiete entsprechend den oben genann­ten Regelungen für heute bereits stillgelegte Kernkraftwerke
festgelegt werden. Die SSK-Empfehlung „Planung der Iodblockade in der
Umgebung stillgelegter Kernkraftwerke“ (SSK 2014c) ist außerdem zu beachten.
                  Empfehlung für grenznahe Anlagen:
                  Für Kernkraftwerke, die zukünftig im grenznahen Ausland stillgelegt werden, sollte für die Planungen auf deutschem Staatsgebiet die Übertragbarkeit des für deutsche Anlagen empfohlenen Vorgehens im Einzelfall durch Rücksprache mit den zuständigen Behörden des Auslands geprüft werden.
77. Außerhalb der benannten Zonen sind besondere – auf die kerntechnische Anlage bezogene – Katastrophenschutzplanungen grundsätzlich nicht erforderlich. alter Text entfällt
78. Unberührt von der zonen- und sektorenbezogenen Planung können weitere im Einzelfall erforderliche Maßnahmen auf der Grundlage der allgemeinen Katastrophen­schutzpläne durchgeführt werden. alter Text entfällt
  3.8 Alarmstufen            
79. Es sind folgende Alarmstufen festzulegen:            
80. Voralarm
Katastrophenalarm
           
  3.8.1 Für die Auslösung verantwortliche Stelle            
81. Die Auslösung des Voralarms oder des Katastrophenalarms obliegt dem Leiter der Katastrophenschutzbehörde bzw. dessen Beauftragtem. Hierfür gelten
folgende allgemeine Kriterien:
           
  3.8.2 Voralarm            
82. Voralarm wird ausgelöst, wenn bei einem Ereignis in der kerntechnischen Anlage bisher noch keine oder nur eine im Vergleich zu den Auslösekriterien für Katastrophenalarm geringe Auswirkung auf die Umgebung eingetreten ist, jedoch aufgrund des Anlagenzustandes nicht ausgeschlossen werden kann, dass Auswirkun­gen, die den Auslösekriterien für Katastrophenalarm entsprechen, eintre­ten könnten.            
  3.8.3 Katastrophenalarm            
83. Katastrophenalarm wird ausgelöst, wenn bei einem Unfall in der kerntechnischen Anlage eine gefahrbringende Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung festgestellt ist oder droht.            
  3.8.4 Kriterien            
84. Das Verfahren zur Auslösung von Voralarm oder Katastrophenalarm ist eindeutig festzulegen und allen Beteiligten bekannt zu geben. Auf die „Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen“ (gemeinsame Empfehlung der RSK vom 16. Oktober 2003 und der SSK vom 11./12. September 2003, Bundesanzeiger Nr. 136a vom 23.07.2004) wird hingewiesen. Das Verfahren zur Auslösung von Voralarm oder Katastrophenalarm ist eindeutig festzulegen und allen Beteiligten bekannt zu geben. Auf die „Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die Betreiber kerntechnischer Einrichtungen“ (RSK/SSK 2013) wird hingewiesen.
85. Für den Fall schnell ablaufender Ereignisse sind geeignete Verfahren zur kurzfristigen Veranlassung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung (Warnung der Bevölkerung, Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von vorverteilten
Iodtabletten) im Bereich der Zentralzone und angeschnittenen Ortschaften um die Anlage festzulegen.
Für den Fall schnell ablaufender Ereignisse sind geeignete Verfahren zur
kurzfristigen Veranlassung von Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung
(Warnung der Bevölkerung, Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von Iodtabletten) im Gebiet der Zentralzone festzulegen.
  3.9 Übersicht über die Alarmmaßnahmen            
  3.9.1 Unterteilung der Alarmmaßnahmen            
86. Die Alarmmaßnahmen sind zu unterteilen in die Alarmmaßnahmen 1 und 2 sowie weitere Maßnahmen.            
87. Die Alarmmaßnahmen 1 umfassen die bei Eingang einer Alarmmeldung durchzuführen­den Alarmierungen und gegebenenfalls zusätzliche Maßnahmen.            
88. Die Alarmmaßnahmen 2 dienen der Abwehr akuter Gefahren. Ob und in welchen Gebieten sie ausgelöst werden, wird nach Bewertung des Anlagenzustandes und der radiologischen Lage entschieden, wobei die Dosisrichtwerte der Radiologi­schen Grundlagen heranzuziehen sind (Anhang 7.2). Die Alarmmaßnahmen 2 dienen der Abwehr akuter Gefahren, (d. h. der
Vermeidung schwerwiegender deterministischer Effekte) und der Begrenzung des Risikos für stochastische Effekte (siehe auch Radiologische Grundlagen, SSK 2014a). Ob und in welchen Gebieten sie ausgelöst werden, wird nach Bewertung des Anlagenzustandes und der radiologischen Lage entschieden, wobei für die Maßnahmen Aufenthalt in Gebäuden, Einnahme von Iodtabletten und Evakuierung die Eingreifrichtwerte der Radiologischen Grundlagen (SSK 2014a, Anhang 8.2) heranzuziehen sind. In Abhängigkeit von der radiologischen Lage und deren Entwicklung können auch die Kombination oder der Ausschluss einzelner der vorgenannten Maßnahmen erforderlich werden. Hierzu sind Schutzstrategien und Kriterien für deren Optimierung im Ereignisfall vorzuplanen.
89. Die weiteren Maßnahmen schließen zeitlich an und dienen der Vorsorge sowie der Beseitigung oder Verringerung noch bestehender Gefahren. Die Durchführung dieser Maßnahmen erfolgt durch die jeweilig zuständige Behörde, insbesondere nach Maßgabe des Strahlenschutzvorsorgegesetzes. Hierzu können Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes hinzugezogen werden. Die Auslösung und der Umfang dieser Maßnahmen richten sich nach den Umständen des Einzelfalls und sind deshalb in der Regel nicht im Voraus planbar. Die weiteren Maßnahmen schließen zeitlich an und dienen der Vorsorge sowie der Beseitigung oder Verringerung noch bestehender Gefahren. Die Durchführung dieser Maßnahmen erfolgt durch die jeweilig zuständige Behörde, insbesondere nach Maßgabe des Strahlenschutzvorsorgegesetzes. Hierzu können Einsatzkräfte des Katastrophenschutzes hinzugezogen werden. Die Auslösung und der Umfang dieser Maßnahmen richten sich nach den Umständen des Einzelfalls und sind deshalb in der Regel nicht im Voraus planbar.
  Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen können in Gebieten, in denen keine
Maßnahmen zur Abwehr akuter Gefahren (Alarmmaßnahmen 2) durchgeführt
werden, unabhängig von diesen nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz und gegebenenfalls anderen Rechtsvorschriften zur Gefahrenabwehr ergriffen werden.
  3.10 Zuordnung von Maßnahmen zu den Alarmstufen            
  3.10.1 Maßnahmen bei Voralarm            
  Alarmmaßnahmen 1:            
90. 1. Alarmierung der zuständigen Behörden, Dienststellen sowie des für die internationalen Meldeverpflichtungen zuständigen Bundesministeriums. 1. Alarmierung der zuständigen Behörden, Dienststellen und benachbarter Verwaltungs­einheiten (auch über die Landesgrenze hinaus), sofern diese betroffen sein können sowie des für die internationalen Meldeverpflichtungen zuständigen Bundesministeriums; sofort alarmiert werden sollen auch benachbarte Länder, da dort gegebenen­falls ebenfalls Krisenstäbe einberufen werden müssen.
91. 2. Zusammentreten der Katastrophenschutzleitung in der erforderlichen
Besetzung (unter Einbeziehung der für die Presse- und Öffentlichkeitsarbeit zuständigen Stelle),
           
92. 3. Herstellen der Alarmbereitschaft der übrigen Mitglieder der Katastrophenschutzleitung, der Messdienste und der Hilfsorganisationen,            
93. 4. Festlegung des möglicherweise gefährdeten Gebietes in Abhängigkeit von der meteorologischen Situation und ihrer prognostizierten Entwicklung unter Zugrundelegung der Zonen und Sektoren, 4. Festlegung des möglicherweise gefährdeten Gebietes in Abhängigkeit vom Anlagenzustand, von der radiologischen und von der meteorologischen
Situation und der prognostizierten Entwicklung unter Zugrundelegung der
Zonen und Sektoren durch das Radiologische Lagezentrum und
94. 5. Inbetriebnahme von Messeinrichtungen,            
95. 6. Unterrichtung benachbarter Verwaltungseinheiten (gegebenenfalls über die Landesgrenze hinaus), sofern diese betroffen sein können. alter Text entfällt
96. Die Bevölkerung ist in geeigneter Weise über den Sachverhalt und die
behördlichen Maßnahmen zu unterrichten.
           
97. Alarmmaßnahmen 2 nach Nummer 3.10.2 können unter Umständen auch bei Voralarm vorbereitet oder bei Bedarf ergriffen werden.            
  3.10.2 Maßnahmen bei Katastrophenalarm            
98. Alarmmaßnahmen 1:            
99. 1. Alarmierung der zuständigen Behörden, Dienststellen und Hilfsorganisationen sowie des für die internationalen Meldeverpflichtungen zuständigen Bundesministeri­ums, 1. Alarmierung der zuständigen Behörden, Dienststellen, Hilfsorganisationen und benachbarter Verwaltungseinheiten (auch über die Landesgrenze hinaus), sofern diese betroffen sein können sowie des für die internationalen Melde­verpflichtungen zuständigen Bundesministeriums; sofort alarmiert werden sollen auch benachbarte Länder, da dort ebenfalls Krisenstäbe einzuberufen sind.
100. 2. Zusammentreten der Katastrophenschutzleitung,            
101. 3. Festlegung des gefährdeten Gebietes in Abhängigkeit von der meteoro­logischen Situation und ihrer prognostizierten Entwicklung sowie unter Zugrunde­legung der Zonen und Sektoren, 3. Festlegung des gefährdeten Gebietes in Abhängigkeit vom Anlagenzustand, von der radiologischen und von der meteorologischen Situation und der prognostizierten Entwicklung unter Zugrundelegung der Zonen und Sektoren durch das Radiologische Lagezentrum und
102. 4. Einsatz der Messdienste, Messungen nach besonderem Plan,            
103. 5. Unterrichtung und gegebenenfalls Hinzuziehung benachbarter Verwaltungseinheiten (auch über die Landesgrenze hinaus), sofern diese betroffen sein können. Hierbei ist auch die Unterrichtung der Bevölkerung abzustimmen. alter Text entfällt
  Alarmmaßnahmen 2:            
104.  1. Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung,            
105.  2. Verkehrslenkung, -regelung und -einschränkung des Straßenverkehrs nach vorbereitetem Plan,            
106.  3. Aufforderung zum Aufenthalt in Gebäuden,            
107.  4. Ausgabe von Iodtabletten nach besonderem Plan,            
108.  5. Aufforderung zur Einnahme von Iodtabletten, 5. Aufforderung zur Einnahme von Iodtabletten unter Berücksichtigung der Merkblät­ter für die Bevölkerung sowie für Ärzte und Apotheker
(siehe auch SSK-Empfehlung „Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall“ (SSK 2011),
109.  6. Evakuierung nach besonderem Plan,            
110.  7. Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen zur Dekontamination und
ärztlichen Betreuung der betroffenen Bevölkerung,
7. Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen,
111.  8. Dekontamination und ärztliche Betreuung der Einsatzkräfte,            
112.  9. Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel, 9. Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter bzw. möglicherweise kontaminierter Lebensmittel,
113. 10. Veranlassung von Verkehrseinschränkungen für Schienenverkehr, Schifffahrt und gegebenenfalls Luftverkehr,            
114. 11. Information der Wassergewinnungsstellen, 11. Information der Wassergewinnungs- und Wasserverteilerstellen und
115. 12. Sperrung kontaminierter Wassergewinnungsstellen.            
116. Weitere Maßnahmen:            
117. Warnung der Bevölkerung vor Gebrauch des Wassers, vor Wassersport und Fischfang,            
118. Unterrichtung der Schifffahrt, Warnung vor Gebrauch des Wassers,            
119. Sperrung stark kontaminierter Flächen,            
120. Gewährleistung der Nahrungsmittelversorgung,            
121. Gewährleistung der Wasserversorgung,            
122. Versorgung der Tiere mit Futtermitteln, in Sonderfällen Verlegung,
gegebenenfalls Beseitigung stark kontaminierter oder getöteter Tiere,
           
123. Dekontamination von Verkehrswegen, Häusern, Gerätschaften und
Fahrzeugen,
           
124. Unterbindung des Inverkehrbringens kontaminierter Nahrungs- und
Futtermittel.
           
  3.11 Offenlegung            
125. Die Katastrophenschutzpläne sind mit Ausnahme von personenbezogenen und sicherheitsempfindlichen Angaben zur Einsichtnahme durch die Bevölkerung bei den Katastrophenschutzbehörden oder anderen geeigneten Stellen offenzulegen.            
  4 Hinweise zur Durchführung der Alarmmaßnahmen            
  4.1 Alarmierung            
126. Um eine schnelle und vollständige Alarmierung zu gewährleisten, sollen sämtliche zu einer Alarmstufe gehörenden Alarmierungen zusammengefasst sein, wobei eine Unterteilung in Führungsorganisation der Katastrophenschutzbehörde,
Behörden, Dienststellen, Messdienste und Hilfsdienste zweckmäßig erscheint (Alarmierungsplan).
           
127. Die rasche und sichere Erreichbarkeit der nach Alarmierungsplan vorgesehenen Personen soll durch entsprechende technische Einrichtungen (z. B. automatisches Alarmierungssystem) und organisatorische Maßnahmen (z. B. Bereitschaftsdienst) sichergestellt werden.            
  4.2 Festlegung des gefährdeten Gebietes            
128. Bei Eingang einer Alarmmeldung mit dem Stichwort „Kerntechnischer Unfall“ ist als eine der ersten behördlichen Maßnahmen das Gebiet festzulegen, für das voraussichtlich eine der Alarmmaßnahmen 2 Nr. 3 bis Nr. 6 in Frage kommen kann (gefährdetes Gebiet).            
129. Die Festlegung erfolgt ausgehend von den Ergebnissen der Lageermittlung. Das gefährdete Gebiet ist anhand der Zonen und Sektoren zu benennen. Es ist an die Lageentwicklung anzupassen.            
130. Bei schnell ablaufenden Ereignissen werden die Zentralzone und angeschnittene Ortschaften in Ausbreitungsrichtung als gefährdetes Gebiet festgelegt. Bei schnell ablaufenden Ereignissen wird zunächst mindestens die Zentralzone als gefährdetes Gebiet festgelegt.
  4.3 Lageermittlung 4.3 Lageermittlung und Lagedarstellung
131. Die Lageermittlung wird vom Radiologischen Lagezentrum mit den zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen über den Anlagenzustand, die meteorologische Lage und die Emissions- und Immissionssituation durchgeführt. Sie wird zunächst auf Prognosen beruhen, später zunehmend auf Messungen in der Umgebung. Das Radiologische Lagezentrum muss für die Ermittlung der radiologischen Lage ausgerüstet sein, insbesondere über ausreichend Rechenkapazität und geeignete Rechenmodelle zur Prognose und Diagnose verfügen, Zugang zu meteorologischen und Anlagendaten haben und mit den Mess­zentralen der Messdienste in ständiger Verbindung stehen. Die Lageermittlung wird vom zuständigen Radiologischen Lagezentrum mit den zum jeweiligen Zeitpunkt zur Verfügung stehenden Informationen über den Anlagen­zustand, die meteorologische Lage und die Emissions- und Immissionssituation durchgeführt. In der Vorfreisetzungsphase beruht sie zunächst auf Progno­sen, später zunehmend auf Messungen in der Umgebung.
Dazu ist es erforderlich, dass dem Radiologischen Lagezentrum Anlagendaten, Emissions- und Immissionsdaten sowie meteorologische Daten bereitgestellt werden und dass es neben eigenen Hilfsmitteln zur Dosisabschätzung auf
geeignete Rechenmodelle mit ausreichender Rechenkapazität zur Diagnose und
    Prognose der radiologischen Lage zurückgreifen kann. Hierzu eignen sich insbeson­dere die Ausbreitungs- und Dosisberechnungen der ländereigenen Kernreaktor­fernüberwachungen (KFÜ) sowie des bundesweiten Systems RODOS (Realtime Online Decision Support System).
                  Das zuständige Radiologische Lagezentrum hat alle verfügbaren Daten und Informationen unverzüglich dem Radiologischen Lagezentrum des Bundes
zuzuleiten.
                  Die Lagedarstellung erfolgt durch die installierten Systeme des zuständigen Radiologi­schen Lagezentrums sowie über den Daten- und Informationsaustausch im ELAN-System (Elektronische Lagedarstellung für den Notfallschutz) des
Bundes. Die Informationsplattform ELAN dient der strukturierten Präsentation der Ergebnisse zur Entscheidung über die notwendigen Maßnahmen im Inland sowie zur Information von Nachbarstaaten und den zuständigen ausländischen
Behörden.
  4.3.1 Prognose der radiologischen Lage 4.3.1 Radiologisches Lagebild
                  Durch das zuständige Radiologische Lagezentrum ist bereits vor der ersten Freisetzung ein aussagekräftiges radiologisches Lagebild zu erstellen, das alle erforderlichen Informationen über die aktuelle und die zu erwartende Entwicklung der Unfallsituation in der Anlage, ihre voraussichtlichen Auswirkungen in der Umgebung und die daraus abzuleitenden Maßnahmenempfehlungen enthält.
132. Grundlagen einer ersten, unmittelbar nach der Alarmmeldung des Betreibers erforderlichen Einschätzung der Lage mit Prognose der radiologischen
Auswirkungen des kerntechnischen Unfalls sollen sein:
           
133. Angaben des Betreibers über das Alarmierungskriterium (Allgemeines
Kriterium, Anlagen-, Emissions-, Immissionskriterium) und die Einhaltung von Schutzzielen,
Angaben des Betreibers über das Alarmierungskriterium (Allgemeines
Kriterium, Anlagen-, Emissions-, Immissionskriterium) und die Einhaltung von Schutzzielen sowie die vorläufige Einstufung nach der INES-Skala,
134. Abschätzung des voraussichtlichen Quellterms und seines zeitlichen
Verlaufes durch den Betreiber,
Abschätzung des voraussichtlichen Quellterms, seines zeitlichen Verlaufs sowie der Freisetzungswege,
135. laufende Informationen des Betreibers über den Anlagenzustand, z. B. über die Aktivitätskonzentration und -zusammensetzung der Sicherheitsbehälteratmosphäre sowie über mögliche Entwicklungen,            
136. Daten wesentlicher Betriebsparameter aus dem Kernreaktorfernüber­wachungssystem (KFÜ),            
137. standortspezifische meteorologische Daten (z. B. aus dem KFÜ), Standortspezifische meteorologische Daten (Windrichtung, Windgeschwindigkeit, Diffusionskategorie und Niederschlagsintensität) und
138. Wettervorhersagen und Trajektorienberechnungen des Deutschen Wetterdiens­tes.            
139. Die mögliche Strahlenexposition der Bevölkerung ist mittels Ausbreitungs­rechnungen abzuschätzen. Sobald belastbare Messdaten und Emissionsdaten des Betreibers oder des KFÜ vorliegen, sind diese zur Verbesserung der
Prognose heranzuziehen.
Die mögliche Strahlenexposition der Bevölkerung ist mittels Ausbreitungs­rechnungen unverzüglich abzuschätzen. Sobald belastbare Messdaten aus der Umgebung und Emissionsdaten des Betreibers oder des KFÜ vorliegen, sind diese zur Verbesserung der Prognose zu verwenden.
  Zur weiteren umfassenderen und genaueren Ausbreitungs- und Dosisberechnung sind die Modelle des KFÜ sowie des bundesweiten Systems RODOS
heranzuziehen.
  4.3.2 Messungen in der Umgebung            
140. Eine in sich geschlossene Lagedarstellung ist auf der Basis von Einzelmessungen anfangs nicht möglich. Messungen dienen deshalb dazu, die aufgrund von Abschätzungen oder mit Hilfe von Computermodellen erstellte Prognose zu erhärten, zu ergänzen oder gar zu korrigieren. Sie sind wichtig, um den
angenommenen Quellterm und die Grenzen des gefährdeten Gebietes zu überprüfen sowie um deutlich erhöhte lokale Kontaminationen aufzuspüren, die durch kleinräumige meteorologische Vorgänge oder Kontaminationsverschleppung
verursacht sein können.
           
141. Messungen in der Umgebung erfolgen durch ortsfeste und mobile Messsysteme, durch Messdienste des Betreibers und der unabhängigen Messstellen sowie gegebenenfalls durch weitere Messdienste, die vom Radiologischen Lagezentrum durch die Messzentralen entsprechend ihrer Ausrüstung und Fähigkeiten
eingesetzt werden. Die Messungen erfolgen nach den vorgegebenen Mess­programmen oder nach besonderen Messprogrammen auf Weisung des Radiologi­schen Lagezentrums. Die vorgegebenen Messprogramme nach REI, den Plänen des Katastrophenschutzes und von IMIS sollen von den zuständigen Behörden der Länder standortspezifisch abgestimmt werden, um Doppel­beprobungen und Überwachungs­lücken zu vermeiden.
           
142. Während der Freisetzungsphase sind Messungen zur Quelltermüberprüfung
Aufgabe der Betreibermessdienste und ihrer Messsysteme.
           
143. In der Nachfreisetzungsphase stehen das Auffinden von erhöhten Kontamina­tionen und die Festlegung des gefährdeten Gebietes im Vordergrund. Dies ist eine Aufgabe für alle Messdienste. In der Nachfreisetzungsphase stehen das Auffinden von erhöhten Kontamina­tionen und die Festlegung des betroffenen Gebietes im Vordergrund. Dies ist eine Aufgabe für alle Messdienste.
  Die Einsätze der Messdienste sind zwischen den Beteiligten abzustimmen.
144. Für die Messungen kommen folgende Einrichtungen zum Einsatz:            
145. Festinstallierte on-line-Messsysteme Festinstallierte on-line-Messsysteme
146. Im Katastrophenschutzplanungsgebiet der Kernkraftwerke sind in der Regel Gammaortsdosisleistungsmessstellen als Bestandteil des KFÜ in Betrieb. Dazu kommen Gammaortsdosisleistungsmessstellen des im 25-km-Umkreis von kerntechni­schen Anlagen verdichteten Messnetzes des Bundesamtes für Strahlenschutz. Im Allgemeinen kann auf die Messdaten dieses Bundesmessnetzes über KFÜ zugegriffen werden.            
147. Vor Ort installierbare Messsysteme            
148. Festinstallierte on-line-Messsysteme können durch vor Ort installierbare Messsysteme ergänzt werden. Hierzu gehören mobile Gammaortsdosisleistungssonden und mobile Messstationen für radioaktive Schwebstoffe bzw. Iod, die gegebenenfalls von fachkundigen Messtrupps an geeigneten Orten aufgestellt werden, und die ihre Messergebnisse per Funk oder Telefon an eine Messzentrale übermitteln. Die mobilen Radioaerosol- bzw. Radioiodmessstationen können durch fern­gesteuerte Sammler ergänzt werden.            
149. Messdienste            
150. Als Messdienste stehen Messtrupps und Strahlenspürtrupps zur Verfügung. Messtrupps werden vom Betreiber der kerntechnischen Anlage, den unabhängigen Messstellen für die Umgebungsüberwachung und nach Vereinbarung von fachkundigen Organisationen (z. B. BfS, Strahlenmessdienst von nicht betroffenen Kernkraftwerken, wissenschaftlichen Instituten und Fachbehörden), die Strahlenspürtrupps vom Katastrophenschutz gestellt.            
151. Nach der REI werden die Messtrupps der Betreiber zunächst in der Zentralzone und in dem hauptbeaufschlagten Gebiet der Mittelzone tätig, während die Messtrupps der unabhängigen Messstellen und der fachkundigen Organisationen und die Strahlenspürtrupps in den angrenzenden Sektoren der Mittelzone sowie in mindestens fünf Sektoren der Außenzone eingesetzt werden. Diese Zuordnung kann später entsprechend der Lageentwicklung vom Radiologischen Lage­zentrum angepasst werden. Die Strahlenspürtrupps werden hauptsächlich mit einfachen Messaufgaben (vorwiegend ODL-Messungen, evtl. auch Proben­entnahmen) zur Eingrenzung des gefährdeten Gebietes und zum Auffinden von höher kontaminierten Gebieten betraut. Hierzu eignen sich besonders Messfahrzeuge mit kontinuierlicher Dosisleistungserfassung und gleichzeitiger Ermittlung der Messort-Koordinaten (ABC-Erkunder). Zur schnellen Lageermittlung können Messtrupps des BfS für die in-situ-Gammaspektrometrie aus der Luft mittels Hubschrauber herangezogen werden. Die Messtrupps der Betreiber und der Kerntechnischen Hilfsdienst GmbH (KHG) sollen zunächst im Gebiet mit einem Radius von 2 km zur Anlage und in dem hauptbeaufschlagten Gebiet der Zone bis 10 km Radius tätig werden. Die Messtrupps der unabhängigen Messstellen und der fachkundigen Organisationen sowie die Strahlenspürtrupps werden im angrenzenden Bereich im 10 km Radius sowie im Bereich bis 25 km Radius eingesetzt. Diese Zuordnung kann später entsprechend der Lageentwicklung vom Radiologischen Lagezentrum angepasst werden. Die Planung der Programme im Bereich zwischen 10 km und 25 km
Abstand obliegt der zuständigen Behörde.
Die Strahlenspürtrupps werden hauptsächlich mit einfachen Messaufgaben (vorwie­gend ODL-Messungen, evtl. auch Probenentnahmen) zur Eingrenzung des gefährdeten Gebietes und zum Auffinden von höher kontaminierten Gebieten betraut. Hierzu eignen sich besonders Messfahrzeuge mit kontinuierlicher Dosisleistungs­erfassung und gleichzeitiger Ermittlung der Messort-Koordinaten
    (z. B. CBRN-Erkundungswagen). Zur schnellen Lageermittlung können Mess­trupps des BfS für die In-situ-Gammaspektrometrie aus der Luft mittels Hubschrau­ber herangezogen werden.
In dem Gebiet mit einem Radius größer als 25 km ist durch eine geeignete
Strategie sicherzustellen, dass die zur Lagedarstellung und Lageprognose
erforderlichen Daten bereitgestellt werden können. Hierzu eignen sich neben der Erfassung von Messwerten durch automatische Messstellen, z. B. des IMIS-Messnetzes, der Einsatz von Hubschrauberflügen, und – bei entsprechender Qualifizierung – auch von mit Messgeräten bestückten Drohnen. Die Strategie ist länderübergreifend abzustimmen.
152. Außerhalb des festgelegten gefährdeten Gebietes ist auf der Grundlage des Strahlenschutzvorsorgegesetzes durch das Intensivmessprogramm des IMIS eine großräumige Radioaktivitätsüberwachung vorgesehen. Auch diese Messergebnisse können zur Lagebeurteilung beitragen.            
  4.3.3 Durchführung der Messungen            
153. Um die Auswirkungen eines kerntechnischen Unfalls beurteilen zu können, und zwar für die Festlegung des tatsächlich gefährdeten Gebietes und für die Entscheidung über Schutzmaßnahmen, sind vordringlich die in der Tabelle 4-1 aufgeführten Messungen erforderlich.            
  Tabelle 4-1: Vordringliche Messungen4 Tabelle 4-1: Vordringliche Messungen4
154. Art der
Messung5
Ort Beginn Messdienste/ Messsysteme Messzweck Art der
Messung5
Ort Beginn Messdienste/ Messsysteme Messzweck
  a) Gammaortsdosisleistung Z-Zone + Hauptaus­breitungs­sektoren der M-Zone Sofort Mobile/stationäre Mess­stationen, KFÜ/ODL-Messnetz des BfS,
Betreiber-
Messtrupps
Unterstützung der Lage­ermittlung, Erforder­nis zusätz­licher Schutz­maßnahmen a) Gammaortsdosisleistung 2 km Radius + Hauptaus­breitungs­sektoren bis 10 km Radius Sofort Mobile/stationäre Mess­stationen, KFÜ/ODL-Messnetz des BfS,
Betreiber-
Messtrupps
Unterstützung der Lageermittlung, Erfordernis zusätzlicher Schutz­maßnahmen
  Nebensektoren der M-Zone und A-Zone Nach Durchzug der Wolke Messtrupps und Strahlenspürtrupps, ABC-
Erkunder
Eingrenzung des tatsächlich gefährdeten Gebiets, Suche von hoch­kontaminierten Stellen Neben­sektoren ab 2 km Radius und bis 25 km Radius Nach Durchzug der Wolke Messtrupps Eingrenzung des tatsächlich gefährdeten Gebie­ts, Suche von hoch­kontaminierten Stellen
  b) Aktivitätskonzentration der verschie­denen Radionuklide in der Luft Z-Zone + Hauptaus­breitungs­sektoren der M-Zone Sofort Mobile/stationäre Mess­stationen, Betrei­ber-
Messtrupps
Unterstützung der Lage­ermittlung, Erforder­nis zusätz­licher Schutz­maßnahmen b) Aktivitätskonzentration der verschie­denen Radionuklide in der Luft 2 km Radius + Hauptaus­breitungs­sektoren bis 10 km Radius Sofort Mobile/stationäre Mess­stationen, Betrei­ber-
Messtrupps
Unterstützung der Lage­ermittlung, Erforder­nis zusätz­licher Schutz­maßnahmen
  Neben­sektoren Messtrupps Kontrolle der Prognosen, Erforder­nis zusätz­licher Schutz­maßnahmen Neben­sektoren Messtrupps Kontrolle der Prognosen, Erforder­nis zusätz­licher Schutz­maßnahmen
  c) Flächen­bezogene Aktivi­tät auf dem Boden (nach Durchzug der Wolke) Neben­sektoren Nach Durchzug der Wolke Messtrupps oder Strahlenspürtrupps Festlegung des tatsächlich gefähr­deten Gebietes, Auffin­den von Stellen höherer Kontamination c) Flächen­bezogene Aktivität auf dem Boden (nach Durchzug der Wolke) Neben­sektoren Nach Durchzug der Wolke Messtrupps oder Strahlenspürtrupps Festlegung des tatsächlich gefährdeten Gebie­tes, Auffin­den von Stellen höherer Kontamination
  Gesamtgebiet Hubschraubermessungen Lageermittlung Gesamtgebiet Hubschraubermessungen, Automa­tische Messungen, Drohnen Lageermittlung
155. Zur Entscheidung über Strahlenschutzvorsorgemaßnahmen (z. B. Vermarktungsverbote) werden – über die in der Tabelle 4-1 aufgeführten Messungen hinaus – Messungen weiterer Medien (wie Bewuchs, Milch und Oberflächenwasser) vorgenom­men. Diese Maßnahmen sind keine unmittelbaren Maßnahmen des Katastrophenschutzes und werden hier nicht weiter erläutert.            
156. Bei der Tätigkeit der Messdienste sind die Strahlenschutz-Grundsätze zu
beachten:
           
157. Der Einsatz muss gerechtfertigt sein: Grundsätzlich dürfen Messdienste nur in
höher kontaminiertes Gebiet geschickt werden, wenn die Messergebnisse für die Lageermittlung unbedingt erforderlich sind.
           
158. Die Strahlenbelastung muss so gering wie möglich gehalten werden: Der Einsatz in höher kontaminierten Gebieten soll so kurz wie möglich sein. Dabei sollen vorrangig automatisch arbeitende Dosisleistungsmesssonden und Proben­entnahme- und Messgeräte für die Feststellung der Aktivitätskonzentration in der Luft eingesetzt werden. Messungen und Probenentnahmen von Hand sind auf das unbedingt notwendige Maß zu beschränken.            
159. Die Dosis ist zu beschränken: Dem Personal sind Umkehrdosen vorzugeben, bzw. es sind Vorgaben für eine maximale Aufenthaltsdauer im beaufschlagten Gebiet zu machen.            
160. Der Einsatz der Messdienste soll koordiniert und planvoll erfolgen. Messungen ohne Aussagekraft sind zu vermeiden. Hierzu dient die Einrichtung lokaler Messzentralen, die die Einsätze der Messtrupps oder Strahlenspürtrupps steuern, die Ergebnisse bewerten, dokumentieren und in vorab festgelegter Form an das Radiologische Lagezentrum weiterleiten.            
161. Die lokalen Messzentralen werden vom Radiologischen Lagezentrum geführt und setzen dessen Anweisungen um. Es soll nur ein Radiologisches Lagezentrum geben, das die Messziele sowie die Grobsteuerung aller Messdienste vorgibt und eine einheitliche Lagedarstellung vornimmt. Benachbarte Katastrophenschutz­leitungen stimmen sich hierüber ab. Es erscheint in der Regel sinnvoll, das Radiologische Lagezentrum in dem Zuständigkeitsbereich (z. B. Land)
anzusiedeln, in dem sich die betroffene Reaktoranlage befindet.
           
162. Jeder Trupp soll über Einsatzkarten verfügen, in denen das Einsatzgebiet in
Zonen und Sektoren eingeteilt ist. Die Mess- und Probenentnahmeorte der Messprogramme und gegebenenfalls die Fahrtrouten sollen in den Einsatzkarten verzeichnet und gegebenenfalls gesondert beschrieben sein.
           
  4.3.4 Probensammelstellen und Sammelplatz            
163. Die von den Messtrupps und gegebenenfalls von den Strahlenspürtrupps eingehol­ten Proben sind mit vollständigen Probenbegleitpapieren einem Labor oder einer geeigneten Probensammelstelle zu übergeben.            
164. Probensammelstellen müssen in ausreichender Entfernung möglichst querab zur Hauptausbreitungsrichtung eingerichtet werden. Sie müssen über günstige Verkehrsverbin­dungen und eine geeignete Infrastruktur (Kommunikation mit der Messzentrale einschließlich Datenübertragung, witterungsgeschützte Aufenthaltsmöglichkeiten und sanitäre Anlagen) verfügen. Entsprechende Räumlichkeiten nebst Ausweichmöglichkeiten sind vorab festzulegen. Es ist Aufgabe der Probensammel­stellen, dafür zu sorgen, dass die Proben auf schnellstem Weg in geeignete Labors, auch unter Ausnutzung der angebotenen Laborkapazität
anderer Länder, verbracht werden.
           
165. Als zentrale Anlaufstelle für die Messtrupps und Strahlenspürtrupps kann ein Sammelplatz eingerichtet werden. Dieser kann mit dem Ort einer Probensammelstelle zusammenfallen. Am Sammelplatz werden die Personendosimetrie und die Kontaminationskontrolle des Einsatzpersonals sowie die Funktionskontrolle der Messgeräte durchgeführt. Außerdem kann dort entsprechende Zusatz- bzw. Ersatzausrüstung vorgehalten werden. Geräte für erste orientierende Messungen (Bestimmung des Nuklidvektors) an den angelieferten Proben sollen an dieser
Stelle ebenfalls vorhanden sein.
           
166. Der Sammelplatz ist möglichst so auszuwählen, dass er auch für einen Hubschrauber­einsatz geeignet ist (Landeplatz, „Tower“ (Fahrzeug der Flugeinsatzleitung), Tankfahrzeug, Feuerwehrfahrzeug, Räume für die Datenauswertung).            
  4.3.5 Auswertung der Messung            
167. Die Ergebnisse der Messungen von Strahlenspürtrupps und Messtrupps sind von den lokalen Messzentralen auf Plausibilität zu überprüfen. Die plausibilisierten Daten sind unmittelbar oder in vorverarbeiteter Form an die für die Erarbeitung der radiologischen Lage zuständige Stelle zu übermitteln. Dafür sind einheitliche Verfahren (Datenformate, Übermittlungsprotokolle) nach AVV IMIS einzusetzen. Das Radiologische Lagezentrum muss über Prozeduren und Geräte verfügen, um die Daten zusammenzuführen und für die Lagedarstellung aufzubereiten. Von besonderer Bedeutung bei der Auswertung sind dabei grafische Darstellungen für die örtliche und zeitliche Entwicklung von Größen, die zur Entscheidungs­findung für die einzelnen Maßnahmen und zur Kommunikation mit der Öffent­lichkeit benötigt werden. Für die Darstellung sollen möglichst geografische Informationssysteme (GIS) eingesetzt werden.            
168. Alle Verfahren sind in einem Mess- und Auswertungskonzept zusammenzufassen.            
  4.4 Warnung und Unterrichtung der Bevölkerung            
169. Die Bevölkerung ist bei Eintritt eines kerntechnischen Unfalls zu warnen und über seine möglichen Folgen zu unterrichten (siehe Nummer 3.5). Schon bei Voralarm muss die Bevölkerung Informationen und Anweisungen über geeignetes Schutzverhalten erhalten.            
170. Die Warnung der betroffenen Bevölkerung erfolgt durch Sirenensignale
(einminütiger Heulton) oder andere geeignete Mittel, die eine Weckfunktion
besitzen (z. B. Lautsprecherdurchsagen). Gleichzeitig muss die Bevölkerung über die Medien unterrichtet werden. Die dazu notwendigen Vereinbarungen sind zu treffen. Die Unterrichtung hat rasch und wiederholt durch amtliche Verlautbarungen über Rundfunk, Fernsehen oder andere geeignete Medien zu erfolgen.
           
171. Entsprechende Mustertexte sind in die Pläne aufzunehmen. Beispiele für Mustertex­te finden sich in Anhang 7.3. Weitere Unterrichtungen veranlasst die Katastrophenschutzleitung entsprechend der Lage.            
  4.5 Verkehrseinschränkungen 4.5 Verkehrslenkung und -beschränkung
172. Bei Katastrophenalarm ist der in das gefährdete Gebiet fließende Straßenverkehr nach vorbereiteten Plänen umzuleiten, um eine mögliche Gefährdung von
Personen durch das Betreten oder Befahren des gefährdeten Gebietes zu verhindern. Es sind keine Einschränkungen für Personen, die das gefährdete
Gebiet verlassen wollen, vorzusehen. Sofern Kontaminationen oder Strahlen­expositionen zu besorgen sind, sind diese Personen aufzufordern, sich zu den eingerichteten Notfallstationen zu begeben.
           
173. Die für den übrigen Verkehr (Schienenverkehr, Schifffahrt, Luftverkehr) zu
treffenden Maßnahmen sind von den dafür zuständigen Stellen nach Unter­richtung durch die Katastrophenschutzleitung aufgrund eigener Planungen zu veranlassen.
           
  4.6 Aufenthalt in Gebäuden            
174. Der Aufenthalt in Gebäuden dient dem Schutz gegen äußere Bestrahlung und
innere Bestrahlung infolge Inhalation radioaktiver Stoffe. Die beste Schutzwirkung wird während des Durchzugs der Wolke in geschlossenen Räumen abseits von Türen und Fenstern oder in Kellern erzielt. Dabei muss die Erreichbarkeit für Lautsprecher- und Rundfunkdurchsagen gewährleistet sein. Zuluftanlagen sollen vorübergehend abgeschaltet werden.
           
175. Der Aufenthalt in Gebäuden ist eine einfache und effektive Katastrophenschutzmaßnahme, die jedoch nur über kurze Zeit aufrechterhalten werden kann.            
  4.7 Ausgabe und Einnahme von Iodtabletten 4.7 Planung der Iodtablettenverteilung
176. Iodtabletten sättigen die Schilddrüse mit nicht-radioaktivem Iod und verhindern damit bei rechtzeitiger Einnahme die Anreicherung von radioaktivem Iod in der Schilddrüse (Iodblockade).            
177. Für die Iodblockade sind nur Tabletten mit einem hohen Iodgehalt (mg-Bereich) geeignet. Für die Iodblockade sind nur Tabletten mit einem hohen Iodgehalt (mg-Bereich) geeignet. (Siehe auch SSK-Empfehlung „Verwendung von Jodtabletten zur Jodblocka­de der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall“ (SSK 2011).)
178. Die Iodtabletten sind vorzuverteilen bzw. dezentral zwischenzulagern. Das bestehende Konzept zur Bevorratung und Verteilung von Iodtabletten
(0 – 25 km dezentrale Lagerung und > 25 km Lagerung in mehreren zentralen Lagern) ist an die vergrößerten Planungsgebiete (siehe Nummer 3.7.1) geeignet anzupassen.
179. Für alle Personen unter 45 Jahren: alter Text entfällt
180. Im Bereich 0 – 5 km: Vorverteilung an die Haushalte alter Text entfällt
181. Im Bereich 5 – 10 km: Vorverteilung an die Haushalte oder Vorhaltung und Lagerung bevölkerungsnah an mehreren Stellen in den Gemeinden (z. B. Rathäuser, Schulen, Krankenhäuser, Betriebe) – auch für die Einsatzkräfte alter Text entfällt
182. Im Bereich 10 – 25 km: Vorhaltung und Lagerung bevölkerungsnah in den Gemeinden bzw. in geeigneten Einrichtungen alter Text entfällt
183. Für Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren sowie Schwangere: alter Text entfällt
184. Bereich 25 – 100 km: Bevorratung in mehreren zentralen Lagern. alter Text entfällt
185. Es ist durch organisatorische Maßnahmen sicherzustellen, dass im Ereignisfall Einsatzkräfte und betroffene Bevölkerung Iodtabletten frühzeitig, d. h. möglichst vor einer Inhalation, erhalten bzw. darüber informiert werden, bereits vorverteilte Iodtabletten bereitzuhalten.            
186. Verteilerwege und Ausgabeverfahren sind für alle Planungszonen festzulegen. Verteilerwege und Ausgabeverfahren sind für alle Planungsgebiete festzulegen.
187. Die Bevölkerung ist über die vorgesehene Schutzmaßnahme zu informieren und erhält Angaben, wann, wo und wie die Ausgabe erfolgt (s. Mustertext 3a)            
188. Bei der Wahl der Ausgabestellen ist darauf zu achten, dass die Abholenden oder Überbringer von Iodtabletten sich nur möglichst kurzzeitig im Freien
aufhalten müssen. Für die Ausgabestellen sind Einrichtungen auszuwählen, die möglichst einfach angesprochen werden können (z. B. Wahllokale), um in den Warnmeldungen lange Aufzählungen zu vermeiden.
Bei der Wahl der Ausgabestellen ist darauf zu achten, dass die Abholenden oder Überbringer von Iodtabletten sich nur möglichst kurzzeitig im Freien aufhalten müssen. Für die Ausgabestellen sind Einrichtungen auszuwählen, die möglichst einfach angesprochen werden können (z. B. Apotheken, Arztpraxen, Wahllokale), um in den Warnmeldungen lange Aufzählungen zu vermeiden.
189. Bei der Ausgabe soll das Iodmerkblatt für die Bevölkerung mitgegeben werden. Bei der Ausgabe soll das „Merkblatt für die Bevölkerung6“ mitgegeben werden. Bei den Ausgabestellen soll das „Merkblatt für Ärzte und Apotheker6“ vorhanden sein.
190. Die Ausgabe der Iodtabletten ist eine vorsorgliche Maßnahme und bedeutet nicht, dass die Tabletten sofort eingenommen werden sollen.            
191. Eine Einnahme ist nur dann erforderlich, wenn nach der Lagebeurteilung
tatsächlich eine erhebliche Freisetzung radioaktiven Iods befürchtet werden muss und die Eingreifrichtwerte möglicherweise überschritten werden.
Eine Einnahme ist nur dann erforderlich, wenn nach der Lagebeurteilung
tatsächlich eine erhebliche Freisetzung radioaktiven Iods befürchtet werden muss und die Eingreifrichtwerte möglicherweise überschritten werden (siehe auch SSK 2014a).
192. Die betroffene Bevölkerung ist dann ausdrücklich über die Medien (z. B. durch Rundfunk- oder Lautsprecherdurchsage) zur Einnahme aufzufordern. (s. Mustertext 3b).            
  4.8 Evakuierung 4.8 Evakuierungsplanungen (Evakuierung und Aufnahme)
                  Aufgrund der geänderten Planungsgebiete ergeben sich zusätzliche Anforderun­gen an die Evakuierungsplanungen. Anforderungen an diese Planungen aus radiologi­scher Sicht (z. B. Berücksichtigung wechselnder Ausbreitungsrichtungen bei länger andauernden Freisetzungen oder Evakuierung während der Freisetzung) sollten in den RE KatS vorgegeben werden. Spezifische Aspekte einer
Evakuierung sind in der „Rahmenempfehlung für die Planung und Durchführung von Evakuierungsmaßnahmen einschließlich der Evakuierung für eine erweiterte Region“ (AK V 2014b) geregelt.
193. Evakuierung im Sinne dieser Empfehlung ist die rasche organisierte Verlegung von Menschen aus einem gefährdeten in ein sicheres Gebiet (Aufnahme­gemeinden), wo sie vorübergehend untergebracht, verpflegt und betreut werden. Evakuierung im Sinne dieser Empfehlung ist die organisierte Verlegung von Menschen aus einem akut gefährdeten in ein sicheres Gebiet, wo sie vorüber­gehend untergebracht, verpflegt und betreut werden (Aufnahme).
194. Die Evakuierung ist besonders dann eine wirkungsvolle Schutzmaßnahme, wenn sie vor Durchzug der Wolke erfolgt. Die Evakuierung ist besonders dann eine wirkungsvolle Schutzmaßnahme, wenn sie vor Durchzug der Wolke erfolgt. In bestimmten Fallkonstellationen (z. B. bei langandauernden Freisetzungen) kann eine nachträgliche Evakuierung nach Freisetzungs­beginn, während und nach erfolgtem Durchzug der radioaktiven Wolke zur Verringerung der Strahlenexposition sinnvoll sein. Hierzu bedarf es einer besonderen Abwägung.
195. Für die Durchführung der Evakuierung sind Evakuierungspläne aufzustellen, in denen Folgendes aufzuführen ist:            
196. a) betroffene Gemeinden bzw. Gemeindeteile mit Anzahl der zu evakuierenden Personen unter Berücksichtigung struktureller Gegebenheiten, z. B. Krankenhäuser, Altenheime, Schulen, Kindergärten, Justizvollzugsanstalten, a) betroffene Gemeinden bzw. Gemeindeteile mit Anzahl der zu evakuierenden Personen unter Berücksichtigung struktureller Gegebenheiten, z. B. Krankenhäuser, Seniorenheime, Bildungseinrichtungen, Kindertageseinrichtungen, Justizvollzugs­anstalten,
197. b) gegebenenfalls Einteilung des Evakuierungsgebietes in Räumungsbezirke,            
198. c) Festlegung von Sammelplätzen, c) Festlegung von Sammelplätzen und Aufnahmestellen,
199. d) Transportraum für Sammelbeförderung (Art der Transportmittel, Zahl der Plätze, Erreichbarkeit),            
200. e) örtliche Informationsmittel (z. B. Lautsprecherfahrzeuge), e) Warn- und Informationsmittel (z. B. Sirenen, geeignete Lautsprecherfahrzeuge, Internet, Rundfunk, Fernsehen, Bürgertelefon),
201. f) Evakuierungswege, f) mögliche Evakuierungsrouten/-wege,
202. g) Maßnahmen der Verkehrslenkung, g) Maßnahmen des Verkehrsmanagements,
203. h) Information der Bevölkerung über die Standorte von Notfallstationen, h) Hinweise auf begleitende Infrastruktur der Evakuierung veröffentlichen (z. B. Notfallstationen, Bürgertelefon, Evakuierungsrouten),
204. i) Maßnahmen der Unterbringung, Betreuung und Versorgung der Evakuierten in Aufnahmegebieten, i) besondere Vorkehrungen zur Evakuierung von Bildungseinrichtungen, Krankenhäu­sern, Seniorenheimen, Kindertageseinrichtungen, Justizvollzugs­anstalten und sonstigen Einrichtungen, in denen sich Personen aufhalten, die evakuiert werden müssen,
205. j) besondere Vorkehrungen zur Evakuierung von Schulen, Krankenhäusern, Heimen und sonstigen Einrichtungen, in denen sich Personen aufhalten, die mit öffentlichen Verkehrsmitteln evakuiert werden müssen, j) Maßnahmen der Sicherung der Infrastruktur des Evakuierungsgebietes und zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung,
206. k) Maßnahmen der Sicherung des Evakuierungsgebietes, k) Maßnahmen der Unterbringung, Betreuung und Versorgung der Evakuierten in Aufnahmegebieten,
207. l) Einrichten eines Personensuchdienstes. l) Schaffung von Schnittstellen zum Austausch von Informationen zwischen Evakuierungsgebiet und Aufnahmegebiet und
208.                 m) Registrierung/Sicherstellung der Personen-/Vermisstensuche.
209. Zur Evakuierung ist die Bevölkerung durch vorbereitete Mitteilungen (vgl. Mustertexte, Anhang 7.3) aufzufordern. Diese Mitteilungen sollen über die Gefahrenlage, die Schutzmaßnahme und die voraussichtliche Dauer der Evakuierung informieren und Angaben enthalten, die für eine möglichst rasche Evakuierung (z. B. Sammelräume, Evakuierungswege und Aufnahmegemeinden, Empfehlung, nach Möglich­keit private Ausweichquartiere aufzusuchen usw.) notwendig sind. Ferner sollen sie Informationen und Hinweise enthalten, die für den Aufenthalt außerhalb des Wohnbereiches (Mitnahme von Arzneimitteln, persönlicher Dokumente usw.)
wichtig sind. Bei Evakuierung eines kontaminierten Gebietes ist auf die Notfallstationen hinzuweisen.
Zur Evakuierung ist die Bevölkerung durch vorbereitete Mitteilungen (vgl. Mustertexte, Anhang 8.3) aufzufordern. Diese Mitteilungen sollen über die Gefahrenlage, die Schutzmaßnahme und die voraussichtliche Dauer der Evakuierung informieren und Angaben enthalten, die für eine möglichst rasche Evakuierung (z. B. Sammelplätze, Evakuierungswege und Aufnahmestellen, Empfehlung, nach Möglichkeit private Ausweichquartiere aufzusuchen) notwendig sind. Ferner sollen sie
Informationen und Hinweise enthalten, die für den Aufenthalt außerhalb des Wohnbereiches (Mitnahme von Arzneimitteln, persönlicher Dokumente usw.)
wichtig sind. Bei der Evakuierung eines kontaminierten Gebietes ist auf die Notfallstationen hinzuweisen.
  Nähere Angaben zur Evakuierungsplanung und -durchführung enthalten die Rahmenempfeh­lungen für die Planung und Durchführung von Evakuierungs­maßnahmen einschließlich der Evakuierung für eine erweiterte Region.
  4.9 Dekontamination            
210. Die Dekontamination betroffener Personen erfolgt in Notfallstationen (vgl. Band 4, SSK-Veröffentlichungen), die in ausreichender Entfernung von der kern­technischen Anlage oder in den vorgesehenen Aufnahmeräumen eingerichtet werden. Dafür geeignete Objekte (z. B. Hallenbäder, Sporthallen, Schulen) sind zu erfassen. Die Dekontamination betroffener Personen erfolgt in Notfallstationen (vgl. SSK 2007a), die in ausreichender Entfernung von der kerntechnischen Anlage oder in den vorgesehenen Aufnahmeräumen eingerichtet werden. Dafür geeignete Objekte (z. B. Hallenbäder, Sporthallen, Schulen) sind zu erfassen. Details zum Aufbau und Betrieb von Notfallstationen können den Rahmenempfehlungen „Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen“ (AK V 2014a) entnommen werden.
211. Die Dekontamination von möglicherweise kontaminierten Fahrzeugen der
Bevölkerung erfolgt in Fahrzeug-Waschstraßen, wobei das Waschwasser in die öffentliche Entwässerung abgeleitet wird. Die Innenraumkontamination stellt
gemäß SSK-Empfehlung (Richtlinie für die Festlegung von Kontaminationswerten zur Kontrolle von Fahrzeugoberflächen im grenzüberschreitenden Verkehr nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz) keine unmittelbare Gefährdung dar. Der Bevölke­rung wird zu einem späteren Zeitpunkt eine Kontaminationskontrolle der Fahrzeuge angeboten. Die Bewertung der Kontamination erfolgt nach oben genannter SSK-Empfehlung.
           
212. Die Dekontamination der Einsatzkräfte und -fahrzeuge kann in gesonderten Dekontaminationsstellen erfolgen, die z. B. in der Umgebung des Sammelplatzes eingerichtet werden.            
213. Zur Dekontamination können im Rahmen der Amtshilfe auch geeignete Einheiten der Bundeswehr herangezogen werden.            
  4.10 Ärztliche Betreuung und Versorgung 4.10 Notfallstationen
214. Eine erste medizinische Betreuung betroffener Personen findet ebenfalls in den Notfallstationen statt (vgl. Band 4, SSK-Veröffentlichungen). Dort legen Strahlenschutzärzte die weiteren, aus medizinischer Sicht erforderlichen Maßnahmen fest, die dann ambulant oder im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in allgemeinen Krankenhäusern oder speziellen Kliniken erfolgen. Eine erste medizinische Betreuung betroffener Personen findet ebenfalls in den Notfallstationen statt (vgl. Medizinische Maßnahmen bei Kernkraftwerksunfällen, Leitfaden für Ärztliche Berater der Katastrophenschutzleitung, Ärzte in Notfallstationen, Ärzte in der ambulanten und stationären Betreuung, SSK-Band 4 (SSK 2007a) bzw. Rahmenempfehlungen zu Einrichtung und Betrieb von Notfallstationen (AK V 2014a)). Dort legen Strahlenschutzärzte die weiteren, aus
medizinischer Sicht erforderlichen Maßnahmen fest, die dann ambulant oder im Rahmen eines stationären Aufenthaltes in allgemeinen Krankenhäusern oder speziellen Kliniken erfolgen.
  4.11 Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel 4.11 Warnung der Bevölkerung vor dem Verzehr frisch geernteter Lebensmittel und möglicherweise kontaminierter Nahrungsmittel
215. In allen Planungszonen ist im hauptbeaufschlagten Sektor und seinen jeweils 2 Nachbarsektoren (Öffnungswinkel mindestens 150°) vorsorglich die Bevölkerung aufzufordern, keine frisch geernteten Nahrungsmittel zu verzehren und das Vieh nicht mit frisch geernteten Futtermitteln zu versorgen, bis eine endgültige Entscheidung der zuständigen Strahlenschutzvorsorgebehörde auf der Basis von Messungen erfolgt ist.            
216. Einzelregelungen über Vermarktungsverbote und den Verbleib kontaminierter Nahrungs- und Futtermittel werden im Rahmen der Strahlenschutzvorsorge getroffen.            
  4.12 Information von Wassergewinnungsstellen            
217. Im gefährdeten Gebiet gelegene Wassergewinnungsstellen sind zu informieren.            
  5 Hinweise für zusätzliche Maßnahmen der Katastrophenschutzbehörde einschließlich Übungen            
218. Zusätzlich zu den bereits aufgeführten Maßnahmen sind weitere Vorbereitungen zu treffen, um eine effektive Arbeit des Katastrophenschutzes sicherzustellen. Diese Vorbereitungen erfolgen soweit erforderlich in Zusammenarbeit mit anderen Fachbehörden und Stellen.            
219. 1. Aufstellung, Ausrüstung und Ausbildung von Strahlenspürtrupps nach
einheitlichen Grundsätzen. Für ihren Einsatz sind Dienstanweisungen auszuarbei­ten. Zur Gewährleistung der Einsatzbereitschaft sind nach erfolgter Ausbildung in regelmäßigen Abständen Übungen durchzuführen (siehe Nummer 2.5).
           
220. 2. Aufstellung von Alarmierungs- und Einsatzplänen für die Einsatzkräfte, die Messdienste und die übrigen Hilfsorganisationen durch diese Dienste und Organisationen auf Veranlassung und in Abstimmung mit der Katastrophenschutzbehörde.            
221. 3. Einweisung der zur Fachberatung der Katastrophenschutzleitung
notwendigen Personen – insbesondere Fachberater Strahlenschutz und Strahlenschutz­ärzte – in die vorgesehenen Funktionen und Abläufe in der Katastrophenschutzleitung, Einbeziehung dieser Personen in Plan­besprechungen und Übungen. Entsprechendes gilt für die in Notfallstationen einzusetzenden Ärzte. Soweit der Bedarf nicht durch ihre spezielle berufliche Tätigkeit dafür qualifizierte Personen gedeckt werden kann, sind geeignete Personen anzuwerben und für die vorgesehenen Aufgaben in Weiterbildungsveranstaltungen vorzubereiten.
           
222. 4. Maßnahmen zum Schutz der bei einem kerntechnischen Unfall
herangezogenen Einsatzkräfte und sonstigen Personen.
           
223. Hinweise hierzu sind den Radiologischen Grundlagen, der Feuerwehrdienst­vorschrift FwDV 500 sowie dem Leitfaden LF 450 der Polizei zu entnehmen. Hinweise hierzu sind den Radiologischen Grundlagen (SSK 2014a), den SSK-Empfehlungen zu Notfallstationen (SSK 2014f), der Feuerwehrdienstvorschrift FwDV 500 (AFKzV 2012) sowie dem Leitfaden LF 450 der Polizei (POL 2006) zu entnehmen (siehe auch Nummer 3.6).
224. 5. Auflistung der Dienststellen, Institute und sonstigen Einrichtungen, die im Katastrophenfall Probenauswertungen und Inkorporationsmessungen durchführen (siehe Nummer 6, Nr. 13).            
225. 6. Organisatorische Vorbereitung eines Kurierdienstes für die Übermittlung von Proben von den Probensammelstellen in die Laboratorien.            
226. Ein Einsatz von Hubschraubern der Polizei, der Bundespolizei und der Bundes­wehr ist nur nach vorheriger Vereinbarung vorzusehen.            
227. 7. Vereinbarungen über die vorläufige Lagerung der beim Einsatz der Katastrophenschutz­kräfte anfallenden kontaminierten Gegenstände.            
228. 8. Bei Unfällen in ausländischen kerntechnischen Anlagen, die sich in der Nähe der deutschen Grenze befinden, müssen die gleichen Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung durchgeführt werden können wie bei deutschen Anlagen. Deshalb sind bei grenznahen kerntechnischen Anlagen Verein­barungen mit den angrenzenden Staaten anzustreben, dass            
229. a) die Warn- und Alarmmeldungen an die zuständigen deutschen Behörden unverzüglich übermittelt werden,            
230. b) alle Informationen, die zur Gefahrenabwehr nötig sind, an die jeweilige Katastrophenschutzleitung gelangen,            
231. c) bei einem kerntechnischen Unfall Verbindungspersonen ausgetauscht
werden,
           
232. d) die Katastrophenschutzplanung der Nachbarstaaten aufeinander abgestimmt und in gemeinsamen Übungen erprobt wird,            
233. e) gegenseitige Unterstützung bei allen Maßnahmen zur Gefahrenabwehr durch die Einsatzdienste des Katastrophenschutzes der betreffenden Länder
möglich ist,
           
234. f) bei Ereignissen ohne radiologische Bedeutung, die die Bevölkerung
beunruhigen könnten, eine rasche Unterrichtung erfolgt und
           
235. g) eine gegenseitige Information über amtliche Mitteilungen zur Unterrichtung der Bevölkerung erfolgt.            
236. Dasselbe gilt bei grenznahen deutschen kerntechnischen Anlagen gegenüber den Nachbarstaaten.            
237. 9. Es sind Alarmierungs- und Einsatzübungen durchzuführen. Beteiligte, Art, Umfang und Intervalle der Übungen sind in einem Übungsplan festzulegen. Benachbarte Länder stimmen sich hierüber ab.            
238.   Hierzu sollen auch Vereinbarungen mit angrenzenden Staaten über die Durchfüh­rung gemeinsamer grenzüberschreitender Übungen getroffen
werden.
           
239.   Der Erfahrungsrückfluss aus Übungen ist sicherzustellen.            
  6 Zusätzliche Unterlagen zu den besonderen Katastrophenschutzplänen            
240. Den besonderen Katastrophenschutzplänen sind als Anhang mindestens folgende Unterlagen in der jeweils gültigen Fassung beizufügen:            
241.  1. Das vorliegende Dokument „Rahmenempfehlungen für den Katastrophen­schutz in der Umgebung kerntechnischer Anlagen“,            
242.  2. Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei unfallbedingten Freisetzungen von Radionukliden, 2. Radiologische Grundlagen für Entscheidungen über Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung bei Ereignissen mit Freisetzungen von Radionukliden
243.  3. Leitfaden zur Information der Öffentlichkeit in kerntechnischen Notfällen – Empfehlung der Strahlenschutzkommission – Verabschiedet in der
220. Sitzung der Strahlenschutzkommission am 5./6. Dezember 2007,
           
244.  4. Leitfaden für den Fachberater Strahlenschutz der Katastrophenschutzleitung bei kerntechnischen Notfällen, Berichte der SSK, Heft 37,            
245.  5. Medizinische Maßnahmen bei Kernkraftwerksunfällen, Veröffentlichungen der SSK, Band 4,            
246.  6. Der Strahlenunfall, Veröffentlichungen der SSK, Band 32,            
247.  7. Verwendung von Iodtabletten zur Iodblockade der Schilddrüse (Iodmerk­blätter), Empfehlung der SSK vom 24./25. Juni 2004, 7. Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall (SSK 2011)
248.  8. Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die
Betreiber kerntechnischer Einrichtungen, Berichte der SSK, Heft 39,
8. Kriterien für die Alarmierung der Katastrophenschutzbehörde durch die
Betreiber kerntechnischer Einrichtungen (RSK/SSK 2013)
249.  9. Auszüge aus der Alarmordnung des Betriebshandbuches sowie aus anderen für Notfälle vorgesehenen Handbüchern, aus dem auch Zuständigkeiten und Ansprechpartner für die Katastrophenschutzleitung und deren Erreichbarkeit entnommen werden können,            
250. 10. Jeweilige Länderregelungen zum Aufbau und Betrieb von Notfallstationen,            
251. 11. Liste der Ärzte, die sich für den Dienst in Notfallstationen zur Verfügung gestellt haben (Strahlenschutzärzte nach Band 4 der Veröffentlichungen der SSK),            
252. 12. Übersicht über geeignete medizinische Einrichtungen z. B. Krankenhäuser mit nuklearmedizinischer oder hämatologischer Abteilung,            
253. 13. Katalog der „Hilfsmöglichkeiten bei kerntechnischen Unfällen“,            
254. 14. Richtlinie für die Festlegung von Kontaminationswerten zur Kontrolle von Fahrzeugoberflächen im grenzüberschreitenden Verkehr nach dem Strahlenschutzvorsorgegesetz, Empfehlung der Strahlenschutzkommission, 1996,            
255. 15. DIN 25700 Oberflächenkontaminationmessungen an Fahrzeugen und deren Ladungen in strahlenschutzrelevanten Ausnahmesituationen,            
256. 16. Für den Standort gültige Informationsbroschüren gemäß § 53 Absatz 5 StrlSchV,            
257. 17. Internationale Bewertungsskala für bedeutsame Ereignisse in kern­technischen Anlagen – INES-Skala (Quelle: Handbuch für Reaktorsicherheit und Strahlenschutz, Nummer 3.56).            
258.                 18. Mess- und Probenentnahmeprogramm der Länder
1
Grenznahe Anlagen im Ausland sind nicht weiter als 100 km von der deutschen Staatsgrenze entfernt. Die zuständigen Lagezentren sind: Bayern für Temelin, Saarland/Rheinland-Pfalz für Cattenom, Baden-Württemberg für Fessenheim, Beznau, Leibstadt, Gösgen und Nordrhein-Westfalen/Rheinland-Pfalz für Tihange.
2
Die Frage der Verbindungspersonen des Betreibers und der Vertreter der Aufsichtsbehörde bei ausländischen Anlagen ist nicht Gegenstand dieser Empfehlung.
3
Vorschläge zur Gestaltung eines Konzeptes für die Öffentlichkeitsarbeit sind im Leitfaden zur Information der Öffentlichkeit in kerntechnischen Notfällen (SSK 2007b) enthalten.
4
Strahlenspürtrupps und CBRN-Erkundungswagen werden grundsätzlich in nicht oder nur gering kontaminierten Gebieten eingesetzt. Unter Beachtung der Strahlenschutzgrundsätze und der Wirksamkeit ihrer Schutzausrüstung erkunden sie unter der Führung der Messzentralen die Grenzen zu höher kontaminierten Gebieten.
5
Zusammenhängende Zeitreihen oder zeitintegrale Messungen sind von erheblich höherem Aussagewert als viele Kurzzeitmessungen an vielen verschiedenen Orten.
6
Das „Merkblatt für die Bevölkerung“ sowie das „Merkblatt für Ärzte und Apotheker“ nach Nummer 6 Nr. 7 enthalten über die Informationen im Beipackzettel hinaus weitergehende Erläuterungen (siehe auch Verwendung von Jodtabletten zur Jodblockade der Schilddrüse bei einem kerntechnischen Unfall (SSK 2011)).