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Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Bekanntmachung
der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“

Vom 22. November 2012

Das Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit sowie die für die atomrechtliche Genehmigung und Aufsicht der in Betrieb befindlichen Kernkraftwerke zuständigen Landesbehörden sind übereingekommen, die „Sicherheitskriterien für Kernkraftwerke“ vom 21. Oktober 1977 (BAnz. Nr. 206 vom 3. November 1977) sowie die Leitlinien zur Beurteilung der Auslegung von Kernkraftwerken mit Druckwasserreaktoren gegen Störfälle im Sinne des § 28 Absatz 3 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) – Störfall-Leitlinien – vom 18. Oktober 1983 (BAnz. Nr. 245a vom 31. Dezember 1983) zu überarbeiten, zu aktualisieren und damit fortzuschreiben.

Gleichzeitig werden die „Grundlagen für Sicherheitsmanagementsysteme in Kernkraftwerken vom 29. Juni 2004“ (BAnz. S. 16 275) außer Kraft gesetzt.

Die hiermit veröffentlichten „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ gelten für Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität (Kernkraftwerke). Sie enthalten grundsätzliche und übergeordnete sicherheitstechnische Anforderungen im Rahmen des untergesetzlichen Regelwerks, welche der Konkretisierung der nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage nach § 7 Absatz 2 Nummer 3 des Atomgesetzes (AtG) sowie von Anforderungen nach § 7d AtG dienen. Im Hinblick auf die in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke betrifft dies Änderungsgenehmigungen. Dabei ist die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Reichweite der behördlichen Prüfung in Änderungsgenehmigungsverfahren zu beachten.

Die „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ sind ferner bei sicherheitstechnischen Bewertungen im Rahmen der §§ 17, 19 AtG heranzuziehen; die Veröffentlichung ist jedoch kein Anlass für eine gesonderte Sicherheitsüberprüfung. Die in der jeweiligen Genehmigung getroffenen Festlegungen haben Bestand, soweit diese Festlegungen nicht durch neuere Erkenntnisse in Frage gestellt und somit neu bewertet werden müssen. Ein Eingriff in den Genehmigungsbestand ist nur unter den Voraussetzungen von § 17 AtG möglich.

Die „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ beinhalten die Sicherheitskriterien und Leitlinien für Kernkraftwerke im Sinne von § 49 Absatz 1 Satz 3 StrlSchV und schreiben diese fort.

Anforderungen an die Anlagensicherung sind nicht enthalten.

Soweit es sicherheitstechnisch erforderlich ist, sind die „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ auch für Kernkraftwerke, die aufgrund § 7 Absatz 1a AtG die Berechtigung zum Leistungsbetrieb verloren haben oder aufgrund einer Entscheidung des Betreibers im Nachbetrieb sind, heranzuziehen.

Die verwendeten Begriffe sind – soweit erforderlich – in Anhang 1 definiert. Die Anhänge 2, 3, 4 und 5 untersetzen bzw. ergänzen die Sicherheitsanforderungen. Anhang 2 konkretisiert Anforderungen hinsichtlich zu berücksichtigender Ereignisse, Anhang 3 hinsichtlich des Schutzes gegen Einwirkungen von innen und außen sowie aus Notstandsfällen. Anhang 4 konkretisiert die Grundsätze für die Anwendung des Einzelfehlerkriteriums und für die Instandhaltung, Anhang 5 benennt Anforderungen an die Nachweisführung und Dokumentation.

Die „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ sollen in regelmäßigen Abständen einem Aktualisierungsprozess im Rahmen des Länderausschusses für Atomkernenergie unterzogen werden. Dabei sollen in einem ersten Schritt die den übergeordneten

„Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ zuzuordnenden Interpretationen, die im Wesentlichen weitere, jedoch untergeordnete sicherheitstechnische Anforderungen enthalten und die noch nicht in Form von Regeln des Kerntechnischen Ausschusses bestehen, ausgearbeitet werden. Diese sollen so bald wie möglich in Abstimmung mit den zuständigen atomrechtlichen Landesbehörden veröffentlicht werden.

Nachfolgend gebe ich die „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ mit fünf Anhängen bekannt.

Bonn, den 22. November 2012

RS I 5 - 13303/01

Bundesministerium
für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit

Im Auftrag
Hennenhöfer

Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke

vom 20. November 2012

Neben dem folgenden Hauptteil umfassen die
„Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ 5 Anhänge

Gliederung

Anwendungsbereich

0
Grundsätze
1
Organisatorische Anforderungen
2
Technisches Sicherheitskonzept
2.1
Konzept der gestaffelten Sicherheitsebenen
2.2
Konzept des gestaffelten Einschlusses der radioaktiven Inventare (Barrierenkonzept)
2.3
Schutzzielkonzept
2.4
Schutzkonzept gegen Einwirkungen von innen und außen sowie gegen Notstandsfälle
2.5
Radiologische Sicherheitsziele
3
Technische Anforderungen
3.1
Übergeordnete Anforderungen
3.2
Anforderungen an den Reaktorkern und die Abschalteinrichtungen
3.3
Anforderungen an die Einrichtungen zur Kühlung der Brennelemente im Reaktorkern
3.4
Anforderungen an die Druckführende Umschließung und die drucktragende Wandung von Komponenten der Äußeren Systeme
3.5
Anforderungen an bauliche Anlagenteile
3.6
Anforderungen an den Sicherheitseinschluss
3.7
Anforderungen an die Leittechnik
3.8
Anforderungen an Warten
3.9
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung
3.10
Anforderungen an die Handhabung und Lagerung der Brennelemente
3.11
Anforderungen an den Strahlenschutz
4
Zu berücksichtigende Betriebszustände und Ereignisse
4.1
Betriebszustände, Störungen und Störfälle
4.2
Einwirkungen von innen und außen sowie aus Notstandsfällen
4.3
Ereignisse mit Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen
4.4
Unfälle mit schweren Brennelementschäden
5
Anforderungen an die Nachweisführung
6
Anforderungen an das Betriebsreglement
7
Anforderungen an die Dokumentation

Anwendungsbereich

Die „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ gelten für Anlagen zur Spaltung von Kernbrennstoffen zur gewerblichen Erzeugung von Elektrizität (Kernkraftwerke). Sie enthalten grundsätzliche und übergeordnete sicherheitstechnische Anforderungen im Rahmen des untergesetzlichen Regelwerks, welche der Konkretisierung der nach dem Stand von Wissenschaft und Technik erforderlichen Vorsorge gegen Schäden durch die Errichtung und den Betrieb der Anlage nach § 7 Absatz 2 Nummer 3 des Atomgesetzes (AtG) sowie von Anforderungen nach § 7d AtG dienen. Im Hinblick auf die in Deutschland betriebenen Kernkraftwerke betrifft dies Änderungsgenehmigungen. Dabei ist die höchstrichterliche Rechtsprechung zur Reichweite der behördlichen Prüfung in Änderungsgenehmigungsverfahren zu beachten.

Die „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ sind ferner bei sicherheitstechnischen Bewertungen im Rahmen der §§ 17, 19 AtG heranzuziehen; die Veröffentlichung ist jedoch kein Anlass für eine gesonderte Sicherheitsüberprüfung. Die in der jeweiligen Genehmigung getroffenen Festlegungen haben Bestand, soweit diese Festlegungen nicht durch neuere Erkenntnisse in Frage gestellt und somit neu bewertet werden müssen. Ein Eingriff in den Genehmigungsbestand ist nur unter den Voraussetzungen von § 17 AtG möglich.

Die „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ beinhalten die Sicherheitskriterien und Leitlinien für Kernkraftwerke im Sinne von § 49 Absatz 1 Satz 3 der Strahlenschutzverordnung (StrlSchV) und schreiben diese fort.

Anforderungen an die Anlagensicherung sind nicht enthalten.

Soweit es sicherheitstechnisch erforderlich ist, sind die „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ auch für Kernkraftwerke, die aufgrund § 7 Absatz 1a AtG die Berechtigung zum Leistungsbetrieb verloren haben oder aufgrund einer Entscheidung des Betreibers im Nachbetrieb sind, heranzuziehen.

Die verwendeten Begriffe sind – soweit erforderlich – in Anhang 1 definiert. Die Anhänge 2, 3, 4 und 5 untersetzen bzw. ergänzen die Sicherheitsanforderungen. Anhang 2 konkretisiert Anforderungen hinsichtlich zu berücksichtigender Ereignisse, Anhang 3 hinsichtlich des Schutzes gegen Einwirkungen von innen und außen sowie aus Notstandsfällen. Anhang 4 konkretisiert die Grundsätze für die Anwendung des Einzelfehlerkriteriums und für die Instandhaltung, Anhang 5 benennt Anforderungen an die Nachweisführung und Dokumentation.

0 Grundsätze

Das grundlegende Sicherheitsziel ist der Schutz von Mensch und Umwelt vor den schädlichen Auswirkungen ionisierender Strahlung. Dieses Ziel gilt für alle Aktivitäten von der Planung über Errichtung und Betrieb bis zum Rückbau eines Kernkraftwerks.

Die Verantwortung für die Gewährleistung der Sicherheit trägt der Genehmigungsinhaber. Er muss der Einhaltung des Sicherheitsziels Vorrang vor der Einhaltung anderer betrieblicher Ziele geben.

Die Grundlage für einen sicheren Betrieb von Kernkraftwerken ist das sicherheitsgerichtete Zusammenwirken personeller, technischer und organisatorischer Faktoren (Mensch-Technik-Organisation). Die Vernetzung dieser Faktoren mit dem Ziel eines sicherheitsgerichteten Handelns ist auch Grundlage für eine hohe Sicherheitskultur. Es ist Aufgabe des Genehmigungsinhabers, eine hohe Sicherheitskultur aufrechtzuerhalten und diese kontinuierlich zu verbessern.

1 Organisatorische Anforderungen

1 (1)
Verantwortung der Unternehmensleitung
Die Unternehmensleitung hat die Verantwortung den sicheren Betrieb ihrer Anlage zu gewährleisten.
Im Rahmen dieser Verantwortung hat sie insbesondere die folgenden Anforderungen zu erfüllen:
1.
Entwicklung, Einführung und kontinuierliche Verbesserung eines integrierten, prozessorientierten Managementsystems (IMS).
2.
Festlegung und Umsetzung der Unternehmenspolitik und -ziele, in denen sich das Unternehmen zu hoher Sicherheit und zur Stärkung der Sicherheitskultur verpflichtet. Dabei hat die Unternehmensleitung Vorbildfunktion.
3.
Sicherstellung, dass die Unternehmenspolitik und die Unternehmensziele im Unternehmen kommuniziert und von der Anlagenleitung umgesetzt werden.
4.
Erstellung von Grundsätzen zur Aufbau- und Ablauforganisation.
5.
Bereitstellung der erforderlichen Ressourcen (organisatorisch, administrativ, technisch) für das Unternehmen und die Anlage. Dafür sind dauerhaft angemessene finanzielle und personelle Mittel zur Erfüllung der Pflichten in Bezug auf die Sicherheit vorzusehen und bereitzuhalten. Die Personalentwicklung zum Erhalt der Kernkompetenz und zur Erweiterung der Kompetenzen ist sicherzustellen und periodisch zu überprüfen.
6.
Benennung des Leiters der Anlage, der die Verantwortung für den sicheren Betrieb der Anlage trägt, und der behördlich geforderten Beauftragten.
Diese Verantwortung ist nicht delegierbar. Die Unternehmensleitung hat sicherheitsgerichtetes Handeln vorzuleben und aktiv zu unterstützen.
Die Unternehmensleitung hat sicherzustellen, dass der interne und externe Erfahrungsrückfluss, Änderungen des Standes von Wissenschaft und Technik und der international bewährten Sicherheitspraxis einschließlich der hierzu behördlich veranlassten Informationen auf systematische Weise in einem Prozess des Managementsystems erfasst, ausgewertet und dokumentiert werden.
1 (2)
Verantwortung der Anlagenleitung
Im Rahmen der Verantwortung der Anlagenleitung hat sie insbesondere die folgenden Anforderungen zu erfüllen:
1.
Erstellung und Umsetzung der Anlagenpolitik und -ziele in Übereinstimmung mit der Unternehmenspolitik und den Unternehmenszielen.
2.
Gewährleistung eines sicheren Betriebs der Anlage.
3.
Einhaltung der gesetzlichen, behördlichen und sicherheitstechnischen Anforderungen.
4.
Entwicklung und Einführung des IMS in der Anlage. Dabei ist das gesamte Personal einzubeziehen.
5.
Umsetzung und kontinuierliche Verbesserung des IMS einschließlich seines Einflusses auf die Sicherheit.
6.
Festlegung und Umsetzung der Aufbau- und Ablauforganisation in der Anlage.
7.
Gewährleistung der notwendigen Personalkompetenzen und Schulung. Dabei hat die Anlagenleitung darauf zu achten, dass neben den fachlichen Aspekten auch Methoden-Kompetenz geschult wird, und die Einstellungen hinsichtlich sicherheitsgerichteten Handelns gefördert werden.
8.
Sicherstellung der Durchführung von sicherheitsrelevanten Tätigkeiten durch Personal, das nachweislich über die erforderliche Qualifikation verfügt.
9.
Erfassung, Auswertung, Kommunikation und Nutzung interner und externer Erfahrungen. Dabei hat die Anlagenleitung darauf zu achten, dass beim kraftwerksinternen Erfahrungsrückfluss den Informationen über Beinahe-Ereignisse besondere Bedeutung einzuräumen ist.
Die Anlagenleitung hat sicherheitsgerichtetes Handeln vorzuleben und aktiv zu unterstützen.
1 (3)
Integriertes Managementsystem (IMS)
Die vorrangigen Zielsetzungen des IMS sind
a)
die Gewährleistung der Sicherheit,
b)
die stetige Verbesserung der Sicherheit sowie
c)
die Förderung der Sicherheitskultur.
Ein IMS muss sämtliche Ziele und Anforderungen, wie zum Beispiel zur Sicherheit, Qualität, Alterung, Arbeitssicherheit, Umwelt und Wirtschaftlichkeit berücksichtigen. Alle Ziele und Anforderungen sind in nachvollziehbarer und transparenter Weise unter Beachtung der Priorität der Sicherheit abzugleichen, zu gewichten und eindeutig festzulegen. Dabei ist das Zusammenwirken personeller, technischer und organisatorischer Faktoren (Mensch-Technik-Organisation) zu berücksichtigen.
In einem IMS sind die Anforderungen zu integrieren, die an ein Kernkraftwerk gestellt werden und die sich aus Gesetzen, Verordnungen, Regeln und Richtlinien z. B. zur Sicherheit, zum Umweltschutz, zum Arbeitsschutz, zur Qualität oder zu Finanzen ergeben.
Die Abgrenzungen und die Schnittstellen sowie das Zusammenwirken und die Wechselwirkungen im IMS sind so festzulegen und zu regeln, dass das grundlegende Sicherheitsziel nicht durch andere Unternehmensziele beeinträchtigt wird.
Alle für den Betrieb der Anlage relevanten Tätigkeiten im Unternehmen und in der Anlage sind zu identifizieren und systematisch in Prozessen zu organisieren. Dies gilt auch für die Tätigkeiten externen Personals. Personalkapazität, -kompetenz und -qualifikation sind dabei zu berücksichtigen. In entsprechender Weise ist das Verhältnis zu externen Organisationen zu regeln.
Mindestens für folgende Prozesse sind Regelungen zu treffen:
Betrieb der Anlage,
Planung, Durchführung und Auswertung der Instandhaltung,
Änderung der Anlage und des Betriebs,
Inbetriebsetzung nach Änderungen,
Organisationsänderung,
Anlagenüberwachung (physikalische Überwachung, chemische und radiochemische Überwachung, radiologische Überwachung),
Festlegung und Umsetzung von Schutzanforderungen (Brandschutz, Anlagensicherung, IT-Sicherheit),
Planung und Implementierung des Notfallschutzes,
Qualifikation und Schulung des Personals,
Planung und Durchführung der Materialwirtschaft,
Handhabung von Brennelementen und anderen Kernbauteilen,
Umgang mit radioaktiven Abfällen,
Durchführung des Erfahrungsrückflusses,
Planung und Durchführung der internen und externen Kommunikation,
Abwicklung und Durchführung von Projekten,
Durchführung von Sicherheitsanalysen und -überprüfungen,
Durchführung der Dokumentation.
Die Schnittstellen zwischen Mensch, Technik und Organisation sind bei der Entwicklung des IMS zu berücksichtigen.
Im Sinne der stetigen Verbesserung ist der PDCA-Zyklus (Plan-Do-Check-Act-Zyklus) bei allen relevanten betrieblichen Tätigkeiten, Teilprozessen, Prozessen und auf das Managementsystem als Ganzes anzuwenden. Die Wirksamkeit des Managementsystems ist durch direkte Prozessbewertungen und durch prozessunabhängige Bewertungen sicherzustellen.
Werden Prozesse durch Informationsverarbeitungssysteme (Betriebsführungssysteme), wie beispielsweise bei der Störungs- und Mängelbeseitigung, Instandhaltung oder Systemfreischaltung unterstützt, sind diese qualitätsgesichert einzuführen. Gemäß ihrer jeweiligen sicherheitstechnischen Bedeutung sind sie regelmäßig und systematisch zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.
Das Managementsystem ist systematisch zu dokumentieren. Dabei muss die Dokumentation hinsichtlich der in ihr enthaltenen Informationen vollständig, eindeutig und in sich widerspruchsfrei sein.
Es sind geeignete Vorkehrungen zu treffen, um die kompetente ingenieurtechnische und technische Unterstützung, die durch externe Auftragnehmer bereitgestellt wird, in allen sicherheitsrelevanten Bereichen für die gesamte Betriebsdauer der Anlage zu erhalten.
Das Managementsystem muss geeignet sein, frühzeitig Hinweise auf eine mögliche Beeinträchtigung der Sicherheit zu geben.

2 Technisches Sicherheitskonzept

2 (1)
Zur Einhaltung der radiologischen Sicherheitsziele (siehe Nummer 2.5) sind die im Kernkraftwerk vorhandenen radioaktiven Stoffe durch technische Barrieren bzw. Rückhaltefunktionen (siehe Nummer 2.2) mehrfach einzuschließen und deren Strahlung ausreichend abzuschirmen. Die Wirksamkeit der Barrieren und Rückhaltefunktionen ist durch die Erfüllung von Schutzzielen (siehe Nummer 2.3) abzusichern. Es ist ein gestaffeltes Sicherheitskonzept zu realisieren, das die Erfüllung der Schutzziele und die Erhaltung der Barrieren und Rückhaltefunktionen auf mehreren gestaffelten Sicherheitsebenen sowie bei Einwirkungen von innen und außen gewährleistet (siehe Nummer 2.1 und 2.4).
2.1
Konzept der gestaffelten Sicherheitsebenen
2.1 (1)
Der Einschluss der im Kernkraftwerk befindlichen radioaktiven Stoffe sowie die Abschirmung der von diesen Stoffen ausgehenden Strahlung ist sicherzustellen.
Zur Erreichung dieses Ziels ist ein Sicherheitskonzept umzusetzen, bei dem Maßnahmen und Einrichtungen gestaffelten Sicherheitsebenen zugeordnet sind. Die Sicherheitsebenen 1 bis 4a sind durch die folgenden Anlagenzustände charakterisiert:
– Sicherheitsebene 1:
Normalbetrieb
(Bestimmungsgemäßer Betrieb, ungestört)
– Sicherheitsebene 2:
anomaler Betrieb
(Bestimmungsgemäßer Betrieb, Störung)
– Sicherheitsebene 3:
Störfälle
– Sicherheitsebene 4a:
sehr seltene Ereignisse
Mit den auf diesen Sicherheitsebenen zu installierenden Maßnahmen und Einrichtungen zur Qualitätsgewährleistung, Vermeidung von Ereignissen, Beherrschung von Ereignissen sowie der Auslegung gegen Einwirkungen von innen und außen (siehe Nummer 2.4) muss ein umfassender und zuverlässiger Schutz vor den im Kernkraftwerk befindlichen radioaktiven Stoffen erreicht werden.
Darüber hinaus sind in angemessenem Umfang für Anlagenzustände, die wegen ihrer geringen Eintrittshäufigkeit den o. g. Sicherheitsebenen nicht zugeordnet werden, vorsorglich weitere Maßnahmen und Einrichtungen zur Feststellung und Begrenzung der Folgen solcher Zustände vorzusehen. Deshalb sind im gestaffelten Sicherheitskonzept ergänzend auf den Sicherheitsebenen 4b und 4c Maßnahmen und Einrichtungen des anlageninternen Notfallschutzes vorzuhalten und zu planen. Diese Sicherheitsebenen sind durch die folgenden Anlagenzustände charakterisiert:
– Sicherheitsebene 4b:
Ereignisse mit Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen
– Sicherheitsebene 4c:
Unfälle mit schweren Brennelementschäden.
2.1 (2)
Für Unfälle mit schweren Brennelementschäden sind Maßnahmen zur Unterstützung des anlagenexternen Notfallschutzes zu planen, um die Folgen von Unfällen mit potenziellen oder tatsächlich eingetretenen Freisetzungen radioaktiver Stoffe in die Umgebung festzustellen und ihre Auswirkungen auf Mensch und Umwelt soweit wie möglich zu vermindern.
2.1 (3a)
Das Sicherheitskonzept auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4b ist präventiv ausgerichtet. Es sind Maßnahmen und Einrichtungen vorzusehen, die
auf der Sicherheitsebene 1 das Eintreten
von Störungen vermeiden,
auf der Sicherheitsebene 2
eintretende Störungen beherrschen,
das Eintreten von Störfällen vermeiden,
auf der Sicherheitsebene 3
Störfälle beherrschen,
das Eintreten von Ereignissen mit Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen verhindern,
auf der Sicherheitsebene 4a
sehr seltene Ereignisse beherrschen.
Auf der Sicherheitsebene 4b sind präventive Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes vorzusehen, sodass bei Ereignissen mit Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen keine schweren Brennelementschäden auftreten.
2.1 (3b)
Auf der Sicherheitsebene 4c sind mitigative Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes vorzusehen, mit denen, unter Einschluss aller verfügbaren Maßnahmen und Einrichtungen, bei Unfällen mit schweren Brennelementschäden die Integrität des Sicherheitsbehälters so lange wie möglich erhalten wird, Freisetzungen radioaktiver Stoffe in die Umgebung unter Beachtung von Nummer 2.5 (1) ausgeschlossen oder begrenzt werden und ein langfristig kontrollierbarer Anlagenzustand erreicht werden kann.
Im Falle der Lagerung bestrahlter Brennelemente im Brennelementlagerbecken außerhalb des Sicherheitsbehälters sind mitigative Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes vorzusehen, mit denen, unter Einschluss aller verfügbaren Maßnahmen und Einrichtungen, die Integrität der umgebenden baulichen Hülle so lange wie möglich erhalten und Freisetzungen radioaktiver Stoffe in die Umgebung unter Beachtung von Nummer 2.5 (1) ausgeschlossen oder begrenzt werden.
2.1 (4)
Das gestaffelte Sicherheitskonzept ist für alle Anlagenzustände des Leistungs- und Nicht-Leistungsbetriebs unter Berücksichtigung jeweils repräsentativ abdeckender Anlagenzustandsparameter umzusetzen.
2.1 (5)
Das Sicherheitssystem sowie die Notstandseinrichtungen sind so auszulegen, dass sie bei Einwirkungen von innen und von außen wirksam bleiben.
Einwirkungen aus Notstandsfällen dürfen entweder nicht zu Ausfällen von Sicherheitseinrichtungen derart führen, dass die erforderlichen Sicherheitsfunktionen nicht mehr ausreichend wirksam sind, oder es sind dafür gesondert ausgelegte Einrichtungen vorzusehen, sodass Ereignisabläufe der Sicherheitsebene 4b ­verhindert werden.
2.1 (6)
Auf den Sicherheitsebenen 2 und 3 sind Maßnahmen und Einrichtungen derart vorzusehen, dass beim Versagen von Maßnahmen oder Einrichtungen auf den Ebenen 1 oder 2 die Maßnahmen und Einrichtungen auf der nachfolgenden Sicherheitsebene unabhängig von den Maßnahmen und Einrichtungen anderer Sicherheitsebenen den sicherheitstechnisch geforderten Zustand der Anlage herstellen.
Maßnahmen und Einrichtungen, die auf allen oder mehreren dieser Sicherheitsebenen wirksam sein müssen, sind gemäß den Anforderungen auszulegen, die auf der Sicherheitsebene mit den jeweils höchsten Anforderungen gelten.
2.1 (7)
Durch das Konzept der gestaffelten Sicherheitsebenen ist sicherzustellen, dass ein einzelnes technisches Versagen oder menschliches Fehlverhalten auf einer der Sicherheitsebenen 1 bis 3 die Wirksamkeit der Maßnahmen und Einrichtungen der nächsten Ebenen nicht gefährdet.
2.1 (8)
Eine Inanspruchnahme von Maßnahmen und Einrichtungen der Sicherheitsebenen 2 oder 3 beim Nachweis der Erfüllung von Anforderungen vorgelagerter Sicherheitsebenen ist dann zulässig, wenn
andere technische Lösungen nicht sinnvoll erreichbar sind und
nachteilige Auswirkungen auf die Zuverlässigkeit und Wirksamkeit der in Anspruch genommenen Maßnahmen und Einrichtungen für die Ereignisbeherrschung nicht zu unterstellen sind.
2.1 (9)
Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes sind gemäß Nummern 4.3 und 4.4 so zu planen, dass sie für ein breites Spektrum von Ereignissen mit Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen und Phänomenen bei Unfällen mit schweren Brennelementschäden wirksam sind.
2.1 (10)
Auf der Sicherheitsebene 4 können neben den eigens auf dieser Ebene vorgesehenen Maßnahmen und Einrichtungen auch jeweils geeignete Maßnahmen und Einrichtungen der Sicherheitsebenen 1 bis 3 genutzt werden.
2.1 (11)
Die auf den Sicherheitsebenen 4b und 4c eigens für den anlageninternen Notfallschutz vorgesehenen Maßnahmen und Einrichtungen dürfen in den Nachweisführungen auf den anderen Sicherheitsebenen nicht herangezogen werden.
2.1 (12)
Die Maßnahmen und Einrichtungen aller vier Sicherheitsebenen müssen gemäß den Erfordernissen der jeweiligen Betriebsphasen grundsätzlich verfügbar sein. Unverfügbarkeiten von sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen sind in Abhängigkeit von den Betriebsphasen und von ihren sicherheitstechnischen Auswirkungen zeitlich zu begrenzen. Die dabei einzuhaltenden Bedingungen sind zu spezifizieren.
2.1 (13)
Die Maßnahmen und Einrichtungen der Sicherheitsebenen 1 bis 4a müssen hohe Anforderungen an die Qualität und Zuverlässigkeit der Planung, Implementierung und Durchführung der Maßnahmen sowie der Auslegung, Fertigung, Errichtung und des Betriebs der Einrichtungen erfüllen. Die Anforderungen an die Qualität und Zuverlässigkeit orientieren sich an der sicherheitstechnischen Bedeutung der Maßnahmen und Einrichtungen.
Für die eigens vorgesehenen Maßnahmen und Einrichtungen der Sicherheitsebenen 4b und 4c gelten abgestufte Anforderungen.
2.2
Konzept des gestaffelten Einschlusses der radioaktiven Inventare (Barrierenkonzept)
2.2 (1)
Der Einschluss der im Kernkraftwerk befindlichen radioaktiven Stoffe ist durch gestaffelte Barrieren sowie durch Rückhaltefunktionen sicherzustellen.
Hinweis:
Im Folgenden werden unter Barrieren das Brennstabhüllrohr, die Druckführende Umschließung des Reaktorkühlmittels und der Sicherheitsbehälter verstanden. Ein auslegungsgemäßes Öffnen von Ventilen der Druckführenden Umschließung des Reaktorkühlmittels bedeutet hier keine Unwirksamkeit dieser Barriere.
Rückhaltefunktionen sind Maßnahmen oder Einrichtungen zur Rückhaltung radioaktiver Stoffe, z. B. durch Filterung, Wasserüberdeckung, gerichtete Strömung durch Unterdruckhaltung, Verzögerungsstrecken, Gebäudeabdichtungen, Auffangwannen, Behälter oder sonstige Umschließungen.
Die Aufrechterhaltung einer ausreichenden Wirksamkeit der Barrieren ist zudem wesentlich für den Erhalt der Kühlung und Kühlbarkeit der Brennelemente.
Die Barrieren sind derart auszulegen, dass sie, soweit technisch möglich, so voneinander unabhängig sind, dass bei Störfällen oder Einwirkungen von innen oder außen eine Barriere nicht als Folge des Ausfalls einer anderen Barriere versagt.
Die Barrieren und Rückhaltefunktionen sind insgesamt so auszulegen und während der gesamten Betriebsdauer in einem solchen Zustand zu halten, dass bei allen Ereignissen oder Anlagenzuständen auf den verschiedenen Sicherheitsebenen im Zusammenwirken mit den Maßnahmen und Einrichtungen der jeweiligen Sicherheitsebenen und den dabei auftretenden mechanischen, thermischen, chemischen und durch Strahlung hervorgerufenen Einwirkungen die jeweiligen sicherheitstechnischen Nachweisziele und Nachweiskriterien (siehe in Anhang 2) sowie die unter der Nummer 2.5 angegebenen radiologischen Sicherheitsziele eingehalten werden.
Die Barrieren und Rückhaltefunktionen müssen auch bei allen Ereignissen, die aus Einwirkungen von innen und außen oder Notstandsfällen resultieren, in ihrer Gesamtheit so zuverlässig wirksam sein, dass die radiologischen Sicherheitsziele nach Nummer 2.5 eingehalten werden.
2.2 (2)
Wenn auf Grund geplanter betrieblicher Vorgänge Barrieren nicht wirksam sind, müssen zur Einhaltung der radiologischen Sicherheitsziele (siehe in der Nummer 2.5 (1)) andere Maßnahmen und Einrichtungen verfügbar sein, die eine den jeweiligen Bedingungen entsprechende wirksame und zuverlässige Rückhaltefunktion sicherstellen.
2.2 (3)
Auf den Sicherheitsebenen 1 und 2 sind neben den Rückhaltefunktionen zur Erfüllung der radiologischen Sicherheitsziele folgende Barrieren wirksam zu halten:
a)
für den Einschluss der radioaktiven Stoffe im Reaktorkern:
1.
die Brennstabhüllrohre, abgesehen von zulässigen, betrieblich bedingten Hüllrohrschäden,
2.
die Druckführende Umschließung des Reaktorkühlmittels, sofern der Reaktorkühlkreislauf nicht plangemäß geöffnet ist und
3.
der Sicherheitsbehälter, sofern dieser nicht plangemäß geöffnet ist. Das plangemäße Öffnen des Sicherheitsbehälters darf nicht vor Erreichen spezifizierter Druck- und Temperaturbedingungen im Reaktorkühlkreislauf erfolgen. Es ist sicherzustellen, dass die Barriere im Anforderungsfall kurzfristig wiederhergestellt werden kann oder wirksame und zuverlässige Rückhaltefunktionen vorhanden sind, sodass eine unzulässige Freisetzung radioaktiver Stoffe verhindert oder rechtzeitig unterbunden wird.
b)
für den Einschluss der radioaktiven Stoffe in bestrahlten Brennelementen, die in der Anlage gehandhabt oder gelagert werden:
1.
während der Betriebsphasen A bis F (Definitionen hierzu siehe in Anhang 2) die Brennstabhüllrohre, abgesehen von zulässigen, betrieblich bedingten Hüllrohrschäden, sowie
2.
der Sicherheitsbehälter, sofern dieser nicht plangemäß geöffnet ist. Werden bestrahlte Brennelemente außerhalb des Sicherheitsbehälters gehandhabt oder gelagert oder ist der Sicherheitsbehälter plan­gemäß geöffnet, so ist das Fehlen dieser Barriere durch Rückhaltefunktionen zu kompensieren.
Der sichere kontrollierte Einschluss der radioaktiven Stoffe an anderen Stellen der Anlage ist in allen Betriebsphasen durch Rückhaltefunktionen sicherzustellen.
2.2 (4)
Auf der Sicherheitsebene 3 sind neben den erforderlichen Rückhaltefunktionen zur Erfüllung der radiologischen Sicherheitsziele folgende Barrieren wirksam zu halten:
a)
für den Einschluss der radioaktiven Stoffe im Reaktorkern:
1.
die Brennstabhüllrohre, außer deren Versagen wird als einleitendes Ereignis postuliert und außer bei Kühlmittelverluststörfällen,
2.
die Druckführende Umschließung des Reaktorkühlmittels, sofern der Reaktorkühlkreislauf nicht plangemäß geöffnet ist oder deren Versagen als einleitendes Ereignis postuliert wird,
3.
der Sicherheitsbehälter, sofern dieser nicht plangemäß geöffnet ist. Ist der Sicherheitsbehälter plangemäß geöffnet, so ist sicherzustellen, dass die Barrierenfunktion des Sicherheitsbehälters bei Ereignissen mit Freisetzungen von radioaktiven Stoffen innerhalb des Sicherheitsbehälters rechtzeitig im erforderlichen Umfang wiederhergestellt werden kann oder wirksame und zuverlässige Rückhaltefunktionen vorhanden sind, sodass eine unzulässige Freisetzung radioaktiver Stoffe verhindert oder rechtzeitig unterbunden wird.
b)
bei der Handhabung und Lagerung von Brennelementen:
1.
die Brennstabhüllrohre (abgesehen von ereignisspezifisch postulierten Hüllrohrschäden) sowie
2.
der Sicherheitsbehälter, sofern dieser nicht plangemäß geöffnet ist. Ist der Sicherheitsbehälter plan­gemäß geöffnet, so ist sicherzustellen, dass die Barrierenfunktion des Sicherheitsbehälters bei Ereignissen mit Freisetzungen von radioaktiven Stoffen innerhalb des Sicherheitsbehälters rechtzeitig im erforderlichen Umfang wiederhergestellt werden kann.
Werden bestrahlte Brennelemente außerhalb des Sicherheitsbehälters gehandhabt oder gelagert, so ist das Fehlen dieser Barriere durch Rückhaltefunktionen zu kompensieren.
Die Erfüllung der radiologischen Sicherheitsziele im Hinblick auf radioaktive Stoffe an anderen Stellen der Anlage ist in allen Betriebsphasen durch Rückhaltefunktionen sicherzustellen.
2.2 (5)
Auf der Sicherheitsebene 4a sind im Hinblick auf den Einschluss der radioaktiven Stoffe und die Kühlbarkeit des Reaktorkerns neben den erforderlichen Rückhaltefunktionen folgende Barrieren wirksam zu halten:
1.
die Brennstabhüllrohre in dem für die Einhaltung der hier geltenden Nachweisziele erforderlichen Umfang,
2.
die Druckführende Umschließung,
3.
der Sicherheitsbehälter.
2.2 (6)
Auf der Sicherheitsebene 4b soll durch die geplanten Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes zur Erreichung der radiologischen Sicherheitsziele gemäß Nummer 2.5 (1) neben Rückhaltefunktionen für das Aktivitätsinventar des Reaktorkerns mindestens eine der noch vorhandenen Barrieren aufrechterhalten werden.
Für den Einschluss der radioaktiven Stoffe in bestrahlten, gelagerten Brennelementen ist auf der Sicherheitsebene 4b die Integrität mindestens einer Barriere zu gewährleisten. Werden bestrahlte Brennelemente außerhalb des Sicherheitsbehälters gehandhabt oder gelagert, so ist das Fehlen dieser Barriere durch Rückhaltefunktionen zu kompensieren (siehe Nummer 2.2 (4)).
2.2 (7)
Im Hinblick auf die Sicherheitsebene 4c gilt Nummer 2.1 (3b).
2.3
Schutzzielkonzept
2.3 (1)
Mit den gemäß der Nummer 2.1 (3a) vorgesehenen Maßnahmen und Einrichtungen unter Beachtung der weiteren Anforderungen in Nummer 2.1 sind für die auf den jeweiligen Sicherheitsebenen geltenden Anforderungen die folgenden Schutzziele zu erfüllen:
a)
Kontrolle der Reaktivität,
b)
Kühlung der Brennelemente und
c)
Einschluss der radioaktiven Stoffe.
2.3 (2)
Auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a sind folgende Anforderungen einzuhalten:
Zur Kontrolle der Reaktivität:
Reaktivitätsänderungen sind auf zulässige Werte zu beschränken,
der Reaktorkern muss abgeschaltet und langfristig unterkritisch gehalten werden können,
bei der Handhabung sowie Lagerung unbestrahlter und bestrahlter Brennelemente ist Unterkritikalität sicherzustellen.
Zur Kühlung der Brennelemente:
Kühlmittel und Wärmesenken sind stets in ausreichendem Umfang vorzusehen,
der Wärmetransport vom Brennstoff bis zur Wärmesenke ist sicherzustellen,
die Wärmeabfuhr aus dem Brennelementlagerbecken ist sicherzustellen.
Zum Einschluss der radioaktiven Stoffe:
die sich auf den verschiedenen Sicherheitsebenen ergebenden mechanischen, thermischen, chemischen und durch Strahlung hervorgerufenen Einwirkungen auf die Barrieren oder Rückhaltefunktionen sind so zu begrenzen, dass deren Wirksamkeit zur Einhaltung der unter Nummer 2.5 angegebenen radiologischen Sicherheitsziele erhalten bleibt,
die Barrierenfunktionen des Reaktorkühlkreislaufs und des Sicherheitsbehälters müssen erforderlichenfalls ausreichend schnell hergestellt werden können.
2.3 (3)
Auf der Sicherheitsebene 4b ist durch Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes die langfristige Wiederherstellung der unter Nummer 2.3 (2) genannten Schutzziele zu erreichen.
2.3 (4)
Im Hinblick auf die Sicherheitsebene 4c gilt Nummer 2.1 (3b).
2.4
Schutzkonzept gegen Einwirkungen von innen und außen sowie gegen Notstandsfälle
2.4 (1)
Alle Einrichtungen, die erforderlich sind, den Kernreaktor sicher abzuschalten und in abgeschaltetem Zustand zu halten, die Nachwärme abzuführen oder eine Freisetzung radioaktiver Stoffe zu verhindern, sind so auszulegen und müssen sich dauerhaft in einem solchen Zustand befinden, dass sie ihre sicherheitstechnischen Aufgaben auch bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen (siehe Anhang 3) erfüllen.
Hinweis:
Anforderungen an diese Einrichtungen, die im Hinblick auf Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter zu beachten sind, sind nicht Gegenstand der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“.
Sofern bei Einwirkungen von innen oder außen spezifische Anforderungen im Hinblick auf die Einhaltung radiologischer Sicherheitsziele gelten, sind diese in Anhang 3 bei den betroffenen Einwirkungen aufgeführt.
2.4 (2)
Es ist sicherzustellen, dass Ereignisse aus Einwirkungen von innen und außen oder aus Notstandsfällen, die die bestimmungsgemäße Funktion von Sicherheitseinrichtungen unzulässig beeinträchtigen könnten, gemäß Nummer 2.1 (5) entweder verhindert oder in ihren Auswirkungen ausreichend begrenzt werden. Dabei sind vorrangig passive Einrichtungen vorzusehen. Ist eine hinreichend zuverlässige Vermeidung unzulässiger Folgewirkungen durch passive Einrichtungen nicht gegeben, so sind zuverlässige aktive Maßnahmen vorzusehen.
2.4 (3)
Die zueinander redundanten Teilsysteme von Sicherheitseinrichtungen sind räumlich getrennt aufzustellen oder so zu schützen, dass bei Einwirkungen von innen ein redundanzübergreifender Ausfall verhindert wird.
2.4 (4)
Alle Sicherheitseinrichtungen sind so auszulegen und müssen sich dauerhaft in einem solchen Zustand befinden, dass sie ihre sicherheitstechnischen Aufgaben auch bei Einwirkungen von außen erfüllen.
2.4 (5)
Im Hinblick auf Einwirkungen aus Notstandsfällen gilt Nummer 2.1 (5), letzter Absatz.
2.5
Radiologische Sicherheitsziele
2.5 (1)
Auf den Sicherheitsebenen 1 und 2
ist die Strahlenexposition des Personals bei allen Tätigkeiten unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch unterhalb der Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung so gering wie möglich zu halten,
hat jede Ableitung radioaktiver Stoffe mit Luft oder Wasser kontrolliert auf den dafür vorgesehenen Ableitungspfaden zu erfolgen; die Ableitungen sind zu überwachen und nach Art und Aktivität zu dokumentieren und zu spezifizieren, und es
ist jede Strahlenexposition oder Kontamination von Mensch und Umwelt durch Direktstrahlung aus der Anlage sowie durch die Ableitung radioaktiver Stoffe unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls auch unterhalb der Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung so gering wie möglich zu halten.
Auf der Sicherheitsebene 3
sind bei der Planung von Tätigkeiten zur Beherrschung von Ereignissen, zur Minderung ihrer Auswirkungen oder zur Beseitigung ihrer Folgen für die Strahlenexposition des Personals höchstens die einschlägigen Grenzwerte der Strahlenschutzverordnung zu Grunde zu legen,
sind für die Auslegung der Anlage zum Schutz der Bevölkerung vor freisetzungsbedingten Strahlenexpositionen höchstens die einschlägigen Störfallplanungswerte der Strahlenschutzverordnung zu Grunde zu legen,
hat eine etwaige Freisetzung auf analysierten Freisetzungspfaden zu erfolgen; die Freisetzung ist zu überwachen und nach Art und Aktivität zu dokumentieren und zu spezifizieren, und es
sind die radiologischen Auswirkungen innerhalb und außerhalb der Anlage unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls so gering wie möglich zu halten.
Auf der Sicherheitsebene 4
sind bei der Planung von Tätigkeiten zur Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebene 4a sowie bei der Planung von Tätigkeiten im Rahmen von Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes für die voraussichtliche Strahlenexposition des Personals die einschlägigen Vorgaben der Strahlenschutzverordnung zu Grunde zu legen,
ist die Überwachung von Freisetzungen radioaktiver Stoffe aus der Anlage nach Art und Aktivität sicherzustellen und es
sind radiologische Auswirkungen innerhalb und außerhalb der Anlage unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls so gering wie möglich zu halten.
Unter Einbeziehung der Maßnahmen und Einrichtungen des anlageninternen Notfallschutzes der Sicherheitsebenen 4b und 4c sind
Freisetzungen radioaktiver Stoffe in die Umgebung der Anlage aufgrund eines frühzeitigen Versagens oder einer Umgehung des Sicherheitsbehälters, die Maßnahmen des anlagenexternen Notfallschutzes erfordern, für deren Umsetzung nicht ausreichend Zeit zur Verfügung steht (frühe Freisetzung) oder
Freisetzungen radioaktiver Stoffe in die Umgebung der Anlage, die räumlich umfangreiche und zeitlich langandauernde Maßnahmen des anlagenexternen Notfallschutzes erfordern (große Freisetzung)
auszuschließen1 oder die radiologischen Auswirkungen soweit zu begrenzen, dass Maßnahmen des anlagenexternen Notfallschutzes nur in räumlich und zeitlich begrenztem Umfang erforderlich werden.
2.5 (2)
Alle sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen eines Kernkraftwerks müssen so ausgelegt, in einem solchen Zustand gehalten und so gegen Einwirkungen von innen und außen sowie Notstandsfälle geschützt werden, dass sie ihre sicherheitstechnischen Aufgaben zur Einhaltung der Anforderungen gemäß Nummer 2.5 (1) erfüllen.
Alle Einrichtungen eines Kernkraftwerks, die radioaktive Stoffe enthalten oder enthalten können, müssen so beschaffen, angeordnet und abgeschirmt sein, dass bezüglich der Strahlenexposition von Personen bei allen auf den Sicherheitsebenen 1 und 2 erforderlichen Tätigkeiten sowie bei der Planung von Tätigkeiten zur Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebenen 3 und 4a, bei Einwirkungen von innen und außen, bei Notstandsfällen sowie im Rahmen von Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes die einschlägigen Anforderungen gemäß Nummer 2.5 (1) erfüllt werden.

3 Technische Anforderungen

3.1
Übergeordnete Anforderungen
3.1 (1)
Bei Auslegung, Fertigung, Errichtung und Prüfung sowie Betrieb und Instandhaltung der sicherheitstechnisch wichtigen Anlagenteile sind Grundsätze und Verfahren anzuwenden, die den besonderen sicherheitstechnischen Erfordernissen der Kerntechnik entsprechen. Bei Anwendung von anerkannten Regeln der Technik sind diese im Einzelfall daraufhin zu überprüfen, ob sie in Bezug auf den Anwendungsfall dem Stand von Wissenschaft und Technik entsprechen.
3.1 (2)
Auf Maßnahmen und Einrichtungen der Sicherheitsebenen 1 bis 4a sind bezüglich aller Betriebsphasen sicherheitsfördernde Auslegungs-, Fertigungs- und Betriebsgrundsätze anzuwenden, wie insbesondere:
a)
begründete Sicherheitszuschläge bei der Auslegung von Komponenten, in Abhängigkeit von deren sicherheitstechnischer Bedeutung; hierbei können in Bezug auf den Anwendungsfall anerkannte Regeln und Standards angewendet werden;
b)
Bevorzugung von inhärent sicher wirkenden Mechanismen bei der Auslegung;
c)
Verwendung qualifizierter Werkstoffe, Fertigungs- und Prüfverfahren sowie betriebsbewährter oder ausreichend geprüfter Einrichtungen;
d)
instandhaltungs- und prüffreundliche Gestaltung von Einrichtungen unter besonderer Berücksichtigung der Strahlenexposition des Personals;
e)
ergonomische Gestaltung der Arbeitsplätze;
f)
Sicherstellung und Erhalt der Qualitätsmerkmale bei Fertigung, Errichtung und Betrieb;
g)
Durchführung von wiederkehrenden Prüfungen in dem sicherheitstechnisch notwendigen Umfang;
h)
zuverlässige Überwachung der in den jeweiligen Betriebsphasen relevanten Betriebszustände;
i)
Aufstellung und Anwendung eines Überwachungskonzepts mit Überwachungseinrichtungen zur Erkennung und Beherrschung betriebs- und alterungsbedingter Schäden;
j)
Aufzeichnung, Auswertung und sicherheitsbezogene Verwertung von Betriebserfahrungen.
3.1 (3)
Zur Gewährleistung einer ausreichenden Zuverlässigkeit der Einrichtungen der Sicherheitsebene 3 (Sicherheitseinrichtungen) sind zusätzlich zu der Nummer 3.1 (2) folgende Auslegungsgrundsätze anzuwenden:
a)
Redundanz;
b)
Diversität;
c)
Entmaschung von redundanten Teilsystemen, soweit dieser sicherheitstechnische Nachteile nicht entgegenstehen;
d)
räumliche Trennung redundanter Teilsysteme;
e)
sicherheitsgerichtetes Systemverhalten bei Fehlfunktion von Teilsystemen oder Anlagenteilen;
f)
Bevorzugung passiver gegenüber aktiven Sicherheitseinrichtungen;
g)
die Hilfs- und Versorgungssysteme der Sicherheitseinrichtungen sind so zuverlässig auszulegen und gegen Einwirkungen zu schützen, dass sie die erforderliche hohe Verfügbarkeit der zu versorgenden Einrichtungen absichern;
h)
Automatisierung (in der Störfallanalyse sind von Hand auszulösende Schutzaktionen grundsätzlich nicht vor Ablauf von 30 Minuten zu kreditieren).
3.1 (4)
Qualität und Zuverlässigkeit aller Einrichtungen des Kernkraftwerks müssen ihrer sicherheitstechnischen Bedeutung entsprechen.
Alle sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen sind hinsichtlich ihrer sicherheitstechnischen Bedeutung zu klassifizieren. Die in den spezifizierten Klassen geltenden Kriterien für Qualität und Zuverlässigkeit sind zu definieren und müssen insbesondere Angaben über die einzuhaltenden Vorgaben im Hinblick auf Auslegung, Fertigung, Umgebungs- und Wirksamkeitsbedingungen, Notstromversorgung und die dauerhafte Aufrechterhaltung der Qualität enthalten.
1.
Von hoher sicherheitstechnischer Bedeutung und entsprechend zu klassifizieren sind:
a)
Einrichtungen, deren Versagen zu nicht beherrschbaren Ereignisabläufen führt und
b)
Einrichtungen, die zur Störfallbeherrschung erforderlich sind, einschließlich der hierfür notwendigen Hilfs- und Versorgungssysteme, sowie
c)
Notstandseinrichtungen.
2.
Von abgestufter sicherheitstechnischer Bedeutung und entsprechend differenziert zu klassifizieren sind:
a)
Einrichtungen, die zur Störfallvermeidung erforderlich sind, einschließlich der hierfür notwendigen Hilfs- und Versorgungssysteme.
b)
Einrichtungen zur Einhaltung und Überwachung festgelegter radiologischer Werte, insbesondere durch Aufrechterhaltung der erforderlichen Wirksamkeit von Barrieren und Rückhaltefunktionen.
c)
Sonstige Einrichtungen zur Durchführung von Aufgaben mit sicherheitstechnischer Bedeutung.
d)
Einrichtungen des anlageninternen Notfallschutzes.
3.1 (5)
Die Potentiale für Ausfälle infolge gemeinsamer Ursache von Sicherheitseinrichtungen sind zu analysieren. Es sind Vorkehrungen zur Minderung der Eintrittswahrscheinlichkeit solcher Ausfälle derart zu treffen, dass ein Mehrfachausfall von Sicherheitseinrichtungen auf der Sicherheitsebene 3 nicht unterstellt werden muss. Redundante Sicherheitseinrichtungen, bei denen Möglichkeiten für Ausfälle infolge gemeinsamer Ursache identifiziert sind, sind dazu, soweit technisch sinnvoll, diversitär auszuführen.
3.1 (6)
Die Zuverlässigkeit und Wirksamkeit von Sicherheitsfunktionen der Sicherheitsebene 3 sind durch Maßnahmen und Einrichtungen, einschließlich ihrer Hilfs- und Versorgungssysteme, sicherzustellen
für alle bei den Ereignisabläufen zu unterstellenden Bedingungen,
bei störfallbedingten Folgeausfällen,
bei gleichzeitigem oder zeitlich versetztem Ausfall der Eigenbedarfsversorgung sowie
bei Ausfällen oder Unverfügbarkeiten gemäß dem Einzelfehlerkonzept nach Nummer 3.1 (7).
Zwischen betrieblichen Grenzwerten und den Grenzwerten, die Sicherheitseinrichtungen auslösen, müssen ausreichende Abstände derart vorhanden sein, dass eine unerwünschte häufige Aktivierung von Sicherheitseinrichtungen nicht erfolgt. Grenzwerte, die Sicherheitseinrichtungen auslösen, müssen konservativ angesetzt werden, damit Unsicherheiten in den Sicherheitsanalysen berücksichtigt werden.
3.1 (7)
Einrichtungen zur Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebene 3 sind so redundant und entmascht auszuführen, dass die zur Ereignisbeherrschung erforderlichen Sicherheitsfunktionen auch dann ausreichend wirksam sind, wenn im Anforderungsfall
ein ungünstigst wirkender Einzelfehler in einer Sicherheitseinrichtung infolge eines zufälligen Ausfalls auftritt und
gleichzeitig eine in Kombination mit dem Einzelfehler ungünstigst wirkende Unverfügbarkeit in einer Sicherheitseinrichtung infolge von Instandhaltungsmaßnahmen vorliegt.
Einzelfehler werden grundsätzlich sowohl bei aktiven, als auch bei passiven Einrichtungen unterstellt, Ausnahmen sind zu begründen.
Hinweis:
Konkretisierende Anforderungen zur Anwendung des Einzelfehlerkonzepts enthält Anhang 4 „Grundsätze für die Anwendung des Einzelfehlerkriteriums und für die Instandhaltung“. Anhang 4 enthält darüber hinaus auch Anforderungen zur Planung und Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen soweit diese für die Anwendung und Wirksamkeit des Einzelfehlerkonzepts von Relevanz sind.
3.1 (8)
In Betriebsphasen, in denen Teile von Sicherheitseinrichtungen gemäß den Betriebsvorschriften nicht verfügbar sein müssen, ist die zuverlässige und wirksame Beherrschung der in diesen Phasen zu unterstellenden Ereignisse auch unter diesen Bedingungen zu gewährleisten.
3.1 (9)
Notstandsfälle
Bei Einwirkungen aus Notstandsfällen ist sicherzustellen, dass im Ereignisfall mindestens eine Redundante bei den zur Ereignisbeherrschung erforderlichen Einrichtungen erhalten bleibt. Dabei sind jeweils auch Folgewirkungen zu berücksichtigen.
Bei Notstandsfällen ist die Autarkie der Sicherheitsfunktionen im Hinblick auf die Energieversorgung und alle Kühl- und Betriebsmittel, die notwendig sind, um die Anlage in einen kontrollierten Zustand zu bringen und darin für mindestens 10 Stunden zu halten, sicherzustellen.
Notstandseinrichtungen dürfen keine sicherheitstechnisch nachteiligen Auswirkungen auf Maßnahmen und Einrichtungen der Sicherheitsebene 3 haben.
3.1 (10)
Anlageninterner Notfallschutz
Der anlageninterne Notfallschutz soll präventive und mitigative Notfallmaßnahmen sowie Handlungsempfehlungen für einen im Notfall zu bildenden Notfallstab umfassen.
Die für anlageninterne Notfallmaßnahmen vorgesehenen Einrichtungen dürfen weder den bestimmungsgemäßen Betrieb noch den auslegungsgemäßen Einsatz von Sicherheits- und Notstandseinrichtungen beeinträchtigen. Die Verträglichkeit mit dem Sicherheitskonzept ist zu gewährleisten.
Die Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes stützen sich auf eigens dafür vorgesehene Maßnahmen und Einrichtungen inklusive nicht fest installierter (mobiler) Einrichtungen sowie auf die flexible Nutzung verfügbarer Sicherheitseinrichtungen, Betriebssysteme und Notstandseinrichtungen ab.
Die Funktionsfähigkeit der für anlageninterne Notfallmaßnahmen vorgesehenen Einrichtungen ist durch Wartung und wiederkehrende Prüfungen sicherzustellen.
3.1 (11)
Die Maßnahmen und Einrichtungen des anlageninternen Notfallschutzes sollen auch im Falle von Einwirkungen von innen und von außen sowie bei Notstandsfällen wirksam bleiben, soweit diese Einwirkungen zu Mehrfachausfällen von in diesen Situationen erforderlichen Sicherheitseinrichtungen führen können und soweit diese Maßnahmen und Einrichtungen zur Minderung der Auswirkungen der jeweiligen Einwirkungen und Notstandsfälle beitragen.
3.1 (12)
Prüfung und Wartung
Alle sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen müssen so beschaffen und angeordnet sein, dass sie entsprechend ihrer sicherheitstechnischen Bedeutung und Aufgabe vor ihrer Inbetriebnahme und danach in regelmäßigen Zeitabständen in hinreichendem Umfang geprüft und gewartet werden können, um den spezifikationsgerechten Zustand feststellen und sich anbahnende Abweichungen von prüfbaren Qualitätsmerkmalen erkennen zu können.
Die Funktion von sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen ist unter Bedingungen, die möglichst dem Anforderungsfall entsprechen, im erforderlichen Umfang zu prüfen.
3.1 (12a)
Wenn an Einrichtungen regelmäßig wiederkehrende Prüfungen nach dem Stand der Technik nicht in dem für die Erkennung etwaiger Mängel erforderlichen Umfang durchgeführt werden können, ist sicherzustellen, dass für die nicht oder nur eingeschränkt prüfbaren Bereiche Vorkehrungen gegen ein Versagen durch mögliche Schädigungsmechanismen, wie Ermüdung, Korrosion und andere Alterungsmechanismen, derart getroffen sind, dass aus dem Betrieb und nach dem Stand von Wissenschaft und Technik für diesen Bereich keine sicherheitstechnisch relevante Schädigung zu besorgen ist, eine Herstellungsdokumentation vorliegt und daraus keine Auffälligkeiten oder Abweichungen von den einzuhaltenden Vorgaben abzuleiten sind.
3.1 (12b)
Im Falle einer solchen eingeschränkten Prüfbarkeit sind für die Beherrschung trotz der Vorkehrungen gemäß Nummer 3.1 (12a) zu unterstellender möglicher Folgen aus diesem Mangel Maßnahmen und Einrichtungen derart vorzusehen, dass bei den unter diesen Umständen in Betracht zu ziehenden Ereignissen die Einhaltung der jeweiligen sicherheitstechnischen Nachweisziele und Nachweiskriterien sichergestellt ist.
3.1 (13)
Anforderung an die ergonomische Gestaltung der Voraussetzungen für zuverlässiges Handeln des Personals
a)
Alle absehbaren Tätigkeiten und Maßnahmen mit sicherheitstechnischer Bedeutung in der Anlage auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4 sind unter Berücksichtigung ergonomischer Gesichtspunkte so zu gestalten, dass die Voraussetzungen für das sicherheitstechnisch erforderliche Verhalten der in der Anlage tätigen Personen gegeben sind. Dies gilt auch für Tätigkeiten, die in Bezug auf Einwirkungen von innen oder von außen sowie aus Notstandsfällen durchzuführen sind.
Für die Sicherheitsebenen 4b und 4c beziehen sich die Anforderungen auf Durchführbarkeit, Zugänglichkeit und Strahlenschutz.
b)
Der Grundsatz entsprechend der Nummer 3.1 (13) Buchstabe a ist auch auf die Gestaltung aller Arbeitsplätze, an denen diese Tätigkeiten ausgeführt werden, und aller Arbeitsmittel, deren Einsatz für diese Tätigkeiten vorgesehen ist, anzuwenden. Die vorgesehenen Wege, auf denen das Personal mit allen erforderlichen Arbeitsmitteln an den Einsatzort gelangt, sind ebenfalls einzubeziehen.
Hinweis:
Zu den Arbeitsmitteln zählen unter anderem: Informations-, Bedienungs- und Kommunikationseinrichtungen, Mess- und Prüfgeräte, Werkzeuge und andere Arbeitsgeräte, Transportmittel, Hebezeuge und Anschlagmittel sowie Unterlagen mit Anweisungen und weiteren Informationen zu auszuführenden Tätigkeiten.
c)
Bei der Umsetzung des Grundsatzes der Nummer 3.1 (13) Buchstabe a sind alle Einflüsse, denen die Ausführenden bei diesen Tätigkeiten am Arbeitsplatz und auf den vorgesehenen Wegen zum Arbeitsplatz ausgesetzt sein können, zu berücksichtigen. Dazu gehören unter anderem Strahlenexposition, Raumklima, Beleuchtung und Beschallung.
d)
Der Grundsatz entsprechend der Nummer 3.1 (13) Buchstabe a ist auch auf die Gestaltung der Arbeitsabläufe, der Aufgabenverteilung zwischen Mensch und Technik sowie der Arbeitsteilung zwischen den ausführenden Personen bei diesen Tätigkeiten anzuwenden.
3.2
Anforderungen an den Reaktorkern und die Abschalteinrichtungen
3.2 (1)
Die Kontrolle der Reaktivität im Reaktorkern ist auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a sowie bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen in allen Betriebsphasen sicherzustellen.
3.2 (2)
Der Reaktorkern, die relevanten Einrichtungen zur Überwachung, Regelung und Begrenzung der Reaktorleistung und zur Abschaltung des Reaktors sind so auszulegen, herzustellen und in einem solchen Zustand zu halten, dass im Zusammenwirken mit den Kühlsystemen für den Reaktorkern die jeweiligen Auslegungsgrenzen der Sicherheitsebenen 1 bis 4a eingehalten werden.
3.2 (3)
Der Reaktorkern ist so auszulegen, dass auf Grund inhärenter reaktorphysikalischer Rückkopplungseigenschaften die in Betracht zu ziehenden schnellen Reaktivitätsanstiege so weit abgefangen werden, dass im Zusammenwirken mit den übrigen inhärenten Eigenschaften der Anlage und den Begrenzungs- oder Abschalteinrichtungen die jeweils auf den Sicherheitsebenen geltenden sicherheitstechnischen Nachweisziele und Nachweiskriterien eingehalten werden.
3.2 (4)
Der Reaktorkern ist so auszulegen, dass auf Grund inhärenter reaktorphysikalischer Rückkopplungseigenschaften die zu berücksichtigenden Transienten der Sicherheitsebene 4a mit unterstelltem Ausfall der schnell wirkenden Abschalteinrichtung (Schnellabschaltsystem) so weit abgefangen werden, dass im Zusammenwirken mit ansonsten bestimmungsgemäß wirksamen Maßnahmen und Einrichtungen der Anlage die für diese Ereignisse geltenden sicherheitstechnischen Nachweisziele und Nachweiskriterien eingehalten werden.
3.2 (5)
Der Reaktor ist
mit mindestens einer Einrichtung zur schnellen Abschaltung (Schnellabschaltsystem) mittels Steuerelementen sowie
mit mindestens einer weiteren, davon unabhängigen und diversitären Abschalteinrichtung zur Herbeiführung und dauerhaften Aufrechterhaltung der Unterkritikalität mittels der Einbringung löslicher Neutronenabsorber in das Kühlmittel
auszustatten.
Die Regelungs- oder Begrenzungseinrichtungen der Reaktorleistung können ganz oder teilweise identisch mit den Abschalteinrichtungen sein, sofern die Wirksamkeit der Abschalteinrichtungen jederzeit im geforderten Maße gegeben bleibt.
3.2 (6)
Das Schnellabschaltsystem muss alleine in der Lage sein, den Reaktor
aus jedem Zustand der Sicherheitsebenen 1 bis 3 heraus, auch bei unterstellter Unwirksamkeit des reaktivitätswirksamsten Steuerelements sowie
bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen
so schnell unterkritisch zu machen und hinreichend lange zu halten, dass die jeweils geltenden sicherheitstechnischen Nachweisziele und Nachweiskriterien eingehalten werden.
Hinweis:
Bei Ereignissen der Sicherheitsebene 3 kann im Hinblick auf die einzuhaltende Unterkritikalität die unterstellte Unwirksamkeit des reaktivitätswirksamsten Steuerelements als Einzelfehler gemäß Nummer 3.1 (7) behandelt werden.
3.2 (7)
Der Reaktor muss auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a sowie bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen bei den für die Reaktivitätsbilanz ungünstigsten Bedingungen hinsichtlich Temperatur, Xenonkonzentration und Zykluszeitpunkt, die unter den in Betracht zu ziehenden Zuständen und Ereignissen möglich sind, langfristig unterkritisch gemacht und dauerhaft unterkritisch gehalten werden können.
Beim DWR müssen die Einrichtungen zur Einbringung löslicher Neutronenabsorber in das Kühlmittel bei den Zuständen oder Ereignissen der Sicherheitsebenen 1 bis 4a sowie bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen alleine in der Lage sein, den geforderten Betrag der Unterkritikalität zu erbringen.
Beim SWR müssen folgende Einrichtungen in der Lage sein, jeweils alleine den geforderten Betrag der Unterkritikalität zu erbringen:
bei den Zuständen oder Ereignissen der Sicherheitsebenen 1 bis 4a, bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen das elektromotorische Einfahren der Steuerelemente sowie
bei den Zuständen der Sicherheitsebene 1 die Einrichtungen zur Einbringung löslicher Neutronenabsorber in das Kühlmittel.
Sofern die dauerhafte Aufrechterhaltung der Unterkritikalität auf den Sicherheitsebenen 1 bis 3 allein durch Steuerelemente sichergestellt wird, ist die Unwirksamkeit des wirksamsten Steuerelements zu unterstellen.
Hinweis:
Auf der Sicherheitsebene 3 kann dies als Einzelfehler gemäß Nummer 3.1 (7) behandelt werden.
3.3
Anforderungen an die Einrichtungen zur Kühlung der Brennelemente im Reaktorkern
3.3 (1)
Die Kühlung der Brennelemente (Wärmeabfuhr aus dem Reaktorkern) ist auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a sowie bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen in allen Betriebsphasen sicherzustellen.
Dazu muss die im Brennelement erzeugte Wärme derart abgeführt werden, dass die auf den Sicherheitsebenen geltenden sicherheitstechnischen Nachweisziele und Nachweiskriterien für die Brennelemente und die übrigen sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen während ihrer gesamten Einsatzzeit eingehalten werden.
3.3 (2)
Es müssen Einrichtungen vorhanden sein, mittels derer im bestimmungsgemäßen Betrieb
a)
der Reaktor zuverlässig und anforderungsgerecht ab- und angefahren und
b)
die Nachwärme zuverlässig und anforderungsgerecht abgeführt werden kann, auch unter Berücksichtigung aller Betriebsbedingungen des Brennelementwechsels, gegebenenfalls der gleichzeitigen Erfordernis der Kühlung der Brennelemente im Brennelementlagerbecken sowie während Instandhaltungsmaßnahmen.
3.3 (3)
Es muss ein zuverlässiges und redundant aufgebautes System für die Notkühlung (Notkühlsystem) des Reaktorkerns bei Kühlmittelverluststörfällen vorhanden sein, welches gewährleistet, dass für die in Betracht kommenden Bruchgrößen, Bruchlagen, Betriebszustände und störfallbedingten Transienten im Reaktorkühlsystem
a)
die sicherheitstechnischen Aufgaben auch unter Beachtung der Kriterien von Nummer 3.1 (7) erfüllt werden,
b)
die jeweils geltenden sicherheitstechnischen Nachweisziele und Nachweiskriterien für die Brennelemente, die Kerneinbauten und für den Sicherheitsbehälter eingehalten werden.
3.3 (4)
Es muss ein zuverlässiges, redundant aufgebautes System zum Abfahren des Reaktors und zur Nachwärmeabfuhr bei Störfällen ohne Kühlmittelverlust und nach Einwirkungen von innen und außen vorhanden sein, welches gewährleistet, dass auch nach Unterbrechung oder Störung der Wärmeabfuhr vom Reaktor zur Hauptwärmesenke die sicherheitstechnischen Nachweisziele und Nachweiskriterien auch unter Beachtung der Anforderungen der Nummer 3.1 (7) erfüllt werden.
3.3 (5)
Die Nachwärmeabfuhr aus der Anlage muss in allen Betriebszuständen auch bei Ausfall der primären Wärmesenke aufgrund von Ausfallursachen im Bereich der Kühlwasserentnahmen und Kühlwasserrückführungen durch eine diversitäre Wärmesenke sichergestellt werden (gegebenenfalls auch durch verschiedene Wärmesenken in Kombination). Die hierfür benötigten Einrichtungen müssen mindestens den Anforderungen an Notfallmaßnahmen genügen; deren Wirksamkeit ist nachzuweisen.
Die Verfügbarkeit dieser diversitären Wärmesenke muss auch bei den Einwirkungen von außen gewährleistet sein.
3.4
Anforderungen an die Druckführende Umschließung und die drucktragende Wandung von Komponenten der Äußeren Systeme
3.4 (1)
Die Druckführende Umschließung muss so beschaffen, angeordnet sein und betrieben werden, dass das Auftreten von rasch fortschreitenden Rissen und von spröden Brüchen nicht zu unterstellen ist.
3.4 (2)
Zu diesem Zweck ist bei der Auslegung entsprechend den Anforderungen der Nummer 3.1 (2) ein sicherheitstechnisch begründeter Zuschlag auf die ermittelten Werte der Einwirkungen vorzusehen, um zu gewährleisten, dass die spezifizierten Grenzwerte für die Belastungen aus Einwirkungen der Druckführenden Umschließung im bestimmungsgemäßen Betrieb und bei Störfällen eingehalten werden.
3.4 (3)
Für die Druckführende Umschließung und die drucktragenden Wandungen von Komponenten der Äußeren Systeme mit Nennweiten größer DN 50 muss die Basissicherheit durch die Einhaltung nachfolgender Anforderungen unter Berücksichtigung des Betriebsmediums sichergestellt werden:
Einsatz hochwertiger Werkstoffe, insbesondere hinsichtlich Zähigkeit und Korrosionsbeständigkeit,
konservative Begrenzung der Spannungen,
Vermeidung von Spannungsspitzen durch optimierte Konstruktion und
Gewährleistung der Anwendung optimierter Herstellungs- und Prüftechnologien.
Dazu gehören die Kenntnis und Beurteilung gegebenenfalls vorliegender Fehlerzustände.
Hinweis:
Bei Realisierung dieser Anforderungen (Basissicherheit) ist ein katastrophales, aufgrund herstellungsbedingter Mängel eintretendes Versagen dieser Anlagenteile nicht zu unterstellen.
Zur Sicherstellung und Bewertung der erforderlichen Qualität dieser Komponenten im Betrieb ist ein Konzept zur Erhaltung der Integrität aufzustellen. Dazu sind zusätzlich Maßnahmen und Einrichtungen zur Überwachung der Ursachen und Folgen von Schädigungsmechanismen, insbesondere von Leckagen während des Betriebes, festzulegen und zu installieren.
3.4 (4)
Für die Druckführende Umschließung und die drucktragenden Wandungen von Komponenten der Äußeren Systeme sind im Rahmen des Auslegungskonzeptes auf der Sicherheitsebene 3 Leck- und Bruchpostulate zu definieren. Für solche Rohrleitungssysteme und Komponenten dieser Systeme, für die im Rahmen des Auslegungskonzeptes während des Betriebs der Anlage ein katastrophales Versagen nicht unterstellt werden muss, dürfen eingeschränkte Leck- und Bruchannahmen in Anspruch genommen werden. Für diese Rohrleitungssysteme und Komponenten ist eine hohe Aussagesicherheit bezüglich der Einwirkungen auf diese Einrichtungen auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a, bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen nachzuweisen.
Unter diesen Einwirkungen ist für diese ausgewählten Rohrleitungssysteme und Komponenten zusätzlich nachzuweisen, dass anzunehmende Fehler in der drucktragenden Wandung nicht zu einem Leck oder Bruch der Rohrleitung oder Komponente führen können, die die in Anspruch genommenen eingeschränkten Leck- und Bruchannahmen in Frage stellen. Dabei darf bei basissicher ausgeführten Komponenten von generischen Nachweisen und Ergebnissen von experimentellen Untersuchungen Kredit genommen werden. Weiterhin dürfen für Armaturen- und Pumpengehäuse abdeckende Nachweise für die Gehäuse einschließlich der Stutzenbereiche für anschließende Rohrleitungen geführt werden. Die Einhaltung der dabei zugrunde gelegten Randbedingungen während des Betriebs ist durch geeignete Maßnahmen zur Überprüfung der Einwirkungen und wiederkehrende zerstörungsfreie Prüfungen der Komponenten zu verifizieren.
3.4 (5a)
Zur Verhinderung der Überschreitung des zulässigen Druckes in der Druckführenden Umschließung (bei DWR-Anlagen einschließlich der Sekundärseite des Dampferzeugers) sind wirksame und zuverlässige Einrichtungen zur Druckbegrenzung und zur Überdruckabsicherung vorzusehen.
3.4 (5b)
Es müssen Einrichtungen zur Druckentlastung des Reaktorkühlkreislaufs vorhanden sein, mit denen anlageninterne Notfallmaßnahmen zur Druckentlastung wirksam durchgeführt werden können, sodass ein Kernschmelzen unter hohem Druck nicht eintritt.
3.4 (6)
Das Kernkraftwerk ist so zu betreiben, dass die jeweils zulässigen Werte für Einwirkungen auf die Druckführende Umschließung des Reaktorkühlmittels auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a sowie bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen nicht überschritten werden. Dabei sind die entsprechend den Anforderungen der Nummer 3.1 (2) angesetzten Zuschläge zu berücksichtigen.
3.4 (7)
Die Komponenten der Druckführenden Umschließung und der Äußeren Systeme sind so anzuordnen und zu verankern, dass bei an ihnen auftretenden Ereignissen der Sicherheitsebene 3 und 4a sowie bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen keine Folgeschäden an anderen sicherheitstechnisch wichtigen Anlagenteilen verursacht werden können, die die Erfüllung der zur Ereignisbeherrschung erforderlichen Sicherheitsfunktionen gefährden.
3.5
Anforderungen an bauliche Anlagenteile
3.5 (1)
Die baulichen Anlagenteile sind so auszulegen und in einem solchen Zustand zu halten, dass sie
den für die jeweilige Sicherheitsebene spezifizierten Lastabtrag der Systeme und Komponenten auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a und nach Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen gewährleisten sowie
zur Gewährleistung des Schutzes gegen diese Einwirkungen,
zur Abschirmung der ionisierenden Strahlung und zur Rückhaltung radioaktiver Stoffe sowie
zum Brand- und Blitzschutz der Anlage
im jeweils erforderlichen Umfang beitragen.
3.6
Anforderungen an den Sicherheitseinschluss
3.6 (1)
Das Kernkraftwerk muss einen Sicherheitseinschluss besitzen, bestehend aus dem Sicherheitsbehälter und umgebendem Gebäude sowie den Hilfssystemen zur Rückhaltung und Filterung etwaiger Leckagen aus dem Sicherheitsbehälter.
Der Sicherheitseinschluss muss seine Rückhaltefunktion so erfüllen, dass der Austrag radioaktiver Stoffe in die Umgebung so gering wie möglich gehalten wird und für die Sicherheitsebenen 1 bis 3 vorgegebene Werte nicht überschritten werden.
Der Sicherheitsbehälter muss seine sicherheitstechnischen Aufgaben in den Betriebszuständen, in denen dieser plangemäß geschlossen ist, auf den Sicherheitsebenen 1 bis 3 sowie bei Transienten mit Ausfall der Reaktorschnellabschaltung (Sicherheitsebene 4a) und bei den Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen erfüllen.
In den Betriebsphasen, in denen der Sicherheitsbehälter plangemäß geöffnet sein kann, ist sicherzustellen, dass unter den Bedingungen der Sicherheitsebene 1 sowie bei den zu unterstellenden Ereignissen der Sicherheitsebenen 2 und 3 und bei den Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen wirksame und zuverlässige Rückhaltefunktionen vorhanden sind und eine unzulässige Freisetzung radioaktiver Stoffe verhindert oder rechtzeitig unterbunden wird.
3.6 (2)
Einrichtungen, die radioaktive Stoffe enthalten, müssen innerhalb des Sicherheitseinschlusses untergebracht sein, soweit eine unzulässige Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung nicht auf andere Weise verhindert werden kann.
Im Sicherheitsbehälter sind grundsätzlich die unter hohem Druck stehenden, Reaktorkühlmittel führenden Komponenten der Anlage unterzubringen. Hiervon können Abschnitte der Frischdampfleitungen und Speisewasserleitungen sowie sonstiger Leitungen ausgenommen werden, soweit dies technisch notwendig ist und sofern gewährleistet ist, dass der Bruch solcher Leitungen nicht zu unzulässiger Strahlenexposition in der Umgebung führt.
3.6 (3)
Ein zuverlässiger, ausreichend schneller und hinreichend langzeitiger Abschluss der Durchdringungen durch den Sicherheitsbehälter ist zu gewährleisten.
Die notwendigen Dichtheitsanforderungen an den Sicherheitsbehälter sind für die Betriebsphasen, in denen der Sicherheitsbehälter geschlossen ist, durch eine maximal zulässige Leckrate zu quantifizieren.
3.6 (4)
Der Sicherheitsbehälter muss von einem Gebäude eingeschlossen sein. Das Gebäude ist so zu gestalten, dass der Zwischenraum zwischen Sicherheitsbehälter und Gebäude bei Betriebsphasen mit geschlossenen Schleusen langfristig auf ausreichendem Unterdruck gehalten werden kann, auch wenn im Sicherheitsbehälter die Bedingungen von Ereignissen der Sicherheitsebene 3 herrschen. Hierfür sind für das umgebende Gebäude bautechnische Einrichtungen vorzusehen, die die lüftungstechnische Dichtheit sicherstellen. Der Zwischenraum muss über Kamin und erforderlichenfalls über Filter entlüftet werden können. Inspektionen an sicherheitstechnisch relevanten Anlagenteilen müssen möglich sein.
3.6 (5)
Der Sicherheitsbehälter ist durch bauliche Entkopplung derart zu schützen, dass direkte Lastübertragungen bei den Notstandsfällen nicht zur Beeinträchtigung seiner Funktion führen. Ebenso muss bei allen Ereignissen der Sicherheitsebene 3 und bei Einwirkungen von innen und außen einschließlich der Wirkung aus Druckdifferenzen die Standsicherheit oder Integrität von Einbauten und Räumen, soweit erforderlich, erhalten bleiben.
3.6 (6)
Das umgebende Gebäude muss Direktstrahlung nach außen in genügendem Maße abschirmen und den Sicherheitsbehälter sowie die darin befindlichen Einrichtungen gegen unzulässige Folgen bei den für die Anlage zu unterstellenden Einwirkungen von außen und Notstandsfällen schützen.
3.6 (7)
Ein langfristiger Temperatur- oder Druckanstieg im Sicherheitsbehälter ist bei Kühlmittelverluststörfällen während des Sumpfbetriebes zu verhindern.
3.6 (8)
Bei Unfällen mit schweren Brennelementschäden (Sicherheitsebene 4c) gilt zusätzlich zu den Anforderungen in Nummer 2.1 (3b):
Durch Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes ist sicherzustellen, dass ein Überdruckversagen des Sicherheitsbehälters durch einen stetigen Druckanstieg nicht eintritt. Ist eine Druckentlastung des Sicherheitsbehälters als Notfallmaßnahme vorgeplant, so muss diese unter den zu erwartenden Unfallbedingungen wirksam sein und über effiziente Filter zur Aerosol- und Jodrückhaltung verfügen. Ein Unterdruckversagen des Sicherheitsbehälters infolge der Druckentlastung ist zu verhindern.
Durch Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes soll erreicht werden, dass bei Unfällen mit schweren Brennelementschäden Verbrennungsvorgänge von Gasen (H2, CO) innerhalb des Sicherheitsbehälters, die die Integrität des Sicherheitsbehälters gefährden, nicht eintreten.
Durch Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes soll erreicht werden, dass bei Unfällen mit schweren Brennelementschäden im Brennelementlagerbecken Verbrennungsvorgänge von Gasen (H2), die die Integrität des Sicherheitsbehälters oder der umgebenden baulichen Hülle des Brennelementlagerbeckens gefährden, nicht eintreten.
3.7
Anforderungen an die Leittechnik
3.7 (1)
Das Kernkraftwerk ist mit betrieblichen Steuer- und Regeleinrichtungen mit Leittechnik-Funktionen auf der Sicherheitsebene 1 auszurüsten, die so auszulegen und zu betreiben sind, dass auch ohne Inanspruchnahme von leittechnischen Einrichtungen der Sicherheitsebene 2 ein möglichst störungsfreier Betrieb der Anlage gewährleistet ist.
3.7 (2)
Das Kernkraftwerk ist mit leittechnischen Einrichtungen mit Leittechnik-Funktionen auf der Sicherheitsebene 2 auszurüsten, die geeignet sind, bei Ereignissen der Sicherheitsebene 2 eine Anforderung an die Schutzaktionen der Sicherheitsebene 3 zu vermeiden.
3.7 (3)
Das Kernkraftwerk ist mit zuverlässigen leittechnischen Einrichtungen mit Leittechnik-Funktionen auf der Sicherheitsebene 3, dem Reaktorschutzsystem, auszurüsten, deren Leittechnik-Funktionen bei Erreichen festgelegter Ansprechwerte Schutzaktionen auslösen.
Diese Einrichtungen sind nach folgenden Grundsätzen auszulegen:
redundante Auslegung von Komponenten, Baugruppen und Teilsystemen,
Diversität (siehe Nummer 3.1 (5)),
räumlich getrennte Installation entsprechend dem Wirkungsbereich möglicher versagensauslösender Ereignisse,
selbsttätige Überwachung auf einen Ausfall hin,
Anpassung der Komponenten an die möglichen Umgebungsbedingungen,
einfache Struktur der Software,
Begrenzung des Funktionsumfangs von Hard- und Software auf das sicherheitstechnisch notwendige Maß sowie
Einsatz fehlervermeidender, fehlerentdeckender und fehlerbeherrschender Maßnahmen und Einrichtungen.
Hinweise:
Für rechnerbasierte oder programmierbare leittechnische Einrichtungen werden zukünftig auch Anforderungen durch das Regelwerk der Sicherung gestellt werden, die auch Auslegungsanforderungen enthalten. Die nachweisliche Erfüllung aller Sicherungsanforderungen ist Voraussetzung für die Genehmigung dieser Systeme.
Rechnerbasierte oder programmierbare leittechnische Einrichtungen werden danach auf der Sicherheitsebene 3 nur eingesetzt werden, wenn für den gesamten Lebenszyklus nachgewiesen werden kann, dass eine Manipulation dieser Einrichtungen durch geeignete Maßnahmen der Auslegung oder der Sicherung verhindert wird, oder wenn verhindert wird, dass Manipulationen einzelner oder verschiedener rechnerbasierter oder programmierbarer Einrichtungen Auswirkungen auf die Sicherheit der Anlage haben.
3.7 (4)
Bei der Auslegung der leittechnischen Einrichtungen gemäß Nummer 3.7 (3) sind die Potentiale für und die Auswirkungen von systematischem Versagen der leittechnischen Einrichtungen auf die Ereignisabläufe der Sicherheitsebene 3 unter Berücksichtigung der verfahrenstechnischen Vorgaben zu analysieren.
Es sind Vorkehrungen gegen systematisches Versagen zur Minderung von dessen Eintrittswahrscheinlichkeit derart zu treffen, dass es auf der Sicherheitsebene 3 nicht mehr unterstellt werden muss.
3.7 (5)
In den Betriebsphasen, in denen die Verfügbarkeit der Reaktorschnellabschaltung erforderlich ist, muss jederzeit eine Reaktorschnellabschaltung von Hand möglich sein, auch beim unterstellten systematischen Versagen rechnerbasierter und programmierbarer leittechnischer Einrichtungen einschließlich systematischen Softwareversagens.
Die manuelle Auslösung von Schutzaktionen ist unabhängig von automatischen leittechnischen Einrichtungen aufzubauen.
3.7 (6)
Die leittechnischen Einrichtungen gemäß Nummer 3.7 (3) sind so auszulegen, dass auch beim Eintreten des zu unterstellenden Einzelfehlers in diesen Einrichtungen keine Aktionen ausgelöst werden, die zu einem Störfall führen können oder die Störfallbeherrschung verhindern.
3.7 (7)
Das Kernkraftwerk muss mit Überwachungs- und Meldeeinrichtungen ausgerüstet sein, die auf den Sicherheitsebenen 1 und 2 jederzeit einen ausreichenden Überblick über den sicherheitsrelevanten Zustand der Anlage und die ablaufenden relevanten Prozesse ermöglichen und alle sicherheitstechnisch wichtigen Betriebsparameter anzeigen und registrieren können.
Es müssen Gefahrenmeldeeinrichtungen vorhanden sein, die Veränderungen des Betriebszustandes, aus denen sich eine Verminderung der Sicherheit ergeben könnte, so frühzeitig anzeigen, dass die Einhaltung der jeweiligen sicherheitstechnischen Nachweisziele gewährleistet werden kann.
3.7 (8)
Das Kernkraftwerk muss mit einer Instrumentierung ausgerüstet sein, die bei Ereignisabläufen und Anlagenzuständen der Sicherheitsebenen 3 und 4 sowie bei Einwirkungen von innen oder außen sowie aus Notstandsfällen
a)
ausreichende Informationen über den Zustand der Anlage liefert, um die erforderlichen Schutzmaßnahmen für Personal und Anlage ergreifen und deren Wirksamkeit feststellen zu können,
b)
die Verfolgung des Ereignisablaufes und die Dokumentation der Ereignisse ermöglicht,
c)
eine Abschätzung der Auswirkungen auf die Umgebung gestattet,
d)
für mindestens 10 Stunden (auch bei Ausfall der nicht durch Batterien gepufferten elektrischen Energieversorgung) stromversorgt wird und
e)
die redundante Signalverarbeitung vornimmt.
Die Einrichtungen zur Erfassung und Aufzeichnung der jeweils erforderlichen Informationen sollen diversitär und störfallfest aufgebaut sein.
Für die Sicherheitsebenen 4b und 4c sollen ausreichende Informationen über den Zustand der Anlage geliefert werden, um die geplanten Notfallmaßnahmen ergreifen und deren Wirksamkeit feststellen zu können sowie eine Abschätzung der Auswirkungen auf die Umgebung zu ermöglichen.
3.7 (9)
Auf den Sicherheitsebenen 4b und 4c dürfen Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes Vorrang vor konkurrierenden Aktionen der vorgelagerten Sicherheitsebenen haben. Eingriffe in Einrichtungen, die auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a Leittechnikfunktionen ausführen, sind erlaubt, wenn Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes dies im Anforderungsfall erfordern.
3.7 (10)
Die von leittechnischen Einrichtungen auszuführenden Funktionen sind entsprechend ihrer sicherheitstechnischen Bedeutung gemäß Nummer 3.1 (4) zu klassifizieren. Die Anforderungen an Entwurf, Implementierung, Qualifizierung, Inbetriebsetzung, Betrieb und Modifizierung der Software und an Auslegung, Fertigung, Errichtung und Betrieb der Hardware (Komponenten, Baugruppen und Teilsysteme) für leittechnische Einrichtungen sind entsprechend der sicherheitstechnischen Klassifizierung der von ihnen ausgeführten Funktionen festzulegen.
Für leittechnische Einrichtungen, die nicht kategorisierte Leittechnik-Funktionen ausführen, werden in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ keine Anforderungen aufgestellt.
3.7 (11)
Der unberechtigte Zugriff auf Informations- und Leittechniksysteme der Anlage ist zu verhindern. Die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der hierfür vorgesehenen Maßnahmen müssen der sicherheitstechnischen Bedeutung der Informations- und Leittechniksysteme entsprechen.
3.8
Anforderungen an Warten
3.8 (1)
Es muss eine Warte vorhanden sein, von der aus das Kernkraftwerk sicher betrieben werden kann und von der aus bei Störungen und Störfällen Maßnahmen ergriffen werden können, um das Kernkraftwerk in einem kontrollierten und sicheren Anlagenzustand zu halten oder in einen solchen zu überführen.
3.8 (2)
Außerhalb der Warte ist eine Notsteuerstelle vorzusehen, mit deren Hilfe bei Ausfall der Warte, einschließlich der in Betracht zu ziehenden Wartennebenräume, wie z. B. Rangierverteiler und Elektronikraum, der Reaktor abgeschaltet und unterkritisch gehalten, die Nachwärme abgeführt und die hierfür wesentlichen Betriebsparameter überwacht werden können.
3.8 (3)
Die Warte und die Notsteuerstelle sind so voneinander räumlich zu trennen, voneinander unabhängig mit Energie zu versorgen und derart gegen Einwirkungen von außen sowie aus Notstandsfällen zu schützen, dass Warte und Notsteuerstelle nicht gleichzeitig außer Funktion gesetzt werden können.
3.8 (4)
Die Warte und die Notsteuerstelle sind unter Berücksichtigung ergonomischer Gesichtspunkte so zu gestalten, dass die Voraussetzungen für das sicherheitstechnisch erforderliche Verhalten der Beschäftigten gegeben sind.
3.8 (5)
Es müssen geeignete Alarmierungseinrichtungen und Kommunikationsmittel vorhanden sein, durch die allen in der Anlage anwesenden Personen von mindestens einer zentralen Stelle aus Verhaltensanweisungen bei Ereignissen auf allen Sicherheitsebenen gegeben werden können.
3.8 (6)
Es müssen Rettungswege vorhanden sein zur Rettung und Flucht von Menschen aus allen Gefahrensituationen.
3.8 (7)
Die für den Notfallstab vorgesehenen Räume müssen geeignet ausgestattet sein. Die Warte und die für den Notfallstab vorgesehenen Räume müssen unter den bei Ereignissen der Sicherheitsebenen 4b und 4c zu erwartenden Bedingungen sowie während der Durchführung von geplanten Notfallmaßnahmen zugänglich und nutzbar bleiben.
3.9
Anforderungen an die elektrische Energieversorgung
3.9 (1)
Die elektrische Energieversorgung des Kernkraftwerks muss so ausgelegt sein, dass die elektrische Versorgung der Verbraucher, die Funktionen auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a, bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen ausführen, unter Einhaltung ihrer elektrischen Versorgungsbedingungen sichergestellt ist. Die elektrische Energieversorgung muss so zuverlässig ausgelegt sein, dass sie die Nichtverfügbarkeit der zu versorgenden Systeme, deren Ausfall zu sicherheitstechnisch nachteiligen Folgen führen kann, nicht bestimmt.
3.9 (2)
Hierzu müssen mindestens zwei Netzanschlüsse für die elektrische Energieversorgung des Kernkraftwerks vorhanden sein. Diese Netzanschlüsse müssen funktional getrennt sowie schutztechnisch entkoppelt sein. Soweit sich die Schalter der Netzanschlüsse zwischen Kraftwerk und Netz nicht im Verantwortungsbereich des Genehmigungsinhabers befinden, ist durch den Genehmigungsinhaber mittels geeigneter Maßnahmen sicherzustellen, dass die Auslegung der Netzanschlüsse den sicherheitstechnischen Anforderungen des Kernkraftwerkes entspricht.
Zusätzlich zur elektrischen Energieversorgung aus den Netzanschlüssen und dem Blockgenerator müssen für das Sicherheitssystem, die Notstandseinrichtungen und weitere für die Sicherheit erforderliche Einrichtungen zuverlässige Notstromanlagen mit Dieselaggregaten, Batterien, Gleichrichtergeräten und Umformern vorhanden sein, die die elektrische Energieversorgung dieser Einrichtungen bei Ausfall der Netzeinspeisung und des Blockgenerators gewährleisten.
Die Notstromanlagen sind redundant, räumlich getrennt, grundsätzlich unvermascht, voneinander funktionell unabhängig und gegeneinander geschützt aufzubauen. Dabei muss die Redundanz der Notstromanlagen mindestens der Redundanz der zu versorgenden verfahrenstechnischen Einrichtungen entsprechen. Die Kapazität jeder Batterie jeweils einer Redundanz ist so auszulegen, dass eine Entladezeit für mindestens zwei Stunden für die Ereignisse der Sicherheitsebenen 2 bis 4a sichergestellt wird.
Eine Vermaschung der einzelnen Stränge der Notstromanlagen ist im Einzelfall dann zulässig, wenn nachgewiesen ist, dass die Zuverlässigkeit des Notstromsystems dadurch nicht unzulässig gemindert wird. Dabei ist darauf zu achten, dass keine in Betracht zu ziehende Versagensmöglichkeit mehr als einen Strang ausfallen lassen kann.
Zusätzlich dazu ist eine Möglichkeit der elektrischen Energieversorgung vorzusehen, die unabhängig von diesen Versorgungsmöglichkeiten die elektrische Leistung für die Abführung der Nachwärme mit einer Nachkühlredundanz sicherstellt (Notstrom-Netzanschluss).
3.9 (3)
Bei der Auslegung von Komponenten, die elektrische, elektromechanische oder elektromagnetische Bauteile sowie einfach aufgebaute analog-elektronische Baugruppen enthalten, sind die Potentiale für systematische Ausfälle dieser Komponenten zu analysieren. Es sind Vorkehrungen zur Minderung der Eintrittswahrscheinlichkeit systematischer Ausfälle derart zu treffen, dass ein systematischer Ausfall nicht mehr unterstellt werden muss oder aber die Auswirkungen systematischer Ausfälle sind zu beherrschen.
Bei der Auslegung von Komponenten, die komplexe elektronische Baugruppen (programmierbar oder nicht programmierbar) enthalten, sind fehlervermeidende und fehlerbeherrschende Vorkehrungen auf Komponentenebene sowie gegebenenfalls fehlerbeherrschende Vorkehrungen auf Systemebene zu ergreifen, sodass redundanzübergreifende systematische Ausfälle auf Systemebene der jeweils betroffenen Sicherheitsebene verhindert werden.
Hinweis:
Einfach bedeutet hier, dass sowohl die Funktion sowie das Ausfallverhalten der Komponente auf Basis der Gesetzmäßigkeiten der Elektrotechnik deterministisch bestimmbar sind.
Komplex bedeutet hier, dass sowohl die Funktion sowie das Ausfallverhalten der Komponente auf Basis der Gesetzmäßigkeiten der Elektrotechnik nicht mehr deterministisch bestimmbar sind.
3.9 (4)
Die notwendige elektrische Energieversorgung für die Durchführung der geplanten Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes ist für einen Zeitraum von 10 Stunden ohne externe Hilfe sicherzustellen.
Durch Maßnahmen und Einrichtungen des anlageninternen Notfallschutzes ist die Wiederherstellung der elektrischen Energieversorgung nach einem Ausfall der nicht durch Batterien gepufferten elektrischen Energieversorgung sicherzustellen.
Zur Gewährleistung der elektrischen Energieversorgung bei längerer Nichtverfügbarkeit der o. g. Netzanschlüsse oder aller externen Netze sind Ersatzmaßnahmen vorzusehen, sodass spätestens nach drei Tagen die elektrische Energieversorgung mit diesen übernommen werden kann. Die dafür benötigten Einrichtungen sind entweder auf dem Kraftwerksgelände oder im Nahbereich der Anlage vorzuhalten und gegen Einwirkungen von außen zu schützen. Für diese Einrichtungen der elektrischen Energieversorgung sind mindestens zwei geeignete Einspeisepunkte vorzusehen.
Die bereitzustellende elektrische Leistung muss ausreichen, um die Nachwärme im jeweiligen Anlagenzustand mit den Systemen oder den geplanten Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes unter Beachtung der Anforderungen der Nummer 2.5 (1) abzuführen.
3.10
Anforderungen an die Handhabung und Lagerung der Brennelemente
3.10 (1)
Die Kontrolle der Reaktivität bei der Brennelementhandhabung und -lagerung ist auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a, bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen in allen Betriebsphasen sicherzustellen.
3.10 (2)
Es sind Maßnahmen und Einrichtungen zur Handhabung und Lagerung der unbestrahlten und bestrahlten Brennelemente derart vorzusehen, dass ein Kritikalitätsereignis in den Lagereinrichtungen auch unter Störfallbedingungen, bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen nicht zu unterstellen ist.
3.10 (3)
Die Kühlung der Brennelemente ist auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a, bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen in allen Betriebsphasen sicherzustellen.
3.10 (4)
Die Nachwärmeabfuhr aus dem Brennelementlagerbecken muss in allen Betriebszuständen auch bei Ausfall der primären Wärmesenke aufgrund von Ausfallursachen im Bereich der Kühlwasserentnahmen und Kühlwasserrückführungen durch eine diversitäre Wärmesenke sichergestellt werden (gegebenenfalls auch durch verschiedene Wärmesenken in Kombination). Die hierfür benötigten Einrichtungen müssen mindestens den Anforderungen an Notfallmaßnahmen genügen; deren Wirksamkeit ist nachzuweisen.
Die Verfügbarkeit dieser diversitären Wärmesenke muss auch bei den Einwirkungen von außen gewährleistet sein.
3.11
Anforderungen an den Strahlenschutz
3.11 (1)
Im Kernkraftwerk müssen die personellen, organisatorischen, räumlichen und apparativen Voraussetzungen gegeben sein, um eine hinreichend genaue und zuverlässige Strahlenschutzüberwachung in der Anlage auf allen Sicherheitsebenen im erforderlichen Umfang gewährleisten zu können.
3.11 (2)
Im Kernkraftwerk müssen die personellen, organisatorischen und apparativen Voraussetzungen gegeben sein, um im jeweils erforderlichen Umfang Art, Menge und Konzentration der mit der Fortluft und dem Abwasser abzuleitenden radioaktiven Stoffe hinreichend genau und zuverlässig zu überwachen, zu registrieren sowie die Ableitung erforderlichenfalls zu begrenzen.
3.11 (3)
Es müssen die personellen, organisatorischen und apparativen Voraussetzungen gegeben sein, um eine Strahlenschutzüberwachung der Umgebung auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4 und bei Einwirkungen von innen oder außen sowie bei Notstandsfällen im erforderlichen Umfang hinreichend schnell, genau und zuverlässig durchführen zu können.
3.11 (4)
Im Kernkraftwerk müssen Maßnahmen und Einrichtungen vorgesehen sein, die eine sichere Handhabung, Einschließung und Lagerung der unbestrahlten und bestrahlten Brennelemente und sonstiger radioaktiver Stoffe ermöglichen. Diese Maßnahmen müssen so konzipiert und diese Einrichtungen so beschaffen, angeordnet und abgeschirmt sein, dass eine unzulässige Strahlenexposition des Eigen- und Fremdpersonals und in der Umgebung sowie die Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung verhindert wird.
Dabei sind die Anzahl und Dauer von Tätigkeiten des Personals in Strahlungsfeldern und die Möglichkeiten der Personenkontamination und Inkorporation unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls so gering wie möglich zu halten.
3.11 (5)
Auslegung und Betrieb der Anlage sind so zu planen, dass der Anfall von radioaktiven Abfällen und von schadlos zu verwertenden radioaktiven Stoffen nach Aktivität und Menge unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls so gering wie möglich gehalten wird.
3.11 (6)
Bei der Planung von Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes sind Maßnahmen zur Reduzierung der voraussichtlichen radiologischen Auswirkungen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls einzubeziehen, sofern Freisetzungen in die Umgebung zu besorgen sind.
3.11 (7)
Kernkraftwerke müssen so beschaffen sein, dass sie unter Einhaltung der Strahlenschutzbestimmungen stillgelegt werden können. Es muss ein Konzept für eine Beseitigung nach der endgültigen Stilllegung unter Einhaltung der Strahlenschutzbestimmungen vorhanden sein.

4 Zu berücksichtigende Betriebszustände und Ereignisse

4.1
Betriebszustände, Störungen und Störfälle
4.1 (1)
Der Auslegung der gemäß Nummer 2.1 (3a) auf den Sicherheitsebenen 1 bis 3 zu verwirklichenden Maßnahmen und Einrichtungen sind jeweils zu Grunde zu legen:
in der Sicherheitsebene 1 zu erwartende Betriebszustände, einschließlich von Prüfzuständen,
in der Sicherheitsebene 2 Ereignisse, deren Eintreten während der Betriebsdauer der Anlage zu erwarten ist sowie
in der Sicherheitsebene 3 ein abdeckendes Spektrum an Ereignissen, deren Eintreten während der Betriebsdauer der Anlage auf Grund der Zuverlässigkeit und Wirksamkeit der vorhandenen Maßnahmen und Einrichtungen nicht zu erwarten, jedoch dennoch zu unterstellen ist.
4.1 (2)
Die Auslegung der jeweiligen Maßnahmen und Einrichtungen muss derart erfolgen, dass für die zu berücksichtigenden Betriebszustände und Ereignisse unter Berücksichtigung festgelegter Randbedingungen nachgewiesen wird, dass die jeweilig geltenden sicherheitstechnischen Nachweisziele und Nachweiskriterien (siehe Anhang 2) erfüllt werden.
4.1 (3)
Die Vollständigkeit und der abdeckende Charakter der zu betrachtenden Ereignisse sind anlagenspezifisch zu gewährleisten.
Hinweis:
Siehe hierzu Anhang 2.
4.1 (4)
Für definierte Ereignisse können optional Nachweise dahingehend geführt werden, dass durch spezielle Vorsorgemaßnahmen der Eintritt dieser Ereignisse als verhindert bewertet werden kann. Diese Ereignisse sind in den Ereignislisten im Anhang 2 gesondert gekennzeichnet.
Qualität und Zuverlässigkeit der zu treffenden Vorsorgemaßnahmen hat sich an den potentiellen Auswirkungen zu orientieren.
Bei Ereignissen, deren Eintreten bei Vorhandensein spezieller Vorsorgemaßnahmen verhindert ist, ist die Nachweisführung auf die Einhaltung der Anforderungen an die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der hierzu realisierten Vorsorgemaßnahmen zu beziehen.
Hinweis:
Siehe hierzu Anhang 2.
4.2
Einwirkungen von innen und außen sowie aus Notstandsfällen
4.2 (1)
Der Auslegung der Einrichtungen gemäß Nummer 2.4 (1) sind zu Grunde zu legen:
a)
die jeweils folgenschwersten Einwirkungen von innen oder zu unterstellender Einwirkungen von außen;
b)
die Besonderheiten lange andauernder Einwirkungen von außen;
c)
Kombinationen mehrerer zu unterstellender Einwirkungen von außen (z. B. Erdbeben, Hochwasser, Sturm, Blitz) sowie aus Notstandsfällen untereinander oder Kombinationen dieser Einwirkungen mit anlageninternen Ereignissen (z. B. Rohrleitungsbruch, Brände in der Anlage, Notstromfall). Diese Kombinationen müssen dann unterstellt werden, wenn die zu kombinierenden Ereignisse in einem kausalen Zusammenhang stehen können oder wenn ihr gleichzeitiges Eintreten auf Grund der Wahrscheinlichkeit und des Schadensausmaßes in Betracht zu ziehen ist.
4.2 (2)
Als die folgenschwersten Einwirkungen von außen sind diejenigen Einwirkungen zu unterstellen, die nach dem Stand von Wissenschaft und Technik standortspezifisch anzunehmen sind. Dabei ist auch die zukünftige Entwicklung der Eigenschaften des Standortes im Hinblick auf die zu betrachtenden Einwirkungen von außen einzubeziehen.
4.3
Ereignisse mit Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen
4.3 (1)
Zur Ermittlung der repräsentativen Ereignisabläufe für die Planung von präventiven Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes sind im Rahmen einer Gesamtbetrachtung die Ergebnisse aus deterministischen und probabilistischen Sicherheitsanalysen, Betriebserfahrungen sowie Ergebnisse der Reaktorsicherheitsforschung und internationale Empfehlungen heranzuziehen. Dabei sind die Ereignisabläufe, die nach den Ergebnissen probabilistischer Sicherheitsanalysen einen dominierenden Beitrag zur Kernschmelzhäufigkeit liefern und darüber hinaus insbesondere diejenigen, die zur unmittelbaren Freisetzung radioaktiver Stoffe in die Umgebung führen können, zu berücksichtigen.
4.3 (2)
Das der Planung von präventiven Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes zugrunde zu legende anlagentypspezifische Spektrum von Ereignisabläufen muss mindestens Ereignisse aus den folgenden Ereignisgruppen umfassen:
Transienten,
Kühlmittelverluststörfälle innerhalb des Sicherheitsbehälters infolge der maximal zu unterstellenden Lecks am Reaktorkühlkreislauf,
Kühlmittelverluststörfälle mit Umgehung des Sicherheitsbehälters und
Einwirkungen von außen und innen, soweit diese Einwirkungen zu Mehrfachausfällen von Sicherheitseinrichtungen führen können.
Unter Annahme eines Mehrfachversagens von Sicherheitseinrichtungen sind die für die Planung heranzuziehenden repräsentativen Ereignisabläufe zu bestimmen.
4.3 (3)
Für die Planung von präventiven Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes zur Wiederherstellung und dem Erhalt der Kühlung der Brennelemente im Brennelementlagerbecken sind insbesondere Ereignisabläufe mit
vollständigem Ausfall der auf den Sicherheitsebenen 1 bis 3 vorhandenen Systeme zur Wärmeabfuhr aus dem Brennelementlagerbecken sowie
Kühlmittelverlust aus dem Brennelementlagerbecken mit Unterschreitung des zum Betrieb der Systeme zur Wärmeabfuhr erforderlichen Mindestfüllstands
zu unterstellen.
4.3 (4)
Für die unter den Nummern 4.3 (2) und 4.3 (3) genannten Ereignisabläufe ist bei der Planung von präventiven Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes die Möglichkeit des vollständigen Ausfalls jeweils einer der zur Beherrschung der Ereignisse auf der Sicherheitsebene 3 erforderlichen Sicherheitsfunktionen zu analysieren. Dabei sind getrennt jeweils der Ausfall der erforderlichen Sicherheitseinrichtungen sowie zum anderen der Ausfall jeweils einer der für die Sicherheitseinrichtungen gegebenenfalls erforderlichen Versorgungsfunktionen zu analysieren.
4.4
Unfälle mit schweren Brennelementschäden
4.4 (1)
Für die Planung von mitigativen Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes der Sicherheitsebene 4c ist ein Ereignisspektrum zu Grunde zu legen, das alle relevanten Phänomene bei Unfällen mit schweren Brennelementschäden berücksichtigt.
Dabei sind insbesondere Phänomene zu berücksichtigen, die die Integrität des Sicherheitsbehälters sowie im Falle der Lagerung bestrahlter Brennelemente im Brennelementlagerbecken außerhalb des Sicherheitsbehälters die bauliche Hülle gefährden.
Darüber hinaus sind Phänomene zu berücksichtigen, die Auswirkungen auf die Freisetzung radioaktiver Stoffe und mögliche Freisetzungspfade in die Umgebung haben.
4.4 (2)
Für den Fall, dass für Ereignisabläufe oder Anlagenzustände keine Notfallmaßnahmen vorgeplant wurden oder die implementierten Notfallmaßnahmen nicht wirksam sind, sind Handlungsempfehlungen für den Notfallstab vorzuhalten. Die prinzipielle Eignung der Handlungsempfehlungen zur Erreichung der Schutzziele ist zu zeigen.

5 Anforderungen an die Nachweisführung

5.5 (1)
Der Genehmigungsinhaber muss über Nachweise zur Sicherheit der Anlage verfügen.
Die Nachweisführungen müssen vollständig und nachvollziehbar dokumentiert werden. Sie sind, soweit geboten, zu aktualisieren.
Hinweis:
Konkretisierungen hierzu sind in Anhang 5 dargestellt.
5 (2)
Zur Nachweisführung der Erfüllung der technischen Sicherheitsanforderungen sind deterministische Methoden sowie die probabilistische Sicherheitsanalyse heranzuziehen:
Die deterministischen Methoden umfassen
a)
die rechnerische Analyse von Ereignissen oder Zuständen,
b)
die Messung oder das Experiment,
c)
die ingenieurmäßige Bewertung.
5 (3)
Als Grundlage für Nachweisführungen müssen vorliegen:
a)
eine aktuelle Zusammenstellung der sicherheitstechnisch wichtigen Informationen über den bestehenden Zustand der betroffenen Maßnahmen und Einrichtungen sowie
b)
eine Dokumentation, dass der bestehende Zustand der betroffenen sicherheitstechnisch wichtigen Maßnahmen und Einrichtungen die aktuell geltenden Anforderungen erfüllt.
5 (4)
Bei der rechnerischen Analyse von Ereignisabläufen oder Zuständen müssen
a)
für den jeweiligen Anwendungsbereich validierte Berechnungsverfahren verwendet sowie
b)
mit der Berechnung verbundene Unsicherheiten quantifiziert oder durch geeignete Verfahren abgedeckt werden.
5 (5a)
In Ergänzung der deterministischen Nachweisführungen muss durch probabilistische Sicherheitsanalysen (PSA) die Ausgewogenheit der sicherheitstechnischen Auslegung überprüft werden.
5 (5b)
In Ergänzung der deterministischen Nachweisführungen müssen probabilistische Sicherheitsanalysen zudem durchgeführt werden, um die sicherheitstechnische Relevanz
von Änderungen an Maßnahmen, Einrichtungen oder der Betriebsweise der Anlage sowie
von Erkenntnissen, die aus aufgetretenen sicherheitsrelevanten Ereignissen oder Phänomenen bekannt geworden sind und deren Übertragbarkeit auf die im Anwendungsbereich der „Sicherheitsanforderungen an KKW“ benannten Kernkraftwerke in Deutschland gegeben ist,
bei denen ein nennenswerter Einfluss auf die Ergebnisse der PSA zu erwarten ist, zu bewerten.
5 (5c)
Durch Änderungen an Maßnahmen, Einrichtungen oder der Betriebsweise der Anlage darf sich die mittlere Kernschadenshäufigkeit und die mittlere Häufigkeit für große und frühe Freisetzungen für den Leistungs- und Nichtleistungsbetrieb, unter Einbeziehung aller anlageninternen Ereignisse sowie aller Einwirkungen von innen und außen sowie aus Notstandsfällen gegenüber dem ungeänderten Zustand der Anlage nicht verschlechtern.
5 (6)
Eine Messung oder ein Experiment kann als Nachweis herangezogen werden, wenn
a)
die Übertragbarkeit der experimentellen Bedingungen auf die Anlagenzustände des jeweiligen Anwendungszusammenhangs qualifiziert ist und
b)
die mit der Messung verbundenen Unsicherheiten quantifiziert sind.
5 (7)
Ingenieurmäßige Bewertungen können bei Nachweisführungen herangezogen werden, wenn hierzu ein Bewertungsmaßstab vorliegt, der auf technisch-wissenschaftlich nachvollziehbaren Grundlagen beruht.
5 (8)
Die ergonomische Gestaltung der Voraussetzungen für zuverlässiges Handeln gemäß Nummer 3.1 (13) muss mit geeigneten Bewertungsverfahren nachgewiesen werden.

6 Anforderungen an das Betriebsreglement

6 (1)
Für den sicheren Betrieb einer Anlage sind schriftliche Anweisungen zu erstellen, in denen festgelegt sind:
a)
Ein hinreichend vollständiger Satz an Vorgaben, bei deren Einhaltung gewährleistet ist, dass die Auslegung, die Überwachung und der Betrieb der Anlage den Sicherheitsanforderungen und Bedingungen der Genehmigung entspricht. Die Vorgaben müssen insbesondere verfahrenstechnische Grenzwerte, einzuhaltende Anlagenzustände, Wirksamkeits-, Verfügbarkeits- und relevante Randbedingungen sicherheitstechnisch wichtiger Anlagenteile umfassen (Grenzwerte und Bedingungen des sicheren Betriebs).
Die Festlegung der Grenzwerte und Bedingungen des sicheren Betriebs muss nachvollziehbar auf der Basis der Anlagenauslegung, der Sicherheitsanalysen, der Genehmigungsbedingungen und der Erfahrungen aus Inbetriebnahme und Betrieb begründet sein. Die Festlegung der Grenzwerte und Bedingungen des sicheren Betriebs muss alle Betriebsphasen umfassen.
b)
Handlungsanweisungen für den Fall von Abweichungen von Grenzwerten und Bedingungen des sicheren Betriebs.
c)
Die Vorgaben, die einzuhalten sind, um Ereignisse der Sicherheitsebenen 2 bis 4a, Ereignisse aus Einwirkungen von innen und außen sowie Notstandsfällen zu vermeiden sowie zu beherrschen. Die Vorgaben müssen alle Maßnahmen beinhalten, die zur Erhaltung sowie zum Erreichen eines sicheren Anlagenzustands erforderlich sind.
d)
Die implementierten Notfallmaßnahmen und Handlungsempfehlungen des anlageninternen Notfallschutzes. Die Einstiegskriterien für deren Anwendung sind festzulegen. Es müssen Kriterien festgelegt sein, anhand derer festgestellt werden kann, ob die langfristige Einhaltung der Schutzziele gewährleistet oder ein langfristig kontrollierbarer Anlagenzustand erreicht ist.
e)
Die erforderlichen wiederkehrenden Prüfungen an sicherheitstechnisch wichtigen Maßnahmen und Einrichtungen.
f)
Die für die Gewährleistung eines sicheren Anlagenbetriebs relevanten organisatorischen Regelungen (Aufbau- und Ablauforganisation).
g)
Die Mindestanforderungen an die Anzahl und die Qualifikation des Personals sowie die personellen Mindestverfügbarkeiten in der Anlage zur Sicherstellung eines sicheren Anlagenbetriebs und der Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebenen 2 bis 4. Dabei sind auch auslösende Ereignisse oder Folgeereignisse von Einwirkungen von innen und außen sowie Notstandsfällen und Personenunfälle zu berücksichtigen.
h)
Die organisatorischen Voraussetzungen für den anlageninternen Notfallschutz.
6 (2)
Die Unterlagen gemäß Nummer 6 (1) müssen für das Personal auf der Warte und gemäß Nummern 6 (1) Buchstabe a bis d auf der Notsteuerstelle in leicht zugänglicher und in übersichtlicher Form bereitgestellt sein.
Alle für die Arbeit des Notfallstabs erforderlichen Unterlagen sind in den Räumen des Notfallstabes verfügbar zu halten.
6 (3)
Die Unterlagen gemäß Nummer 6 (1) sind aktuell zu halten. Für die Aktualisierung oder Änderung der Unterlagen ist ein geregeltes Verfahren vorzusehen, das den Erfahrungsrückfluss und Fortentwicklungen des Standes von Wissenschaft und Technik berücksichtigt.
6 (4)
Entsprechend ihrer sicherheitstechnischen Bedeutung müssen für alle sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen Spezifikationen, Auslegungsvorschriften, Werkstoffvorschriften, Bauvorschriften und Prüfvorschriften sowie Betriebsvorschriften und Instandhaltungsvorschriften vorhanden sein.
In den Prüfvorschriften sind Vorprüfungen, Werkstoffprüfungen, Bauprüfungen, Druckprüfungen, Abnahmeprüfungen und Funktionsprüfungen sowie regelmäßig wiederkehrende Prüfungen im Einzelnen festzulegen.
Die Einhaltung dieser Vorschriften ist im Rahmen eines Qualitätsgewährleistungsprogramms zu überwachen. Das Ergebnis der Qualitätsüberwachung mit den Ergebnissen der Prüfungen ist zu dokumentieren. Die zur Beurteilung der Qualität notwendigen Unterlagen über Auslegung, Fertigung, Errichtung und Prüfungen sowie Betrieb und Instandhaltung der sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen sind bis zum Abbau der Einrichtungen verfügbar zu halten.

7 Anforderungen an die Dokumentation

7 (1)
Der Genehmigungsinhaber muss eine systematische, vollständige, qualifizierte und aktuelle Dokumentation des Zustandes des Kernkraftwerks verfügbar halten.
Hinweis:
Konkretisierungen hierzu sind in Anhang 5 dargestellt.

Anhang 1 zu den
„Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“:
Begriffsbestimmungen

vom 22. November 2012

(Alle kursiv gedruckten Wörter sind in den Begriffsbestimmungen definiert)

A

Abfahren (der Anlage)

Gezieltes Überführen der Anlage von Betriebsphase A oder B in die Betriebsphase C.

Ableitung radioaktiver Stoffe

Abgabe flüssiger, an Schwebstoffen gebundener oder gasförmiger radioaktiver Stoffe aus der Anlage auf hierfür vorgesehenen Wegen.

Abschaltbarkeit, mechanische

Zustand des Reaktorkerns, bei dem durch die vorliegende geometrische Anordnung des Reaktorkerns die Abschaltung durch die Steuerelemente sichergestellt ist.

Abschalteinrichtung

Einrichtung, welche in der Lage ist, den Reaktor in den unterkritischen Zustand zu überführen und in diesem Zustand zu halten.

Abschaltreaktivität

Die Reaktivität des durch die Abschaltung mit den hierfür vorgesehenen Einrichtungen in den unterkritischen Zustand gebrachten Reaktors.

Abscheidegrad

Das Massenverhältnis zwischen einer bei einem Abscheidevorgang abgetrennten Menge eines Stoffes und seiner ursprünglichen Gesamtmenge.

Äußere Systeme

Nicht zur Druckführenden Umschließung des Reaktorkühlmittels gehörende druck- und aktivitätsführende Systeme und Komponenten von Leichtwasserreaktoren, die eine sicherheitstechnische Bedeutung besitzen. Diese ist gegeben, wenn eines der nachfolgenden Kriterien erfüllt ist:

a)
Das Anlagenteil ist bei der Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebenen 3 und 4a notwendig hinsichtlich Abschaltung, Aufrechterhaltung langfristiger Unterkritikalität und hinsichtlich unmittelbarer Nachwärmeabfuhr.
b)
Bei Versagen des Anlagenteils werden große Energien freigesetzt und die Funktionen von sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen sind nicht vor Einwirkungen eines unterstellten Versagens dieser Anlagenteile geschützt.
c)
Das Versagen des Anlagenteils kann unmittelbar oder in einer Kette von anzunehmenden Folgeereignissen zu einem Ereignis der Sicherheitsebene 3 oder darüber hinaus führen.

Alterung

Zeitabhängige und einsatzbedingte Veränderungen funktionsbezogener Merkmale und Eigenschaften

der Technik (Komponenten, Bauwerke, Systeme, einschließlich der Elektro- und Leittechnik),
der Spezifikations- und Dokumentationsunterlagen,
der Anlagenkonzepte und technologischen Verfahren,
administrativer Regelungen sowie
des Betriebspersonals.

Alterungsmanagement

Die Gesamtheit aller vom Genehmigungsinhaber vorzusehenden Maßnahmen und Einrichtungen, mit denen die für die Sicherheit eines Kernkraftwerkes bedeutsamen Alterungsphänomene kontrolliert werden sollen.

Anfahren (der Anlage)

Das gezielte Überführen der Anlage in die Betriebsphase A (Leistungsbetrieb).

Anlagenteil

Baulicher, maschinen-, verfahrens-, elektro- oder sonstig technischer Teil einer Anlage. Synonyme Begriffe sind: Einrichtung, System.

Anlagenteil, baulicher

Mit dem Erdboden verbundener, aus Bauprodukten (Baustoffe und Bauteile) hergestellter Teil eines Kernkraftwerks. Synonyme Begriffe: bauliche Anlage, Bauwerk.

Anlagenzustand

Technischer Zustand der Anlage, beispielsweise gekennzeichnet durch Anlagenleistung, Temperatur-, Druck- und Füllstandsparameter des Reaktorkühlkreislaufs.

Anlagenzustand, auslegungsüberschreitender

Anlagenzustand nach einem Ereignisablauf mit Ausfällen von Sicherheitseinrichtungen derart, dass eine für die Störfallbeherrschung ausreichende Wirksamkeit von Sicherheitsfunktionen nicht mehr gegeben ist (siehe auch Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen).

Anlagenzustand, kontrollierter

Anlagenzustand nach Eintritt eines Ereignisses, der dadurch gekennzeichnet ist, dass die Nachweisziele und Nachweiskriterien eingehalten sind und die relevanten Sicherheitsvariablen hinreichend stationäre Werte erreicht haben.

Hinreichend stationär sind Zustände, in denen die Sicherheitsvariablen so stationär sind oder sich der Sicherheitsabstand zu den Nachweiskriterien stetig so vergrößert, dass ein ausreichend großer Zeitraum für die Analyse und Bewertung des Anlagenzustands zur Verfügung steht, um im Falle einer ungünstigen Änderung von Sicherheitsvariablen weitere Maßnahmen (z. B. zur Störfallbehandlung) durchführen zu können.

Anlagenzustand, sicherer

Anlagenzustand nach Eintritt eines Störfalls, der dadurch gekennzeichnet ist, dass ein kontrollierter Anlagenzustand vorliegt und mindestens die sicherheitstechnischen Bedingungen einer im Betriebshandbuch beschriebenen, vergleichbaren Nichtleistungsbetriebsphase eingehalten sind.

Anwendungsprofil der Software

Die Art und Weise der Benutzung der Software, einschließlich der zeitlichen Kriterien, der zu verarbeitenden Daten, der verwendeten Parameter und der anfallenden Bedienereingriffe.

Aufbau- und Ablauforganisation

Die Aufbauorganisation bildet das hierarchische Gerüst einer Organisation, in der die Rahmenbedingungen für die Bewältigung der zu tätigenden Aufgaben festgelegt sind.

Die Ablauforganisation regelt die innerhalb dieser Rahmenbedingungen ablaufenden Arbeits- und Informationsprozesse. Die Ablauforganisation umfasst alle sicherheitsrelevanten Tätigkeiten und Prozesse entsprechend den Anforderungen des Managementsystems.

Ausfall

Verlust der Fähigkeit einer Einrichtung die geforderte Funktion zu erfüllen.

Hinweis:

Das Ereignis Ausfall markiert den Zeitpunkt des Übergangs von der Korrektheit zu einem Fehler. Mit einem Ausfall kann gleichzeitig ein Versagen auftreten, muss aber nicht. Zum Beispiel kann ein Aggregat, das nicht angefordert wird, ausgefallen sein, versagen wird es erst, wenn es angefordert wird und seine Funktion nicht mehr erbringt.

Ausfall, systematischer

Ausfall aufgrund der gleichen Ursache.

Ausfall einer leittechnischen Einrichtung, aktiver

Fehlfunktion einer leittechnischen Einrichtung, wodurch eine Leittechnik-Funktion spontan ausgeführt wird, ohne dass die für die Ausführung festgelegten Kriterien erfüllt sind.

Ausfall einer leittechnischen Einrichtung, passiver

Fehlfunktion einer leittechnischen Einrichtung, wodurch eine Leittechnik-Funktion im Anforderungsfall nicht ausgeführt wird, obwohl die für die Ausführung festgelegten Kriterien erfüllt sind.

Auslegung

Der Prozess und das Ergebnis einer Konzeptentwicklung mit detaillierter Planung für eine Anlage oder Anlagenteile auf der Basis der Vorgaben für die zu berücksichtigenden Einwirkungen und Randbedingungen sowie Nachweisanforderungen.

Auslegung, inhärent sichere

Auslegung auf Basis naturgesetzlicher Prinzipien, die aus sich heraus sicherheitsgerichtet wirken.

Auslegungskriterium

Spezifikation von Vorgaben für eine Auslegung, die aus konventionellen Regelwerken und aus kernkraftwerkspezifischen Sicherheitsanforderungen resultieren.

Auslegungsgrenze

Nachweiskriterium für eine in der Auslegung betrachtete Größe, bei deren Einhaltung ein Versagen des betroffenen Anlagenteils nicht zu unterstellen ist.

Auslegungsstörfall

Synonym für Störfall.

B

Basissicherheit

Basissicherheit bedeutet, dass bei Einhaltung entsprechender Grundsätze bei Auslegung, Konstruktion, Fertigung und Prüfung ein weit reichendes Versagen einer Komponente auf Grund herstellungsbedingter Mängel nicht unterstellt wird.

Baugruppe

Ein aus mindestens zwei Bauteilen bestehender Teil einer Komponente.

Bauteil

Teil einer Einrichtung oder der aus Erzeugnisformen hergestellte kleinste Teil einer Baugruppe. In der Bautechnik ist ein Bauteil ein Teil eines Bauwerks.

Bauwerk

Synonym für Anlagenteil, baulicher oder für Anlage, bauliche.

Beanspruchungsstufe

In technischen Regelwerken für drucktragende Komponenten und bauliche Anlagenteile übliche Kategorisierung von Beanspruchungen. Dabei werden anzunehmende oder spezifizierte Einwirkungen („Lastfälle“) nach ihren Wirkungen (Beanspruchungen) und sicherheitstechnischen Nachweisanforderungen in Verbindung mit dem Bewertungsverfahren (Spannungskategorisierung) unterteilt. Die einschlägigen KTA-Regeln (KTA 3201.2, 3211.2, 3401.2) fordern eine anlagen- und systemspezifische Kategorisierung bis auf die Ebene der Komponenten.

Begrenzungseinrichtung

Leittechnische Einrichtung mit einer der folgenden Funktionen:

Betriebsbegrenzung: Begrenzung von Prozessvariablen auf vorgegebene Werte, um die Verfügbarkeit der Anlage zu erhöhen.
Schutzbegrenzung: Auslösung von solchen Schutzaktionen, die überwachte Sicherheitsvariablen auf einen Wert zurückführen, bei dem eine Fortführung des bestimmungsgemäßen Betriebs zulässig ist.
Zustandsbegrenzung: Begrenzung der Werte von Prozessvariablen, um Ausgangszustände für zu berücksichtigende Störfälle einzuhalten.

Beherrschen

Als beherrscht gilt ein Ereignis oder Ereignisablauf, wenn die Einhaltung spezifizierter Nachweisziele und Nachweiskriterien nachgewiesen werden kann. Radiologisch repräsentative Auslegungsstörfälle gelten als beherrscht, wenn die Einhaltung radiologischer Nachweiskriterien nachgewiesen wird.

Beinahe-Ereignis

Potentiell sicherheitstechnisch bedeutsames Ereignis, welches als Folge eines eingetretenen Ereignisses oder Ereignisablaufs hätte eintreten können, jedoch auf Grund der zum Ereigniszeitpunkt vorliegenden Anlagenbedingungen nicht eintrat.

Betrieb, anomaler

Betriebsvorgänge, die bei Fehlfunktion von Einrichtungen oder bei Fehlhandlungen ablaufen (gestörter Betriebszustand), deren Eintreten aufgrund von Betriebserfahrungen über die Betriebsdauer der betroffenen Anlage häufig zu erwarten ist, und bei denen einer Fortführung des Betriebes oder der Tätigkeit keine sicherheitstechnischen Gründe entgegenstehen (Sicherheitsebene 2). Synonym: Störung.

Betrieb, bestimmungsgemäßer

Der Betrieb, für den eine Anlage nach ihrem technischen Zweck bestimmt, ausgelegt und geeignet ist, umfasst die Betriebszustände und Betriebsvorgänge

bei funktionsfähigem Zustand der Einrichtungen, (ungestörter Betriebszustand, Normalbetrieb, Sicherheitsebene 1),
des anomalen Betriebs (gestörter Betriebszustand, Störung, Sicherheitsebene 2) sowie
bei Instandhaltungsvorgängen (Inspektion, Wartung, Instandsetzung).

Betrieb, sicherer

Der sichere Betrieb der Anlage umfasst die kerntechnische Sicherheit der Anlage, die Sicherheit der Umgebung vor ionisierender Strahlung sowie den Schutz aller Personen innerhalb der Anlage.

Betriebsführung

Alle Prozesse und Tätigkeiten zusammengefasst, die zum Betreiben der Anlage notwendig sind.

Betriebsphase

Betriebszustand des Normalbetriebs für den spezifisch Kriterien für die Verfügbarkeit von System- und Überwachungsfunktionen sowie an verfahrenstechnische Bedingungen definiert sind.

Betriebsüberwachung

Kontrollierte Erfassung von Betriebsparametern einschließlich eines Vergleichs mit vorgegebenen Werten.

Hinweis:

Die Überwachung erfolgt z. B. durch kontinuierliche Messung, diskontinuierliche Analyse von Proben oder die Berechnung von Werten durch Verknüpfung von Messwerten.

Betriebsvorschriften

Alle schriftlichen Unterlagen, die zum Betrieb der Anlage erforderlich sind. Hierzu gehören insbesondere Betriebshandbuch, Notfallhandbuch, Prüfhandbuch, Verfahrens- und Arbeitsanweisung.

Brandschutzmaßnahme

Bauliche, anlagentechnische, betriebliche und abwehrende Maßnahme oder Einrichtung, die der Entstehung und Ausbreitung von Bränden vorbeugen, eine Erkennung von Bränden und wirksame Löscharbeiten sowie die Flucht und Rettung von Menschen ermöglichen.

Brennelementschaden, schwerer

Zustand eines Brennelements, bei dem dessen Kühlbarkeit nicht mehr gegeben ist.

Brennelementwechsel

Die Gesamtheit aller betrieblichen Arbeiten, die zum Umsetzen oder für den Ersatz bestrahlter oder defekter Brennelemente, die aus dem Kern entfernt werden sollen, notwendig sind.

Brennstabschaden

Synonym für Hüllrohrschaden.

D

Deborierung, heterogen

Einspeisung minderborierten Kühlmittels mit Ausbildung signifikanter Borkonzentrationsunterschiede im Primärkreis.

Deborierung, homogen

Einspeisung minderborierten Kühlmittels ohne Ausbildung signifikanter Borkonzentrationsunterschiede im Primärkreis.

Defektwahrscheinlichkeit

Experimentell abgeleitete Wahrscheinlichkeit für das Versagen des betroffenen Anlagenteils in Abhängigkeit von einem jeweils betrachteten Parameter.

Diversität

Vorhandensein von zwei oder mehr funktionsbereiten Einrichtungen zur Erfüllung der vorgesehenen Funktion, die physikalisch oder technisch verschiedenartig ausgelegt sind.

Druckführende Umschließung

Gesamtheit der druckführenden Wandungen der Komponenten des Druckraumes des Reaktordruckbehälters bis einschließlich der ersten Absperrarmatur, für Rohrleitungen des Druckraumes des Reaktordruckbehälters, die den Sicherheitsbehälter durchdringen, bis zur ersten Absperrarmatur außerhalb des Sicherheitsbehälters (Abkürzung: DfU).

Durchdringungen/Durchführungen durch den Sicherheitsbehälter

Konstruktionen, die den druckfesten und technisch dichten Durchtritt von Leitungen (z. B. mediumführende Rohre, Kabel) durch den Sicherheitsbehälter gestatten.

Durchführungsanweisung

Schriftliche Anweisung für erforderliche Handlungsschritte zur Durchführung einer Handlungsempfehlung.

E

Eigenbedarfsanlage

Gesamtheit der Anlagenteile, die zur elektrischen Energieversorgung der an sie angeschlossenen Verbraucher und zur Einspeisung in das Notstromsystem dienen.

Eigenbedarfsversorgung

Die elektrische Energieversorgung der an die Eigenbedarfsanlage angeschlossenen Verbraucher und der Einspeisungen in das Notstromsystem aus dem Blockgenerator, dem Haupt- oder Reservenetz.

Einrichtung

Synonym für Anlagenteil.

Einrichtung, leittechnische

Einrichtung zur Ausführung von Leittechnik-Funktionen.

Einrichtung, sicherheitstechnisch wichtige

Einrichtung, die erforderlich ist, den Reaktor jederzeit aus dem bestimmungsgemäßem Betrieb, bei Störfällen, sehr seltenen Ereignissen und bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen sicher abzuschalten und in abgeschaltetem Zustand zu halten, die Nachwärme abzuführen, das Auftreten unkontrollierter Kritikalität zu verhindern sowie die erforderliche Vorsorge gegen Schäden zu gewährleisten und jede Strahlenexposition oder Kontamination von Personen, Sachgütern oder der Umwelt unter Beachtung des Standes von Wissenschaft und Technik auch unterhalb der festgesetzten Grenzwerte so gering wie möglich zu halten.

Einwirkung

Auf Einrichtungen einwirkende Kraft- und Verformungsgrößen oder Medien mit physikalischem, chemischem oder biologischem Einfluss oder eine Kombination derselben.

Einwirkung, naturbedingte

Einwirkung, die durch Naturereignisse von außerhalb des Anlagengeländes hervorgerufen werden.

Einwirkung, übergreifende

Einwirkung von innen (EVI) oder Einwirkung von außen (EVA), die das Potential für redundanzübergreifende Ausfälle besitzt.

Einwirkung von außen (EVA)

Einwirkung, die durch Umgebungsbedingungen, Naturereignisse oder sonstige zivilisatorisch bedingte Einwirkungen (gemäß Anhang 3 Nummer 4.2.3) von außerhalb des Anlagengeländes hervorgerufen werden. In den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ umfassen die Einwirkungen von außen nicht die Notstandsfälle.

Einwirkung von innen (EVI)

Einwirkung resultierend aus Ereignissen auf dem Anlagengelände, innerhalb oder außerhalb von Gebäuden, (z. B. Brand, anlageninterne Überflutung).

Einwirkung, zivilisatorische

Einwirkung, die durch zivilisatorische Einflüsse außerhalb des Anlagengeländes hervorgerufen werden, einschließlich der Notstandsfälle.

Einzelfehler

Fehler, der in Einrichtungen im betrachteten Anforderungsfall unabhängig vom auslösenden Ereignis zusätzlich unterstellt wird, der jedoch nicht als Folge des Anforderungsfalles auftritt und der vor Eintritt des Anforderungsfalles nicht bekannt ist. Der Einzelfehler beinhaltet auch die aus einem unterstellten Einzelfehler resultierenden Folgefehler.

Ein Einzelfehler liegt vor, wenn ein Systemteil der Einrichtung seine Funktion bei Anforderung nicht erfüllt. Eine betrieblich mögliche Fehlbedienung, die eine Fehlfunktion in der Einrichtung zur Folge hat, ist einem Einzelfehler gleichgesetzt.

Ein Einzelfehler an einer passiven Einrichtung bedeutet deren Versagen.

Einzelfehlerkonzept

Konzept der abhängig von den Sicherheitsebenen zu unterstellenden Kombination von Ausfallannahmen infolge eines aktiven oder passiven Einzelfehlers und Instandhaltungsvorgängen.

Entmaschung

Verfahrens-, elektro- und leittechnische Trennung von Systemteilen zur Vermeidung gegenseitiger Beeinträchtigungen.

Ereignis

Vorfall, der die Sicherheit einer Anlage potentiell oder tatsächlich beeinträchtigt.

Ereignisanalyse

Analysebestandteil der deterministischen Sicherheitsanalyse. Methode der Nachweisführung, mit der gezeigt wird, dass ausreichend wirksame Maßnahmen und Einrichtungen zur Beherrschung von Ereignissen vorhanden sind.

Ereignis, repräsentativ

Ereignis, dessen Analyse einen ausreichend, generisch abdeckenden sicherheitstechnischen Nachweis ermöglicht.

F

Fehler

(1)
Abweichung der Spezifikation von den tatsächlichen Erfordernissen (Spezifikationsfehler).
(2)
Abweichung der tatsächlichen Ausführung eines Anlagenteils von der für die Erfüllung der Spezifikation erforderlichen konstruktiven und fertigungstechnischen Ausführung des Anlagenteils.
(3)
Abweichung zwischen dem berechneten, beobachteten oder gemessenen Wert und dem wahren, spezifizierten oder theoretisch richtigen Wert.

Fehlhandlung

Nichterfüllung einer Anforderung bei einer Personalhandlung.

Filmsieden

Siedevorgang, bei dem sich zwischen dem Brennstabhüllrohr und der kühlenden Flüssigkeit ein stabiler Dampffilm befindet.

Freisetzung radioaktiver Stoffe

Das infolge Ereignissen der Sicherheitsebene 3 oder 4 unbeabsichtigte Entweichen radioaktiver Stoffe aus den vorgesehenen Umschließungen in die Anlage oder in die Umgebung.

Freisetzungskategorie

Freisetzungskategorien fassen Abläufe aus Unfallanalysen mit ähnlichen Radionuklidfreisetzungen unter Berücksichtigung weiterer Charakteristika der Freisetzung (z. B. Nuklideigenschaften, wie insbesondere Radiotoxizität und Flüchtigkeit, Nuklidzusammensetzung, Zeitpunkt nach Eintritt des Ereignisses, Dauer, Höhe, Energieeinhalt) zusammen.

Funktionsfähigkeit

Fähigkeit einer Einrichtung, die vorgesehenen Aufgaben durch entsprechende mechanische, elektrische oder sonstige Funktion zu erfüllen.

G

Gebrauchstauglichkeit

Fähigkeit eines baulichen Anlagenteils, unter den zugrunde gelegten Einwirkungen die planmäßige Nutzung zu ermöglichen.

Gefahrenmeldeeinrichtung

Leittechnische Einrichtung, die durch optische und akustische Mittel die Notwendigkeit einer Maßnahme signalisiert.

Genehmigungsinhaber

Die auf Grund einer oder mehrerer atomrechtlicher Genehmigungen zum Betrieb des Kernkraftwerkes berechtigte(n) natürliche(n) oder juristische(n) Person(en) oder teilrechtsfähige Personengesellschaft(en).

Hinweis:

Bei juristischen Personen und Personengesellschaften ist zu unterscheiden zwischen

der Verantwortung der jeweiligen Gesellschaft als Genehmigungsinhaber des Kernkraftwerkes,
der Wahrnehmung dieser Verantwortung durch die Unternehmensführung, d. h. die Vorstände, Geschäftsführer oder ein sonstiges Organ dieser Gesellschaft, das durch Gesetz, Satzung oder Vertrag zur Vertretung berechtigt ist sowie
den aus der Verantwortung des Genehmigungsinhabers abgeleiteten Aufgaben, Verantwortung und Befugnissen anderer Personen und Organisationseinheiten des Unternehmens.

H

Handlungsempfehlung

Generische Vorgehensweise, die zum Einsatz kommen kann, wenn für Ereignisabläufe bzw. Anlagenzustände keine Notfallmaßnahmen vorgeplant wurden oder diese Notfallmaßnahmen nicht wie geplant wirksam sind.

Hauptnetz

Ein Netz, an das die vom Kernkraftwerksblock erzeugte elektrische Energie abgeführt werden kann oder aus dem der Kernkraftwerksblock elektrische Energie über den Haupt-Netzanschluss beziehen kann.

Haupt-Netzanschluss

Ein Netzanschluss, über den die vom Kernkraftwerksblock erzeugte elektrische Energie an das Netz abgeführt wird oder über den auch elektrische Energie bezogen werden kann.

Hilfs- und Versorgungssysteme

Systeme, die für die Funktion anderer Systeme oder Komponenten benötigt werden.

Hochenergetisch

Rohrleitung oder Behälter mit einem Betriebsdruck größer oder gleich 20 bar oder Betriebstemperatur größer oder gleich 100 °C.

Hüllrohrschaden

Gasundichtigkeit des Brennstab-Hüllrohrs.

I

Inkorporation

Aufnahme radioaktiver Stoffe in den menschlichen Körper.

Inspektion

Maßnahme zur Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustandes von Einrichtungen.

Instandhaltung

Die Gesamtheit der Maßnahmen zur Bewahrung und Wiederherstellung des Soll-Zustands sowie zur Feststellung und Beurteilung des Ist-Zustands (einschließlich wiederkehrender Prüfung). Die Instandhaltung gliedert sich in die Vorbeugende Instandhaltung mit den zugehörigen Elementen Inspektion und Wartung, sowie Instandsetzung (Reparatur).

Instandhaltung, vorbeugende

Maßnahmen zur Vermeidung des Eintritts eines Schadens der zur Unverfügbarkeit einer Einrichtung führt. Elemente der Vorbeugenden Instandhaltung sind Wartung und Inspektion.

Instandsetzung

Maßnahmen zur Wiederherstellung des Sollzustandes von Einrichtungen.

Integrität

Zustand einer Komponente oder Barriere, bei dem die an sie gestellten sicherheitstechnischen Anforderungen hinsichtlich Festigkeit, Bruchsicherheit und Dichtheit erfüllt sind.

K

Katastrophenschutz-Maßnahme

Vorkehrung auf der Grundlage der einschlägigen Gesetze der Länder zum Schutz der Bevölkerung für den Fall, dass bei einem auslegungsüberschreitenden Anlagenzustand erhebliche Freisetzungen radioaktiver Stoffe in die Umgebung eingetreten oder zu besorgen sind (Sicherheitsebene 5).

Kernbauteil

Bauteil oder Komponente, aus denen der Reaktorkern zusammengesetzt ist, insbesondere umfassend: Brennelemente, Steuerelemente, Drosselkörper, Vergiftungs- und Blindelemente, Brennelementkästen und Kastenbefestigungen, Neutronenquellen, neutronenabsorbierende Einsätze der Brennelemente und Messlanzen.

Kernkompetenz

Die Kompetenz, die benötigt wird um alle Tätigkeiten, die für den sicheren Betrieb eines Kernkraftwerks notwendig sind, zu planen, durchzuführen, zu lenken und zu überwachen.

Kernschaden, schwerer

Zustand des Reaktorkerns, bei dem die Kühlbarkeit oder die dauerhafte Unterkritikalität nicht mehr gegeben sind.

Kompetenz von Personen

Synonym für Qualifikation von Personen.

Komponente

Ein nach baulichen oder funktionellen Gesichtspunkten abgegrenzter Teil eines Systems. Komponenten bestehen aus Betriebsmitteln. Betriebsmittel sind die kleinsten Einheiten, die in sich funktionsfähig sind. Betriebsmittel bestehen aus Bauteilen.

Konservativ

Art des Vorgehens bei der sicherheitstechnischen Bewertung unter Zugrundelegung von unter den gegebenen Umständen sicherheitstechnisch begründeten nachteiligsten Werten.

Kühlbarkeit

Zustand des Reaktorkerns, bei dem die Abfuhr der erzeugten und gespeicherten Wärme sichergestellt werden kann.

Kühlmittelverluststörfall

Ereignis mit Verlust von Reaktorkühlmittel aus der Druckführenden Umschließung derart, dass es zur Anforderung des Sicherheitssystems kommt.

Kühlwasser

Wasser, welches im Normalbetrieb nicht mit radioaktiven Stoffen kontaminiert ist und die Wärmeübertragung zur Hauptwärmesenke (z. B. Vorfluter, Kühlturm) übernimmt.

L

Leck

Kontinuierliche oder diskontinuierliche Ausströmung von Medien aus den jeweiligen Umschließungen (z. B. Behälter, Rohrleitungen, Lagerbecken), wobei die Ausströmrate so groß ist, dass es zur Anforderung von Sicherheitseinrichtungen kommt.

Leck, großes

Leck im Reaktorkühlsystem mit einer offenen Ausströmfläche > 0,1F (F: offene Querschnittfläche der Hauptkühlmittelleitung).

Leck, kleines

Leck im Reaktorkühlsystem mit einer offenen Ausströmfläche 0,1F (F: offene Querschnittfläche der Hauptkühlmittelleitung) und bei dem, beim DWR, zur Störfallbeherrschung eine sekundärseitige Wärmeabfuhr erforderlich ist.

Leck, mittleres

Leck im Reaktorkühlsystem mit einer offenen Ausströmfläche 0,1F (F: offene Querschnittfläche der Hauptkühlmittelleitung) und bei dem, beim DWR, die primärseitige Wärmeabfuhr über die Leckausströmung derart ausreichend ist, dass eine sekundärseitige Wärmeabfuhr zur Störfallbeherrschung nicht erforderlich ist.

Leckage

Kontinuierliche oder diskontinuierliche Ausströmung von Medien aus den jeweiligen Umschließungen (z. B. Behälter, Rohrleitungen, Lagerbecken), wobei die Ausströmrate so gering bleibt, dass es nicht zur Anforderung von Sicherheitseinrichtungen kommt.

Leistungsbetrieb

Die Betriebsphase eines Kernkraftwerks, in der eine gezielte nukleare Wärmeproduktion erfolgt (Betriebsphase A).

Leistungsdichteschwingung, global, regional

Thermohydraulisch neutronenphysikalisch gekoppelte Schwingungen des Neutronenflusses:

global: der Neutronenfluss schwingt gleichphasig über den gesamten Kern (auch gleichphasige oder Ganzkern- Schwingung genannt);
regional: eine Hälfte des Kerns schwingt gegenphasig zur anderen (auch gegenphasige oder lokale Schwingung genannt).

Leiter der Anlage

Betriebsangehöriger, der die Verantwortung für den sicheren Betrieb der gesamten Anlage, insbesondere für die Einhaltung der Bestimmungen des Atomrechts und der atomrechtlichen Genehmigungen sowie für die Zusammenarbeit aller Fachbereiche trägt, und der gegenüber den Fach- oder Teilbereichsleitern weisungsbefugt ist.

Leitstand, örtlicher

Einrichtung außerhalb der Warte, von dem aus Systeme überwacht und gesteuert werden können.

Leittechnik

Gesamtheit der leittechnischen Einrichtungen zum Ausführen von Leittechnik-Funktionen. Leittechnische Einrichtungen umfassen sowohl automatische Einrichtungen als auch die Einrichtungen zur Prozessführung durch einen Operator.

Leittechnik-Funktion

Funktion zum Messen, Steuern, Regeln, Überwachen, Aufzeichnen und Schützen eines Prozesses oder einer Einrichtung (Abkürzung: LEFU).

M

Managementsystem

Ein Managementsystem umfasst alle Festlegungen, Regelungen und organisatorischen Hilfsmittel, die innerhalb des Unternehmens vorgesehen sind, um die für den Unternehmenserfolg relevanten Aufgaben zu planen, unter kontrollierten Bedingungen abzuwickeln und deren Zielerreichung zu kontrollieren und zu verbessern.

Hinweis:

In den Sicherheitsanforderungen wird unter Managementsystem ein prozessorientiertes, integriertes Managementsystem verstanden.

Maßnahme

Handlung, Handlungsanweisung oder organisatorische Tätigkeit bzw. organisatorischer Prozess.

Hinweis:

Soweit keine Handlung, Handlungsanweisung oder organisatorische Tätigkeit bezeichnet wird, ist die Maßnahme weiter spezifiziert, z. B.: Notfallmaßnahme, Katastrophenschutzmaßnahme, etc.

Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen

Ereignisablauf mit Ausfällen von Sicherheitseinrichtungen derart, dass eine für die Störfallbeherrschung ausreichende Wirksamkeit von Sicherheitsfunktionen nicht mehr gegeben ist.

N

Nachkühlbetrieb

Abfuhr der Nachwärme mit dem Nachkühlsystem.

Nachkühlsystem

System zur Abfuhr der Nachwärme.

Nachwärme

Summe aus der durch Nachzerfallsleistung erzeugten Wärme und der gespeicherten Wärme im Kühlmittel und in Komponenten bzw. baulichen Anlagenteilen.

Nachwärmeabfuhrsystem

Synonym für Nachkühlsystem.

Nachweisführung

Nachprüfbare Angaben, die die Einhaltung von Anforderungen beweisen. Ein Nachweis kann u. a. mit Hilfe von rechnerischen Analysen, Experimenten und Messungen, Prüfberichten, Zeugnissen oder im Zusammenwirken dieser Nachweisformen erbracht werden.

Nachweiskriterium

Im Zuge der Nachweisführung als eingehalten nachzuweisendes Kriterium.

Nachweisziel

Sicherheitstechnisches Ziel der Nachweisführung, welches durch die Einhaltung von Nachweiskriterien erreicht wird.

Nachzerfallsleistung

Die nach Reaktorabschaltung durch radioaktiven Zerfall oder Spaltung erzeugte thermische Leistung (siehe auch Nachwärme).

Netzanschluss

Verbindung zwischen Kraftwerk und Netz, über die elektrische Energie übertragen werden kann.

Nichtleistungsbetrieb

Die Betriebsphasen die nicht einer gezielten nuklearen Wärmeproduktion dienen (Betriebsphasen B bis F).

Normalbetrieb

Die Betriebszustände und Betriebsvorgänge bei funktionsfähigem Zustand der Einrichtungen (ungestörter Zustand), einschließlich von wiederkehrenden Prüfungen und Instandhaltungsvorgängen (Sicherheitsebene 1).

Notfallmaßnahme

Spezielle vorgeplante Maßnahme oder Einrichtung des anlageninternen Notfallschutzes im präventiven und mitigativen Bereich.

Notfallprozedur

Schriftliche Anweisung für erforderliche Handlungsschritte zur Durchführung einer Notfallmaßnahme.

Notfallschutz, anlagenexterner

Alle Vorkehrungen außerhalb einer Anlage zum Schutz der Bevölkerung und der Umwelt bei einer drohenden, stattfindenden oder bereits abgeschlossenen Freisetzung radioaktiver Stoffe. Maßnahmen des anlagenexternen Notfallschutzes sind in Katastrophenschutz-Maßnahmen und Strahlenschutzvorsorge-Maßnahmen gegliedert.

Notfallschutz, anlageninterner

Maßnahmen und Einrichtungen der Sicherheitsebenen 4b und 4c.

Notfallstrategie

Schriftliche Anweisung zum Einsatz von Notfallmaßnahmen und Handlungsempfehlungen.

Notstandseinrichtung

Zur Beherrschung eines Notstandsfalles erforderliche Maßnahme oder Einrichtung.

Notstandsfall

Ereignisablauf infolge sehr seltener zivilisatorisch bedingter äußerer Einwirkungen oder infolge der postulierten vollständigen Unverfügbarkeit der Warte.

Notsteuerstelle

Einrichtung außerhalb der Warte, von der aus bei Ausfall der Warte der Reaktor unterkritisch gemacht, die Unterkritikalität aufrechterhalten und die Wärmeabfuhr aus dem Reaktor nach dessen Abschaltung überwacht und gesteuert werden kann.

Notstromanlage

Die Kombination einer bestimmten Notstromerzeugungsanlage mit allen Anlagenteilen, die zu der Versorgung der zugehörigen Verbraucher erforderlich sind.

Notstromerzeugungsanlage

Einrichtung, die elektrische Energie bei Ausfall der Eigenbedarfsversorgung liefert.

Notstromverbraucher

Ein elektrischer Verbraucher, der aus einer Notstromanlage versorgt wird.

Notstromversorgung

Versorgung der Notstromverbraucher aus Notstromerzeugungsanlagen.

Notstromversorgung, unterbrechungslose

Notstromversorgung, bei welcher nach Ausfall der Versorgung aus der Eigenbedarfsanlage oder aus Netzanschlüssen die Versorgung aus einer Notstromerzeugungsanlage (oder einem elektrischen Energiespeicher) ohne Unterbrechung einsetzt.

Notstromsystem

Gesamtheit der in einem Kernkraftwerk nach Erzeugungsart und Aufgabe unterschiedlichen Notstromanlagen.

O

Oberflächenkontamination

Verunreinigung einer Oberfläche mit radioaktiven Stoffen, die die nicht festhaftende, die festhaftende und die über die Oberfläche eingedrungene Aktivität umfasst.

Oberflächenkontamination, nicht festhaftende

Verunreinigung einer Oberfläche mit radioaktiven Stoffen, bei denen eine Weiterverbreitung der radioaktiven Stoffe unterstellt werden kann.

Ortsdosis

Äquivalentdosis, gemessen mit den in Anlage VI Teil A StrlSchV angegebenen Messgrößen an einem bestimmten Ort.

Ortsdosisleistung

In einem bestimmten Zeitintervall erzeugte Ortsdosis, dividiert durch die Länge des Zeitintervalls.

P

Personendosis

Äquivalentdosis, gemessen mit den in Anlage VI Teil A StrlSchV angegebenen Messgrößen an einer für die Strahlenexposition repräsentativen Stelle der Körperoberfläche.

Primärkreis, Primärkreislauf

Systembereich, welcher die Druckführende Umschließung des Reaktorkühlmittels bei DWR-Anlagen umfasst.

Primärkühlmittel

Wasser, welches der unmittelbaren Kühlung des Reaktorkerns bei DWR-Anlagen dient.

Prozessvariable

Eine unmittelbar im Prozess messbare chemische oder physikalische Größe.

Prüfung

Maßnahme zur Feststellung, ob der Ist-Zustand dem Soll-Zustand entspricht.

Prüfung, wiederkehrende

Prüfung, die in festgelegten Zeitabständen durchgeführt wird.

Q

Qualifikation von Personen

Das Vorhandensein von Wissen, Fähigkeiten (physisch und psychisch) und Fertigkeiten (erlernte und eingeübte Verhaltensweisen), sowie Einstellungen, um sich anforderungsgerecht verhalten zu können.

Qualität

Die Gesamtheit von Eigenschaften und Merkmalen eines Produktes oder einer Dienstleistung, die sich auf deren Eignung zur Erfüllung festgelegter oder vorausgesetzter Erfordernisse bezieht.

R

Reaktionen aus Zwang im Gebrauchszustand

Reaktionen baulicher Anlagenteile auf betriebliche Einwirkungen; z. B. Kräfte und Momente aus Temperatur, Kriechen, Schwinden und Auflagerverschiebungen.

Reaktorkühlkreislauf

Synonym für Reaktorkühlsystem.

Reaktorkühlmittel

Wasser, welches der unmittelbaren Kühlung des Reaktorkerns bei DWR- und SWR-Anlagen dient.

Reaktorkühlsystem

System, welches der unmittelbaren Kühlung des Reaktorkerns bei DWR- und SWR-Anlagen dient. Es umfasst die Druckführende Umschließung des Reaktorkühlmittels bei DWR- und SWR-Anlagen sowie deren Einbauten und aktiven Komponenten sowie deren Stützkonstruktionen.

Reaktorschutzsystem

Die Einrichtungen des Reaktorschutzsystems sind für Ausführung der Leittechnik-Funktionen der Kategorie A vorgesehen. Das Reaktorschutzsystem ist Teil des Sicherheitssystems, welcher die für die Sicherheit wesentlichen Prozessvariablen zur Verhinderung von unzulässigen Einwirkungen und zur Erfassung von Störfällen überwacht, verarbeitet und Schutzaktionen auslöst, um den Zustand der Reaktoranlage in sicheren Grenzen zu halten.

Das Reaktorschutzsystem umfasst als Teil des Sicherheitssystems alle Einrichtungen der Messwerterfassung, der Signalaufbereitung, der Logikebene und die den Einzelantrieben zugeordneten Teile der Steuerung zur Auslösung von Schutzaktionen sowie die Funktionsgruppensteuerungen.

Redundante

Einrichtung, die gleichwertig mit anderen Einrichtungen deren Funktionen erfüllen und bei Bedarf eine dieser anderen Einrichtungen voll ersetzen oder durch diese ersetzt werden kann.

Redundanz

Vorhandensein von mehr funktionsbereiten Einrichtungen, als zur Erfüllung der vorgesehenen Funktion notwendig ist.

Redundanzgrad

Redundanzgrad n + x: n ist die Anzahl der zur Ereignisbeherrschung mindestens erforderlichen Redundanten, wobei n in verschiedenen Betriebsphasen bzw. Betriebszuständen unterschiedlich sein kann; x bezeichnet die Anzahl der zusätzlich zu n vorzuhaltenden Redundanten.

Reparatur

Synonym für Instandsetzung.

Reservenetz

Ein Netz, aus dem der Kernkraftwerksblock elektrische Energie über den Reserve-Netzanschluss beziehen kann.

Reserve-Netzanschluss

Ein Netzanschluss, über den mindestens die elektrische Energie zum Abfahren des Kernkraftwerkes unter Erhaltung der Hauptwärmesenke bezogen werden kann.

Rückhaltefunktion

Maßnahme oder Einrichtung zur Rückhaltung radioaktiver Stoffe, z. B. durch Filterung, Wasserüberdeckung, gerichtete Strömung durch Unterdruckhaltung, Verzögerungsstrecken, Behälter, Gebäudeabdichtungen, Auffangwannen und sonstige Umschließungen.

Rückkopplung, thermische

Wirkungskreis, der entsteht, wenn das Brennstabhüllrohr durch den Brennstab-Innendruck so weit von der Brennstoffoberfläche abhebt, dass es zu einer Verschlechterung des Spaltwärmeübergangs, einer Erhöhung der Brennstoff-Temperatur, einer Verstärkung der Spaltgasfreisetzung und schließlich zu einer weiteren Erhöhung des Innendrucks kommt.

S

Schutzaktion

Die Betätigung oder der Betrieb von aktiven Sicherheitseinrichtungen, die zur Beherrschung von Ereignissen erforderlich sind.

Schutzbegrenzung

Siehe Begrenzungseinrichtung.

Schutzziel

Grundlegende Sicherheitsfunktion, die verschiedene untergeordnete Sicherheitsfunktionen, die zur Einhaltung der jeweiligen Nachweisziele und Nachweiskriterien sichergestellt sein müssen, umfasst.

Die Schutzziele sind:

a)
Kontrolle der Reaktivität
b)
Kühlung der Brennelemente
c)
Einschluss der radioaktiven Stoffe.

Sicherheitsabstand

Abstand zwischen dem gemäß eines Nachweiskriteriums zulässigen Wert einer Größe und dem Wert, bei dem der Verlust der geforderten Eigenschaften zu unterstellen ist.

Sicherheitsanalyse, deterministische

Analyse des sicherheitstechnischen Zustands einer Anlage bzw. eines Anlagenteils zur Überprüfung der Erfüllung deterministischer Sicherheitsanforderungen, bestehend aus einer Systembewertung sowie einer Zustands- bzw. Ereignisanalyse.

Sicherheitsanalyse, probabilistische (PSA)

Analyse des sicherheitstechnischen Zustands einer Anlage durch Ermittlung der Häufigkeit von Gefährdungs- bzw. Kernschadenszuständen oder der Häufigkeit der Freisetzung radioaktiver Stoffe.

Sicherheitsebene

Kategorie von Anlagenzuständen mit definierten gleichartigen Randbedingungen:

Sicherheitsebene 1:
Normalbetrieb
Sicherheitsebene 2:
anomaler Betrieb
Sicherheitsebene 3:
Störfall
Sicherheitsebene 4:
sehr seltene Ereignisse (Sicherheitsebene 4a),
Ereignisse mit Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen (Sicherheitsebene 4b),
Unfall mit schweren Brennelementschäden (Sicherheitsebene 4c).

Sicherheitseinrichtung

Einrichtung des Sicherheitssystems, die der Beherrschung von Störfällen dient.

Sicherheitseinrichtung, aktive

Einrichtung des Sicherheitssystems, die Schutzaktionen ausführt.

Sicherheitseinschluss

System aus Sicherheitsbehälter und umgebendem Gebäude sowie den Hilfssystemen zur Rückhaltung und Filterung etwaiger Leckagen aus dem Sicherheitsbehälter.

Sicherheitsfunktion

Funktionale Verknüpfung von Maßnahmen und Einrichtungen zur Erfüllung sicherheitstechnischer Aufgaben.

Sicherheitskultur

Die Sicherheitskultur ist durch eine, für die Gewährleistung der Sicherheit der Anlage erforderliche, sicherheitsgerichtete Grundhaltung, Verantwortung und Handlungsweise aller Mitarbeiter bestimmt. Sicherheitskultur umfasst dazu die Gesamtheit der Eigenschaften und Verhaltensweisen innerhalb eines Unternehmens und beim Einzelnen, die dazu dienen, dass die nukleare Sicherheit als eine übergeordnete Priorität die Aufmerksamkeit erhält, die sie aufgrund ihrer Bedeutung erfordert. Sicherheitskultur betrifft sowohl die Organisation als auch die Einzelpersonen.

Sicherheitssystem

Gesamtheit aller Einrichtungen, die die Aufgabe haben, die Anlage vor unzulässigen Einwirkungen zu schützen und bei auftretenden Störfällen deren Auswirkungen auf das Betriebspersonal, die Anlage und die Umgebung in vorgegebenen Grenzen zu halten.

Sicherheitsvariable

Sicherheitstechnisch relevanter Betriebsparameter oder sicherheitstechnisch relevante Prozessvariable.

Sicherheitszuschlag

Zuschlag zur Abdeckung von Unsicherheiten.

Siedezustand, kritischer

Siedezustand, der sowohl bei Einsetzen des Filmsiedens als auch bei Einsetzen des Austrocknens der Heizfläche vorliegt.

Softwarefehler

Fehler in einer Software, der bei bestimmten Kombinationen oder einer bestimmten Abfolge von Eingangsdaten nicht spezifizierte Ausgangsdaten erzeugt.

Softwareversagen

Nichterfüllung von Funktionen der Software.

Speisewasser

Wasser zur sekundärseitigen Bespeisung der Dampferzeuger bei DWR-Anlagen oder zur betrieblichen Bespeisung des Reaktordruckbehälters bei SWR-Anlagen.

Spiking-Effekt

Effekt, der bei Vorhandensein defekter Brennstäbe im Reaktorkern beim Abfahren oder Abschalten des Reaktors zu einer Freisetzung von in der Regel Spaltgasen ins Kühlmittel führt, bedingt durch ein Nachlassen der komprimierenden Wirkung des Brennstabhüllrohrs auf den Brennstoff.

Standsicherheit

Sicherheit gegen unzulässige Veränderungen der Lage und des Aufstellortes eines Anlagenteils (z. B. Umstürzen, Abstürzen, unzulässiges Verrutschen).

Störfall

Ereignis bzw. Ereignisablauf, dessen Eintreten während der Betriebsdauer der Anlage nicht zu erwarten ist, gegen den die Anlage dennoch so auszulegen ist, dass die Auslegungsgrundsätze, Nachweisziele und Nachweiskriterien für die Sicherheitsebene 3 eingehalten werden und bei dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit aus sicherheitstechnischen Gründen nicht fortgeführt werden kann.

Störfallanalyse

Analyse des Ablaufs eines Ereignisses der Sicherheitsebene 3 (Störfall).

Störfallbehandlung

Zeitraum ab dem Eintritt eines Störfalls bis zum Erreichen eines sicheren Anlagenzustands.

Störfallinstrumentierung

Einrichtung, die vor, während und nach einem Störfall oder einem Ereignis, das zu einer erhöhten Freisetzung radioaktiver Stoffe führen kann, die Informationen über den Zustand der Anlage erfasst, anzeigt und aufzeichnet.

Störung

Ereignis bzw. Ereignisablauf, dessen Eintreten während der Betriebsdauer der Anlage häufig zu erwarten ist, für den die Anlage ausgelegt ist oder für den bei der Tätigkeit vorsorglich Maßnahmen und Einrichtungen vorgesehen sind und nach dessen Eintreten der Betrieb der Anlage oder die Tätigkeit fortgeführt werden kann (Sicherheitsebene 2). Synonyme: Anomaler Betrieb, gestörter Betriebszustand.

Strahlenschutzvorsorge-Maßnahme

Vorkehrung auf der Grundlage des Strahlenschutzvorsorgegesetzes (StrVG) mit dem Ziel, die Strahlenexposition der Bevölkerung sowie die radioaktive Kontamination der Umwelt bei radiologisch bedeutsamen Ereignissen unter Berücksichtigung aller Umstände so gering wie möglich zu halten.

System

Synonym für Anlagenteil.

Systembewertung

Analysebestandteil der deterministischen Sicherheitsanalyse zur Überprüfung der Erfüllung von Qualitätskriterien.

Systemteil

Synonym für Komponente.

Systemteil, passives

Ein Systemteil ist passiv, wenn es im Anforderungsfall keine Stellungsänderung erfährt (z. B. Rohrleitungen, Behälter, Wärmetauscher). Selbsttätig wirkende Systemteile (ohne Fremdenergie, ohne Fremdsteuerung) sind dann als passiv anzusehen, wenn die Stellung des betrachteten Systemteils (z. B. Sicherheitsventil oder Rückschlagarmatur) im Rahmen des vorgesehenen Funktionsablaufes nicht verändert wird.

T

Tätigkeiten und Prozesse, sicherheitsrelevant

Alle Tätigkeiten und Prozesse, die auf die Sicherheit des Kernkraftwerks Einfluss haben können.

Teilsystem

Teil eines mehrfach (gleichartig) aufgebauten Systems, der partiell oder vollständig die Funktion des Systems erfüllt.

Tragfähigkeit

Maximal zulässige Belastung durch eine statische Last.

Transiente

Dynamisch sich entwickelndes Ungleichgewicht zwischen Leistungsfreisetzung und Leistungsabfuhr.

Trennung, räumliche

Anordnung redundanter Teilsysteme in räumlicher Distanz bzw. getrennt durch geeignete bauliche Anlagenteile.

U

Überflutung, anlageninterne

Überflutungen in Gebäuden oder auf dem Anlagengelände, die nicht unmittelbar auf eine Einwirkung von außen zurückzuführen sind.

Überwachung

Sammelbegriff für alle Arten einer kontrollierten Erfassung von physikalischen Größen einschließlich eines Vergleichs mit vorgegebenen Werten.

Hinweis:

Die Überwachung erfolgt z. B. durch kontinuierliche Messung, diskontinuierliche Analyse von Proben oder die Berechnung von Werten durch Verknüpfung von Messwerten.

Umleitbetrieb

Betrieb des Wasser-Dampf-Kreislaufes unter Umgehung der Turbine (während des Umleitbetriebes wird der Frischdampf direkt in den Turbinenkondensator geleitet).

Unfall mit schwerem Kernschaden

Ereignisablauf mit schwerem Kernschaden.

Unfall mit schweren Brennelementschäden

Ereignisablauf mit schweren Brennelementschäden.

Unternehmen

Die Organisation des Genehmigungsinhabers des Kernkraftwerks. Das Unternehmen umfasst die zum Betrieb des Kernkraftwerkes erforderlichen Personen, sächlichen Mittel und Rechte, einschließlich der Anlage selbst und der Organisation. Als Teil des Unternehmens im Sinne dieser „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ sind auch ­beteiligte Unternehmen, herrschende oder sonstige mit dem Genehmigungsinhaber verbundene Unternehmen oder Teile solcher Unternehmen anzusehen, die in der Dokumentation des Managementsystems des Genehmigungsinhabers als Teil seines Unternehmens bezeichnet werden, soweit sie Prozesse oder Tätigkeiten ausführen oder Aufgaben, Verantwortung oder Befugnisse haben, die Einfluss auf die Sicherheit des Kernkraftwerkes haben können.

Unternehmensleitung

Personen oder Personengruppen, die ein Unternehmen auf der obersten Ebene leiten und lenken. Bei einer juristischen Person oder teilrechtsfähigen Personengesellschaft sind dies die Vorstände, Geschäftsführer oder ein sonstiges Organ dieser Gesellschaft, das durch Gesetz, Satzung oder Vertrag zur Vertretung berechtigt ist. Von der Unternehmensleitung abzugrenzen sind alle sonstigen Personen, die mit Managementaufgaben betraut sind, und die Ausführungsebene (alle Personen, die sicherheitsrelevante Tätigkeiten ausführen).

V

Validierung

Überprüfung der Gültigkeit und Genauigkeit der erzielbaren Ergebnisse von Berechnungen durch Beispiele mit exakten analytischen Lösungen oder durch Experimente oder durch andere überprüfte Berechnungsverfahren.

Verhindern

Zu verhindern sind solche Ereignisse oder Ereignisabläufe, bei denen keine höherwertiger ausgelegten Maßnahmen und Einrichtungen zu deren Beherrschung auf einer nachfolgenden Sicherheitsebene vorhanden sind. Dementsprechend ist die Entwicklung von Ereignissen und Ereignisabläufen der Sicherheitsebene 3 zu solchen der Sicherheitsebene 4 zu verhindern.

Verifizierung

Bestätigung durch Bereitstellung eines objektiven Nachweises, dass festgelegte Kriterien erfüllt worden sind.

Vermeiden

Das Vorgehen des Vermeidens von Ereignissen oder Ereignisabläufen kann für den Fall angewendet werden, wenn höherwertiger ausgelegte Maßnahmen und Einrichtungen (auf einer nachfolgenden Sicherheitsebene) in der erforderlichen Zuverlässigkeit und Wirksamkeit zu deren Verhinderung vorhanden sind. Dadurch ist zu erreichen, dass das Eintreten solcher Ereignisse oder Ereignisabläufe auf der Sicherheitsebene 3 während der Betriebsdauer der Anlage nicht zu erwarten ist. Dennoch ist der Eintritt solcher Ereignisse zu unterstellen.

Verriegelung

Vorkehrung, mittels derer Funktionen von Einrichtungen, die bei spezifizierten Betriebs- oder Störfallbedingungen unzulässig sind, leit- oder verfahrenstechnisch blockiert werden.

Versagen

Nicht- oder Fehlfunktion bei Anforderung aktiver Systeme bzw. Verlust der Integrität bzw. Funktionsfähigkeit bei passiven Systemen.

Verschleppung radioaktiver Stoffe

Unbeabsichtigte Weiterverbreitung offener radioaktiver Stoffe.

Versorgungseinrichtung/system

System zur Bereitstellung von z. B. elektrischer Energie, Deionat, Hilfsdampf, Kühlwasser, Wärme, Kälte, Druckluft oder anderen technischen Gasen bzw. Schmiermitteln.

Vorsorgemaßnahme

Maßnahme(n) oder Einrichtung(en), bei deren Vorhandensein der Eintritt eines Ereignisses als so unwahrscheinlich nachgewiesen ist, dass er nicht mehr unterstellt zu werden braucht.

W

Wärmesenke

Medium (in der Regel ein Wasserreservoir oder die Atmosphäre) in das die Nachwärme ultimativ übertragen werden kann.

Wärmesenke, diversitäre

Eine Wärmesenke, die unabhängig von der primären Wärmesenke in der Lage ist die Nachzerfallsleistung sowie die bei Betrieb und Störfällen anfallende Verlustwärme von sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen abzuführen. Diversitäre Konzepte nutzen eine andere Wärmesenke (z. B. Luft anstatt Wasser; Brunnen anstatt Fluss) als die primäre Wärmesenke.

Wärmesenke, primäre

Die Wärmesenke an die die Nachzerfallsleistung sowie die bei Betrieb und Störfällen anfallende Verlustwärme der sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen letztendlich abgeführt wird.

Warte

Der zentrale Ort von dem der Betrieb eines Kernkraftwerksblockes überwacht und gesteuert wird. Zur Warte zählen der Wartenraum und die Wartennebenräume.

Wartung

Maßnahmen zur Bewahrung des Sollzustandes von Einrichtungen.

Z

Zustandsbegrenzung

Siehe Begrenzungseinrichtung.

Zuverlässigkeitsanalyse

Ermittlung der Zuverlässigkeit sicherheitstechnisch wichtiger Einrichtungen mit Hilfe probabilistischer Methoden.

Anhang 2 zu den
„Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“:
Zu berücksichtigende Ereignisse

vom 22. November 2012

Gliederung

1
Zielsetzung und Geltungsbereich
2
Übergeordnete Anforderungen
3
Nachweisziele und Nachweiskriterien
4
Definitionen und Abgrenzungen der Betriebsphasen für DWR und SWR
5
Ereignislisten
Anlage 1:
Prinzipielle Zuordnung von Beanspruchungsstufen zu Sicherheitsebenen und übergreifenden Ein­wirkungen
Anlage 2:
Unterstellte Leckquerschnitte und Brüche in der Druckführenden Umschließung (DfU) sowie in den Äußeren ­Systemen

1 Zielsetzung und Geltungsbereich

1 (1)
Für die in den nachfolgenden generischen Ereignislisten für DWR und SWR zusammengestellten Ereignisse (im Folgenden Ereignislisten genannt) ist mittels rechnerischer Analysen nachzuweisen, dass die in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ gestellten Anforderungen erfüllt sind. Insbesondere ist für diese Ereignisse unter Berücksichtigung von Anhang 5 „Anforderungen an die Nachweisführung und Dokumentation“ der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ nachzuweisen, dass die auf den verschiedenen Sicherheitsebenen geltenden sicherheitstechnischen Nachweisziele erreicht und die Nachweiskriterien eingehalten werden.
Hinweis:
In den Ereignislisten sind den Ereignissen die jeweils betroffenen Schutzziele
Kontrolle der Reaktivität (R),
Kühlung der Brennelemente (K) und
Einschluss radioaktiver Stoffe (B)
zugeordnet. Diejenigen Ereignisse, die für die Nachweisführung zur Einhaltung radiologischer Sicherheitsziele von Bedeutung sind, sind mit (S) gekennzeichnet.
Die den Sicherheitsebenen 2 bis 4a zugeordneten Nachweisziele und -kriterien sind für jedes Schutzziel in den Tabellen 3.1a – c für die Reaktoranlage sowie in Tabelle 3.2 für die Brennelementlagerung und -handhabung tabellarisch dargestellt, für die radiologischen Sicherheitsziele in Tabelle 3.3.
1 (2)
Die Nachweise nach der Nummer 1 (1) erfolgen unter Zugrundelegung der in den Tabellen 4.1 und 4.2 für DWR und SWR definierten Betriebsphasen.
Sofern in den Betriebsvorschriften einer Anlage andere Betriebsphasendefinitionen als die in den vorgenannten Tabellen für die Ereignisanalysen gewählt werden, sind die Ereignislisten und die den Ereignissen zugeordneten Nachweisziele und Nachweiskriterien entsprechend anzupassen.
1 (3)
Bei definierten Ereignissen, deren Eintreten durch spezielle Maßnahmen und Einrichtungen – im Folgenden Vorsorgemaßnahmen genannt – verhindert werden kann, ist die Nachweisführung auf die Einhaltung der Anforderungen für die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit dieser Vorsorgemaßnahmen zu beziehen.
Für diese in den Ereignislisten mit VM gekennzeichneten Ereignisse sind rechnerische Analysen dann nicht erforderlich, wenn die angegebenen Vorsorgemaßnahmen als getroffen nachgewiesen sind.
Hinweis:
Weitergehende und ereignisspezifische Anforderungen für diese Vorsorgemaßnahmen sind in Anhang 3 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ enthalten.

2 Übergeordnete Anforderungen

2 (1)
Sofern anlagenspezifische Gegebenheiten Abweichungen gegenüber den in den Ereignislisten angegebenen Randbedingungen bei der analytischen Nachweisführung erfordern, sind die Abweichungen begründet darzulegen und nachvollziehbar zu dokumentieren.
2 (2)
Sind bei der Nachweisführung nur Teilaspekte der jeweiligen Ereignisliste von Bedeutung, kann die Nachweisführung auf die betroffenen Teilaspekte beschränkt werden.
2 (3)
Die Nachweisführung muss sich vom Eintritt eines Ereignisses bis zum Erreichen eines kontrollierten Anlagenzustandes erstrecken; bei der Ermittlung eines Quellterms für radiologische Nachweise bis zur Beendigung der Freisetzung.
2 (4)
Bei der anlagenspezifischen Anwendung der Ereignislisten ist für die Sicherheitsebenen 2 bis 4a die Vollständigkeit und der repräsentative Charakter der in den Ereignislisten genannten Ereignisse für alle relevanten Betriebszustände zu überprüfen.
Hierzu sind grundsätzlich folgende Arbeitsschritte durchzuführen:
a)
Abgleich der im Zusammenhang mit Errichtungs-, Betriebs- und Änderungsgenehmigungen sowie Sicherheitsüberprüfungen gemäß § 19a AtG untersuchten Ereignisse mit den in den Ereignislisten (Tabellen 5.1 bis 5.3) zusammengestellten Ereignissen.
b)
Überprüfung des repräsentativen Charakters der Ereignislisten und – falls erforderlich – anlagenspezifische Ergänzung oder Anpassung der Listen.
c)
Soweit für die Sicherheitsebenen 2 bis 4a unter anlagenspezifischen Gesichtspunkten zweckmäßig, kann die aufgelistete Gesamtheit der Ereignisse gemäß Buchstabe b auf für die Nachweisführung repräsentative Ereignisabläufe zurückgeführt werden. Die Rückführung auf repräsentative Ereignisabläufe ist detailliert und nachvollziehbar zu begründen, wobei zu zeigen ist, dass die nicht analysierten Ereignisse durch die repräsentativen Ereignisse abgedeckt sind.
d)
Nachweis der Einhaltung der relevanten Nachweiskriterien sowie der übergeordneten Anforderungen für alle Ereignisse der unter Berücksichtigung der Buchstaben b und c erzeugten anlagenspezifischen Ereignislisten.
2 (5)
Die Nachweise zur Einhaltung der Nachweiskriterien müssen die in Anlage 1 dargelegte Zuordnung von Beanspruchungsstufen der druckführenden Umschließung, der Äußeren Systeme und des Sicherheitsbehälters zu den in den Ereignislisten aufgeführten Ereignissen berücksichtigen.

3 Nachweisziele und Nachweiskriterien

Tabelle 3.1a:
Sicherheitstechnische Nachweisziele und Nachweiskriterien der Sicherheitsebenen 2 bis 4a für die Reaktoranlage und das Schutzziel „Kontrolle der Reaktivität“

Sicherheitsebene: 2 3 4a
Betriebsphase: A B C D E A B C D E A
Schutzziel: Kontrolle der Reaktivität (R)
Nachweisziele: Leistungsanpassung oder
Reaktorabschaltung
2
Reaktorabschaltung2
Nachweiskriterien: Siehe unter „Kühlung der Brennelemente“ sowie „Einschluss der radioaktiven Stoffe“
Nachweisziel: Sicherstellung der Unterkritikalität
Nachweiskriterium3
„Betrag der
Abschaltreaktivität“:
1 % 1 % 1 %

Tabelle 3.1b:
Sicherheitstechnische Nachweisziele und Nachweiskriterien der Sicherheitsebenen 2 bis 4a für die Reaktoranlage und das Schutzziel „Kühlung der Brennelemente“

Sicherheitsebene: 2 3 4a
Betriebsphase: A B C D E A B C D E A
Schutzziel: Kühlung der Brennelemente (K)
Nachweisziele: Uneingeschränkte Weiterverwendbarkeit
der Brennelemente
4
Abschalt- und Kühlbarkeit des Reaktorkerns
Nachweiskriterien: – TBrennstoff < TSchmelz5
– Kein kritischer Siedezustand am Hüllrohr
oder
Einhaltung eines
geeigneten Temperatur-Zeit-Kriteriums für das Hüllrohr
Kein Sieden
am Hüllrohr
Transiente:
– Brennstab­integrität6
Reaktivitäts­störfall:
– Brennstoff verbleibt innerhalb des Hüllrohrs7
Leckstörfall:
– Hüllrohr­temperatur
< 1 200 °C8
– Hüllrohr­oxidationstiefe
< 17 %8
– Begrenzung
der Hüllrohr­dehnung9
Brennstab­integrität (Aufrecht­erhaltung der Brenn­elementbe­deckung10 Transiente mit
unterstelltem RESA-Ausfall:
(Betriebsphase A)
dauerhafte Abschalt­barkeit und Kühlbarkeit

Tabelle 3.1c:
Sicherheitstechnische Nachweisziele und Nachweiskriterien der Sicherheitsebenen 2 bis 4a für die Reaktoranlage und das Schutzziel „Einschluss der radioaktiven Stoffe“

  Sicherheitsebene: 2 3 4a
  Betriebsphase: A B C D E A B C D E A
  Schutzziel: Einschluss der radioaktiven Stoffe (B)
  Nachweisziel: Erhalt der Barrierenintegrität
Nachweis­kriterien Brennstabhüllrohr: Siehe unter „Kühlung der Brennelemente“
PCI11 Leckstörfall 0,1 F:
Brennstab­schadens-
umfang 1 %
Leckstörfall > 0,1 F:
Brennstab­schadens-
umfang 10 %
Druckführende
Umschließung:
Siehe Anlage 1 Siehe Anlage 1 Siehe Anlage 1
Äußere Systeme12 Siehe Anlage 1 Siehe Anlage 1 Siehe Anlage 1
Sicherheits­behälter (SHB): Druckanstieg im SHB < Ansprechkriterien Reaktorschutz PSHB PSHB-A13 PSHB PSHB-A
SWR: Einhaltung spezifizierter Temperaturen in der Konden­sationskammer SWR: Einhaltung spezifizierter Temperaturen in der Konden­sationskammer SWR: Einhaltung ­spezifizierter Temperaturen in der Konden­sationskammer
Begrenzung der
– Zirkon-Wasser-Reaktion auf < 1 % des gesamten im Reaktorkern enthaltenen ­Zirkoniums
– max. lokalen H2-Konzent­ration im SHB auf Werte unterhalb der Zündgrenze
Siehe Anlage 1 Siehe Anlage 1 Siehe Anlage 1

Sicherheitsebene: 2 3 4a
Betriebsphase: A B C D E A B C D E A
Schutzziel: Einschluss der radioaktiven Stoffe (B)
Nachweisziel: Aufrechterhaltung der Rückhaltefunktion von Einrichtungen
Nachweiskriterien: Keine ereignisspezifische Analyse,
ansonsten siehe unter
„Einhaltung radiologischer Sicherheitsziele“
siehe unter „Einhaltung
radiologischer Sicherheitsziele“

Tabelle 3.2: Sicherheitstechnische Nachweisziele und -kriterien der Sicherheitsebenen 2 bis 3 für die Brennelementlagerung und -handhabung

Sicherheitsebene: 2 3
Betriebsphase: A – F A – F
Schutzziel: Kontrolle der Reaktivität (R)
Nachweisziel: Sicherstellung der Unterkritikalität
Nachweiskriterium:
Neutronen-
Multiplikationsfaktor keff:
< 0,95 < 0,95a14
Schutzziel: Kühlung der Brennelemente (K)16
Nachweisziele: Begrenzung der Beckenwassertemperatur auf Werte,
die eine Begehbarkeit des Lagerbeckenbereichs
mit betriebsüblichen Maßnahmen sicherstellen
Begrenzung der Beckenwassertemperatur
auf Werte unterhalb der Auslegungstemperatur
des Beckens zur Sicherstellung seiner Integrität15
Ausreichende Wasserüberdeckung zur
Sicherstellung der erforderlichen
Zulaufverhältnisses für die Beckenpumpen
Ausreichende Wasserüberdeckung zur
Sicherstellung der Brennelementkühlung
Nachweiskriterien: Einhaltung spezifizierter Beckenwassertemperaturen
Schutzziel: Einschluss der radioaktiven Stoffe (B)16
Nachweisziele: Siehe unter „Kühlung der Brennelemente“
Aufrechterhaltung der Rückhaltefunktion von Gebäuden und Systemen:
Nachweiskriterien: Keine ereignisspezifische Analyse,
ansonsten siehe unter
„Einhaltung radiologischer Sicherheitsziele“
siehe unter
„Einhaltung radiologischer Sicherheitsziele“

Tabelle 3.3: Radiologische Sicherheitsziele der Sicherheitsebenen 2 bis 4a für die Reaktoranlage und die Brennelementlagerung und -handhabung

Sicherheitsebene: 2 3 4a
Betriebsphase: A B C D E F A B C D E F A
  Einhaltung radiologischer Sicherheitsziele (S)
Einhaltung der Vorgaben der StrlSchV: Anlagenspezifischer
Genehmigungswert für zulässige Ableitungen mit Luft und Wasser unter Beachtung von § 47 StrlSchV
Einhaltung der
Störfallplanungswerte
nach § 49 StrlSchV

4 Definitionen und Abgrenzungen der Betriebsphasen für DWR und SWR

Tabelle 4.1: Definition der Betriebsphasen für DWR

Phase Bezeichnung Systembedingungen (Normalbetrieb) keff17
A Nuklearer Leistungs-
und Anfahrbetrieb
Anlage im Leistungsbetrieb bzw. bereit für
Aufnahme des Leistungsbetriebs
0,99
B Heiß unterkritisch Betriebliche Nachwärmeabfuhr über
Nachkühlsystem nicht möglich
< 0,99
C Kalt unterkritisch
Primärkreislauf druckdicht
Betriebliche Nachwärmeabfuhr über Nachkühlsystem < 0,9918
Primärkreislauf druckdicht verschlossen
D Kalt unterkritisch
Primärkreislauf nicht druckdicht
Nicht druckdicht verschlossener Primärkreis und
Flutraum nicht vollständig geflutet
< 0,9518
E Brennelementwechsel Flutraum vollständig geflutet < 0,9518
F Brennelementlagerung Alle Brennelemente im vom Flutraum
abgetrennten Brennelementlagerbecken
< 0,95
Kühlung der Brennelemente über die Beckenkühlsysteme

Tabelle 4.2: Definition der Betriebsphasen für SWR

Phase Bezeichnung Systembedingungen (Normalbetrieb) keff17
A Nuklearer Leistungs- und Anfahrbetrieb Anlage im Leistungsbetrieb bzw. beim Anfahren
ab Beginn des Ausfahrens von Steuerelemente
0,99
B19 Heiß unterkritisch Steuerelemente vollständig eingefahren und betriebliche Nachwärmeabfuhr
über Nachkühlsystem nicht möglich
< 0,99
C Kalt unterkritisch, Reaktorkühlkreislauf druckdicht Betriebliche Nachwärmeabfuhr über Nachkühlsystem < 0,9920
Reaktorkühlkreislauf druckdicht verschlossen
D Kalt unterkritisch, Reaktorkühlkreislauf nicht druckdicht Nicht druckdicht verschlossener Reaktorkühlkreislauf
und Flutraum nicht vollständig geflutet
< 0,99
E Brennelementwechsel Flutraum vollständig geflutet < 0,99 im
Reaktor21
Brennelemente im Reaktor und im Brennelementlagerbecken < 0,95 im
BE-Becken
F22 Brennelementlagerung Alle Brennelemente im vom Flutraum abgetrennten Brennelementlagerbecken < 0,95
Kühlung der Brennelemente über die Beckenkühlsysteme

5 Ereignislisten

Hinweis:

Erläuterungen zu den Ereignislisten

Die Ereignislisten umfassen für den Leistungs- und Nichtleistungsbetrieb von DWR und SWR die Sicherheitsebenen 2 bis 4a sowie für das Brennelement-Lagerbecken (bei DWR und SWR) die Sicherheitsebenen 2 bis 3 gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“. Für die Sicherheitsebenen 2 bis 4a liegen umfassende Ereignisspektren vor. Bei der anlagenspezifischen Überprüfung kann diese Auflistung mit dokumentierter Begründung gemäß Nummer 2 (4) auf repräsentative Ereignisse kondensiert oder entsprechend der Genehmigungssituation erweitert oder modifiziert werden. Die Vorgehensweise auf den Sicherheitsebenen 4b und 4c ist in gesonderten Regelungen dargestellt.

Ereignisse, die auf Grund von Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen zu berücksichtigen sind, sind im Anhang 3 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ aufgelistet.

Ereignisse infolge Störmaßnahmen oder sonstiger Einwirkungen Dritter sind nicht Gegenstand der Ereignislisten.

Die Ereignislisten sind innerhalb der einzelnen Sicherheitsebenen in Ereigniskategorien unterteilt.

Folgende Ereigniskategorien sind zwecks Strukturierung der Listen anlagentypspezifisch gewählt worden, wobei zu beachten ist, dass nicht alle Kategorien in jeder Sicherheitsebene, jedem Betriebszustand oder für jede Betriebsphase von Relevanz sind.

Für den DWR gelten:

Veränderung der sekundärseitigen Wärmeabfuhr,
sekundärseitige Wärmeabfuhr-Leckstörfälle,
Durchsatzänderung im Primärkreislauf,
Druckänderung im Primärkreislauf,
Zunahme Reaktorkühlmittelinventar,
Abnahme Reaktorkühlmittelinventar,
Ausfall der Nachwärmeabfuhr,
Änderung der Reaktivität und der Leistungsverteilung,
Kühlmittelverlust innerhalb des Sicherheitsbehälters,
Kühlmittelverlust außerhalb des Sicherheitsbehälters,
Freisetzung radioaktiver Stoffe aus nuklearen Hilfssystemen,
Ausfall in der Energieversorgung,
Ereignisse infolge einer Einwirkung von innen und
Betriebstransiente mit unterstelltem Ausfall des Schnellabschaltsystems (ATWS).

Für den SWR gelten:

Frischdampf- oder speisewasserseitige Veränderung der Wärmeabfuhr,
Durchsatzänderung im Reaktorkühlsystem,
Zunahme Reaktorkühlmittelinventar,
Abnahme Reaktorkühlmittelinventar,
Ausfall der Nachwärmeabfuhr,
Änderung der Reaktivität und der Leistungsverteilung,
Kühlmittelverlust innerhalb des Sicherheitsbehälters, nicht absperrbar,
Kühlmittelverlust außerhalb des Sicherheitsbehälters,
Freisetzung radioaktiver Stoffe aus nuklearen Hilfssystemen,
Ausfall in der Energieversorgung,
Ereignisse infolge einer Einwirkung von innen und
Betriebstransiente mit unterstelltem Ausfall des Schnellabschaltsystems (ATWS).

Für das Brennelement-Lagerbecken gelten sowohl für den DWR als auch den SWR die folgenden Ereigniskategorien:

Verringerte Wärmeabfuhr aus dem Brennelement-Lagerbecken,
Kühlmittelverlust aus dem Brennelement-Lagerbecken,
Ausfall in der Energieversorgung,
Reaktivitätsänderungen im Brennelement-Lagerbecken und
Ereignisse bei Handhabung und Lagerung von Brennelementen.

Der Spaltenaufbau der Ereignislisten beginnt mit der Nummerierung (Xy-x; für X wird D (für DWR), S (für SWR) bzw. B (für Becken) verwendet, y steht für die Sicherheitsebene und x stellt die fortlaufende Nummer der Ereignisse in der jeweiligen Ebene oder Tabelle dar) und der Beschreibung der Ereignisse. Es folgen Spalten für die betroffenen Schutzziele, die relevanten Betriebsphasen, zusätzliche Erläuterungen zu den Nachweiskriterien sowie gegebenenfalls Detailangaben zu ergänzenden Randbedingungen oder ereignisspezifische Hinweise.

Die Kennzeichnungen in der Spalte „betroffene Schutzziele“ geben für jedes Ereignis diejenigen Schutzziele an, für die die Wirksamkeit der Maßnahmen und Einrichtungen nachzuweisen ist. Die generell für die einzelnen Schutzziele geltenden Nachweiskriterien sind – sowohl für den Leistungsbetrieb (Betriebsphase A) und Nichtleistungsbetrieb (Betriebsphasen B–F) von DWR und SWR als auch für das Brennelement-Lagerbecken – in Nummer 3 enthalten. Darin sind die Nachweiskriterien für die Sicherheitsebenen und Betriebsphasen spezifiziert.

Ereignisse, für die anstelle des Nachweises der Wirksamkeit von Maßnahmen und Einrichtungen zur Beherrschung des Ereignisses die Möglichkeit besteht, die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit von Vorsorgemaßnahmen nachzuweisen, sodass der Eintritt dieser Ereignisse verhindert ist und somit nicht mehr unterstellt zu werden braucht, sind mit VM gekennzeichnet.

In der rechten Spalte werden bei Bedarf ereignisspezifische Randbedingungen präzisiert und ereignisspezifische Erläuterungen gegeben.

Die Spalte „Betriebsphase“ nennt diejenigen Phasen des Kraftwerksbetriebs, in denen das jeweilige Ereignis auftreten kann und von Bedeutung ist.

Der Zeilenaufbau der Listen beginnt mit der Bezeichnung der Sicherheitsebene. Die darauf folgende Zeile bezeichnet die Ereigniskategorie, aus der die nachfolgend aufgeführten Ereignisse abgeleitet sind.

Bei Ereignissen mit Kühlmittelverlust wird zwischen Leckage sowie Leck oder Bruch unterschieden. Eine Leckage ist grundsätzlich ein Ereignis der Sicherheitsebene 2. Die Leckagerate ist so gering, dass das Sicherheitssystem nicht angefordert wird. Dagegen sind Lecks und Brüche Ereignisse der Sicherheitsebene 3. Die Ausströmrate ist hier so groß, dass das Sicherheitssystem automatisch angeregt wird.

Für Lecks und Brüche ist der untersuchte maximale Ausströmquerschnitt davon abhängig, ob für den zu betrachtenden Leitungsabschnitt der Bruchausschluss nachgewiesen ist oder nicht. Die Vorgaben für die grundsätzlich unterstellten Leckquerschnitte und Brüche sind in Anlage 2 beschrieben.

Tabelle 5.1: Ereignisliste Leistungs- und Nichtleistungsbetrieb DWR

Nr. Ereignisse DWR betroffene Schutzziele Betriebsphase Zusätzliche Erläuterungen,
Randbedingungen und Hinweise
Sicherheitsebene 2
Veränderung der sekundärseitigen Wärmeabfuhr
D2-01 Fehlfunktion im Frischdampf-System oder in der Speisewasserversorgung, die zu einer ungeplanten Temperatur-/Druckabsenkung im Dampferzeuger führt. R A Hinweis:
– z. B. Reglerstörungen, Ausfall Hochdruck-Vorwärmer, ­Fehlanregung einer Frischdampf-Umleitstation, Fehlöffnen Stützbedampfung.
D2-02 Fehlfunktion im Frischdampf-System oder in der Speisewasserversorgung, die zu einer ungeplanten Temperatur-/Druckerhöhung im Dampferzeuger führt. K A-B Hinweis:
– z. B. Störungen an der Turbinenregelung, teilweises Fehlfahren von Frischdampf-Absperrarmaturen.
D2-03 Fehlerhaftes Schließen von Armaturen, das zu relevanten Änderungen im Frischdampf- oder Speisewasserdurchsatz führt. K, B A-B  
D2-04 Turbinenschnellschluss mit Öffnen der Umleitstation R, K, B A  
D2-05 Turbinenschnellschluss mit verzögertem Ausfall der Umleitstation oder ohne Öffnen der Umleitstation R, K, B A  
D2-06 Ausfall Hauptwärmesenke R, K, B A-B  
D2-07 Lastabwurf auf Eigenbedarf R, K, B A Ergänzende Randbedingung:
– Mit und ohne Rückschaltung auf Haupt- oder Reserve­netzversorgung.
D2-08 Ausfall einer Hauptspeisewasserpumpen ohne Zuschaltung der Reservepumpe R, K A  
D2-09 Ausfall aller in Betrieb befindlichen Hauptspeisewasserpumpen mit und ohne Zuschaltung der Reserve­pumpe R, K A  
Durchsatzänderung im Primärkreislauf
D2-10 Ausfall einer Hauptkühlmittelpumpe R, K A-B  
D2-11 Ausfall aller Hauptkühlmittelpumpen R, K, B A-B  
Druckänderung im Primärkreislauf
D2-12 Druckabfall durch fehlerhaftes Druckhalter-Sprühen oder fehlerhaftes Öffnen von Armaturen K A-B  
D2-13 Druckanstieg durch fehlerhaftes Einschalten der Druckhalter-Heizung B A-C  
Zunahme Reaktorkühlmittelinventar
D2-14 Fehlerhaftes Einspeisen oder Reduzierung der ­Entnahmeraten durch betriebliche Systeme oder Sicherheitssysteme K, B A-C  
Abnahme Reaktorkühlmittelinventar
D2-15 Kurzzeitiges Fehlöffnen eines Druckhalter-Sicherheitsventils oder Druckhalter-Abblaseventils K, B A-C Ergänzende Randbedingung:
– Kurzfristig, sodass die Berstscheiben des Abblasebehälters intakt bleiben.
– Für das Druckhalter-Sicherheitsventil sind nur die Betriebsphasen B und C zu berücksichtigen.
D2-16 Fehler im Volumenregelsystem, die zu einer Verkleinerung des Kühlmittelinventars führen K A-C  
D2-17 Füllstandsabfall bei Mitte-Loop-Betrieb K C-D Hinweis:
– Die erfolgreiche Vermeidung des durch den Füllstandsabfall bedingten Ausfalls der Nachkühlpumpen ist nachzuweisen.
D2-18 Leckagen am DH-Dampfraum K A-B Hinweis:
– Ohne automatische Anregung des Sicherheitssystems.
Ausfall der Nachwärmeabfuhr
D2-19 Ausfall eines in Betrieb befindlichen Stranges des Nachwärmeabfuhrsystems K, B C-E Ergänzende Randbedingung:
– Ein Einzelfehler muss nicht unterstellt werden.
D2-20 Abschaltung aller Nachkühlstränge durch fehlerhaft ausgelöste Signale (kurzzeitig) K, B C-E Ergänzende Randbedingung:
– Die Grenzwerte für die Inbetriebnahme des Nachkühlsystems werden nicht
überschritten.
Änderung der Reaktivität und der Leistungsverteilung
D2-21 Störung in der Reaktorleistungs­regelung R, K A  
D2-22 Fehlerhaftes Ausfahren des wirksamsten Steuerelements oder der wirksamsten Steuerelementgruppe ohne Ausfall der Begrenzungseinrichtungen R, K A-B  
D2-23 Fehleinfall oder Fehleinfahren eines oder mehrerer Steuerelemente R, K A  
D2-24 Fehlerhafte Einspeisung aus einem System, das Deionat oder minderboriertes Kühlmittel führt (Externe Deborierung; homogen und heterogen) R A-E  
D2-25 Ungünstigste Fehlbeladung eines reaktivsten Brennelementes R, K E, A Ergänzende Randbedingung:
– Die Inbetriebnahme des Reaktors mit dem fehlbeladenen Brennelement ist bezüglich Schutzziel K in Betriebsphase A zu untersuchen.
Erläuterung:
– Schutzziel R (Unterkritikalität) in Betriebsphase E,
– Schutzziel K in Betriebsphase A
D2-26 Nichteinhaltung der Zuschalt­bedingungen bei der Inbetriebnahme einer Hauptkühlmittelpumpe nach
3-Loop-Betrieb
R, K A  
D2-27 Kaltwassereinspeisung in das Reaktorkühlsystem aus einem anschließenden System (z. B. Umgehung des Rekuperativ-Wärmetauschers des Volumen­regelsystems) R A-B  
Ausfall in der Energieversorgung
D2-28 Notstromfall gleich oder kürzer als 10 Stunden R, K, B A-E Ergänzende Randbedingung:
– Die Rückschaltung auf das Haupt- oder Reservenetz ist mit zu analysieren.
Sicherheitsebene 3
Veränderung der sekundärseitigen Wärmeabfuhr
D3-01 Größere Fehlfunktion im Frischdampf-System oder
in der Speisewasserversorgung, die zu einer ungeplanten Temperatur- oder Druckabsenkung im Dampferzeuger führt
R, B, S A-C Ergänzende Randbedingung:
– Betrieblich zulässige Dampferzeuger-Heizrohrschäden sind zu berücksichtigen.
Hinweis:
– z. B. vollständiges Fehlöffnen Frischdampf-Umleitstation, Fehlöffnen von Frischdampf-Sicherheits- und Frischdampf-
Abblaseregelventilen.
– Anforderungsrelevant hinsichtlich Radiologie (da keine
N16-Erkennung) in Phase B und in Phase A bei niedriger Leistung. Fehlöffnen in Phase B wahrscheinlicher als in Phase A wegen Durchführung von Prüfungen.
D3-02 Größere Fehlfunktion im Frischdampf-System oder in der Speisewasserversorgung, die zu einer ungeplanten Temperatur- oder Druckerhöhung im Dampferzeuger führt K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Betrieblich zulässige Dampferzeuger-Heizrohrschäden sind zu berücksichtigen.
– Zu betrachtende Fälle: z. B. Fehlschließen zweier bis aller Frischdampf-Absperrarmaturen.
D3-03 Ausfall der betrieblichen
Speisewasserversorgung
K A-B Hinweis:
– Hierunter ist der Ausfall sowohl der Hauptspeisewasserversorgung als auch der beim An- und Abfahren benutzten Einrichtungen (An- und Abfahrsystem oder Notspeisesystem in Betriebsfahrweise) zu verstehen.
D3-04 Fehlfunktion in der Speisewasserversorgung, die zu einem unzulässigen Füllstand im Dampferzeuger führt K A-B  
Sekundärseitige Wärmeabfuhr – Leckstörfälle
D3-05 Sekundärseitiges Leck oder sekundärseitiger Bruch innerhalb des Sicherheitsbehälters R, K, B A-C Ergänzende Randbedingung:
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– Bei niedrigen Sekundärkreisdrücken ist die Wirksamkeit des Ansprechens von dp/dt und/oder Druckdifferenz Sicherheitsbehälter beim zu betrachtenden Leckspektrum zu beachten.
D3-06 Leck/Bruch im Frischdampf- oder Speisewassersystem sowie anderen hochenergetischen Rohrleitungen im Ringraum und in der Armaturenkammer R, K, B, S
VM
A-B Ergänzende Randbedingung:
– Betrieblich zulässige Dampferzeuger-Heizrohrschäden sind beim Leck/Bruch im Frischdampf- oder Speisewassersystem zu berücksichtigen.
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– VM-Option ist nur für den Rohrleitungsbereich zwischen Ende Doppelrohr im Ringraum und FD-Absperrarmatur zulässig. Hierzu siehe auch in Anhang 3 zu den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Nummer 3.2.4.
Es sind insbesondere auch zu betrachten:
– die Integrität des Sicherheitsbehälters,
– redundanzübergreifende Auswirkungen infolge Feuchte, Druckaufbau, Differenzdrücken, Temperatur, Strahl- und Reaktionskräften usw. sowie
– die Integrität der sicherheitstechnisch wichtigen baulichen Strukturen des Reaktorgebäudes und der Armaturenkammer.
D3-07 Leck/Bruch im Frischdampf- oder Speisewassersystem hinter der Frischdampf-Absperrarmatur und vor der Speisewasser-Absperrarmatur R, K, B, S A-C Ergänzende Randbedingung:
– Betrieblich zulässige Dampferzeuger-Heizrohrschäden sind beim Leck/Bruch der Frischdampf-Leitung zu berücksichtigen.
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
D3-08 Frischdampfleitungsbruch nach der ersten Absperrung mit 2F-Bruch eines Dampferzeuger-Heizrohres R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– Der zufällige Heizrohrbruch kann als Einzelfehler betrachtet werden.
D3-09 Fehlöffnen eines Frischdampf-Sicherheitsventils mit 2F-Bruch eines Dampferzeuger-Heizrohres R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Der zufällige Heizrohrbruch kann als Einzelfehler betrachtet werden.
Durchsatzänderung im Primärkreislauf
D3-10 Bruch einer Hauptkühlmittel­pumpenwelle R, K A Ergänzende Randbedingung:
– Auch das sofortige Blockieren des Laufrades ist zu berücksichtigen.
Zunahme Reaktorkühlmittelinventar
D3-11 Fehlerhaftes Einspeisen durch betriebliche Systeme oder durch Sicherheitssysteme bei Unwirksamkeit vorgesehener Begrenzungsmaßnahmen K, B A-C  
Abnahme Reaktorkühlmittelinventar
D3-12 Fehlerhafter Füllstandsabfall bei Mitte-Loop-Betrieb mit Folgeausfall der Nachkühlpumpen R, K, B C-D Erläuterung:
– Schutzziel R betroffen wegen Reflux-Condenser-Mode in Phase C.
– Schutzziel B ist relevant für Betriebsphase C (Primärkreislauf geschlossen).
Ausfall der Nachwärmeabfuhr
D3-13 Ausfall eines in Betrieb befindlichen Stranges des Nachwärmeabfuhrsystems K, B C-E Ergänzende Randbedingung:
– Im Gegensatz zum Ereignis D2-20 hier mit Berücksichtigung des Einzelfehlers.
D3-14 Abschaltung aller Nachkühlstränge durch fehlerhaft ausgelöste Signale K, B C-E Ergänzende Randbedingung:
– Die Analyse hat die Unwirksamkeit kurzfristig erforderlicher Personal­handlungen zu berücksichtigen (siehe Ereignis D2-21).
Änderung der Reaktivität und der Leistungsverteilung
D3-15 Fehlerhaftes Ausfahren des wirksamsten Steuerelements oder der wirksamsten Steuer­elementgruppe mit Ausfall der Begrenzungseinrichtungen R, K A-B  
D3-16 Auswurf des wirksamsten Steuerelements R, K A-B  
D3-17 Fehlbeladung des Reaktorkerns mit mehr als einem Brennelement R
VM
E Erläuterung:
– Alternativ zum Nachweis der Unterkritikalität können Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, sodass eine Fehlbeladung des Reaktorkerns mit mehr als einem Brennelement verhindert ist.
D3-18 Absturz eines Brennelements auf den Reaktorkern R E Ergänzende Randbedingung:
– Unterkritikalitätsnachweis bei auf dem Kern liegendem Brennelement.
D3-19 Fehlerhafte Einspeisung aus einem System, das Deionat oder minderboriertes Kühlmittel führt, mit Ausfall der Begrenzungen oder vorgelagerter Maßnahmen (Externe Deborierung; homogen und
heterogen)
R, K
VM
A-E Ergänzende Randbedingung:
Dabei sind zu berücksichtigen:
– alle Möglichkeiten und Mengen für einen Deionateintrag,
– Bedienungsfehler, bspw. fehlerhaftes Befüllen von Behältern,
– Eintrag aus anschließenden Systemen über Wärmetauscher-Rohre, Dichtungen oder Armaturensitzleckagen,
– Fehleinspeisen in den Primärkreislauf,
– Speisewassereintrag während des Abfahrens unter Notstrombedingungen nach Dampferzeugerheizrohr-Bruch.
Es ist nachzuweisen, dass Änderungen der Reaktivität infolge von Deionateintrag in den Reaktorkühlkreislauf auf solche Werte begrenzt bleiben, bei denen
– bei einem anfänglich kritischen Reaktor das sicherheitstechnische Nachweisziel für den Reaktivitätsstörfall gemäß Tabelle 3.1b und
– bei einem anfänglich unterkritischen Reaktor der geforderte Betrag der Abschaltreaktivität gemäß Tabelle 3.1a
eingehalten werden.
Unzulässige Deionateinspeisungen aus äußeren Quellen sind durch Maßnahmen und Einrichtungen zu verhindern.
D3-20 Bildung unterborierter Bereiche im Primärkreislauf
(Interne Deborierung)
R, K
VM
A-C Ergänzende Randbedingung:
Mögliche Quellen der Bildung von unter­borierten Bereichen sind zu untersuchen. Ursachen können z. B. sein:
– Reflux-Condenser-Betrieb nach kleinem Leckstörfall, hierbei unter Berücksichtigung der eingefahrenen Steuerelemente (unter Beachtung der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Nummer 3.2 (7)) und der zeitabhängigen Xenonkonzentration sowie
– Abfahren mit 3 Kreisläufen und sekundärseitig isoliertem Dampferzeuger sowie Einspeisung des nicht aufborierten Kreislaufs nach Wiedereinsetzen des Naturumlaufs.
– VM nur hinsichtlich der Unterbindung der Zuschaltung von Hauptkühlmittelpumpen während oder nach Reflux-Condenser-Betrieb.
– Es ist nachzuweisen, dass Änderungen der Reaktivität infolge von Deionateintrag in den Reaktorkühlkreislauf auf solche Werte begrenzt bleiben, bei denen bei einem anfänglich unterkritischen Reaktor der geforderte Betrag der Abschaltreaktivität gemäß Tabelle 3.1a eingehalten wird.
D3-21 Unterkühlungstransienten durch Frischdampf-/Speisewasserleck/-bruch R, K A-B Präzisierung der Nachweiskriterien:
– Wiederkritischwerden ist nur bei Lecks in der Frischdampfleitung mit hoher und schneller Abkühlung des Primärkreislaufs zulässig, sofern die Kriterien für die Kühlung der Brennelemente eingehalten werden.
– Es ist die Leckgröße zu identifizieren, die zur größten Unterkühlung führt.
Kühlmittelverlust innerhalb des Sicherheitsbehälters
D3-22 Kleines Leck innerhalb des
Sicherheitsbehälters
R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Reflux-Condenser-Mode ist zu berücksichtigen
(siehe D3-20).
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– Konkretisierungen siehe auch im Anhang 5, Anlage 1, A1 (2)
Hinweis:
– Charakteristisches Merkmal: Sekundärseitige Wärmeabfuhr zur Störfallbeherrschung notwendig.
D3-23 Mittleres Leck innerhalb des Sicherheitsbehälters (Leckquerschnitt ≤ 0,1F) R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Zu den Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und den erforderlichen Nachweisführungen siehe Anlage 2.
– Konkretisierungen siehe auch im Anhang 5, Anlage 1, A1 (2).
Hinweis:
– Charakteristisches Merkmal für das mittlere Leck: Wärmeabfuhr über Leck ausreichend => Sekundärseitige Wärmeabfuhr zur Störfallbeherrschung nicht generell notwendig.
D3-24 Großes Leck innerhalb des Sicherheitsbehälters (Leckquerschnitt > 0,1F) R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– Der doppelendige Bruch einer Hauptkühlmittelleitung
(„2F-Bruch“) bestimmt die Dimensionierung des Not- und Nachkühlsystems, die Druckauslegung des Sicherheitsbehälters, die Auslegung der Pumpenschwungräder gegen Versagen infolge Überdrehzahl und die Störfall­festigkeit aller zur Störfallbeherrschung erforderlichen sicherheitstechnisch wichtigen Komponenten im Sicherheits­behälter.
– Konkretisierungen siehe auch im Anhang 5, Anlage 1, A1 (2).
Präzisierung der Nachweiskriterien:
– Unterkritikalität kurzfristig ohne Kreditnahme der Steuerelemente, sofern der Nachweis der Wirksamkeit der Steuerelemente nicht geführt ist, und langfristig ohne Kreditnahme der Steuerelemente.
D3-25 Leck am DH-Dampfraum ohne Erreichen des Containmentdruck-Kriteriums R, K, B, S A-B Hinweis:
– Mit automatischer Anregung des Sicherheitssystems.
D3-26 Leck am Anschlussstutzen der Hauptkühlmittelleitung am Reaktordruckbehälter K A-B Ergänzende Randbedingung:
– Es ist nachzuweisen, dass unzulässige Auswirkungen auf die baulichen Strukturen der Reaktorgrube sowie auf die Verankerungen des Reaktordruckbehälters verhindert sind.
– Ferner sind die Folgen des Ereignisses hinsichtlich einer ausreichenden Kühlmittelüberdeckung der Sumpfansaugeleitungen bei berücksichtigtem Totraumvolumen der Reaktorgrube zu berücksichtigen.
D3-27 „20 cm2“-Leck am Reaktor­druckbehälter unterhalb der Kernoberkante R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Die Leckfläche von 20 cm² ist auslegungsrelevant für die Abströmungsbedingungen am biologischen Schild und dem Erhalt seiner sicherheitstechnischen Funktion.
D3-28 Leck im Reaktordruckbehälter Deckelbereich R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Bei der Beherrschung des Ereignisses ist insbesondere auch nachzuweisen, dass der ausreichende Abfluss des Kühlmittels in den Sicherheitsbehältersumpf auch unter Berücksichtigung der routinemäßigen Betriebsvorgänge im und nach Anlagenstillständen gewährleistet ist, d. h. eine ausreichend dimensionierte Verbindung vom Flutraum zum Sumpf in den Betriebsphasen A und B muss gewährleistet sein.
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
D3-29 Leck durch Instandhaltungs- oder Schaltungsfehler am Primärkreislauf K, B, S C-E Ergänzende Randbedingung:
– Die Leckgröße wird bestimmt durch den größten freien Querschnitt in den Systemanschlussleitungen an den Primärkreislauf oder seiner Komponenten (z. B. Mannlöcher etc.).
– In der Analyse ist zu berücksichtigen, dass bei Eintritt des Störfalls ein Brennelement in der ungünstigsten Position transportiert wird. Nachweiskriterium ist dabei die Erhaltung der Integrität des Hüllrohres.
– Anforderung an die Notkühlwirksamkeit; die eingeschränkte Verfügbarkeit von Sicherheitseinrichtungen (z. B. Reaktorschutz) ist zu berücksichtigen.
D3-30 Fehlöffnen und/oder Offenbleiben eines Druckhalter-Sicherheitsventils oder Druckhalter-Abblaseventils z. B. bei Funktionsprüfungen K, B A-C Ergänzende Randbedingung:
– Die eingeschränkte Verfügbarkeit von Sicherheitseinrichtungen (z. B. Reaktorschutz) ist zu berücksichtigen.
D3-31 Versagen eines Dampferzeuger-Heizrohres (größer als betrieblich zulässige Leckagen und bis maximal 2F) K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Das Ereignis muss mit und ohne Anregung des Reaktorschutz-Grenzwertes der Frischdampf-Aktivität untersucht werden. Ohne Anregung z. B. bei kleiner thermischer Leistung, Nulllast oder 3-Loop-Betrieb.
Kühlmittelverlust außerhalb des Sicherheitsbehälters
D3-32 Leck im Nachkühlsystem im Ringraum während des Nachwärmeabfuhrbetriebs K, B, S
VM
C-E Ergänzende Randbedingung:
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
Erläuterung:
– Optional kann nachgewiesen werden, dass bei Lecks im Nachkühlsystem innerhalb des Ringraums aufgrund von in den relevanten Betriebsphasen realisierten Vorsorgemaßnahmen sicherheitsrelevante Überflutungen ausgeschlossen sind.
D3-33 Leck/Bruch in Primärkühlmittel führenden Wärmetauschern bei Anforderung K, B, S A-E Ergänzende Randbedingung:
– Leckgröße: bis 2F eines Wärmetauscher-Rohres.
D3-34 Kühlmittelverlust aus dem Sicherheitsbehälter über Systeme, die an die Druckführende Umschließung angeschlossen sind K, B, S A-C  
D3-35 Lecks an Systemen mit Überflutungspotential im Ringraum K, B, S
VM
A-E Ergänzende Randbedingung:
– Es sind alle relevanten Quellen aus Lecks und Behälterversagen an im Ringraum befindlichen Systemen und Einrichtungen insbesondere der Sumpfansaugleitung aus dem Sicherheitsbehälter zu berücksichtigen.
– Ferner sind die besonderen Randbedingungen im Rahmen von Instandhaltungsmaßnahmen zu berücksichtigen (siehe auch Anhang 3, Nummer 3.2.2).
Freisetzung radioaktiver Stoffe aus nuklearen Hilfssystemen
D3-36 Leck im Volumenregelsystem außerhalb des Sicherheitsbehälters S A-F Ergänzende Randbedingung:
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– Der Spiking-Effekt ist zu berücksichtigen.
D3-37 Leck in einer Primärkühlmittel führenden Messleitung im Ringraum S A-F  
D3-38 Leck/Bruch in einer Rohrleitung oder Bruch eines Filters des Abgas- oder Gasaufbereitungssystems S A-F  
D3-39 Leck eines Behälters mit aktivem Medium S A-F Ergänzende Randbedingung:
– Der Behälter mit dem größten radiologischen Gefährdungspotential ist zu identifizieren.
– Analyse muss das Behälterversagen infolge Erdbeben mit abdecken.
Ausfall in der Energieversorgung
D3-40 Notstromfall länger als 10 Stunden R, K, B, S A-E Ergänzende Randbedingung:
– Das Abfahren unter Notstrombedingungen ist mit zu analysieren.
– Betrieblich zulässige Dampferzeuger-Heizrohrleckagen sind zu berücksichtigen.
Ereignisse infolge einer Einwirkung von innen
D3-41 Potentielle Aktivitätsfreisetzung infolge anlageninterner Brände (einschließlich Filterbrände) oder Explosionen S
VM
A-F Ergänzende Randbedingung:
– Es müssen Brände und Explosionen an Komponenten und in Systembereichen mit hohem Aktivitäts-Freisetzungspotential untersucht werden.
Erläuterung:
– Optional zum Nachweis der Einhaltung des Schutzziels S kann gezeigt werden, dass infolge vorhandener Brand- und Explosionsschutzmaßnahmen radiologisch relevante Auswirkungen ausgeschlossen sind.
D3-42 Bruch eines Steuerelementstutzens mit Steuerelementauswurf R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Es ist zusätzlich zur Beherrschung des dadurch ausgelösten Leckstörfalls nachzuweisen, dass beim Auswurf eines Steuerelements der Sicherheitsbehälter nicht unzulässig beschädigt wird. Ferner muss nachgewiesen werden, dass an benachbarten Antrieben keine Folgeschäden auftreten, die die Funktionssicherheit anderer Steuerelemente beeinträchtigen. Wenn ein Folgeschaden nicht verhindert werden kann, ist nachzuweisen, dass auch dann die Nachweiskriterien eingehalten werden.
Sicherheitsebene 4
Sicherheitsebene 4a
Betriebstransiente mit unterstelltem Ausfall des Schnellabschaltsystems (ATWS)
D4a-01 Ausfall der Hauptwärmesenke, z. B. durch Verlust des Kondensator­vakuums oder Schließen der Frischdampfschieber, bei vorhandener Eigenbedarfs­versorgung R, K, B A  
D4a-02 Ausfall der Hauptwärmesenke bei ausgefallener Eigenbedarfs­versorgung R, K, B A  
D4a-03 Maximaler Anstieg der Dampf­entnahme, z. B. durch Öffnen der Umleitstation oder der Frischdampfsicherheitsventile R, K, B A  
D4a-04 Vollständiger Ausfall der Hauptspeisewasserversorgung R, K, B A  
D4a-05 Maximale Reduzierung des Kühlmitteldurchsatzes R, K, B A  
D4a-06 Maximale Reaktivitätszufuhr durch Ausfahren von Steuerelementen oder Steuerelementgruppen ausgehend von den Betriebs­zuständen Volllast und „heiß unterkritisch“ R, K, B A  
D4a-07 Druckentlastung durch unbeabsichtigtes Öffnen ­eines Druckhaltersicherheitsventils R, K, B A  
D4a-08 Maximale Reduzierung der Reaktoreintrittstemperatur verursacht durch einen Fehler in einer aktiven Komponente der Speisewasserversorgung R, K, B A  

Tabelle 5.2: Ereignisliste Leistungs- und Nichtleistungsbetrieb SWR

Nr. Ereignisse SWR betroffene Schutzziele Betriebsphase Zusätzliche Erläuterungen,
Randbedingungen und Hinweise
Sicherheitsebene 2
Frischdampf- oder speisewasserseitige Veränderung der Wärmeabfuhr
S2-01 Fehlfunktionen im Frischdampf-System oder in der Speise­wasserversorgung, die zu einer ungeplanten Temperatur- oder Druckabsenkung im Reaktor­kühlsystem führen. R, K A-B Ergänzende Randbedingung:
– Auswirkung auf neutronenphysikalisch-thermohydraulische Stabilität des Kerns ist zu berücksichtigen.
Hinweis:
– z. B. Reglerstörung, Ausfall Hochdruck-Vorwärmer, Fehlanregung einer Frischdampf-Umleitstation, Fehlöffnen Stützbedampfung oder eines S/E-Ventils.
S2-02 Fehlfunktionen im Frischdampf-System oder in der Speise­wasserversorgung, die zu einer ungeplanten Temperatur- oder Druckerhöhung im Reaktor­kühlsystem führen. R, K, B A-B Hinweis:
– z. B. Störung an der Turbinenregelung, fehlerhaftes Schließen einzelner Armaturen.
Relevant für die Druckregelung, speziell der Frischdampf-Umleitstation.
S2-03 Turbinenschnellschluss mit Öffnen der Umleitstation R, K, B A  
S2-04 Turbinenschnellschluss mit verzögertem Ausfall der Umleitstation oder ohne Öffnen der Umleitstation R, K, B A  
S2-05 Ausfall Hauptwärmesenke R, K, B A-B  
S2-06 Lastabwurf auf Eigenbedarf R, K B A Ergänzende Randbedingung:
– Mit und ohne Rückschaltung auf Haupt- oder Reserve­netzversorgung.
S2-07 Ausfall einer Reaktorspeisewasserpumpe ohne Zuschaltung der Reservepumpe R, K A-B  
S2-08 Ausfall aller Reaktorspeisewasserpumpen mit und ohne Zuschaltung der Reservepumpe R, K A-B  
Durchsatzänderung im Reaktorkühlsystem
S2-09 Ausfall einzelner/mehrerer/aller Zwangsumwälzpumpen R, K A-B Ergänzende Randbedingung:
– Auswirkung auf neutronenphysikalisch-thermohydraulische Stabilität des Kerns ist zu berücksichtigen.
Zunahme Reaktorkühlmittelinventar
S2-10 Fehler in der Füllstandhaltung oder bei der Abfuhr von Überschusswasser oder fehlerhaftes Einspeisen durch betriebliche Systeme oder Sicherheitssysteme R, B A-C Hinweis:
– Relevant für die Füllstandsbegrenzung. Vermeidung eines Wassereintrags in die Frischdampf-Leitung.
S2-11 Fehlerhaftes Einspeisen mit einem Strang der Flutsysteme – – – D Ergänzende Randbedingung:
– Relevant für Prozeduren.
– Relevant nur in Betriebsphase D wegen Überspeisung des Reaktordruckbehälters bei nicht gesetztem Flutkompensator.
Präzisierung des Nachweiszieles:
– Langfristige Sicherstellung des Kühlmittelinventars.
Abnahme Reaktorkühlmittelinventar
S2-12 Leckage durch Instandhaltungs­arbeiten am Reaktordruckbehälter-Boden K E Hinweis:
– Relevant für Prozeduren.
– Grenze: Leckage ist betrieblich überspeisbar.
Ausfall der Nachwärmeabfuhr
S2-13 Ausfall eines in Betrieb befindlichen Stranges des Nachwärmeabfuhrsystems K, B C-E Ergänzende Randbedingung:
– Ein Einzelfehler muss nicht unterstellt werden.
S2-14 Abschaltung aller Nachkühlstränge durch Druckanstieg oder Füllstandabfall K, B C-D  
Änderung der Reaktivität und der Leistungsverteilung
S2-15 Ausfahren des wirksamsten Steuerelements oder der wirksamsten Steuerelementgruppe R, K A, C, E  
S2-16 Fehleinschießen oder Fehleinfahren eines Steuerelements R, K A  
S2-17 Fehlerhaftes Sammeleinfahren bei hoher Leistung R, K A  
S2-18 Maximale Reduzierung der Reaktoreintrittstemperatur verursacht durch einen Fehler in einer aktiven Komponente der Speisewasserversorgung oder durch fehlerhaftes Einspeisen von betrieblichen Systemen oder Sicherheitssystemen (Unterkühlungstransiente) R, K A Ergänzende Randbedingung:
– Auswirkung auf neutronenphysikalisch-thermohydraulische Stabilität des Kerns ist zu berücksichtigen.
S2-19 Störungen in der Reaktorleistungsregelung R, K A  
S2-20 Ungünstigste Fehlbeladung eines reaktivsten Brennelementes R, K E, A Ergänzende Randbedingung:
– Die Inbetriebnahme des Reaktors mit dem fehlbeladenen Brennelement ist bezüglich des Schutzziels K in Betriebsphase A zu untersuchen.
Erläuterung:
– Schutzziel R (Unterkritikalität) in Betriebsphase E
– Schutzziel K in Betriebsphase A
S2-21 Fehlerhaftes Hochlaufen der Zwangsumwälzpumpen R, K A-B Ergänzende Randbedingung:
– Anstieg der Drehzahl der Pumpen von der Mindestdrehzahl mit maximalem Drehzahlgradienten.
Ausfall in der Energieversorgung
S2-22 Notstromfall gleich oder kürzer als 10 Stunden R, K, B A-E Ergänzende Randbedingung:
– Die Rückschaltung auf das Haupt- oder Reservenetz ist mit zu analysieren.
Sicherheitsebene 3
Frischdampf- oder speisewasserseitige Veränderung der Wärmeabfuhr
S3-01 Größere Fehlfunktion im Frischdampf-System oder in der Speisewasserversorgung, die zu einer Temperatur- oder Druckabsenkung im Reaktorkühlsystem führt R, K A-B Hinweis:
– Im Gegensatz zu S2-01 hier gleichzeitiges Fehlöffnen mehrerer Armaturen, z. B. vollständiges Fehlöffnen Frischdampf-
Umleitstation, Fehlöffnen von Sicherheits- und Entlastungsventilen.
S3-02 Größere Fehlfunktion im Frischdampf-System oder in der Speisewasserversorgung, die zu einer Temperatur- oder Druckerhöhung im Reaktorkühlsystem führt. R, K, B, S A-B Hinweis:
– z. B. fehlerhaftes Schließen aller Frischdampf-Absperrarmaturen.
S3-03 Ausfall aller Reaktorspeisewasserpumpen ohne Zuschaltung der Reservepumpe R, K A Ergänzende Randbedingung:
– Im Gegensatz zum Ereignis S2-08 hier mit Berücksichtigung des Einzelfehlerkonzepts.
Zunahme Reaktorkühlmittelinventar
S3-04 Fehlfunktion mit Anstieg des Füllstands im Reaktordruckbehälter oder fehlerhaftes Einspeisen durch betriebliche Systeme oder durch Sicherheitssysteme R, B A-C Ergänzende Randbedingung:
– Im Gegensatz zum Ereignis S2-10 hier mit Berücksichtigung des Einzelfehlerkonzepts.
Ausfall der Nachwärmeabfuhr
S3-05 Ausfall eines in Betrieb befindlichen Stranges des Nachwärmeabfuhrsystems K, B C-E Ergänzende Randbedingung:
– Im Gegensatz zum Ereignis S2-13 hier mit Berücksichtigung des Einzelfehlerkonzepts.
S3-06 Abschaltung aller Nachkühlstränge durch Druckanstieg oder Füllstandabfall K, B C-D Ergänzende Randbedingung:
– Im Gegensatz zum Ereignis S2-14 hier mit Berücksichtigung des Einzelfehlerkonzepts.
Änderung der Reaktivität und der Leistungsverteilung
S3-07 Unbeabsichtigte Reaktivitätszufuhr durch Ausfall der Hochdruck-Vorwärmer und Nichtverfügbarkeit von Begrenzungen R, K A  
S3-08 Ausfahren des wirksamsten Steuerelements oder der wirksamsten Steuerelementgruppe mit Ausfall der Begrenzungs­einrichtungen R, K
VM
A, B, D Erläuterung:
– Alternativ zur Analyse kann für Phase D durch geeignete Vorkehrungen sichergestellt werden, dass ein Ausfahren des wirksamsten Steuerelementes oder der wirksamsten Steuerelementgruppe verhindert ist.
S3-09 Auswurf des wirksamsten Steuerelements R, K A  
S3-10 Herausfallen des wirksamsten Steuerelements R, K A Ergänzende Randbedingung:
– Herausfallen über die Länge eines Klinkenabstands.
S3-11 Absturz eines Brennelements in den Reaktorkern während des Brennelementwechsels (SWR) R, K
VM
E Erläuterung:
– Alternativ zur Analyse kann durch geeignete Vorkehrungen sichergestellt werden, dass ein Absturz eines Brennelements in den Reaktorkern verhindert ist.
S3-12 Absturz eines Brennelements auf den Reaktorkern R E Ergänzende Randbedingung:
– Unterkritikalitätsnachweis bei auf dem Kern liegendem Brennelement.
S3-13 Fehlerhaftes Ausfahren von Steuerelementen während des Beladens R, K
VM
E Erläuterung:
– Alternativ zum Nachweis der Unterkritikalität können Vorsorgemaßnahmen getroffen werden durch die sicherzustellen ist, dass das ungeplante Ausfahren von Steuerelementen während des Beladens des Reaktors verhindert ist und das Beladen nur dann möglich ist, wenn alle Steuerelemente eingefahren sind.
S3-14 Fehlerhaftes Ausfahren eines Steuerelements bei Nullleistungsprüfung oder Abschaltsicherheitstest R, K C, E  
S3-15 Fehlbeladung des Reaktorkerns mit mehr als einem Brennelement R
VM
E Erläuterung:
– Alternativ zum Nachweis der Unterkritikalität können Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, so dass eine Fehlbeladung des Reaktorkerns mit mehr als einem Brennelement verhindert ist.
S3-16 Nuklear-thermohydraulische Instabilität R, K A Ergänzende Randbedingung:
– Die Randbedingungen der möglichen einleitenden Ereignisse sind zu berücksichtigen.
– Ohne Berücksichtigung von Begrenzungsmaßnahmen.
– Gleich- und gegenphasige Schwingungen sind zu analysieren.
Die Wirksamkeit von Reaktorschutz­maßnahmen zur rechtzeitigen Erkennung von Neutronenflussschwingungen und Reaktorabschaltung ist nachzuweisen.
S3-17 Fehlerhaftes Hochlaufen der Zwangsumwälzpumpen R, K A Ergänzende Randbedingung:
– Hochlaufen der Pumpen von Mindest­drehzahl mit maximalem Drehzahl­gradienten ohne Berücksichtigung von Begrenzungen.
Kühlmittelverlust innerhalb des Sicherheitsbehälters, nicht absperrbar
S3-18 Leck/Bruch innerhalb des Sicherheitsbehälters (Leckquerschnitt 0,1F der jeweils betrachteten Leitung) R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Es sind neben FD- und Speisewasser­leitungen auch alle anderen Kühlmittel führenden Systeme zu betrachten.
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– Konkretisierungen siehe auch im Anhang 5, Anlage 1, A1 (2)
S3-19 Leck/Bruch innerhalb des Sicherheitsbehälters (Leckquerschnitt > 0,1F der jeweils betrachteten Leitung) R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Es sind neben FD- und Speisewasser­leitungen auch alle anderen Kühlmittel führenden Systeme zu betrachten.
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– Der doppelendige Bruch der Frischdampfleitung („2F-Bruch“) ist zu analysieren für die Auslegung des Druckabbausystems, der für Abschaltung und Kernkühlung notwendigen Reaktordruckbehälter-Einbauten und des Not- und Nachkühlsystems sowie die Druckauslegung des Sicherheitsbehälters und die Störfallfestigkeit aller zur Ereignisbeherrschung erforderlichen sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen und Komponenten.
– Konkretisierungen siehe auch im Anhang 5, Anlage 1, A1 (2).
S3-20 „80 cm2“-Leck am Reaktordruckbehälter-Boden R, K, B, S A-B  
S3-21 Leck durch Instandhaltungs- oder Schaltungsfehler am Reaktorkühlsystem K C-E Ergänzende Randbedingung:
– Es ist ein maximales Leck infolge von Instandhaltungs-/Schaltungsarbeiten anzunehmen. Die Leckgröße wird bestimmt durch den größten freien Querschnitt in den System-Anschlussleitungen an das Reaktorkühlsystem.
– In der Analyse ist zu berücksichtigen, dass bei Eintritt des Störfalls ein Brennelement in der ungünstigsten Position transportiert wird. Nachweiskriterium ist dabei die Integrität des Hüllrohres.
Hinweis:
– Hieraus können sich gegebenenfalls Anforderungen an die Sumpffunktion des Sicherheitsbehälters ergeben (Schleusen geschlossen).
S3-22 Leck am Flutkompensator K, S D-E Ergänzende Randbedingung:
– Es ist der konstruktiv freilegbare Leckquerschnitt bei Dichtungsversagen anzunehmen.
Hinweis:
– Kann relevant für die Herstellung der Sumpffunktion und für Prozeduren sein.
S3-23 Leck am Boden des Reaktordruckbehälters
– durch fehlerhaftes Ziehen einer Pumpenwelle oder
– durch Arbeiten an Steuer­elementantrieben oder Messlanzen
K, S E Hinweis:
– Gegebenenfalls temporäre Anforderung an die Sumpffunktion des Sicherheitsbehälters bis die zuverlässige Funktion der Absperreinrichtung festgestellt ist (Schleusen geschlossen).
S3-24 Leck im Abblaserohr eines Sicherheits- und Entlastungsventils innerhalb des Gasraums der Kondensationskammer K, B, S A-B  
S3-25 Dichtheitsverlust zwischen Druck- und Kondensationskammer R, K, B, S
VM
A-B Erläuterung:
– Alternativ zur Nachweisführung der Ereignisbeherrschung können Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, sodass unzulässige Undichtigkeiten zwischen Kondensationskammer und Druckkammer, insbesondere beim Wiederanfahren der Anlage und nach Instandhaltungsmaßnahmen, verhindert sind.
Kühlmittelverlust außerhalb des Sicherheitsbehälters
S3-26 Leck/Bruch im Frischdampf- oder Speisewassersystem sowie anderen hochenergetischen Rohrleitungen zwischen Sicherheitsbehälter und erster Absperrmöglichkeit außerhalb des Sicherheitsbehälters R, K, B, S
VM
A-B Ergänzende Randbedingung:
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
Es sind insbesondere auch zu betrachten:
– Die Integrität des Sicherheitsbehälters,
– redundanzübergreifende Auswirkungen infolge Feuchte, Druckaufbau, Differenzdrücken, Temperatur, Strahl- und Reaktionskräften etc. sowie
– die Integrität der sicherheitstechnisch wichtigen baulichen Strukturen des Reaktorgebäudes.
Hinweis:
– Hinsichtlich der VM-Option siehe in Anhang 3 zu den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Nummer 3.2.4.
S3-27 Leck/Bruch im Frischdampf- oder Speisewassersystem innerhalb des Maschinenhauses R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Zu den Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und der erforderlichen Nachweisführungen siehe Anlage 2.
S3-28 Leck/Bruch an einer Reaktorkühlmittel führenden Messleitung im Reaktorgebäude S A-C Ergänzende Randbedingung:
– 2F-Bruch einer 30 min lang nicht absperrbaren Messleitung im Reaktorgebäude.
– Der Spiking-Effekt ist zu berücksichtigen.
S3-29 Leck/Bruch im Reaktorwasser­reinigungssystem im Reaktor­gebäude S A-E Ergänzende Randbedingung:
– Der Spiking-Effekt ist zu berücksichtigen.
S3-30 Leck/Bruch in mit Reaktorkühlmittel beaufschlagten Kühlern bei Anforderung B, S A-E  
S3-31 Leck an der Kondensationskammer K A-B Ergänzende Randbedingung:
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– Das Ereignis ist relevant für den Übergang auf geschlossenes Nachkühlen sowie eine Überflutung des Reaktorgebäudes (siehe Anhang 3 Nummer 3.2.2).
S3-32 Leck/Bruch im Schnellabschalt­system im Reaktorgebäude R A Hinweis:
– Relevant für die Auslegung des Schnellabschaltsystems.
S3-33 Leck im Nachkühlsystem im Reaktorgebäude während des Nachwärmeabfuhrbetriebs K, B, S C-E Ergänzende Randbedingung:
– Einzelheiten zu den Leck- und Bruch-Annahmen und zur Nachweisführung enthält Anlage 2.
– Der Spiking-Effekt ist zu berücksichtigen.
S3-34 Kühlmittelverlust aus der druck­führenden Umschließung in das Reaktorgebäude über angeschlossene Systeme K, B, S A-C  
Freisetzung radioaktiver Stoffe aus nuklearen Hilfssystemen
S3-35 Leck/Bruch in einer Rohrleitung oder Bruch eines Filters des Abgas- oder Gasaufbereitungssystems S A-F  
S3-36 Leck eines Behälters mit aktivem Medium S A-F Hinweis:
– Der Behälter mit dem größten radiologischen Gefährdungspotential ist zu identifizieren.
– Analyse muss das Behälterversagen infolge Erdbeben mit abdecken.
Ausfall in der Energieversorgung
S3-37 Notstromfall länger als 10 Stunden R, K, B, S A-E Ergänzende Randbedingung:
– Das Abfahren unter Notstrombedingungen ist mit zu analysieren.
Ereignisse infolge einer Einwirkung von innen
S3-38 Potentielle Aktivitätsfreisetzung infolge anlageninterner Brände (einschließlich Filterbrände) oder Explosionen S A-F Ergänzende Randbedingung:
– Es müssen Brände und Explosionen an Komponenten und in Systembereichen mit hohem Aktivitäts-Freisetzungspotential untersucht werden.
S3-39 Bruch eines Steuerelementstutzens mit Steuerelementauswurf R, K, B, S A-B Ergänzende Randbedingung:
– Es ist zusätzlich zur Beherrschung des dadurch ausgelösten Leckstörfalls nachzuweisen, dass beim Auswurf eines Steuerelements der Sicherheitsbehälter nicht unzulässig beschädigt wird. Ferner muss nachgewiesen werden, dass an benachbarten Antrieben keine Folge­schäden auftreten, die die Funktions­sicherheit anderer Steuerelemente beeinträchtigen. Wenn ein Folgeschaden nicht verhindert werden kann, ist nachzuweisen, dass auch dann die Nachweiskriterien eingehalten werden.
Sicherheitsebene 4
Sicherheitsebene 4a
Betriebstransiente mit unterstelltem Ausfall des Schnellabschaltsystems (ATWS)
S4a-01 Ausfall der Hauptwärmesenke, z. B. durch Verlust des Kondensator­vakuums oder Schließen der Frischdampf-Umleitstation, bei vorhandener Eigenbedarfs­versorgung R, K, B A Hinweis:
– Für die Analyse der ATWS-Ereignisse kann angenommen werden, dass der Mutternachlauf für die Steuerelemente wirksam ist.
S4a-02 Ausfall der Hauptwärmesenke bei ausgefallener Eigenbedarfs­versorgung R, K, B A
S4a-03 Maximaler Anstieg der Dampf­entnahme, z. B. durch Öffnen der Umleitstation oder der Sicherheits- und Entlastungsventile R, K, B A
S4a-04 Vollständiger Ausfall der Hauptspeisewasserversorgung R, K, B A
S4a-05 Maximale Reaktivitätszufuhr durch Ausfahren von Steuerelementen oder Steuerelementgruppen ausgehend von den Betriebs­zuständen Volllast und heißer Bereitschaftszustand R, K, B A
S4a-06 Maximaler Abfall der Speisewassertemperatur R, K, B A
S4a-07 Durchdringungsabschluss bei vorhandener Eigenbedarfs­versorgung R, K, B A  
S4a-08 Durchdringungsabschluss bei ausgefallener Eigenbedarfsversorgung R, K, B A
S4a-09 Maximaler Anstieg des Speisewasserdurchsatzes R, K, B A
S4a-10 Hochfahren der Umwälzpumpen mit maximaler Stellgeschwindigkeit R, K, B A

Tabelle 5.3: Ereignisliste Brennelement-Lagerbecken DWR und SWR

Nr. Ereignisse Brennelement-Handhabung
und -Lagerung für DWR und SWR
betroffene Schutzziele Betriebsphase Zusätzlich berücksichtigte
Randbedingungen und Hinweise
Sicherheitsebene 2
Verringerte Wärmeabfuhr aus dem Brennelement-Lagerbecken
B2-01 Ausfall eines in Betrieb befindlichen Stranges oder ungeplante kurzzeitige (max. 30 min) Unterbrechung der gesamten Wärmeabfuhr K A-F  
Kühlmittelverlust aus dem Brennelement-Lagerbecken
B2-02 Leckage aus dem Brennelement-Lagerbecken oder Wasserverlust über Anschlussleitungen (maximal einer Querschnittsfläche von DN25 entsprechend) K A-F  
Ausfall in der Energieversorgung
B2-03 Notstromfall gleich oder kürzer als 10 Stunden K A-F  
Reaktivitätsänderungen im Brennelement-Lagerbecken
B2-04 Störungen in der Borkonzentration (nur DWR) R A-F Hinweis:
– Nur relevant bei Borkredit in der Lagerauslegung.
B2-05 Ungünstigste Fehlbelegung des Brennelement-Lagerbeckens oder des Transport- und Lagerbehälters mit einem reaktivsten Brennelement R A-F  
Sicherheitsebene 3
Verringerte Wärmeabfuhr aus dem Brennelement-Lagerbecken
B3-01 Längerfristiger Ausfall (> 30 min.) zweier Stränge der Brennelement- Lagerbeckenkühlung K A-F Ergänzende Randbedingung:
– Bei der Nachweisführung kann in allen Betriebsphasen von Karenzzeiten und Instandsetzungsmöglichkeiten Kredit genommen werden.
Kühlmittelverlust aus dem Brennelement-Lagerbecken
B3-02 Kühlmittelverlust aus dem Brennelement-Lager­becken durch Lecks mit einer Querschnittsfläche
> DN25 bis zur größten Anschlussleitung
K, B A-F Ergänzende Randbedingung:
– Maximale Leckquerschnittsfläche: Fläche der größten Anschlussleitung.
B3-03 Leck am Flutraum oder Absetz­becken bei geöffnetem Beckenschütz K, B
VM
E Ergänzende Randbedingung:
– Es müssen auch die Auswirkung von Lecks betrachtet werden, die während des Brennelement-Wechsels am Reaktorkreislauf auftreten können.
Erläuterung:
– Optional zum Nachweis der Einhaltung der Schutzziele K und B kann gezeigt werden, dass durch Vorsorgemaßnahmen sicherheitsrelevante Wasserverluste bei geöffnetem Beckenschütz ausgeschlossen sind. Siehe hierzu auch die Ereignisse D3-29 und S3-22 bis S3-29.
B3-04 Internes Leck in Kühlmittel führenden Wärmetauschern des Brennelement-Lagerbeckens K, B, S A-F  
Ausfall in der Energieversorgung
B3-05 Notstromfall länger als 10 Stunden K, S A-F  
Reaktivitätsänderungen im Brennelement-Lagerbecken
B3-06 Wasser-/Dampfeinbruch im Brennelement-Trockenlager R A-F Präzisierung der Nachweiskriterien:
– keff< 0,98
B3-07 Geometrieänderungen durch Einwirkungen von außen (Brennelement-Lagerbecken, Brennelement-Trockenlager) R, K, B A-F Hinweis:
– Siehe hierzu auch in Anhang 3 zu den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Nummer 4.2.1.1.
B3-08 Absturz eines Brennelements in das Brennelement-Lagerbecken R A-F Ergänzende Randbedingung:
– Ein abgestürztes Brennelement liegt auf den Lagerstellen oder steht direkt neben einem Lagergestell.
B3-09 Fehlbelegung des Brennelement­lagerbeckens oder des Transport- und Lagerbehälters mit mehr als einem Brennelement R
VM
A-F Erläuterung:
– Alternativ zum Nachweis der Unterkritikalität können Vorsorgemaßnahmen getroffen werden, sodass eine Fehlbelegung des Brennelement-Lagerbeckens mit mehr als einem Brennelement nicht verhindert ist.
B3-10 Borverdünnung im Brennelement-Lagerbecken (nur DWR) R A-F Hinweis:
– Nur relevant bei Inanspruchnahme des Borkredits in der Beckenauslegung.
Ereignisse bei Handhabung und Lagerung von Brennelementen
B3-11 Brennelementbeschädigung bei der Handhabung S A-F Ergänzende Randbedingung:
– Anzunehmen ist die Beschädigung aller Brennstäbe an einer Außenseite eines Brennelementes.
Hinweis:
– Die Analyse dient dem Nachweis, dass bei Freisetzung von Radionukliden im Sicherheitsbehälter ohne Kühlmittelverlust die resultierende Freisetzung in die Umgebung hinreichend begrenzt ist.

Anlage 1: Prinzipielle Zuordnung von Beanspruchungsstufen zu Sicherheitsebenen und übergreifenden Einwirkungen

Hinweis:

Den in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ definierten Sicherheitsebenen sind in den vorliegenden Listen Ereignisse zugeordnet. In den KTA-Regeln werden für die Druckführende Umschließung (DfU) und die Äußeren Systeme Lastfälle oder Lastfallklassen (diese sind Dimensionierungs- oder Auslegungsfälle, Montagefälle, normale und anomale Betriebsfälle, Prüffälle und Störfälle) in Beanspruchungsstufen (0, A, B, C, D, P ) eingruppiert, für die jeweils die zulässigen Spannungen zugeordnet sind, ohne dass bis dato ein Bezug zu Ereignissen oder Sicherheitsebenen hergestellt wurde. Nur in der KTA-Regel zur Auslegung des Sicherheitsbehälters aus Stahl werden auch Ereignisse genannt, die den Beanspruchungsstufen 0, 1, 2, 3 zuzuordnen sind. Diese werden aber auch dort nicht Sicherheitsebenen zugeordnet. Für diejenigen Ereignisse der Ereignislisten mit Schutzziel „Einschluss der radioaktiven Stoffe“ sind die jeweils zutreffenden Beanspruchungsstufen der nachfolgenden Matrix zu entnehmen. Dort sind den Sicherheitsebenen die für die Komponenten in den jeweiligen KTA-Regeln definierten Beanspruchungsstufen zugeordnet. Diese Beanspruchungsstufen sind hinsichtlich der Begrenzung von Folgewirkungen an den durch die postulierten Ereignisse betroffenen Komponenten anzuwenden.

Für die Spalten „DfU“ sowie „Äußere Systeme“ der Matrix stellt bei einer Mehrfachnennung von Beanspruchungsstufen innerhalb einer Zelle die erstgenannte Stufe immer den Regelfall dar. Die anderen genannten Stufen können oder müssen verwendet werden, wenn bestimmte Sonderfälle gegeben sind, die durch die nebenstehenden Fußnoten konkretisiert werden. Die Bedeutung der Be­anspruchungsstufen sowie die dazugehörenden Anforderungssätze sind für die DfU derzeit der KTA-Regel 3201.2 zu entnehmen. Entsprechend ist für die Äußeren Systeme die KTA-Regel 3211.2 heranzuziehen. Für den Sicherheitsbehälter werden in Abhängigkeit der zu berücksichtigenden Lastfälle die zu verwendenden Beanspruchungsstufen in Abhängigkeit der zu betrachtenden Beanspruchungskombinationen bestimmt, sodass in der Matrix keine Fußnoten für den Sicherheitsbehälter Verwendung finden. Die den verschiedenen Beanspruchungskombinationen zuzuordnenden Beanspruchungsstufen sowie die unterlagerten Anforderungssätze sind für den Sicherheitsbehälter aus Stahl in der KTA-Regel 3401.2 genannt. Für Sicherheitsbehälter aus Spannbeton mit Stahlliner existiert keine KTA-Regel, sodass hier keine Beanspruchungsstufen genannt werden.

A1 (1)
Die Zuordnung von Beanspruchungsstufen zu Sicherheitsebenen oder zu übergreifenden Einwirkungen ist anlagenspezifisch jeweils so zu erstellen, dass alle Systeme einschließlich der Systemübergänge und Komponenten erfasst werden. Ausgangspunkt ist die nach Sicherheitsebenen gegliederte Zusammenstellung der Belastungszustände pro System. Daraus sind pro Systemabschnitt die Einwirkungen und die zugehörige ereignisbezogene sicherheitstechnische Aufgabenstellung anzugeben sowie die komponentenbezogenen Nachweisanforderungen in Bezug auf Funktion, Standsicherheit und Barrierenwirksamkeit festzulegen.

  Beanspruchungsstufen
DfU Äußere
Systeme
Sicherheitsbehälter
aus Stahl
Auslegungsstufe 0 0 0
Sicherheitsebene
1 A / P A / P 1/2
2 B B 1/2
3 C2325 / D27 B26 / C25 / D24 1/2/3
4a C25 B26 / D27 1
Übergreifende Einwirkungen von außen sowie Notstandsfälle
Erdbeben25 D/C28 D/C28 2
Flugzeugabsturz und
Explosionsdruckwelle25
D/C28 D/C28 329

Anlage 2: Unterstellte Leckquerschnitte und Brüche in der Druckführenden Umschließung (DfU) sowie in den Äußeren Systemen

1
Grundsätze und Voraussetzungen
2
Druckführende Umschließung von DWR
3
Druckführende Umschließung von SWR
4
Äußere Systeme
5
Behälter, Armaturen- und Pumpengehäuse

1 Grundsätze und Voraussetzungen

1 (1)
Die Leckquerschnitte sind postulierte Größen und sind auf die offene Querschnittsfläche F der jeweiligen Leitung zu beziehen.
Hinweis:
Die Anforderungen in den Nummern 2.1 und 3 sind hinsichtlich folgender Nachweisziele gegliedert:
Aufrechterhaltung der Kühlung der Brennelemente durch Ausgleich des Kühlmittelverlustes (Auslegung der Notkühlsysteme),
Sicherstellung einer abschalt- und kühlbaren Geometrie des Reaktorkerns,
Verhinderung der Schadensausweitung auf die druckführende Umschließung, auf Gebäudeteile und auf benachbarte Systeme, die für die Beherrschung des Ereignisses erforderlich sind, und
Erhaltung der Barrierenintegrität des Sicherheitsbehälters, bei SWR auch Erhaltung der Funktion des Druckabbaussystems.
1 (2)
Die Anwendung dieser Anlage setzt die Erfüllung der Anforderungen der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Nummer 3.4 voraus.
1 (3)
Für die im Folgenden nicht behandelten Rohrleitungen ist der 2F-Bruch zu postulieren (F = offene Querschnittsfläche).

2 Druckführende Umschließung von DWR

2.1
Hauptkühlmittelleitung einschließlich Anschlussleitungen DN > 200
Aufrechterhaltung der Kühlung der Brennelemente durch Ausgleich des Kühlmittelverlustes (Auslegung der Notkühlsysteme)
2.1 (1)
Bei der Analyse der Kernnotkühlwirksamkeit sind Leckquerschnitte in den Hauptkühlmittelleitungen bis einschließlich 2F zu Grunde zu legen. Die Notkühlsysteme sind entsprechend auszulegen.
Sicherstellung einer abschalt- und kühlbaren Geometrie des Reaktorkerns
2.1 (2)
Als Belastungsannahme für die Einbauten des Reaktordruckbehälters und den Reaktorkern ist ein schnell öffnendes Leck (lineares Öffnungsverhalten, Öffnungszeit 15 ms) mit einem Querschnitt von 0,1F in den Hauptkühlmittelleitungen für verschiedene Lecklagen zu unterstellen.

Verhinderung der Schadensausweitung
2.1 (3)
Für die Ermittlung der Einwirkungen aus Strahl- und Reaktionskräften auf Rohrleitungen, Komponenten, Komponenteneinbauten und Gebäudeteile ist ein Leck mit einem Querschnitt von 0,1F der jeweiligen Leitung und mit stationärer Ausströmung für verschiedene anzunehmende Lecklagen zu unterstellen. Dies gilt auch für die Ermittlung der durch Strahlkräfte bewirkten Freisetzung oder Ablösung von Materialien im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen der Notkühlung durch diese Materialien, wobei hier die ungünstigsten Lecklagen und Leckgrößen ( 0,1F) zu unterstellen sind.
2.1 (4)
Zur Beherrschung der Auswirkungen (Druckaufbau in der Reaktorgrube) eines unterstellten Lecks mit dem Querschnitt 0,1F zwischen Reaktordruckbehälter und biologischem Schild sind – soweit notwendig – Vorkehrungen zu treffen, z. B. Doppelrohre im Bereich der Durchführung der Hauptkühlmittelleitungen durch den biologischen Schild.
2.1 (5)
Für den Nachweis der Standsicherheit der Komponenten Reaktordruckbehälter, Dampferzeuger, Hauptkühlmittelpumpen und Druckhalter sind folgende Annahmen zu treffen:
Die Standsicherheit dieser Komponenten ist für die statische Ersatzkraft Pax, welche mit dem Eigengewicht der Komponente zu überlagern ist, zu gewährleisten:
Pax = 2 · p · F
mit
p = Betriebsdruck bei Volllastbetrieb
F = offene Querschnittfläche
Angriffspunkt:
Mittelpunkt des Rohrquerschnitts im Bereich der Stutzenrundnaht.
Wirkung:
Stutzenmittelachse in der für die Standsicherheit der Komponente ungünstigsten Richtung.
Die Kraft wirkt jeweils nur an einem Stutzen. Die Standsicherheit ist für jeden Stutzen getrennt nachzuweisen.
Hinweis:
Beim Dampferzeuger ist die Standsicherheit in gleicher Weise für den Anschluss des Sekundärkreislaufs zu gewährleisten. Dies wird unter den Leckpostulaten der Frischdampf- und der Speisewasserleitung behandelt.
2.1 (6)
Auslegungsdruck und Auslegungstemperatur für störfallfeste elektrische Einrichtungen sind für einen Leckquerschnitt von 2F in den Hauptkühlmittelleitungen festzulegen.

Erhaltung der Barrierenintegrität des Sicherheitsbehälters
2.1 (7)
Der Ermittlung des Auslegungsdrucks des Sicherheitsbehälters sowie der Ermittlung der Druckdifferenzen innerhalb des Sicherheitsbehälters sind Leckquerschnitte bis einschließlich 2F in den Hauptkühlmittelleitungen zu Grunde zu legen.
2.2
Reaktordruckbehälter
2.2 (1)
Im Hinblick auf die Verankerung des Reaktordruckbehälters (Begrenzung der Druckbelastung auf Tragstrukturen), die Belastung der Einbauten im Reaktordruckbehälter und die Auslegung des Kernnotkühlsystems ist auch ein Leck am Reaktordruckbehälter von etwa 20 cm2 (geometrischer Querschnitt: kreisförmig) unterhalb der Reaktorkernoberkante zu unterstellen.
2.2 (2)
Der Auslegung der Reaktordruckbehälter-Einbauten und der Schutzmaßnahmen für den Sicherheitsbehälter müssen auch die Auswirkungen des plötzlichen Bruchs eines Steuerelementantrieb-, Gehäuserohres oder -stutzens mit dem maximal möglichen Leckquerschnitt am Reaktordruckbehälter zu Grunde gelegt werden.
2.3
Dampferzeuger-Heizrohre
2.3 (1)
Die Belastungen, die bei einem zu unterstellenden Frischdampf- oder Speisewasserleitungsbruch oder bei Offenbleiben eines sekundärseitigen Sicherheitsventils auf die Dampferzeugerheizrohre durch die statische und transiente Beanspruchung (Druckwelle, Strömungskräfte, statische Druckdifferenzen über die Dampferzeugerheizrohre) auftreten, sind zu bestimmen. Es ist nachzuweisen, dass die Dampferzeugerheizrohre diesen Belastungen standhalten.
2.3 (2)
Jedoch ist bei den Störfallanalysen für den Frischdampfleitungsbruch und das Fehlöffnen eines Frischdampf-Sicherheitsventils das Versagen einiger weniger Dampferzeugerheizrohre als zufälliger, nicht als Folge der Ereignisse auftretender zusätzlicher Fehler zu unterstellen, der einhüllend durch die Annahme des vollständigen Bruchs (2F) eines Dampferzeugerheizrohres im betroffenen Dampferzeuger zu berücksichtigen ist. Ein Einzelfehler an anderer Stelle muss bei den beiden Störfallanalysen dann nicht mehr unterstellt werden.
2.3 (3)
Beim Frischdampfleitungsbruch außerhalb der äußeren Absperrarmatur mit zusätzlich unterstelltem „Nichtschließen der Absperrarmatur“ braucht ein Dampferzeugerheizrohrversagen nicht mehr angenommen zu werden, wenn der oben genannte Belastungsnachweis nach Nummer 2.3 (1) positiv geführt worden ist.
2.3 (4)
Beim Speisewasserleitungsbruch braucht ein Dampferzeugerheizrohrversagen nicht unterstellt zu werden.
2.3 (5)
Bei Unterstellung von unterkritischen Rissen oder Abriss einer Kleinleitung braucht kein zusätzliches Dampferzeugerheizrohrversagen überlagert zu werden.

3 Druckführende Umschließung von SWR

Aufrechterhaltung der Kühlung der Brennelemente durch Ausgleich des Kühlmittelverlustes (Auslegung der Notkühlsysteme)

3 (1)
Bei der Analyse der Kernnotkühlwirksamkeit und der Auslegung der Notkühlsysteme sind folgende Leckquerschnitte zugrunde zu legen:
a)
an den Frischdampf- und Speisewasserleitungen bis zu 2F sowie
b)
am Reaktordruckbehälter einerseits 80 cm2 (geometrischer Querschnitt: kreisförmig) unterhalb der Reaktorkernoberkante, andererseits die maximal möglichen Leckquerschnitte durch den Bruch eines Kerninstrumentierungsstutzens, des Gehäuserohres eines Steuerelementantriebs oder der Schweißnaht zwischen Gehäuserohr und Reaktordruckbehälter.
Sicherstellung einer abschalt- und kühlbaren Geometrie des Reaktorkerns

3 (2)
Belastungsannahme für die Einbauten des Reaktordruckbehälters und den Reaktorkern ist ein schnell öffnendes Leck (lineares Öffnungsverhalten, Öffnungszeit 15 ms) mit einem Querschnitt von 2F in den Frischdampf- und Speisewasserleitungen für verschiedene Lecklagen sowie Lecks entsprechend Nummer 3 (1) Buchstabe b.

Verhinderung der Schadensausweitung

3 (3)
Für die Ermittlung der Einwirkungen aus Strahl- und Reaktionskräften auf Rohrleitungen, Komponenten, Komponenteneinbauten und Gebäudeteile ist ein Leck mit einem Querschnitt von 0,1F der jeweiligen Leitung und mit stationärer Ausströmung für verschiedene anzunehmende Lecklagen zu unterstellen. Dies gilt auch für die Ermittlung der durch Strahlkräfte bewirkten Freisetzung oder Ablösung von Materialien im Hinblick auf mögliche Beeinträchtigungen der Notkühlung durch diese Materialien, wobei hier die ungünstigsten Lecklagen und Leckgrößen ( 0,1F) zu unterstellen sind.
3 (4)
Zur Verhinderung eines Druckaufbaus im Luftraum der Kondensationskammer durch ein zu unterstellendes Leck im Abblaserohr mit dem Querschnitt 0,1F zwischen Kondensationskammerdecke und dem Ausströmbereich des Abblaserohres im Wasserbereich sind – soweit notwendig – Vorkehrungen zu treffen, z. B. Schutzrohr um das Abblaserohr.
3 (5)
Hinsichtlich dynamischer Belastungen sind einlaufende Entlastungsdruckwellen, die sich aus Brüchen in Leitungsbereichen hinter der äußeren Absperrarmatur (außerhalb des Sicherheitsbehälters) ergeben oder die als Folge äußerer Einwirkungen unterstellt werden, der Bemessung zu Grunde zu legen. Hierzu ist als Eingangsgröße für die Rechnung ein Rundabriss (2F-Bruch) mit einem linearen Öffnungsverhalten und einer Öffnungszeit von 15 ms zu postulieren. Mit dieser Annahme brauchen Analysen von dynamischen Belastungen aus unterkritischen Rissen nicht durchgeführt zu werden.
3 (6)
Für den Nachweis der Standsicherheit des Reaktordruckbehälters sind folgende Annahmen zu treffen:
Die Standsicherheit der Komponenten ist für die statische Ersatzkraft Pax, welche mit dem Eigengewicht der Komponente zu überlagern ist, zu gewährleisten:
Pax = 2 · p · F
mit
p = Betriebsdruck bei Volllastbetrieb
F = offene Querschnittfläche
Angriffspunkt:
Mittelpunkt des Rohrquerschnitts im Bereich der Stutzenrundnaht.
Wirkung:
Stutzenmittelachse in der für die Standsicherheit der Komponente ungünstigsten Richtung.
Diese Kraft wirkt jeweils nur an einem Stutzen. Die Standsicherheit ist für jeden Stutzen getrennt nachzuweisen.
3 (7)
Die Verankerung des Reaktordruckbehälters ist so zu bemessen, dass auch die entsprechend der Nummer 3 (1) Buchstabe b unterstellten Lecks mit abgedeckt sind.
3 (8)
Bei der Ermittlung des Auslegungsdrucks und der Auslegungstemperatur für störfallfeste elektrische Einrichtungen muss von einem Leckquerschnitt von 2F in den Frischdampf- und Speisewasserleitungen ausgegangen werden.
Erhaltung der Barrierenfunktion des Sicherheitsbehälters

3 (9)
Der Ermittlung des Auslegungsdrucks des Sicherheitsbehälters sowie der Ermittlung der Druckdifferenzen innerhalb des Sicherheitsbehälters und der Bemessung des Druckabbausystems sind Leckquerschnitte bis einschließlich 2F in den Frischdampf- und Speisewasserleitungen zu Grunde zu legen.

4 Äußere Systeme

4.1
Frischdampf- und Speisewasserleitung von DWR
4.1 (1)
Für die Frischdampf- und Speisewasserleitungen zwischen Dampferzeuger und Armaturenstation außerhalb des Sicherheitsbehälters sind Lecks aus unterkritischen Rissen zu unterstellen. Diese sind auf der Basis der Bruchmechanik zu ermitteln oder auf 0,1F zu begrenzen.
4.1 (2)
Für die Ermittlung der Einwirkungen aus Strahl- und Reaktionskräften auf die Frischdampf- und Speisewasserleitungen zwischen Dampferzeuger und Armaturenstation außerhalb des Sicherheitsbehälters ist abdeckend eine Lecköffnung von 0,1F und stationäre Ausströmung zu unterstellen.
4.1 (3)
Hinsichtlich dynamischer Belastungen der Frischdampf- und Speisewasserleitungen sind einlaufende Entlastungsdruckwellen, die sich aus Brüchen in Leitungsbereichen hinter der ersten Absperrarmatur außerhalb des Sicherheitsbehälters ergeben, oder als Folge äußerer Einwirkungen unterstellt werden, anzusetzen und der Bemessung zu Grunde zu legen. Hierzu ist als Eingangsgröße für die Rechnung ein Rundabriss (2F-Bruch) mit einem linearen Öffnungsverhalten und einer Öffnungszeit von 15 ms zu postulieren. Mit dieser Annahme sind dann Analysen von dynamischen Belastungen aus unterkritischen Rissen nicht mehr erforderlich.
4.1 (4)
Für den Nachweis der Standsicherheit des Dampferzeugers sind im Hinblick auf den Anschluss des Sekundärkreises folgende Annahmen zu treffen:
Die Standsicherheit des Dampferzeugers ist für die statische Ersatzkraft Pax, welche mit dem Eigengewicht der Komponente zu überlagern ist, zu gewährleisten:
Pax = 2 · p · F
mit
p = Betriebsdruck bei Volllastbetrieb
F = offene Querschnittfläche
Angriffspunkt:
Mittelpunkt des Rohrquerschnitts im Bereich der ersten Anschlussschweißnaht.
Wirkrichtung:
Stutzenmittelachse in der für die Standsicherheit der Komponente ungünstigsten Richtung.
Diese Kraft wirkt jeweils nur an einem Stutzen. Die Standsicherheit ist für jeden Stutzen getrennt nachzuweisen.
4.2
Sonstige Rohrleitungen der Äußeren Systeme von DWR und SWR
4.2 (1)
Für andere als in der Nummer 4.1 genannte Rohrleitungen der Äußeren Systeme sind, sofern sie sich im Reaktorgebäude befinden, folgende Leck- und Bruchannahmen zu treffen:
Unterkritische Risse in den Schweißnähten. Die dabei entstehenden Leckquerschnitte sind auf der Basis der Bruchmechanik zu ermitteln oder auf 0,1F zu begrenzen.
Bei Rohrleitungen mit größer/gleich DN 50 sind zusätzlich überkritische (instabile) Rundrisse an hoch belasteten Rundnähten zu berücksichtigen, wenn eines der Kriterien des Buchstabens a Nummer 1 oder a Nummer 2 zutrifft:
a)
1. Betriebsdruck30 20 bar oder
2. Betriebstemperatur30 100 °C
und zusätzlich die beiden folgenden Kriterien erfüllt sind:
b)
Benutzungszeit größer 2 % und
c)
Betriebsnennspannung größer 50 N/mm2.
4.2 (2)
Wenn ein Rundriss gemäß den genannten Kriterien zu unterstellen ist, so ist hinsichtlich der Folgewirkungen wie folgt zu verfahren:
Für die Ermittlung von Differenzdrücken und Strahlkräften auf Gebäudeteile ist eine ungehinderte Ausströmung anzunehmen.
Bei der Berechnung einer internen Druckwelle zur Ermittlung der Belastung von Einbauten muss eine ungehinderte Ausströmung angenommen werden.
Bei der Ermittlung von Reaktionskräften können Begrenzungen des Ausströmquerschnitts auf Grund kons­truktiver Maßnahmen berücksichtigt werden.
4.2 (3)
Für Lecks an der Kondensationskammer des Siedewasserreaktors ist der Rundabriss der größten Anschlussleitung anzunehmen.
4.2 (4)
Bei Rohrleitungen mit kleiner DN 50 und allen Rohrleitungen außerhalb des Reaktorgebäudes sind grundsätzlich doppelendige Brüche zu unterstellen.

5 Behälter, Armaturen- und Pumpengehäuse

Für diejenigen Behälter (nicht Reaktordruckbehälter), Wärmetauscher sowie Armaturen- und Pumpengehäuse, einschließlich der zugehörigen Gehäuse der Antriebsturbinen, die Teil der DfU oder der Äußeren Systeme sind und für die entsprechende Bruchausschluss- oder Bruchsicherheitsnachweise (siehe „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Nummer 3.4) vorliegen, sind jeweils die Leck- und Bruchpostulate der anschließenden Rohrleitungen an deren Anschlussstelle anzunehmen. Dabei ist für Behälter, Wärmetauscher und andere Komponenten mit mehreren Anschlüssen in Abhängigkeit des Nachweiszieles das ungünstigste Leck unter Beachtung der Leck- und Bruchpostulate der ausgewählten Anschlussleitung zu berücksichtigen.

Für andere Behälter (nicht Reaktordruckbehälter), Wärmetauscher sowie Armaturen- und Pumpengehäuse ist grundsätzlich das Bersten zu unterstellen.

Anhang 3 zu den
„Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“:
Anforderungen an den Schutz gegen
Einwirkungen von innen und außen sowie aus Notstandsfällen

vom 22. November 2012

Gliederung

1
Grundlegende Anforderungen an Schutzkonzepte gegen Ereignisse aus Einwirkungen von innen und außen sowie aus Notstandsfällen
2
Anforderungen an Vorsorgemaßnahmen
3
Anforderungen zur Beherrschung von Einwirkungen von innen
3.1
Allgemeine Anforderungen
3.2
Ereignisspezifische Anforderungen
3.2.1
Anlageninterner Brand
3.2.2
Anlageninterne Überflutung
3.2.3
Komponentenversagen mit potentiellen Auswirkungen auf sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen
3.2.4
Leck/Bruch im Frischdampf- oder Speisewassersystem sowie in anderen hochenergetischen Rohrleitungen im Ringraum und in der Armaturenkammer (DWR) bzw. zwischen Sicherheitsbehälter und erster Absperrmöglichkeit außerhalb des Sicherheitsbehälters (SWR)
3.2.5
Absturz und Anprall von Lasten mit potentieller Gefährdung sicherheitstechnisch wichtiger Einrichtungen
3.2.6
Elektromagnetische Einwirkungen
3.2.7
Kollision von Fahrzeugen auf dem Anlagengelände mit sicherheitstechnisch wichtigen baulichen Anlagenteilen, Systemen oder Komponenten
3.2.8
Gegenseitige Beeinflussung von Mehrblockanlagen
3.2.9
Anlageninterne Explosionen
4
Anforderungen zur Beherrschung von Einwirkungen von außen sowie von Notstandsfällen
4.1
Allgemeine Anforderungen
4.2
Ereignisspezifische Anforderungen
4.2.1
Naturbedingte Einwirkungen
4.2.2
Zivilisatorisch bedingte Einwirkungen (Notstandsfälle)
4.2.3
Sonstige zivilisatorisch bedingte Einwirkungen

1 Grundlegende Anforderungen an Schutzkonzepte gegen Ereignisse aus Einwirkungen von innen und außen sowie aus Notstandsfällen

1 (1)
Alle Einrichtungen, die erforderlich sind, den Kernreaktor sicher abzuschalten und in abgeschaltetem Zustand zu halten, die Nachwärme abzuführen oder eine Freisetzung radioaktiver Stoffe zu verhindern, sind so auszulegen und müssen sich dauerhaft in einem solchen Zustand befinden, dass sie ihre sicherheitstechnischen Aufgaben auch bei Einwirkungen von innen und außen sowie bei Notstandsfällen erfüllen.
Hinweis:
Anforderungen an diese Einrichtungen, die im Hinblick auf Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter zu beachten sind, sind nicht Gegenstand der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“.
1 (2)
Das Sicherheitssystem sowie die Notstandseinrichtungen sind so auszulegen, dass sie bei Einwirkungen von innen und von außen wirksam bleiben. Die grundlegenden Auslegungsanforderungen an Sicherheitseinrichtungen im Falle dieser Einwirkungen sind in den diesbezüglichen Regelungen in Nummer 2.4 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ enthalten.

Vorsorgemaßnahmen
1 (3)
Durch Vorsorgemaßnahmen (VM) ist zu gewährleisten, dass Ereignisse aus Einwirkungen von innen oder außen sowie aus Notstandsfällen, die die bestimmungsgemäße Funktion von Sicherheitseinrichtungen unzulässig beeinträchtigen könnten,
entweder verhindert werden
oder in ihren Auswirkungen ausreichend begrenzt werden (siehe auch „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ Nummer 2.1 (5)).
1 (4)
Die Anforderungen an die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der Vorsorgemaßnahmen sind abhängig von der geschätzten Eintrittshäufigkeit der Einwirkung, gegen welche das Schutzkonzept wirksam sein soll, und von den potentiellen Auswirkungen dieser Einwirkung.
1 (5)
Die Analyse eines durch eine Einwirkung von innen oder außen bedingten Ereignisses der Sicherheitsebene 3 ist nicht erforderlich, wenn die in den Nummern 3, 4.2.1 und 4.2.3 genannten Vorsorgemaßnahmen als getroffen nachgewiesen sind. Die Nachweisführung konzentriert sich dabei auf die Einhaltung der Anforderungen an die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der Vorsorgemaßnahmen.
Für dennoch durch solche Einwirkungen als ausgelöst zu unterstellende Ereignisse der Sicherheitsebene 3 gelten die Anforderungen dieser Sicherheitsebene.
1 (6)
Radiologische Auswirkungen sind für die Ereignisse zu ermitteln, die infolge der Einwirkung gemäß Nummer 1 (5) zu einem radiologisch repräsentativen Ereignis der Sicherheitsebene 3 führen.
Hinweis:
Radiologisch repräsentative Ereignisse der Sicherheitsebene 3 sind im Anhang 2 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ aufgelistet. Auf spezielle Festlegungen hinsichtlich der Ermittlung von radiologischen Auswirkungen ist bei den ereignisspezifischen Anforderungen in den folgenden Nummern 3 und 4 hingewiesen.

Notstandsfälle
1 (7)
Sehr seltene zivilisatorisch bedingte Einwirkungen (Notstandsfälle) gemäß Nummer 4.2.2 dürfen entweder nicht zu Ausfällen von Sicherheitseinrichtungen derart führen, dass die erforderlichen Sicherheitsfunktionen nicht mehr ausreichend wirksam sind, oder es sind dafür gesondert ausgelegte Einrichtungen vorzusehen, sodass Ereignisabläufe der Sicherheitsebene 4b verhindert werden.
Bei der Analyse von Notstandsfällen und den dabei zu unterstellenden Folgeereignissen dürfen realistische Anfangs- und Randbedingungen sowie realistische Modelle gewählt werden (siehe auch „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Anhang 5 Nummer 3.2.1).
1 (8)
Redundanzanforderungen für Einrichtungen zur Beherrschung von Notstandsfällen und den dabei zu unterstellenden Folgeereignissen sind in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Anhang 4, Nummer 2.4 angegeben.
1 (9)
Bei Funktionsuntüchtigkeit der Warte infolge von Notstandsfällen ist sicherzustellen, dass die Anlage mit Hilfe von Notstandseinrichtungen ohne Handeingriff in einen kontrollierten Anlagenzustand übergeht und mindestens 10 Stunden darin verbleiben kann. Darüber hinaus muss die Anlage mit Hilfe der Notstandseinrichtungen in einen Zustand gebracht werden können, der die anschließende Nachwärmeabfuhr über ein Nachkühlsystem langfristig sicherstellt. Notstandsmaßnahmen, für die eine hinreichende Karenzzeit besteht oder für deren Auslösung durch administrative Maßnahmen Vorsorge getroffen werden kann, müssen nicht automatisiert werden. Zur Langzeitbeherrschung des Notstandsfalls kann auf vor Ort vorhandene Hilfsmaßnahmen zurückgegriffen werden.
1 (10)
Für Notstandseinrichtungen gelten folgende Anforderungen:
a)
Komponenten und Teilsysteme der Notstandseinrichtungen sind gegen die zu betrachtenden Notstandsfälle zu schützen.
b)
Es ist sicherzustellen, dass die Funktion der Notstandseinrichtungen nicht durch Schäden in ungeschützten Anlagenbereichen unzulässig beeinträchtigt werden kann. Dies gilt sowohl für verfahrenstechnische Systeme als auch für die Energieversorgung und die leittechnischen Einrichtungen.
c)
Es ist sicherzustellen, dass Fremdeingriffe und Fehlbedienungen auf der Warte oder in anderen nicht besonders geschützten Anlagenbereichen nicht zu einer unzulässigen Beeinträchtigung der Funktion der Notstandseinrichtungen führen können.
d)
An den Notstandseinrichtungen dürfen weder aus betrieblichen Gründen noch zu Prüfzwecken Eingriffe vorgenommen werden, die, wenn sie im Notstandsfall nicht mehr zurückgenommen bzw. zu Ende geführt werden können, zu einer unzulässigen Beeinträchtigung der Funktion der Einrichtungen führen können. Dies gilt nicht, wenn gleichwertige Funktionen bereitgestellt sind.
1 (11)
Die Kühlung der Brennelemente ist bei den Notstandsfällen „Flugzeugabsturz“ sowie „Explosionsdruckwelle“ langfristig sicherzustellen. An den langfristig benötigten Einrichtungen müssen erforderlichenfalls rechtzeitig Instandsetzungsmaßnahmen durchgeführt werden können.
Die Zugänglichkeit zu Bereichen, in denen örtliche Betätigungen notwendig werden können, sowie die Kommunikation mit dem dort tätig werdenden Personal sind zu gewährleisten.

2 Anforderungen an Vorsorgemaßnahmen

2 (1)
Vorsorgemaßnahmen sind hinsichtlich Zuverlässigkeit und Wirksamkeit so zu bemessen, dass die Anforderungen nach den Nummern 1 (2), 1 (3) und 1 (4) erfüllt werden.
2 (2)
Vorsorgemaßnahmen sollen vorrangig auf passiven Einrichtungen basieren. Ist eine hinreichend zuverlässige Vermeidung unzulässiger Folgewirkungen durch passive Einrichtungen nicht gegeben, so sind zuverlässige aktive Einrichtungen vorzusehen. Im Falle der Einbeziehung administrativer Maßnahmen ist ein Zuverlässigkeitsnachweis gemäß Nummer 2 (6) erforderlich. Sofern im Ausnahmefall Vorsorgemaßnahmen ausschließlich auf administrativen Maßnahmen beruhen, ist deren Zuverlässigkeit gesondert zu begründen.
2 (3)
Die Wirksamkeit von Vorsorgemaßnahmen muss auch bei Anwendung des Einzelfehlerkonzepts (siehe Anhang 4 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“) sichergestellt sein.
2 (4)
Während der Durchführung von Instandhaltungsmaßnahmen einschließlich Wiederkehrender Prüfungen darf die Zuverlässigkeit und Wirksamkeit der Vorsorgemaßnahmen nicht unzulässig beeinträchtigt sein.
2 (5)
Vorsorgemaßnahmen, die zur Verhinderung von Ereignissen gemäß Anhang 2 sowie gemäß den folgenden Nummern 3 und 4 vorgesehen sind, müssen so beschaffen sein, dass sie bei zu unterstellenden Störungen oder Schäden an ihnen oder bei Fehlbedienung/Fehlhandlung die bestimmungsgemäße Funktion des Sicherheitssystems, der Notstandseinrichtungen und weiterer für die Sicherheit erforderlicher Einrichtungen nicht beeinträchtigen.
2 (6)
Sofern administrative Maßnahmen und daraus abgeleitete Personalhandlungen in Vorsorgemaßnahmen einbezogen werden, ist deren Wirksamkeit und Zuverlässigkeit durch Methoden wie Fehlereffekt- oder Gefahrenanalyse nachzuweisen. Insbesondere sind dabei systematische Fehler zu berücksichtigen.
Folgende Bedingungen sind zu gewährleisten:
Es sind eindeutige organisatorische Vorgaben hinsichtlich Zuständigkeit und Verantwortung für die Durchführung und Kontrolle der Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Das mit der Durchführung und der Kontrolle von Vorsorgemaßnahmen betraute Personal ist entsprechend der sicherheitstechnischen Bedeutung der Vorsorgemaßnahmen besonders zu qualifizieren.
Es müssen eindeutige Ablaufprozeduren sowie Arbeitsanweisungen für die Durchführung und die Kontrolle der Vorsorgemaßnahmen vorhanden sein. Art und Anzahl der Kontrollen sind entsprechend den Vorgaben an die Zuverlässigkeit der jeweiligen Vorsorgemaßnahme festzulegen. Für die Kontrollen sind eindeutige, mess- und quantifizierbare Kriterien festzulegen. Identifizierte Abweichungen von Anforderungen bedürfen der sicherheitstechnischen Bewertung.
Die Durchführung der Kontrollen und die erzielten Ergebnisse sind lückenlos zu dokumentieren. Die jeweils beteiligten Personen sind anzugeben.
Es muss ausreichend Zeit für die Durchführung der Kontrollen der Vorsorgemaßnahmen zur Verfügung stehen.
Die Durchführung und Kontrolle der Vorsorgemaßnahmen dürfen durch die Umgebungsbedingungen nicht beeinträchtigt sein.
Die Randbedingungen, unter denen die mit der Durchführung der Vorsorgemaßnahmen betrauten Personen handeln, sind so zu gestalten, dass die Voraussetzungen für ein möglichst fehlerfreies Verhalten vorliegen. Die ergonomischen Anforderungen gemäß Nummer 3.1 (13) der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraft­werke“ sind zu beachten.
Mögliche Fehler und deren Auswirkungen sind bei der Schulung des Personals zu berücksichtigen.
2 (7)
Die Gültigkeit der Randbedingungen für die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der Vorsorgemaßnahmen ist während der gesamten Betriebszeit der Anlage sicherzustellen.

3 Anforderungen zur Beherrschung von Einwirkungen von innen

3.1
Allgemeine Anforderungen
3.1 (1)
Die auf Grund der anlagenspezifischen Gegebenheiten möglichen Einwirkungen von innen sowie deren mög­lichen Kombinationen untereinander oder mit Einwirkungen von außen sowie aus Notstandsfällen sind vollständig zu erfassen.
Hinweis:
Beachte hierzu auch in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ die Nummern 2.4 und 4.2 sowie in Anhang 5 zu den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ die Nummern 3.2.1 (3) und 3.2.1 (4).
3.1 (2)
Für jede Einwirkung oder Einwirkungskombination nach Nummer 3.1 (1) sind die sicherheitstechnischen Auswirkungen auf die Anlage unter Berücksichtigung aller zu erwartenden Folgewirkungen zu ermitteln. Insbesondere sind die nachstehend aufgeführten Folgewirkungen zu betrachten:
anlageninterne Überflutung,
anlageninterne Brände und Explosionen,
erhöhte Strahlenpegel,
chemische Reaktionen,
elektrische, leittechnische oder verfahrenstechnische Fehlfunktionen,
Druckaufbau, Druckdifferenzen,
Temperatur- und Feuchteanstieg,
umherfliegende und fallende Bruchstücke (Trümmer) sowie
Strahl- und Reaktionskräfte.
3.1 (3)
Einrichtungen zum Schutz gegen Einwirkungen von innen sind nahe der potentiellen Quelle einer Einwirkung von innen zu errichten, es sei denn, eine andere Positionierung ist sicherheitstechnisch vorteilhafter.
3.2
Ereignisspezifische Anforderungen
3.2.1
Anlageninterner Brand
3.2.1 (1)
Es sind Maßnahmen und Einrichtungen zum Schutz vor anlageninternen Bränden und deren Folgewirkungen sowohl innerhalb als auch außerhalb von Gebäuden vorzusehen. Unzulässige Auswirkungen von Bränden und deren Folgewirkungen sind durch Vorkehrungen des aktiven und passiven Brandschutzes zu verhindern.
3.2.1 (2)
Die Brandschutzmaßnahmen sind so zu planen und auszuführen, dass eine gestaffelte Abwehr realisiert wird:
Es müssen geeignete Maßnahmen und Einrichtungen vorhanden sein, die die Entstehung von Bränden vermeiden.
Dennoch entstandene Brände müssen frühzeitig erkannt und bekämpft werden.
Die Ausbreitung eines nicht gelöschten oder nicht selbst verlöschenden Brandes ist zu begrenzen.
3.2.1 (3)
Es ist ein Brandschutzkonzept zu erstellen und zu dokumentieren. Die Dokumentation ist aktuell zu halten. Bei Änderungen in der Anlage sind deren Rückwirkungen auf das bestehende Brandschutzkonzept zu bewerten und das Brandschutzkonzept ist erforderlichenfalls fortzuschreiben.
3.2.1 (4)
Es ist eine Brandgefahrenanalyse zu erstellen und zu dokumentieren. Die Dokumentation ist aktuell zu halten.
3.2.1 (5)
Die Gesamtheit aller Brandschutzmaßnahmen muss sicherstellen, dass auch bei einem Zufallsausfall einer einzelnen Brandschutzmaßnahme oder -einrichtung die Sicherheitsfunktionen nicht unzulässig beeinträchtigt werden.
3.2.1 (6)
Eine Entzündung vorhandener brennbarer Stoffe ist grundsätzlich zu unterstellen. Von dieser Anforderung darf abgewichen werden, wenn der brennbare Stoff gekapselt ist und die Kapselung im bestimmungsgemäßen Betrieb sowie bei allen anzunehmenden Störfällen funktionsfähig bleibt.
3.2.1 (7)
Brandlasten und mögliche Zündquellen sind auf das für den sicheren Betrieb erforderliche Maß zu begrenzen.
3.2.1 (8)
Unvermeidbare Brandlasten sind dort, wo dies konstruktiv und aufgrund der Anforderungen an den Betrieb der Einrichtungen möglich ist, räumlich ausreichend getrennt von den möglichen Zündquellen anzuordnen, sodass eine Entzündung durch diese Zündquellen vermieden werden kann.
Raumbereiche mit erheblichen Brandlasten sind grundsätzlich durch ausreichend feuerwiderstandsfähige Bauteile abzutrennen.
3.2.1 (9)
Redundante Einrichtungen des Sicherheitssystems sind grundsätzlich durch ausreichend feuerwiderstandsfähige Bauteile so zu trennen, dass ein durch Brand bedingter Ausfall von mehreren Redundanten verhindert werden kann.
Sofern der für einen Brand erforderliche Schutz aus systemtechnischen oder nutzungstechnischen Erfordernissen nicht durch bauliche Brandschutzmaßnahmen realisiert werden kann, muss durch andere Brandschutzmaßnahmen oder durch eine Kombination dieser Maßnahmen ein gleichwertiger Schutzzustand sichergestellt werden.
3.2.1 (10)
Beim Einbringen brennbarer Stoffe im Zusammenhang mit Instandhaltungsarbeiten ist durch gesonderte Maßnahmen oder Einrichtungen sicherzustellen, dass die Sicherheit der Anlage nicht unzulässig beeinträchtigt wird.
3.2.1 (11)
Die sicherheitsrelevanten Funktionen baulicher Anlagenteile im Brandfall sind durch bauliche Brandschutzmaßnahmen sicherzustellen.
3.2.1 (12)
Es sollen grundsätzlich nur nichtbrennbare Bau- und Werkstoffe verwendet werden. Ein Einsatz brennbarer Werkstoffe ist dann zulässig, wenn sie konstruktiv unvermeidbar sind, z. B. Dämmstoffe an kaltgehenden Rohrleitungen, Dekontaminationsbeschichtungen. Es sollen grundsätzlich nur nichtbrennbare Betriebsstoffe verwendet werden. Ausgenommen sind Steuer- und Schmierflüssigkeiten sowie andere aus betrieblichen Gründen unvermeidbare brennbare Stoffe.
3.2.1 (13)
Leitungen und Kabel sind grundsätzlich getrennt von warmgehenden Rohrleitungen oder solchen, die brennbare Medien führen, zu verlegen. Leistungskabel sind grundsätzlich hinreichend getrennt von Signal- und Steuerkabeln zu verlegen.
Bei unvermeidbaren Kreuzungen mit warmgehenden Rohrleitungen oder solchen, die brennbare Medien führen, oder mit Leistungskabeln sind besondere Maßnahmen und Einrichtungen vorzusehen.
Durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen ist sicherzustellen, dass auch im Brandfall Energieversorgungs-, Signal- und Steuerkabel nicht unzulässig beeinträchtigt werden.
3.2.1 (14)
Bei der Auswahl und Installation der aktiven und passiven Brandschutzmaßnahmen sind die im Kontrollbereich vorhandenen Beschränkungen zu beachten.
3.2.1 (15)
Für den Brandfall ist, insbesondere in Anlagenbereichen mit Sicherheitseinrichtungen und in Kontrollbereichen, durch geeignete Einrichtungen oder Maßnahmen eine zuverlässige, schnelle Branderkennung und Alarmierung sicherzustellen.
3.2.1 (16)
Es ist sicherzustellen, dass durch geeignete Einrichtungen und/oder Maßnahmen zur Branderkennung, -alarmierung und -bekämpfung Brände im Sicherheitsbehälter auch ohne Entrauchung sicher und schnell lokalisiert und wirksam bekämpft werden können.
3.2.1 (17)
Durch geeignete Maßnahmen und Einrichtungen für eine frühzeitige Gefahrenerkennung, Gefahrenmeldung und Aufforderung zur Flucht sowie geeignete Vorkehrungen für einen schnellen Flucht- und Rettungsvorgang über Rettungswege ist sicherzustellen, dass Personen im Gefahrenfall schnell und sicher ins Freie gelangen und von außen gerettet werden können.
3.2.1 (18)
Innerhalb der Gebäude sind Rettungswege anzuordnen. Diese müssen so vor Brandeinwirkungen geschützt werden, dass sie ausreichend lange zur Verfügung stehen, um die Selbstrettung, die Fremdrettung von Personen, die Brandbekämpfung sowie sicherheitstechnisch erforderliche Personalhandlungen zu ermöglichen.
3.2.1 (19)
Ortsfeste Löschanlagen sind grundsätzlich automatisch auszulösen. Fernbediente oder örtlich manuell auszulösende Löschanlagen sind zulässig, wenn die möglichen Brandwirkungen bis zum Zeitpunkt des Wirksamwerdens dieser Löschanlagen beherrscht werden.
3.2.1 (20)
Automatisch auszulösende Löschanlagen müssen so beschaffen und gesichert sein, dass sie ihrerseits nicht bei Störungen oder Schäden an ihnen oder bei Fehlbedienung/Fehlhandlung die bestimmungsgemäße Funktion von Einrichtungen des Sicherheitssystems sowie die baulichen Anlagenteile mit raumabschließender Funktion unzulässig beeinträchtigen.
3.2.1 (21)
Die Brandschutzeinrichtungen müssen regelmäßig Wiederkehrenden Prüfungen im Hinblick auf ihre Funktionsfähigkeit unterzogen werden. Die Prüffristen sind entsprechend der sicherheitstechnischen Bedeutung der zu schützenden Einrichtung festzulegen.
3.2.1 (22)
Zur Bekämpfung von Bränden ist eine ausreichend leistungsfähige Werkfeuerwehr nach Landesrecht aufzustellen, auszurüsten und zu unterhalten. Neben dieser ist auch die zuständige anlagenexterne Feuerwehr mit den Räumlichkeiten der Anlagen sowie den besonderen Gegebenheiten eines Kernkraftwerks vertraut zu machen. Diese Einweisung ist regelmäßig zu wiederholen. Einsatzübungen sind in ausreichenden Abständen durchzuführen.
3.2.1 (23)
Es ist sicherzustellen, dass auch im Brandbekämpfungsfall alle erforderlichen Maßnahmen zur Gewährleistung des sicheren Betriebs und zur Beherrschung der Ereignisse der Sicherheitsebenen 3 und 4a durchgeführt werden können.
3.2.2
Anlageninterne Überflutung
3.2.2 (1)
Durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen sind unzulässige Auswirkungen anlageninterner Überflutungen zu verhindern. Zu diesen Maßnahmen und Einrichtungen gehören:
hochwertige Ausführung der Medium führenden Systeme und Komponenten,
präzise Vorgaben für Instandhaltungsmaßnahmen an Medium führenden Systemen und Komponenten, insbesondere bei solchen mit hohem Überflutungspotential,
hohe Zuverlässigkeit gegen Fehlauslösungen automatisch auszulösender ortsfester Löschanlagen.
3.2.2 (2)
Mögliche auslösende Ereignisse für eine Überflutung innerhalb der Anlage sind im Rahmen einer Überflutungsanalyse zu identifizieren (z. B. Lecks, Aktivierung eines Löschsystems, menschliche Fehlhandlung, Absturz oder Anstoßen von Lasten, Inbetriebnahme eines Systems nach Instandhaltungsmaßnahmen oder nach Anlagenänderungen mit fälschlicherweise nicht eingebauten Absperreinrichtungen). Als Grundlage für die Auslegung von Vorsorgemaßnahmen dürfen abdeckende Ereignisse definiert werden.
3.2.2 (3)
Ansammlungen von Wasser auf hoch gelegenen Strukturen (z. B. Kabelpritschen mit ungenügender Entwässerung) sind in die Überflutungsanalysen einzubeziehen.
3.2.2 (4)
Den Möglichkeiten einer Verstopfung von Entwässerungsstrukturen oder einer Verlagerung von Gegenständen sowie des Anschwemmens von Partikeln ist Rechnung zu tragen.
3.2.2 (5)
Bei der Ermittlung der Überflutungshöhe und der mechanischen Einwirkung auf Komponenten oder Barrieren ist eine mögliche Wellenbildung zu berücksichtigen.
3.2.2 (6)
Für alle unterstellten Überflutungsereignisse ist der zu erwartende Zeitverlauf des Wasserstands im unmittelbar betroffenen Raum und in den möglicherweise betroffenen angrenzenden Räumen zu berücksichtigen.
3.2.2 (7)
Neben den direkten Auswirkungen einer Überflutung sind auch indirekte Effekte wie der Anstieg der Luftfeuchtigkeit zu berücksichtigen.
3.2.2 (8)
Ein möglicher Druckanstieg durch den Kontakt von Wasser mit heißen Komponenten ist zu berücksichtigen.
3.2.2 (9)
Für die zu unterstellenden Überflutungsereignisse müssen Maßnahmen und Einrichtungen zur Verhinderung einer unzulässigen Beeinträchtigung der Einrichtungen des Sicherheitssystems vorhanden sein. Hierbei sind insbesondere die folgenden Maßnahmen und Einrichtungen entsprechend einem gestaffelten Vorgehen zu berücksichtigen:
Lecküberwachungseinrichtungen,
Maßnahmen zur Feststellung und Isolierung von Leckstellen,
erhöhte Aufstellung von sicherheitstechnisch wichtigen Komponenten,
bauliche Einrichtungen (z. B. Auffangwannen, Abschottungen) um sicherheitstechnisch wichtige Komponenten,
Doppelrohrausführungen,
Schwellen oder gleichwertige Einrichtungen zur Verhinderung der Ausbreitung von Wasser, insbesondere in Räume benachbarter Redundanten,
aktive oder passive Einrichtungen zur Entwässerung,
organisatorische Maßnahmen für den Fall einer Überflutung.
3.2.2 (10)
Werden Instandhaltungsmaßnahmen an Einrichtungen zur Vermeidung von Überflutungsereignissen durchgeführt, so ist sicherzustellen, dass deren Funktion, sofern erforderlich, auch während der Instandhaltungsmaßnahme gewährleistet bleibt oder vorsorglich durch anderweitige Maßnahmen vollwertig kompensiert wird. Insbesondere sind im Zusammenhang mit Instandhaltungsmaßnahmen zu berücksichtigen:
die Sumpfansaugleitungen und deren Absperrarmaturen,
Systeme mit einem hohen Nachspeisepotential und deren Absperreinrichtungen,
Einrichtungen zur Verhinderung von redundanzübergreifenden Überflutungen im Ringraum von DWR-Anlagen sowie
Instandhaltungsarbeiten im Bodenbereich des Reaktordruckbehälters von SWR-Anlagen.
3.2.3
Komponentenversagen mit potentiellen Auswirkungen auf sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen
3.2.3 (1)
Sofern ein Komponentenversagen und eine daraus resultierende Gefährdung von Einrichtungen des Sicherheitssystems nicht verhindert werden kann, sind Vorkehrungen zum Schutz dieser Einrichtungen vorzusehen.
3.2.3 (2)
Alle potentiellen sicherheitstechnisch relevanten Quellen für umherfliegende (hochenergetische) und fallende Bruchstücke (Trümmer) sind zu identifizieren und die Parameter (insbesondere Geometrie, Masse und Trajektorie) der bei einem Versagen zu erwartenden Bruchstücke sind zu analysieren oder konservativ abzuschätzen.
Als potentielle Quellen für solche Bruchstücke sind insbesondere zu berücksichtigen:
das Versagen von Behältern, Rohrleitungen und sonstigen Komponenten mit hohem Energieinhalt,
Hinweis:
Zu den Leck- und Bruchannahmen siehe in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Anhang 2, dort Anlage 2.
das Versagen beweglicher Armaturenteile,
der Auswurf eines Steuerelements oder Steuerstabs und
das Versagen rotierender Komponententeile (z. B. Schwungradversagen der Hauptkühlmittelpumpen, Turbinenschaufeln, Turbinenwelle).
3.2.3 (3)
Die bestimmungsgemäße Funktion der Einrichtungen des Sicherheitssystems ist gemäß Nummer 1 (2) bei Einwirkungen aufgrund eines unterstellten Komponentenversagens sicherzustellen. Mögliche Einwirkungen aufgrund eines Komponentenversagens sind:
direkte mechanische Einwirkungen (Reaktionskräfte, schlagende Rohrleitungen),
hochenergetische Bruchstücke,
Strahlkräfte,
anlageninterne Überflutung,
erhöhte Luftfeuchtigkeit,
physikalische oder chemische Einwirkungen,
Druckdifferenzen (statisch und dynamisch),
erhöhte Raumtemperatur und
erhöhter Strahlenpegel.
3.2.3 (4)
Soweit erforderlich, ist bei diesen Einwirkungen auch die Standsicherheit von Anlagenteilen sicherzustellen.
3.2.3 (5)
Die folgenden Maßnahmen und Einrichtungen zum Schutz gegen Einwirkungen aus einem Komponentenversagen sind dabei in Betracht zu ziehen:
geeignete Orientierung der als potentielle Quelle von Bruchstücken identifizierten Komponenten im Raum,
geeignete räumliche Anordnung der als potentielle Ziele von Bruchstücken identifizierten Einrichtungen des Sicherheitssystems,
Wahl der Gebäudeanordnung derart, dass die Einrichtungen des Sicherheitssystems nicht innerhalb der wahrscheinlichen Flugrichtung möglicher Bruchstücke des Turbosatzes liegen; dies gilt auch für Mehrblockanlagen (siehe auch Nummer 3.2.8),
bauliche Einrichtungen zum Ablenken oder Zurückhalten von Trümmern,
Ausschlagsicherungen,
Doppelrohrkonstruktionen bei hochenergetischen Rohrleitungen.
3.2.3 (6)
Schäden am Sicherheitssystem, an Notstandseinrichtungen und weiteren für die Sicherheit der Anlage erforderlichen Einrichtungen durch Rohrausschläge sind vorzugsweise durch bauliche Einrichtungen an den Rohrleitungen zu verhindern.
3.2.3 (7)
Sofern das Versagen rotierender Komponenten mit sicherheitstechnisch relevanten Auswirkungen zu unterstellen ist, sind
zuverlässige Einrichtungen zur Drehzahlbegrenzung sowie
Schwingungsüberwachungen zur Erkennung sich anbahnender Schäden (z. B. durch Unwuchten)
vorzusehen.
3.2.3 (8)
Durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen ist sicherzustellen, dass die Schwungräder der Hauptkühlmittelpumpen (DWR) beim Kühlmittelverluststörfall nicht infolge zu hoher Drehzahl zerstört werden.
3.2.3 (9)
Bei der Auslegung baulicher Einrichtungen zum Schutz vor hochenergetischen Bruchstücken sind sowohl das lokale (z. B. Penetration, Abplatzungen) als auch das globale Trag- und Verformungsverhalten der baulichen Einrichtung beim Aufprall hochenergetischer Bruchstücke zu berücksichtigen.
3.2.3 (10)
Sofern hinsichtlich der Beherrschung von Strahl- und Reaktionskräften gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Anhang 2, dort Anlage 2 ein doppelendiger Bruch zu unterstellen ist, sind Maßnahmen zum Schutz gegen Einwirkungen durch Strahl- und Reaktionskräfte auf sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen gemäß Nummer 3.2.3 (6) unter Berücksichtigung folgender Aspekte zu treffen:
Richtung des Rohrausschlags,
betroffene sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen,
kinetische Energie,
Anteil der Energie, der von einer betroffenen Komponente aufgenommen wird,
Wirksamkeit von Ausschlagsicherungen und
mögliche Folgewirkungen bei der Einwirkung auf andere Komponenten.
3.2.4
Leck/Bruch im Frischdampf- oder Speisewassersystem sowie in anderen hochenergetischen Rohrleitungen im Ringraum und in der Armaturenkammer (DWR) bzw. zwischen Sicherheitsbehälter und erster Absperrmöglichkeit außerhalb des Sicherheitsbehälters (SWR)
3.2.4 (1)
Die Auswirkungen von Lecks
im Ringraum und in der Armaturenkammer (DWR) an Frischdampf oder Speisewasser führenden Rohrleitungen,
im Bereich zwischen Sicherheitsbehälter und erster äußerer Absperrmöglichkeit (SWR) an Frischdampf oder Speisewasser führenden Rohrleitungen,
an einer Dampferzeugerabschlämmleitung (DWR) oder
an einer anderen hochenergetischen Leitung
dürfen nicht zu unzulässigen Beeinträchtigungen des Sicherheitsbehälters, einschließlich der Durchführungen, sowie von den im Bereich zwischen Sicherheitsbehälter und Reaktorgebäude (Ringraum) und in der Armaturenkammer (DWR) installierten Einrichtungen des Sicherheitssystems, Notstandseinrichtungen und weiteren für die Sicherheit erforderlichen Einrichtungen oder zu einer unzulässigen Freisetzung radioaktiver Stoffe führen.
3.2.4 (2)
Unzulässige Auswirkungen sind z. B. durch Doppelrohrkonstruktionen zu beherrschen oder durch entsprechende Auslegung der Rohrleitungen in diesem Bereich zu verhindern.
Hinweis:
Siehe auch in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Anhang 2, Ereignisse D3-06 sowie S3-26.
3.2.5
Absturz und Anprall von Lasten mit potentieller Gefährdung sicherheitstechnisch wichtiger Einrichtungen
3.2.5 (1)
Lasten, die mit Hebe- oder Transportmitteln gehandhabt werden und deren Absturz zum Ausfall von sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen oder zur Freisetzung radioaktiver Stoffe führen kann, sind zu identifizieren. Zu identifizieren sind auch Lasten, die durch das Umkippen schwerer und das Anschlagen pendelnder Gegenstände, insbesondere auch von Transport- und Lagerbehältern, entstehen.
3.2.5 (2)
Als Ursache für Abstürze von Lasten sind auch Bedienungs- sowie Instandhaltungsfehler am Hebezeug sowie an dessen Trag-, Lastaufnahme- und Lastanschlagmitteln zu betrachten.
3.2.5 (3)
Ein Lastabsturz mit unzulässigen Folgen ist zu verhindern.
3.2.6
Elektromagnetische Einwirkungen
3.2.6.1
Schutz vor elektromagnetischer Störeinwirkung
3.2.6.1 (1)
Das Sicherheitssystem, die Notstandseinrichtungen und weitere für die Sicherheit erforderliche Einrichtungen müssen in ihrem elektromagnetischen Umfeld zuverlässig wirksam sein.
3.2.6.1 (2)
Die elektromagnetische Verträglichkeit (EMV) der in Nummer 3.2.6.1 (1) genannten Einrichtungen ist mittels einer Analyse (EMV-Analyse) nachzuweisen. Diese umfasst unter anderem die elektromagnetische Störaussendung, die Störfestigkeit der Komponenten, die Eigenstörfestigkeit und die notwendigen Prüfungen.
3.2.6.1 (3)
Während der Betriebsdauer der Anlage sind sowohl das Auftreten neuer als auch die Veränderung vorhandener Störquellen zu verfolgen und zu analysieren. Der Schutz der in Nummer 3.2.6.1 (1) genannten Einrichtungen vor elektromagnetischen Störeinflüssen ist bei sich gegebenenfalls verändernden Umgebungsbedingungen anzupassen.
3.2.6.2
Begrenzung elektromagnetischer Störaussendung
3.2.6.2 (1)
Mögliche elektromagnetische Störquellen innerhalb der Anlage, deren Einfluss auf die in Nummer 3.2.6.1 (1) genannten Einrichtungen nicht vermieden werden kann, sind zu identifizieren und die möglichen Einflüsse aus diesen Quellen sind zu bewerten. Soweit möglich, erfolgt die Analyse auf Grundlage abdeckender Störquellen. Die aus dem Betrieb der Störquellen resultierenden Umgebungsbedingungen am Einsatzort dieser Einrichtungen sind zu ermitteln.
3.2.6.2 (2)
Elektromagnetische Störungen sind so zu begrenzen, dass eine ordnungsgemäße Funktion der in Nummer 3.2.6.1 (1) genannten Einrichtungen gewährleistet ist.
3.2.6.2 (3)
Zur Begrenzung elektromagnetischer Einflüsse aus anlageninternen Störquellen sind Maßnahmen und Einrichtungen zum Schutz der Leittechnik gemäß ihrer sicherheitstechnischen Bedeutung vorzusehen (z. B. Abschirmung, Entkopplung, Erdung, räumliche Trennung).
3.2.6.2 (4)
Temporär vorhandene potentielle elektromagnetische Störquellen wie zum Beispiel Mess- und Prüfgeräte, Schweißgeräte oder Mobiltelefone, sind zu berücksichtigen.
3.2.6.2 (5)
Störungsbedingte elektromagnetische Wechselwirkungen (Kurzschluss, Lichtbogen) sind zu berücksichtigen.
3.2.6.3
Qualifizierung der Einrichtungen hinsichtlich des Schutzes vor unzulässigen elektromagnetischen Einwirkungen
3.2.6.3 (1)
Für die in Nummer 3.2.6.1 (1) genannten Einrichtungen, die durch elektromagnetische Einwirkungen beeinträchtigt werden können, ist durch Prüfungen nachzuweisen, dass deren elektromagnetische Verträglichkeit in ihrem Einsatzumfeld gegeben ist (EMV-Nachweis).
3.2.7
Kollision von Fahrzeugen auf dem Anlagengelände mit sicherheitstechnisch wichtigen baulichen Anlagenteilen, Systemen oder Komponenten
3.2.7 (1)
Sicherheitstechnisch wichtige bauliche Anlagenteile, Systeme oder Komponenten auf dem Anlagengelände sind so auszulegen oder durch bauliche Einrichtungen so zu schützen, dass sie durch Kollisionen mit Fahrzeugen auf dem Anlagengelände in ihrer sicherheitstechnischen Funktion nicht beeinträchtigt werden.
3.2.8
Gegenseitige Beeinflussung von Mehrblockanlagen
3.2.8 (1)
Einwirkungen von innen dürfen nicht zu unzulässigen Beeinträchtigungen der Sicherheit eines Nachbarblocks führen.
3.2.9
Anlageninterne Explosionen
3.2.9.1
Allgemeine Anforderungen
3.2.9.1 (1)
Die bestimmungsgemäße Funktion der Einrichtungen des Sicherheitssystems ist durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen des Explosionsschutzes sicherzustellen.
3.2.9.1 (2)
Durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen innerhalb und außerhalb von Gebäuden ist eine Verhinderung anlageninterner chemischer und physikalischer Explosionen sicherzustellen, sofern die verursachenden Stoffe in relevanten Mengen im Bereich der Anlage gelagert oder gehandhabt werden oder entstehen können.
3.2.9.1 (3)
Die Explosionsschutzmaßnahmen sind so zu planen und auszuführen, dass eine gestaffelte Abwehr realisiert wird. Die Maßnahmen und Einrichtungen sollen
die Entstehung eines explosionsfähigen Gemisches verhindern,
die Zündung eines dennoch entstandenen explosiven Gemisches verhindern und
die Auswirkungen einer Explosion soweit begrenzen, dass keine unzulässigen sicherheitstechnischen Auswirkungen auftreten.
3.2.9.1 (4)
Ist die Bildung explosionsfähiger Gemische nicht zu verhindern, so ist durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen sicherzustellen, dass Einrichtungen des Sicherheitssystems infolge einer Explosion des Gemisches nicht unzulässig beeinträchtigt werden. Zu diesen Maßnahmen und Einrichtungen gehören:
Minimierung der Menge explosionsfähiger Gemische,
Entfernung aller möglichen Zündquellen, gegebenenfalls Kapselung unvermeidbarer Zündquellen (Ausnahme: Einrichtungen zum Abbau explosionsfähiger Gemische),
geeignete Belüftung und
Verwendung von Einrichtungen und Werkzeugen, insbesondere von elektrischen Geräten, die für den Einsatz in explosionsfähigen Gemischen qualifiziert sind.
3.2.9.1 (5)
Die Auswirkungen einer unterstellten Explosion sind zu minimieren, durch Maßnahmen und Einrichtungen wie:
Druckentlastungseinrichtungen,
Einhalten von Sicherheitsabständen zu Einrichtungen des Sicherheitssystems und
Schutzeinrichtungen, wie z. B. Trennwände.
3.2.9.1 (6)
Alle unterstellten Explosionen sind hinsichtlich ihrer Auswirkungen auf Einrichtungen des Sicherheitssystems zu bewerten.
3.2.9.1 (7)
Ist die Vorhaltung explosionsfähiger Stoffe auf dem Anlagengelände erforderlich, so sind folgende Grundsätze zu beachten:
Die Menge explosionsfähiger Stoffe ist zu minimieren.
Es ist für eine sachgerechte Lagerung zu sorgen.
Es ist ein ausreichender Abstand zu möglichen Zündquellen einzuhalten.
Brand- und Gasmeldeeinrichtungen sowie gegebenenfalls automatisch auszulösende Löschanlagen am Lagerungsort sind vorzusehen.
3.2.9.1 (8)
Es sind Druckwellen zu berücksichtigen, deren Ursache nicht in einer chemischen Explosion liegt.
Hinweis:
Dazu gehören beispielsweise Druckwellen resultierend aus Lichtbögen in elektrischen Mittel- und Hochspannungsschaltanlagen.
3.2.9.2
Verhinderung unzulässiger Auswirkungen von Radiolysegasreaktionen in Systemen und Komponenten
Hinweis:
Die nachfolgenden Anforderungen gelten vorrangig für Anlagen mit Siedewasserreaktoren.
3.2.9.2 (1)
Es sind geeignete Maßnahmen und Einrichtungen zur Verhinderung von Radiolysegasansammlungen und gegebenenfalls zur Minimierung der Auswirkungen von Radiolysegasreaktionen vorzusehen.
3.2.9.2 (2)
Bei den nach Nummer 3.2.9.2 (1) vorzusehenden Maßnahmen und Einrichtungen sind alle Systembereiche zu berücksichtigen, die mit Reaktorkühlmitteldampf beaufschlagt werden können.
3.2.9.2 (3)
Bei der Bestimmung betroffener Systembereiche sind alle Betriebszustände, Betriebsvorgänge und gestörten Zustände zu berücksichtigen. Insbesondere ist die Ansammlung von Radiolysegas durch Kondensation von Radiolysegas führendem Dampf an kalten Medien zu berücksichtigen.
3.2.9.2 (4)
Sind Radiolysegasansammlungen aus verfahrenstechnischen Gründen nicht zu verhindern, so sind zur Ermittlung der zu treffenden Vorsorgemaßnahmen Radiolysegasansammlungen sowie Radiolysegasreaktionen zu postulieren.
Der Reaktionsdruck sowie die Auswirkungen auf Einrichtungen des Sicherheitssystems durch Bruchstücke und Druckwellen sowie durch Kühlmittelverlust, Strahlkräfte, erhöhte Strahlenpegel, Reaktionskräfte, Temperatur und Feuchte sind zu ermitteln.
3.2.9.2 (5)
Die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen und Einrichtungen ist kontinuierlich zu überwachen oder durch wiederkehrende Prüfungen nachzuweisen.
3.2.9.2 (6)
Passiv wirkende Vorkehrungen zur Gewährleistung einer gerichteten Durchströmung sind gegenüber Zwangsdurchströmungen zu bevorzugen.
3.2.9.3
Verhinderung zündfähiger Wasserstoffgemische im Sicherheitsbehälter
3.2.9.3.1
Allgemeine Anforderungen
Im bestimmungsgemäßen Betrieb (Sicherheitsebenen 1 und 2) sowie bei Ereignissen der Sicherheitsebene 3 ist zur Verhinderung einer Wasserstoffexplosion oder eines Wasserstoffbrandes im Sicherheitsbehälter sowohl integral als auch lokal ein Abstand zur Zündgrenze des Wasserstoffs (4 % Wasserstoff in Luft) durchgehend einzuhalten. Alle Quellen der Wasserstofferzeugung sind zu berücksichtigen.
Hinweis:
Die bei der Bestimmung der Wasserstoffbildung und Freisetzung zu berücksichtigenden Vorgaben bei Kühlmittelverluststörfällen sind in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Anhang 5, dort Anlage 1 enthalten.
3.2.9.3.2
Überwachung der Wasserstoffkonzentration in Räumen des Sicherheitsbehälters nach Kühlmittelverluststörfällen
3.2.9.3.2 (1)
Es muss ein Messsystem vorhanden sein, welches auch unter den nach einem Kühlmittelverluststörfall zu erwartenden Bedingungen eine zuverlässige zeitliche Bestimmung der Wasserstoffverteilung innerhalb der vorrangig beaufschlagten Bereiche des Sicherheitsbehälters sicherstellt.
3.2.9.3.2 (2)
Auf Basis geeigneter Rechenverfahren sind Messstellen festzulegen, die eine zuverlässige Überwachung der Wasserstoffkonzentration ermöglichen.
3.2.9.3.2 (3)
An den Messstellen zur Bestimmung der Wasserstoffkonzentration ist auch die Temperatur im Sicherheitsbehälter zu messen.
3.2.9.3.3
Verhinderung von zündfähigen Wasserstoffkonzentrationen nach Kühlmittelverluststörfällen
3.2.9.3.3 (1)
Für Maßnahmen und Einrichtungen zur Verhinderung zündfähiger Wasserstoffkonzentrationen in der Sicherheitsbehälteratmosphäre nach einem Kühlmittelverluststörfall gelten folgende Grundsätze:
Ergeben die Berechnungen, dass lokal die Wasserstoffkonzentration im Sicherheitsbehälter auf Werte oberhalb der Zündgrenze ansteigen kann, so sind Einrichtungen vorzusehen, die eine ausreichende Zwangsdurchmischung der Sicherheitsbehälteratmosphäre sicherstellen.
Ergibt die Berechnung der integralen Wasserstoffkonzentration, dass ohne das Vorhandensein von Wasserstoffabbaumaßnahmen ein Erreichen der Zündgrenze langfristig nicht verhindert werden kann, gilt Folgendes:
(i)
Die Abbaurate der Einrichtungen zur Rekombination ist so zu bemessen, dass die integrale Wasserstoffkonzentration bei maximaler Vorbelastung durch Wasserstoff insbesondere aus der Zr-H2O-Wasser-Reaktion stets unter der Zündgrenze bleibt.
(ii)
Durch die Auslegung der Einrichtungen zur Rekombination ist eine zuverlässige Verfügbarkeit und Funktion, auch unter den Bedingungen, die zum Zeitpunkt der notwendigen Aktivierung innerhalb des Sicherheitsbehälters herrschen, zu gewährleisten. Es ist nachzuweisen, dass die unter konservativen Randbedingungen ermittelte Spaltproduktbeladung der Einrichtungen zur Rekombination durch luftgetragene Halogene und flüchtige Feststoffe und die daraus resultierende Temperaturänderung in den Einrichtungen zur Rekombination deren Funktion unter radiologischen und sicherheitstechnischen Gesichtspunkten nicht unzulässig beeinträchtigen.
(iii)
Der Aufstellungsort der Einrichtungen zur Rekombination außerhalb des Sicherheitsbehälters soll im Hinblick auf die Möglichkeit, dass nach Störfällen u. U. erhebliche Aktivitätsmengen aus dem Sicherheitsbehälter in den Rekombinatorstrang verlagert werden, so nah wie von der Zugänglichkeit her möglich, am Sicherheitsbehälter liegen. Der Aufstellungsort und die Räume, durch die die Zu- und Ableitungen des Rekombinatorsystems geführt werden, müssen über Aerosol- und Jodfilter entlüftet werden, um unzulässige radioaktive Freisetzungen über eventuelle Leckagen zu verhindern. Die Rohrleitungen sind entsprechend abzuschirmen.
3.2.9.3.3 (2)
Aktive Maßnahmen müssen vor Erreichen einer Wasserstoffkonzentration von 4 % Volumengehalt in Betrieb genommen werden können. Die Ansteuerung darf von Hand erfolgen.
3.2.9.3.3 (3)
Im Rahmen der Nachweisführung zur Störfallbeherrschung darf ein Spülen des Sicherheitsbehälters (Einspeisen und Abgabe aus dem Sicherheitsbehälter) als Maßnahme zur Verringerung der integralen Wasserstoffkonzentration nicht kreditiert werden.

4 Anforderungen zur Beherrschung von Einwirkungen von außen sowie von Notstandsfällen

4.1
Allgemeine Anforderungen
4.1 (1)
Die naturbedingten und zivilisatorischen Einwirkungen von außen sind standortspezifisch zu erfassen und hinsichtlich sich gegebenenfalls verändernder Bedingungen regelmäßig zu überprüfen.
Hinweis:
Beachte hierzu auch in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ die Nummern 2.4 und 4.2 sowie in Anhang 5 zu den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ die Nummern 3.2.1 (3) und (4).
4.1 (2)
Bei den gemäß Nummer 4.1 (1) erfassten Einwirkungen ist sicherzustellen, dass alle Einwirkungen in die Analyse einbezogen werden. Falls eine Einwirkung abdeckend für andere Einwirkungen ist, ist dies auszuweisen. Nach Änderungen von Maßnahmen oder Einrichtungen, die gegen eine abdeckende Einwirkung vorgesehen sind, ist die fortbestehende Eignung der Maßnahmen oder Einrichtungen erneut nachzuweisen.
4.1 (3)
Bei der Auslegung der Maßnahmen oder Einrichtungen sind für jede zu betrachtende Einwirkung die Auswirkungen auf die Anlage unter Berücksichtigung des zeitlichen Verlaufs der Einwirkung und aller zu erwartenden Folgewirkungen (wie z. B. Überlagerung mit Berstdruckwelle infolge von Behältern mit großem Energieinhalt im Maschinenhaus bei Erdbeben) im Rahmen eines Schutzkonzeptes zu ermitteln und zu berücksichtigen.
4.1 (4)
Das gegen Einwirkungen von außen und aus Notstandsfällen vorgesehene Schutzkonzept ist in überprüfbarer Form zu dokumentieren. Die Dokumentation ist aktuell zu halten. Die Dokumentation hat mindestens eine Auflistung der berücksichtigten Einwirkungen sowie den Nachweis der Eignung und ausreichenden Zuverlässigkeit der getroffenen Maßnahmen oder Einrichtungen zu enthalten.
4.1 (5)
Grundsätzlich ist durch die Maßnahmen und Einrichtungen ein permanent wirkender Schutz zu verwirklichen. Für Einwirkungen von außen mit ausreichend langsamer zeitlicher Entwicklung kann von zusätzlichen temporären Einrichtungen Kredit genommen werden.
4.1 (6)
Einwirkungen von außen sowie aus Notstandsfällen und sich daraus ergebende Beanspruchungen sind grundsätzlich mit den spezifizierten statischen und dynamischen betrieblichen Beanspruchungen für die jeweiligen Anlagenteile zu kombinieren. Bei kurzzeitigen und sich nicht häufig wiederholenden betrieblichen Beanspruchungen oder Anlagenzuständen kann davon abgewichen werden, sofern nicht ein gleichzeitiges Eintreten auf Grund der Wahrscheinlichkeit und des Schadensausmaßes in Betracht zu ziehen ist.
4.1 (7)
Die Standsicherheit der Transport- und Lagerbehälter ist für alle Abstellpositionen grundsätzlich auch bei Einwirkungen von außen sowie aus Notstandsfällen zu gewährleisten. Ausnahmen beschränken sich auf kurzzeitige, unvermeidbare Abstellungen des Behälters während des Transport- und Handhabungsvorgangs. Die Abstelldauer auf diesen Positionen ist auf die erforderliche Zeit zu begrenzen.
4.1 (8)
Es ist sicherzustellen, dass Einwirkungen von außen sowie aus Notstandsfällen die Zugänglichkeit der Anlage und die Durchführbarkeit sicherheitstechnisch relevanter Maßnahmen, z. B. Maßnahmen des anlageninternen Notfallschutzes oder Feuerwehreinsätze, nicht derart beeinträchtigen, dass diese im benötigten Umfang nicht mehr wirksam durchgeführt werden können.
4.1 (9)
Kontinuierlich oder kurzfristig sich verändernde Parameter von Einwirkungen von außen sowie abgeleitete Prognosen zur weiteren Entwicklung der für die Sicherheit relevanten Parameter sind zu verfolgen und vorausschauend zu berücksichtigen (z. B. Wasserstand und -temperatur im Vorfluter).
4.1 (10)
Es sind, sofern zutreffend, Grenzwerte und vorgelagerte spezifizierte Werte (Interventionswerte) zu definieren, bei deren Überschreitung rechtzeitig Maßnahmen einzuleiten sind.
4.1 (11)
Nach einer Einwirkung, die einen Interventionswert überschritten hat, ist zu überprüfen, ob sich unzulässige Auswirkungen auf sicherheitstechnisch wichtige Anlagenteile ergeben haben.
4.1 (12)
Während lang anhaltender Einwirkungen sind sicherheitstechnische Überprüfungen in angemessenen Abständen durchzuführen.
4.2
Ereignisspezifische Anforderungen
4.2.1
Naturbedingte Einwirkungen
4.2.1.1
Erdbeben
4.2.1.1 (1)
Für den Standort sind ein Bemessungserdbeben und die zugehörigen Einwirkungen auf der Grundlage der Ergebnisse deterministischer und probabilistischer seismologischer Standortgefährdungsanalysen zu ermitteln. Für das Bemessungserdbeben sind die Intensität und entsprechend den zugehörigen seismotektonischen Bedingungen auch maßgebende Magnituden-, Entfernungs- und Herdtiefenbereiche zur Ermittlung der ingenieurseismologischen Kenngrößen anzugeben. Unabhängig von standortspezifischen Festlegungen ist bei der Auslegung mindestens die Intensität VI EMS/MSK zu Grunde zu legen.
4.2.1.1 (2)
In Bezug auf die Auslegungsanforderungen an Sicherheitseinrichtungen für den Fall eines Bemessungserdbebens gelten die diesbezüglichen Regelungen in Nummer 2.4 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“.
4.2.1.1 (3)
Neben der Schwingungsanregung von baulichen Anlagenteilen, Systemen und Komponenten sind hierbei auch Untergrundveränderungen (z. B. Bodenverflüssigung oder Setzung) zu berücksichtigen.
4.2.1.1 (4)
Die Anlagenauslegung muss sicherstellen, dass das Versagen von nicht gegen Erdbeben ausgelegten Einrichtungen keine unzulässigen Auswirkungen auf die zur Beherrschung des Bemessungserdbebens benötigten Sicherheitseinrichtungen hat, d. h. dass die erforderliche Wirksamkeit und Zuverlässigkeit dieser Sicherheitseinrichtungen gewährleistet bleibt.
Hinweis:
Hinsichtlich der beim Bemessungserdbeben zu berücksichtigenden Folgeereignisse siehe in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Anhang 2 insbesondere die Ereignisse D3-39, S3-36, B3-07.
4.2.1.1 (5)
Für die Druckführende Umschließung des Reaktorkühlmittels und für die Äußeren Systeme, die für die Erfüllung der Schutzziele benötigt werden, ist das Verhalten beim Bemessungserdbeben anhand einer strukturdynamischen Analyse zu bewerten und die Erfüllung der Schutzziele sicherzustellen. Eine gleichzeitige Überlagerung der Einwirkungen aus einem Bemessungserdbeben und einem Leck an der Druckführenden Umschließung ist aufgrund ihrer Auslegung und Ausführung nicht zu unterstellen. Eine gleichzeitige Überlagerung eines Lecks an Äußeren Systemen ist nicht zu unterstellen, wenn diese gegen Erdbeben ausgelegt sind.
4.2.1.1 (6)
Bei der Nachweisführung der Sicherstellung der dauerhaften Unterkritikalität nach einem Bemessungserdbeben darf beim DWR neben den gegen das Bemessungserdbeben ausgelegten Borierungseinrichtungen auch von der Wirksamkeit der Reaktorschnellabschaltung Kredit genommen werden. Bei der Nachweisführung ist das Einzelfehlerkonzept anzuwenden.
4.2.1.1 (7)
Bei einem Bemessungserdbeben ist die Einhaltung der der Sicherheitsebene 3 zugeordneten radiologischen Sicherheitsziele nachzuweisen.
4.2.1.1 (8)
Es ist eine seismische Instrumentierung zu installieren, anhand derer die ingenieurseismologischen Parameter relevanter Erdbeben festgestellt werden können. Die seismische Instrumentierung muss in der Lage sein, mehrere aufeinanderfolgende Beben aufzuzeichnen (Vor-, Haupt- und Nachbeben) und eine Überschreitung von Grenzwerten für das Inspektionsniveau der Anlage zuverlässig anzuzeigen. Anhand der Aufzeichnungen der seismischen Instrumentierung muss eine Aussage hinsichtlich aller Sicherheitseinrichtungen möglich sein. Die seismische Instrumentierung muss einen Vergleich zwischen dem Auslegungsspektrum und den Antwortspektren registrierter Erdbeben ermöglichen.
4.2.1.1 (9)
In den Betriebsvorschriften sind Grenzwerte der seismischen Belastung festzulegen, bei deren Überschreitung Anlagenkontrollen und gegebenenfalls Maßnahmen (z. B. Abfahren der Anlage, Prüfung des Anlagenzustands) einzuleiten sind. Es ist sicherzustellen, dass dem Betriebspersonal die relevanten Werte aus der seismischen Instrumentierung zur Verfügung stehen und eine Alarmierung bei der Überschreitung festgelegter Grenzwerte erfolgt.
4.2.1.2
Überflutung
4.2.1.2 (1)
Die möglichen Ursachen für eine Überflutung sind standortspezifisch zu ermitteln und zu berücksichtigen. Für Hochwasserereignisse aufgrund hoher Wasserstände im Vorfluter sind ein Bemessungswasserstand und eine dazugehörige Überflutungsdauer festzulegen. Des Weiteren sind Starkregenereignisse auf dem Anlagengelände zu berücksichtigen.
4.2.1.2 (2)
Anlagenexterne Überflutungen dürfen die Sicherheit der Anlage nicht unzulässig beeinträchtigen. In Bezug auf die Auslegungsanforderungen an Sicherheitseinrichtungen für den Fall eines Bemessungswasserstands gelten die diesbezüglichen Regelungen in Nummer 2.4 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“.
4.2.1.2 (3)
Zum Schutz gegen anlagenexterne Überflutung können Maßnahmen und Einrichtungen des permanenten und des temporären Hochwasserschutzes angewendet werden, unter Beachtung der Regelungen in Nummer 4.1 (5).
4.2.1.2 (4)
Neben der statischen Einwirkung durch den Wasserdruck sind auch mögliche dynamische Effekte (z. B. Wellenschlag oder Anprall von Treibgut) zu berücksichtigen.
4.2.1.3
Extreme meteorologische Bedingungen
4.2.1.3 (1)
Insbesondere folgende extreme meteorologische Bedingungen sind standortabhängig zu berücksichtigen:
hohe oder niedrige Temperaturen von Außenluft oder Kühlwasser,
lang anhaltende Trockenheit und deren Auswirkung auf die Kühlwasserversorgung,
Sturm einschließlich Tornado,
hohe oder niedrige Luftfeuchtigkeit,
Schneefall,
Vereisung,
Starkregen, Hagel,
Blitzschlag,
einschließlich Begleiterscheinungen, wie Salzablagerung auf elektrischen Isolatoren, Eintrag von Sand oder Aufwirbelung von Gegenständen.
4.2.1.3 (2)
Die Möglichkeit eines Ausfalls von Versorgungseinrichtungen (z. B. Einfrieren von Versorgungsleitungen oder Betriebsstoffen) ist zu berücksichtigen.
4.2.1.3 (3)
Durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen ist sicherzustellen, dass extreme meteorologische Bedingungen die Sicherheit der Anlage nicht unzulässig beeinträchtigen. In den Betriebsvorschriften ist festzulegen innerhalb welcher Grenzen ein Anlagenbetrieb zulässig ist und wie bei Überschreiten dort festgelegter Werte zu verfahren ist.
4.2.1.3 (4)
Es sind insbesondere geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen gegen Vereisung im Bereich der sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen wie Kühlwasserentnahme, Zuluftversorgungen oder Frischdampfabblaseeinrichtungen zu treffen.
4.2.1.3 (5)
Beim Schutz gegen Sturmeinwirkungen sind insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Windstärke,
Böigkeit,
Sogwirkung,
Gesamtdauer der Einwirkung,
Wechselwirkung benachbarter Strukturen,
windbedingter Wasserstand im Vorfluter.
4.2.1.3 (6)
Beim Schutz gegen Starkregenereignisse sind insbesondere folgende Aspekte zu berücksichtigen:
Wasserstand auf dem Anlagengelände,
Eindringen von Wasser in Gebäude,
fehlende Möglichkeit für temporäre Maßnahmen,
Wassereintrag über Entwässerungssysteme und
Beeinträchtigung der Entwässerungssysteme.
4.2.1.3 (7)
Es ist ein Blitzschutz vorzusehen, der sicherstellt, dass sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen durch Blitzeinwirkung nicht unzulässig beeinträchtigt werden.
4.2.1.3 (8)
Der Blitzschutz muss entsprechend den anlagentechnischen Erfordernissen aus Maßnahmen zum Einfangen und Ableiten des Blitzes und aus anlageninternen Maßnahmen zur Reduzierung und Begrenzung von Überspannungen bestehen.
4.2.1.3 (9)
Die Blitzschutzeinrichtungen sind soweit wie möglich regelmäßig zu überprüfen.
4.2.1.4
Biologische Einwirkungen
4.2.1.4 (1)
Insbesondere folgende biologische Einwirkungen sind standortspezifisch zu berücksichtigen:
Muschelbewuchs,
Anfall größerer Mengen von Algen, Quallen oder Fischen,
Anfall größerer Mengen von Laub oder Gras als Treibgut,
Anfall größerer Mengen biologischen Treibguts infolge von Hochwasser,
mikrobiologische Korrosion.
4.2.1.4 (2)
Durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen ist sicherzustellen, dass biologische Einwirkungen die Sicherheit der Anlage nicht unzulässig beeinträchtigen. Insbesondere ist die Verstopfung von Kühlwasser- und Lüftungssystemen zu verhindern.
4.2.1.4 (3)
Sicherheitstechnisch wichtige Kühlwasser- und Lüftungssysteme müssen einfach zu reinigen und zu warten sein.
4.2.1.4 (4)
Die notwendigen Reinigungseinrichtungen sind in der Anlage vorzuhalten.
4.2.1.4 (5)
Der Vorfluter ist im Hinblick auf eine Veränderung der biologischen Verhältnisse regelmäßig zu überprüfen.
4.2.2
Zivilisatorisch bedingte Einwirkungen (Notstandsfälle)
4.2.2.1
Flugzeugabsturz
4.2.2.1 (1)
Durch geeignete Maßnahmen und Einrichtungen ist sicherzustellen, dass durch einen Flugzeugabsturz die Sicherheit der Anlage nicht unzulässig beeinträchtigt wird.
4.2.2.1 (2)
Die durch den Flugzeugaufprall induzierten Erschütterungen sind zu berücksichtigen.
4.2.2.1 (3)
Die Auswirkungen von Trümmern, Treibstoffbränden, Treibstoffexplosionen und weiteren Folgewirkungen sind zu berücksichtigen, insbesondere:
Treibstoffbrand auf dem Anlagengelände,
Explosion von Treibstoff außerhalb von Gebäuden,
Brand oder Explosion von Treibstoff (flüssig oder als Dampf), der durch permanent vorhandene oder durch den Absturz verursachte Öffnungen in Gebäude eingedrungen ist,
Eindringen von Verbrennungsprodukten sowie Ansaugluft mit reduziertem Sauerstoffgehalt infolge von Verbrennungsvorgängen in Lüftungssysteme unter Berücksichtigung der Auswirkungen auf Personalhandlungen, elektrische Einrichtungen und die Dieselgenerator-Zuluft.
Hinweis:
Die Schutzwirkungen vorgelagerter Bauwerke dürfen dabei berücksichtigt werden.
Der Schutz gegen Flugzeugtrümmer kann bei redundanten Systemen auch durch räumliche Trennung erreicht werden.
4.2.2.1 (4)
Es sind auch Einwirkungen (z. B. Trümmer und Brände) aufgrund anlagennaher Flugzeugabstürze zu berücksichtigen.
4.2.2.1 (5)
Der Auslegung sind folgende Lastannahmen zugrunde zu legen:
Stoßlast-Zeit-Diagramm:
Stoßzeit [ms] Stoßlast [MN]  
 0   0  
10  55  
30  55  
40 110  
50 110  
70   0  
Auftrefffläche: 7 m2 kreisförmig.
Auftreffwinkel: normal auf die Tangentialebene im Auftreffpunkt.
4.2.2.1 (6)
Die Auslegung eines Bauwerks auf Vollschutz hat immer dann zu erfolgen, wenn sich hinter dem Bauwerk oder innerhalb des Bauwerkes Einrichtungen des Sicherheitssystems oder Notstandseinrichtungen für die Beherrschung des Ereignisses Flugzeugabsturz befinden, diese durch Bruchstücke oder Trümmerlasten beschädigt werden könnten und bei Ausfall dieser Anlagenteile das Überführen der Anlage in einen sicheren Zustand nicht mehr sichergestellt sind.
Die permanent vorhandenen Öffnungen von Gebäuden, in denen Einrichtungen des Sicherheitssystems angeordnet sind, sind so anzuordnen und zu schützen, dass bei einem Flugzeugabsturz kein Treibstoff in diese Gebäude eindringen kann.
Sofern durch die Anordnung und den Schutz der permanent vorhandenen Öffnungen das Eindringen von Treibstoff nicht verhindert werden kann, sind diese Öffnungen zumindest so anzuordnen und zu schützen, dass die bestimmungsgemäß erforderlichen Einrichtungen des Sicherheitssystems nicht unzulässig beeinträchtigt werden.
4.2.2.1 (7)
Die Ionenaustauscher der Kühlmittelreinigungsanlage, zugehörige Harzabfallbehälter und andere Komponenten und Systeme, die ähnlich hohe Aktivitäten in grundsätzlich brennbarer Form enthalten, sind durch besondere bauliche Einrichtungen oder brandschutztechnische Maßnahmen gegen Beschädigungen zu schützen, um eine nennenswerte, durch einen Treibstoffbrand verursachte Freisetzung von Radioaktivität zu verhindern.
4.2.2.2
Anlagenexterne Explosion
4.2.2.2 (1)
Durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen ist sicherzustellen, dass zu unterstellende anlagenexterne Explosionen die Sicherheit der Anlage nicht unzulässig beeinträchtigen. Dabei sind neben chemischen Explosionen auch Explosionen von Dampf-, Gas- oder Flüssigkeitswolken, Deflagrationen mit partieller Detonation (DDT) und physikalische Explosionen zu berücksichtigen.
4.2.2.2 (2)
Es sind lokale und großräumige Explosionswirkungen zu berücksichtigen.
4.2.2.2 (3)
Geeignete Vorkehrungen zum Schutz gegen die Auswirkungen anlagenexterner Explosionen sind insbesondere die Auslegung baulicher Anlagenteile und die Einhaltung von Sicherheitsabständen.
4.2.2.2 (4)
Bei der baulichen Auslegung sind insbesondere die folgenden Einwirkungen zu berücksichtigen:
direkte, reflektierte und fokussierte Druckwellen,
Zeitverlauf von Über- und Unterdruck,
Trümmer,
Boden- und Gebäudeschwingungen,
thermische Einwirkungen.
4.2.2.2 (5)
Für die bauliche Auslegung ist der in der Richtlinie für den Schutz von Kernkraftwerken gegen Druckwellen aus chemischen Reaktionen (Bekanntmachung des Bundesministerium des Innern vom 1. August 1976 - RS I 4 - 513 145/1) angegebene Druckverlauf anzunehmen, sofern keine Hinweise auf höher zu erwartende Druckverläufe vorliegen.
4.2.2.2 (6)
Zur Beherrschung der Einwirkungen der Explosion erforderliche sicherheitstechnisch wichtige Lüftungsanlagen dürfen durch Explosionseinwirkungen nicht unzulässig beeinträchtigt werden.
4.2.2.3
Gefährliche Stoffe
4.2.2.3 (1)
Unter Gefährlichen Stoffen sind die folgenden Stoffe zu verstehen:
a)
Stoffe, die kurzfristig oder langfristig zum Ausfall der Funktion sicherheitstechnisch wichtiger Anlagenteile führen können. Das sind:
explosionsfähige,
entzündliche,
den in der Dieselzuluft enthaltenen Sauerstoff verdrängende oder verzehrende,
verstopfende oder
korrosive Stoffe.
b)
Stoffe, die die erforderliche Handlungsfähigkeit des Personals gefährden. Das sind:
giftige,
narkotische,
ätzende,
Sauerstoff verdrängende,
Sauerstoff verzehrende oder
explosionsfähige Stoffe und
radioaktive Stoffe.
4.2.2.3 (2)
Durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen ist sicherzustellen, dass gefährliche Stoffe die Sicherheit der Anlage und die Handlungsfähigkeit des Personals nicht unzulässig beeinträchtigen.
Dabei sind folgende Gesichtspunkte maßgebend:
standortspezifisches Vorkommen gefährlicher Stoffe (ortsfest oder auf Verkehrswegen),
deren Eindringmöglichkeiten in Gebäude oder Systeme,
deren Einwirkungsmechanismen, einschließlich des zeitlichen Verlaufs (z. B. der Konzentration) sowie
Möglichkeiten zu deren Erkennung und Überwachung.
4.2.2.3 (3)
Zur Erkennung des Auftretens von gefährlichen Stoffen und zur Einleitung notwendiger Personalhandlungen sind entsprechende organisatorische Maßnahmen zu treffen und, soweit notwendig und möglich, Einrichtungen zu schaffen.
4.2.2.3 (4)
Entsprechend der Einwirkung der gefährlichen Stoffe sind neben der erforderlichen Systemauslegung (z. B. räumliche Trennung der Versorgungsöffnungen für redundante Teilsysteme) insbesondere folgende Maßnahmen und Einrichtungen in Betracht zu ziehen:
Anlagenbezogen:
a)
bei kurzfristig wirkenden gefährlichen Stoffen
Unterbrechung der Medienzufuhr (z. B. Lüftungsabschluss),
Umstellung der Betriebsweise (z. B. Zuluft-/Abluftbetrieb auf Umluftbetrieb),
b)
bei langfristig wirkenden gefährlichen Stoffen
Inspektion potenziell beeinträchtigter bzw. zur Vorsorge erforderlicher Einrichtungen, einschließlich Wiederkehrender Prüfungen sowie
Reinigung dieser Einrichtungen.
c)
Organisatorisch:
Ausbildung des Personals,
Schutz des Personals durch z. B. Bereitstellung von Atemschutzgeräten, Einrichtung von Bereichen mit autarker Medienaufbereitung (z. B. Klimatisierung/Regenerierung).
d)
Zusätzlich:
Nachweisgeräte für die jeweiligen gefährlichen Stoffe in den Versorgungsöffnungen, in der Warte, auf dem Kraftwerksgelände und eventuell in der Nähe gefährdeter Anlagenteile, vorrangig aber in der Nähe der potentiellen Gefahrstoffquelle,
Nachrichtenverbindungen zu den Orten des Umgangs mit gefährlichen Stoffen,
Vermeidung des langfristigen Kontakts mit korrosiven Stoffen,
schützende Beschichtungen und
Sicherheitsabstände.
4.2.2.3 (5)
Die Zugänglichkeit der Warte oder Notsteuerstelle und der dauerhafte Aufenthalt dort sind auch während der Einwirkung gefährlicher Stoffe im erforderlichen Umfang durch die Bereitstellung von Schutzausrüstung sicherzustellen.
4.2.3
Sonstige zivilisatorisch bedingte Einwirkungen
4.2.3.1
Treibgut, Staustufenversagen und Schiffsunfälle
4.2.3.1 (1)
Die sicherheitstechnisch erforderliche Kühlwasserversorgung ist auch bei
Einwirkung von Treibgut,
Verlust von Kühlwasser durch Staustufenversagen flussabwärts,
Folgen aus Schiffsunfällen und
Kollisionen von Schiffen mit Kühlwasserbauwerken
entsprechend den standortspezifischen Erfordernissen sicherzustellen.
4.2.3.1 (2)
Die Auswirkungen von Schiffsunfällen auf die sicherheitstechnisch wichtige Versorgung mit Kühlwasser, z. B. durch Beeinflussung der Qualität infolge der Beimischung von Öl oder von anderen gefährlichen Stoffen, ist zu berücksichtigen.
4.2.3.2
Anlagenexterner Brand
4.2.3.2 (1)
Durch geeignete Maßnahmen oder Einrichtungen ist sicherzustellen, dass anlagenexterne Brände die Sicherheit der Anlage nicht unzulässig beeinträchtigen.
4.2.3.2 (2)
Neben der thermischen Einwirkung sind auch Verbrennungsprodukte wie Aerosole und toxische und/oder korrosive Stoffe zu berücksichtigen.
4.2.3.2 (3)
Die Auswirkungen anlagenexterner Brände auf Lüftungsanlagen und die Ansaugluft der Notstromdiesel sowie der mögliche Eintrag von Verbrennungsprodukten in Gebäude sind zu berücksichtigen.
4.2.3.2 (4)
Ebenerdige Schächte und Öffnungen von unterirdischen Versorgungseinrichtungen oder Gebäuden sind entsprechend ihren sicherheitstechnischen Anforderungen gegen Eindringen brennbarer Flüssigkeiten zu schützen.
4.2.3.3
Elektromagnetische Einwirkungen (außer Blitzschlag)
4.2.3.3 (1)
Elektromagnetische Störquellen außerhalb der Anlage, deren Einfluss auf das Sicherheitssystem, die Notstandseinrichtungen oder weitere für die Sicherheit erforderliche Einrichtungen nicht vermieden werden kann, sind umfassend zu identifizieren und die möglichen Einwirkungen daraus zu bewerten. Die Betrachtung abdeckender Einwirkungen ist zulässig. Eine Analyse der elektromagnetischen Verträglichkeit (EMV-Analyse) ist im erforderlichen Umfang durchzuführen und zur Prüfung vorzulegen.
4.2.3.3 (2)
Sofern elektromagnetische Einflüsse von außerhalb der Anlage die Funktion von in Nummer 4.2.3.3 (1) genannten Einrichtungen beeinträchtigen können, sind Maßnahmen und Einrichtungen zum Schutz ihrer Leittechnik gemäß ihrer sicherheitstechnischen Bedeutung vorzusehen.
4.2.3.3 (3)
Während der Betriebsdauer der Anlage muss der Schutz der in Nummer 4.2.3.3 (1) genannten Einrichtungen vor elektromagnetischer Beeinflussung gegebenenfalls den Veränderungen elektromagnetischer Quellen außerhalb der Anlage angepasst werden.
4.2.3.3 (4)
Für in Nummer 4.2.3.3 (1) genannte Einrichtungen, die durch elektromagnetische Einwirkungen von außerhalb der Anlage beeinträchtigt werden können, ist durch Prüfungen nachzuweisen, dass deren elektromagnetische Verträglichkeit in ihrem Einsatzumfeld gegeben ist (EMV-Nachweis).

Anhang 4 zu den
„Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“:
Grundsätze für die Anwendung des Einzelfehlerkriteriums und für die Instandhaltung

vom 22. November 2012

Gliederung

1
Das Einzelfehlerkonzept – Grundsätze für die Anwendung des Einzelfehlerkriteriums
2
Regelungen zur Anwendung des Einzelfehlerkonzepts
2.1
Allgemeine Anforderungen
2.2
Redundanzanforderungen für sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen in den Betriebsphasen A und B
2.2.1
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 1
2.2.2
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 2
2.2.3
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 3
2.2.4
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 4a
2.2.5
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 4b und 4c
2.3
Redundanzanforderungen für sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen in den Betriebsphasen C bis F
2.4
Redundanzanforderungen für Einrichtungen zur Beherrschung von Notstandsfällen
2.5
System- und komponentenspezifische Regelungen für die Anwendung des Einzelfehlerkriteriums
3
Instandhaltungen
3.1
Allgemeine Anforderungen an die Instandhaltung
3.2
Instandhaltungsmaßnahmen zur Herstellung des bestimmungsgemäßen Zustands einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung (Instandsetzung)
3.2.1
Maßnahmen bei Feststellung von Mängeln an sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen
3.2.2
Festlegung zulässiger Instandsetzungszeiten
3.3
Vorbeugende Instandhaltungsmaßnahmen an sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen
3.3.1
Allgemeine Anforderungen an die Vorbeugende Instandhaltung
3.3.2
Wartungsmaßnahmen
3.3.3
Anforderungen hinsichtlich Zulässigkeit einer Vorbeugenden Instandhaltung (VIB) in den Betriebsphasen A und B
4
Sicherstellung der Funktionsbereitschaft sicherheitstechnisch wichtiger Einrichtungen

1 Das Einzelfehlerkonzept – Grundsätze für die Anwendung des Einzelfehlerkriteriums

Zweck des Einzelfehlerkriteriums

1 (1)
Das Einzelfehlerkonzept ist ein deterministisches Konzept für die Auslegung der in den folgenden Nummern 2.2 bis 2.5 genannten sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen. Die Unterstellung des Einzelfehlers sowie ggf. eines Instandhaltungsfalls bei Anforderung einer Einrichtung dient der Sicherstellung einer ausreichenden Redundanz.
1 (2)
Der erforderliche Redundanzgrad von Einrichtungen zur Sicherstellung der Zuverlässigkeit einer Sicherheitsfunktion ist abhängig von deren sicherheitstechnischer Bedeutung im gestaffelten Sicherheitskonzept und bei der Beherrschung von Ereignissen infolge Einwirkungen von innen und außen. Diesbezügliche Regelungen enthält Nummer 2.
1 (3)
Wird eine Einrichtung entsprechend dem Einzelfehlerkonzept ausgelegt, so kann mit hinreichender Sicherheit davon ausgegangen werden, dass ihre Funktionsfähigkeit bei Anforderung nicht vom zufälligen Versagen eines beliebigen einzelnen Teils der Einrichtung oder vom Vorliegen eines Instandhaltungsfalles abhängt. Die entsprechende Auslegung muss alle Teile der sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung selbst und aller für ihre Funktion erforderlichen Versorgungs-, Steuerungs-, Stell- und Hilfseinrichtungen umfassen.
1 (4)
Die Unterstellung eines Einzelfehlers in passiven Anlagenteilen hat die sinnvolle Entmaschung von zueinander redundanten Anlagenteilen zum Ziel. Diese Entmaschung ist so vorzunehmen, dass es als Folge eines zu unterstellenden passiven Einzelfehlers zu keinem redundanzübergreifenden Versagen von in Nummer 1 (1) in Bezug genommenen sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen kommt.
1 (5)
Im Zusammenhang mit dem Einzelfehlerkonzept ist auch die Dauer der Unverfügbarkeit von in Nummer 1 (1) in Bezug genommenen sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen infolge von Instandhaltungsmaßnahmen von Relevanz, da diese Auswirkungen auf die Gesamtzuverlässigkeit der betroffenen Sicherheitsfunktion hat. Zur Gewährleistung der erforderlichen Zuverlässigkeit wird demzufolge im Rahmen des Einzelfehlerkonzepts die zulässige Dauer der Unverfügbarkeit infolge von Instandhaltungsmaßnahmen in Abhängigkeit von der Art der Instandhaltung und deren Auswirkung auf die Sicherheit der Anlage festgelegt. Diesbezügliche Anforderungen enthält Nummer 3.

2 Regelungen zur Anwendung des Einzelfehlerkonzepts

2.1
Allgemeine Anforderungen
2.1 (1)
Ist ein Einzelfehler zu unterstellen, muss dieser grundsätzlich sowohl bei aktiven Einrichtungen als auch bei passiven Einrichtungen unterstellt werden. Ausnahmen oder system- und komponentenspezifische Sonderregelungen enthält Nummer 2.5, darüber hinausgehende Ausnahmen sind zu begründen.
2.1 (2)
Ein Einzelfehler in redundant aufgebauten Einrichtungen des Sicherheitssystems, Notstandseinrichtungen oder weiteren für die Sicherheit erforderlichen Einrichtungen darf nicht zu sicherheitstechnisch relevanten Ausfällen in anderen Redundanten dieser Einrichtungen führen.
2.1 (3)
Im Rahmen der Nachweisführung ist der im Hinblick auf die Einhaltung des jeweiligen Nachweiskriteriums ungünstigste Einzelfehler zu wählen, sowie, soweit zu unterstellen, die insgesamt ungünstigste Kombination mit dem Instandhaltungsfall. Die Auswahl ist zu begründen.
2.1 (4)
Müssen zur Beherrschung eines zu unterstellenden Anforderungsfalls gemäß Nummern 2.2.2, 2.2.3, 2.3 und 2.4. mehrere sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen gleichzeitig oder zeitlich nacheinander ihre Funktion erfüllen, so ist das Auftreten eines Einzelfehlers für die Summe der Einrichtungen zu unterstellen, nicht aber in mehreren der benötigten Einrichtungen gleichzeitig.
2.2
Redundanzanforderungen für sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen in den Betriebsphasen A und B
2.2.1
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 1
Für Einrichtungen der Sicherheitsebene 1 besteht keine Anforderung an redundante Auslegung (Redundanzgrad n+0).
2.2.2
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 2
Für Einrichtungen zur Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebene 2 ist für den Anforderungsfall weder ein Einzelfehler noch die Unverfügbarkeit einer Redundante infolge von Instandhaltungsmaßnahmen zu unterstellen (Redundanzgrad n+0), mit Ausnahme von Leittechnik-Funktionen der Kategorie B, für die ein Einzelfehler zu unterstellen ist (Redundanzgrad n+1).
Hinweis:
Sofern bei Ereignissen der Sicherheitsebene 2 Sicherheitseinrichtungen angefordert werden, wie z. B. bei den Ereignissen „Ausfall der Hauptwärmesenke“ und „Notstromfall 10 Stunden“, sind der Einzelfehler und der Instandhaltungsfall durch die Ausfallannahmen der Sicherheitsebene 3 abgedeckt.
2.2.3
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 3
In den zur Beherrschung der Ereignisse der Sicherheitsebene 3 notwendigen Sicherheitseinrichtungen muss im Anforderungsfall ein Einzelfehler und grundsätzlich gleichzeitig der Instandhaltungsfall unterstellt werden (Redundanzgrad n+2). Ausnahmen sind im Folgenden angegeben.
Wenn bei einer Sicherheitseinrichtung lediglich ein Redundanzgrad von n+1 realisiert ist, (z. B. bei Primärkreis- oder Gebäudeabschlussarmaturen), dürfen Instandsetzungsmaßnahmen nur durchgeführt werden, wenn während der Dauer der instandsetzungsbedingten Unverfügbarkeit einer solchen Einrichtung deren sicherheitstechnische Funktion durch Ersatzmaßnahmen anderweitig zuverlässig gewährleistet ist (z. B. vorsorgliches Schließen der 2. Abschlussarmatur) oder die Instandsetzungsmaßnahme ausreichend zeitlich begrenzt ist und die zulässige Unverfügbarkeit in den betrieblichen Unterlagen festgelegt ist.
Bei den Instandhaltungsfällen sind alle in den jeweils relevanten Betriebsphasen zulässigen und durchführbaren Instandhaltungsmaßnahmen zu berücksichtigen. Einzelheiten bzgl. der Zulässigkeit von Instandhaltungsmaßnahmen in den verschiedenen Betriebsphasen enthält Abschnitt 3.
Hinweise:
Eine unterstellte Unwirksamkeit des reaktivitätswirksamsten Steuerelements bei der Nachweisführung der Einhaltung der geforderten Unterkritikalität kann gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ der Nummern 3.2 (6) und 3.2 (7) als Einzelfehler behandelt werden.
Bei unterstellter Nichtberücksichtigung der ersten Anregung des Reaktorschutzsystems ist gemäß dem Anhang 5 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ Nummer 3.2.4 (2) das gleichzeitige Auftreten eines Einzelfehlers an aktiven Einrichtungen zu unterstellen, jedoch nicht eine gleichzeitige Instandhaltung.
2.2.4
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 4a
Bei Ereignissen der Sicherheitsebene 4a ist das gleichzeitige Auftreten eines Einzelfehlers nicht zu unterstellen; auch ein gleichzeitiger Instandhaltungsfall wird nicht postuliert (Redundanzgrad n+0). Einzelheiten bzgl. der Zulässigkeit von Instandhaltungsmaßnahmen in den verschiedenen Betriebsphasen enthält Nummer 3.
2.2.5
Redundanzanforderungen für Einrichtungen der Sicherheitsebene 4b und 4c
Für Einrichtungen der Sicherheitsebenen 4b und 4c ist weder ein Einzelfehler noch ein Instandhaltungsfall gefordert (Redundanzgrad n+0).
2.3
Redundanzanforderungen für sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen in den Betriebsphasen C bis F
2.3 (1)
Für die Zeiträume planmäßig durchgeführter Instandhaltungsmaßnahmen in den Betriebsphasen C bis F (Revision, Stillstand der Anlage) an für diese Betriebsphasen notwendigen Einrichtungen der Sicherheitsebene 3 ist ein Einzelfehler, jedoch kein weiterer Instandhaltungsfall zu unterstellen (Redundanzgrad n+1).
2.3 (2)
Ein Redundanzgrad n+0 ist in den Betriebsphasen E und F dann zulässig, wenn bei Ausfall der sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung die Zeit bis zur Nichteinhaltung von Nachweiskriterien mehr als 10 Stunden beträgt und die ausgefallenen oder in Instandhaltung befindlichen aktiven sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen zuverlässig innerhalb dieses Zeitraums verfügbar gemacht werden können.
2.4
Redundanzanforderungen für Einrichtungen zur Beherrschung von Notstandsfällen
2.4 (1)
Bei Notstandsfällen muss im Anforderungsfall in allen Betriebsphasen für die erforderlichen sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen grundsätzlich weder ein Einzelfehler noch ein Instandhaltungsfall unterstellt werden (Redundanzgrad n+0).
2.4 (2)
Zur Beherrschung der Einwirkungen aus Notstandsfällen ist für die Funktion von Einrichtungen, die innerhalb der ersten 30 Minuten erforderlich sind, ein Einzelfehler in aktiven Systemteilen dieser Einrichtungen zu unterstellen (Redundanzgrad n+1). Für Einrichtungen die innerhalb der ersten 30 Minuten nicht benötigt werden, muss weder ein Einzelfehler noch ein Instandhaltungsfall unterstellt werden (Redundanzgrad n+0).
2.5
System- und komponentenspezifische Regelungen für die Anwendung des Einzelfehlerkriteriums

Passive Anlagenteile
2.5 (1)
Für passive Anlagenteile ist das Versagen im Rahmen des Einzelfehlerkonzepts dann nicht zu unterstellen, wenn nachgewiesen wird, dass sie gegen die bei allen für sie zu unterstellenden Anforderungsfällen maximal zu erwartenden Beanspruchungen unter Berücksichtigung der im Betriebszeitraum vorhersehbaren Veränderungen der Werkstoffeigenschaften mit ausreichenden Sicherheitszuschlägen ausgelegt sind, aus einem für den Verwendungszweck geeigneten Werkstoff gefertigt werden und unter einer umfassenden Qualitätssicherung hergestellt, montiert, errichtet, geprüft und betrieben werden, sodass eine ausreichende Zuverlässigkeit gesichert ist. Die hierbei anzuwendenden Maßnahmen und die Sicherheitszuschläge sind auch entsprechend der sicherheitstechnischen Bedeutung der Sicherheitseinrichtungen festzulegen.
2.5 (2)
Der in Nummer 2.5 (1) geforderte Nachweis kann als erbracht angesehen werden, wenn die Anforderungen an Auslegung, Konstruktion, Werkstoffwahl, Herstellung und Prüfbarkeit der Anlagenteile gemäß Vorschriften erfüllt werden, die der sicherheitstechnischen Bedeutung der Anlagenteile Rechnung tragen.

Armaturen
2.5 (3)
Bei Rückflussverhinderern muss ein Einzelfehler dann unterstellt werden, wenn dieser im Anforderungsfall für die Wahrnehmung der sicherheitstechnisch wichtigen Funktion seine Ausgangsstellung ändern muss.
2.5 (4)
Bei Eigenmedium betätigten Sicherheitsventilen, Abblaseventilen und Absperrventilen des Reaktorkühlkreises und des Frischdampfsystems, muss im Anforderungsfall der Einzelfehler in der Vorsteuerung und nicht im Hauptventil selbst unterstellt werden.

3 Instandhaltungen

3.1
Allgemeine Anforderungen an die Instandhaltung
3.1 (1)
Instandhaltungsmaßnahmen, die zur Unverfügbarkeit einer in den Nummern 2.2 bis 2.5 genannten sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung führen, sind ohne besondere, deren Funktion ersetzende oder ihre Funktionsbereitschaft überflüssig machende Maßnahmen (z. B. Abschaltung, Leistungsminderung, Rückgriff auf andere Systeme) nur zulässig, wenn für die Dauer des Instandhaltungsvorgangs die Anforderungen des Einzelfehlerkonzepts gemäß Nummer 2 erfüllt sind. Dieser Grundsatz ist auch auf andere Maßnahmen, die zur Unverfügbarkeit einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung führen, z. B. im Zuge von Änderungen an der Anlage oder deren Betriebsweise, anzuwenden.
3.1 (2)
Für die Wiederherstellung (Instandsetzung, Reparatur) der Funktion einer ausgefallenen sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung gemäß Nummer 3.1 (1) sind für jede Betriebsphase die zulässigen Ausfallzeiten dieser Einrichtung in den Betriebsvorschriften der Anlage zu definieren. Einzelheiten hierzu enthält Nummer 3.2.2.
3.1 (3)
Darüber hinaus sind in den Betriebsvorschriften auch Voraussetzungen und Bedingungen für die Durchführung von Maßnahmen der Vorbeugenden Instandhaltung insbesondere für den Leistungsbetrieb der Anlage zu definieren. Einzelheiten hierzu enthält Nummer 3.3.
3.2
Instandhaltungsmaßnahmen zur Herstellung des bestimmungsgemäßen Zustands einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung (Instandsetzung)
3.2.1
Maßnahmen bei Feststellung von Mängeln an sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen
3.2.1 (1)
Bei Feststellung von Mängeln an sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen, die eine Unverfügbarkeit der Einrichtung im Anforderungsfall zur Folge haben können, sind unverzüglich Maßnahmen zur Identifizierung der Fehlerursache und zur Behebung des Mangels einzuleiten. Insbesondere ist dabei zu klären, ob der festgestellte Schadensmechanismus systematischer Natur ist.
3.2.1 (2)
Anlagentechnische Maßnahmen (z. B. Reduzierung der Anlagenleistung, Abfahren der Anlage) sind bei Notwendigkeit gemäß den Betriebsvorschriften zu veranlassen. Diese Betriebsvorschriften sind gemäß Nummer 3.1 zu ermitteln und festzulegen.
3.2.1 (3)
Kann ein festgestellter Mangel nicht in dem gemäß Betriebsvorschrift zur Verfügung stehenden Zeitraum behoben werden, ist die Anlage in den gemäß den Betriebsvorschriften erforderlichen Anlagenzustand zu überführen.
3.2.1 (4)
Ist bei der Feststellung eines Mangels an einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung, für die zulässige Instandsetzungszeiten festgelegt sind, abzusehen, dass eine Instandsetzung innerhalb der zulässigen Zeit nicht möglich ist, sind die gemäß Nummer 3.1 festgelegten Maßnahmen unverzüglich einzuleiten.
3.2.1 (5)
In Fällen, in denen in den Betriebsvorschriften keine expliziten Vorgaben für zulässige Instandsetzungszeiten für sicherheitstechnisch wichtige Einrichtungen enthalten sind, ist die Anlage unverzüglich in einen Betriebszustand zu überführen, in dem die Verfügbarkeit dieser Einrichtungen nicht oder nur in eingeschränktem Umfang erforderlich ist.
3.2.2
Festlegung zulässiger Instandsetzungszeiten
3.2.2 (1)
Die zulässigen Unverfügbarkeitszeiten von Einrichtungen zur Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebenen 2 bis 4a sind unter Berücksichtigung von Zuverlässigkeitsanalysen, soweit erforderlich, und unter Berücksichtigung von Betriebserfahrungen zu ermitteln und in den Betriebsvorschriften festzulegen.
3.2.2 (2)
Diese Festlegungen müssen mindestens folgende Angaben enthalten:
Zulässige Dauer der Unverfügbarkeit einer oder mehrerer dieser Einrichtungen sowie deren erforderliche Mindestverfügbarkeit für jede Betriebsphase.
Eindeutige Beschreibung der Maßnahmen, die bei Erreichung der zulässigen Unverfügbarkeitszeiten einzuleiten sind (z. B. Leistungseinschränkung, neu einzustellender Anlagenzustand, weitere Maßnahmen zur Reduzierung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen).
3.2.2 (3)
Für in den Betriebsvorschriften nicht im Detail spezifizierte Fälle müssen die Betriebsvorschriften auch Anweisungen enthalten, wie ein geeigneter Betriebszustand – ein Zustand, in dem die Verfügbarkeit der Einrichtungen nicht oder nur eingeschränkt erforderlich ist – zu ermitteln ist.
3.3
Vorbeugende Instandhaltungsmaßnahmen an sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen
3.3.1
Allgemeine Anforderungen an die Vorbeugende Instandhaltung
3.3.1 (1)
Maßnahmen der Vorbeugenden Instandhaltung, die eine Unverfügbarkeit einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung gemäß Nummer 3.1 (1) zur Folge haben und deren Inhalt und Umfang über Wartungsarbeiten gemäß Nummer 3.2.2 hinausgehen, sind grundsätzlich in Betriebsphasen durchzuführen in denen eine ­Anforderung dieser Einrichtung nicht ansteht oder wenig wahrscheinlich ist, in der Regel in den Betriebsphasen C – F.
3.3.1 (2)
Maßnahmen der Vorbeugenden Instandhaltung in den Betriebsphasen A und B sind in begrenztem Umfang und nur unter Einhaltung der Anforderungen gemäß Nummer 3.3.3 zulässig.
3.3.1 (3)
Die Anforderungen an die Vorbeugende Instandhaltung von Sicherheitseinrichtungen sind sinngemäß auch für andere planbaren Maßnahmen, die eine Unverfügbarkeit sicherheitstechnisch wichtiger Einrichtungen zur Folge haben (z. B. bedingt durch die Durchführung von Änderungen an der Anlage), anzuwenden. Abweichungen sind zu begründen.
3.3.2
Wartungsmaßnahmen
Sind zur Gewährleistung der Funktionsfähigkeit von sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen Wartungen erforderlich, können diese bei Einhaltung der nachstehenden Bedingungen in allen Betriebsphasen durchgeführt werden:
die Wartungsmaßnahme erfordert nur Unverfügbarkeitszeiten der sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung < 8 Stunden und
die sicherheitstechnisch wichtige Einrichtung kann im Anforderungsfall rasch in den Betriebszustand zurückversetzt werden, wobei dies auch unter den Bedingungen eines eingetretenen Störfalls möglich sein muss, und
die Arbeiten bleiben auf jeweils eine Redundante beschränkt und die anderen Redundanten stehen in diesem Zeitraum uneingeschränkt zur Verfügung, und
beim An- und Abfahren der Anlage werden Wartungen auf die unvermeidlichen Umfänge beschränkt.
3.3.3
Anforderungen hinsichtlich Zulässigkeit einer Vorbeugenden Instandhaltung (VIB) in den Betriebsphasen A und B
3.3.3 (1)
Die Dauer und die Randbedingungen unter denen VIB an Einrichtungen zur Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebenen 2 bis 4a, von Einwirkungen von innen und außen sowie aus Notstandsfällen in den Betriebsphasen A und B zugelassen ist, sind unter Berücksichtigung der sicherheitstechnischen Anforderungen in den Betriebsvorschriften festzulegen.
3.3.3 (2)
Folgende Anforderungen sind bei den Festlegungen gemäß Nummer 3.3.3 (1) einzuhalten:
Bei n+3 und höher redundant vorhandenen sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen bestehen hinsichtlich VIB in einer Redundanten keine Einschränkungen. Die Kriterien gemäß Nummer 3.3.3 (3) sind jedoch unabhängig vom Redundanzgrad der sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung einzuhalten.
Die Unverfügbarkeit infolge VIB ist bei Einrichtungen der Sicherheitsebene 3 mit einem Redundanzgrad von n+2 unter Berücksichtigung der Zuverlässigkeitsvorgaben an die jeweilige Sicherheitseinrichtung zeitlich zu begrenzen. Ohne detaillierte Nachweisführung darf bei n+2-Einrichtungen die Unverfügbarkeitsdauer pro Redundante und Jahr maximal 7 Tage betragen. Für längere Zeiträume sind anlagenspezifische Einzelnachweise vorzulegen, die ausweisen, dass die längere Unverfügbarkeit der Sicherheitseinrichtung unbedenklich ist. VIB an Einrichtungen der Sicherheitsebene 3 mit einem Redundanzgrad kleiner als n+2 ist nicht zulässig.
Einrichtungen der Sicherheitsebene 2 mit einem erforderlichen Redundanzgrad von n+1 dürfen nur dann einer VIB unterzogen werden, wenn durch eine Bewertung der Einrichtungen unter Berücksichtigung der relevanten Anforderungsfälle deren ausreichende Zuverlässigkeit nachgewiesen wurde.
Einrichtungen der Sicherheitsebene 4a und Notstandseinrichtungen dürfen nur dann einer VIB unterzogen werden, wenn durch eine Bewertung der Einrichtungen unter Berücksichtigung der relevanten Anforderungsfälle deren ausreichende Zuverlässigkeit nachgewiesen wurde.
3.3.3 (3)
VIB-Maßnahmen sind darüber hinaus nur zulässig, wenn folgende Randbedingungen eingehalten werden:
Die VIB-Maßnahme darf nicht zu einer nennenswerten Erhöhung der Eintrittswahrscheinlichkeit für Ereignisse der Sicherheitsebenen 2 und 3 führen.
VIB-Maßnahmen dürfen nicht gleichzeitig in mehreren Redundanten durchgeführt werden sondern sind auf jeweils eine Redundante zu beschränken. Ferner ist sicherzustellen, dass die verbleibenden Redundanzen nicht durch andere Tätigkeiten, z. B. Änderungsmaßnahmen, in ihrer Verfügbarkeit eingeschränkt sind. Davon ausgenommen sind notwendige Instandsetzungsmaßnahmen an zufällig zeitgleich ausgefallenen sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen.
Die VIB-Maßnahme darf zu keinen Ausfällen, insbesondere nicht zu Ausfällen infolge von Fehlern mit gemeinsamer Ursache an anderen, nicht betroffenen sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen führen.
Die Einhaltung der Anforderungen an Instandhaltungsmaßnahmen ist auch unter den Bedingungen der Betriebsphasen A und B bei VIB sicherzustellen (z. B. uneingeschränkte Durchführbarkeit von Funktionsprüfungen nach erfolgter Instandhaltung).
Bei An- und Abfahrvorgängen und bei Versuchsdurchführungen darf keine VIB durchgeführt werden.
Die Integrität der Barrieren Druckführende Umschließung und Sicherheitsbehälter sowie die Zuverlässigkeit ihrer aktiven sicherheitstechnischen Funktionen dürfen durch VIB-Maßnahmen nicht unzulässig beeinträchtigt werden. Sofern nur zwei Absperrungen (n+1) als Barrieren vorhanden sind, ist eine VIB-Maßnahme an diesen Absperreinrichtungen bei drucklosem Kühlkreislauf zulässig.

4 Sicherstellung der Funktionsbereitschaft sicherheitstechnisch wichtiger Einrichtungen

4 (1)
Die Funktion von sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtungen ist unter Bedingungen, die möglichst dem Anforderungsfall entsprechen, im erforderlichen Umfang wiederkehrend zu prüfen.
4 (2)
Bei den Funktionsprüfungen ist möglichst der gesamte Funktionsablauf bei Anforderung der Einrichtung zu prüfen. Dazu zählt auch die Aufschaltung der Notstromversorgung auf die Verbraucher. Sind aus verfahrenstechnischen Gründen nur Teilprüfungen möglich, ist eine aussagekräftige Überlappung der einzelnen Teilprüfungen sicherzustellen.
4 (3)
Durch die Durchführung von Funktionsprüfungen darf keine nennenswerte Erhöhung der Eintrittswahrscheinlichkeit von Ereignissen der Sicherheitsebene 2 und 3 verursacht werden.
4 (4)
Die Funktionsbereitschaft der Einrichtungen ist auch während der Funktionsprüfung so weit wie möglich zu erhalten. Gegebenenfalls sind Ausfallzeiten infolge Prüfung bei der Zuverlässigkeitsanalyse zu berücksichtigen.
4 (5)
Bei prüfungsbedingten Änderungen in der Bereitschaftsstellung einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung ist sicherzustellen, dass diese bei Eintreten eines Anforderungsfalls rechtzeitig rückgängig gemacht werden können.
4 (6)
Zur Gewährleistung der Funktionsbereitschaft einer sicherheitstechnisch wichtigen Einrichtung müssen geplante oder störungsbedingte Unverfügbarkeiten einzelner Komponenten, die eine Unverfügbarkeit zur Folge haben, für das Betriebspersonal leicht erkennbar sein (z. B. Abweichung von einer eindeutigen Bereitschaftsstellung, Unverfügbarkeit infolge Instandhaltung, Ausfälle in leittechnischen Einrichtungen, störungsbedingte Füllstandsänderungen usw.).
4 (7)
Die Fehlpositionierung von Armaturen ist durch zuverlässige technische Einrichtungen (z. B. Störungsmeldung bei Verlassen der Bereitschaftsstellung, Armaturenschlösser) ggf. in Verbindung mit zuverlässigen administrativen Maßnahmen zu vermeiden.
4 (8)
Abweichungen von Parameterwerten, die zur Gewährleistung des sicheren Betriebs in den Betriebsvorschriften der Anlage definiert sind, sind dem Betriebspersonal optisch und akustisch in der Warte zu melden.
4 (9)
Es ist sicherzustellen, dass bei einem Anforderungsfall dem Betriebspersonal alle für die Beurteilung der Funktionsbereitschaft und der Wirksamkeit der benötigten Einrichtungen erforderlichen Informationen auf der Warte oder Notsteuerstelle zur Verfügung stehen oder mit den in der Warte oder Notsteuerstelle verfügbaren Informationen einfach und schnell ermittelt werden können.
4 (10)
Die Funktionsbereitschaft und die anforderungsgerechte Funktion sicherheitstechnisch wichtiger Einrichtungen sind nach abgeschlossener Instandhaltungsmaßnahme durch qualifizierte Funktionsprüfungen sicherzustellen.

Anhang 5 zu den
„Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“:
Anforderungen an die Nachweisführung und Dokumentation

vom 22. November 2012

Gliederung

1
Zielsetzung
2
Grundlegende Anforderungen an die Systembewertung
3
Grundlegende Anforderungen an die deterministische Analyse von Ereignissen oder Zuständen
3.1
Validierung von Analyseverfahren
3.1.1
Zielsetzung
3.1.2
Durchführung
3.1.3
Dokumentation
3.2
Festlegungen zu Anfangs- und Randbedingungen sowie zum Umfang der Nachweisführung
3.2.1
Sicherheitsebenen übergreifende Anforderungen
3.2.2
Sicherheitsebene 1 (Normalbetrieb)
3.2.3
Sicherheitsebene 2 (Anomaler Betrieb)
3.2.4
Sicherheitsebene 3 (Störfall)
3.2.5
Sicherheitsebene 4a (Transienten mit unterstelltem Ausfall der Reaktorschnellabschaltung)
3.2.6
Sicherheitsebene 4b (Ereignisse mit Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen) sowie Sicherheitsebene 4c (Unfälle mit schweren Brennelementschäden)
3.3
Quantifizierung der Ergebnisunsicherheiten
3.4
Abdeckende Nachweisführung
4
Grundlegende Anforderungen an die messtechnische Nachweisführung
5
Grundlegende Anforderungen an ingenieurmäßige Bewertungen
6
Grundlegende Anforderungen an probabilistische Sicherheitsanalysen
7
Grundlegende Anforderungen an die Dokumentation
Anlage 1
Detailanforderungen an die Nachweisführung bei Kühlmittelverluststörfällen
Anlage 2
Detailanforderungen an die Ermittlung von Differenzdrücken innerhalb des Sicherheitsbehälters
Anlage 3
Detailanforderungen an die Ermittlung von Strahl- und Reaktionskräften bei Lecks an druckführenden Systemen innerhalb des Sicherheitsbehälters

1 Zielsetzung

1 (1)
Dieser Regeltext enthält Anforderungen an sicherheitstechnische Nachweisführungen und Dokumentationen.
Zum Nachweis der Erfüllung von in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ aufgestellten Anforderungen sind geeignete Nachweismethoden heranzuziehen.
Hinweis:
Im Folgenden werden übergeordnete Anforderungen an die Nachweisführung und Dokumentation formuliert. Detailanforderungen an die Nachweisführung bei Kühlmittelverluststörfällen finden sich in Anlage 1. Detailanforderungen an die Ermittlung von Differenzdrücken innerhalb des Sicherheitsbehälters finden sich in Anlage 2. Detailanforderungen an die Ermittlung von Strahl- und Reaktionskräften bei Lecks an druckführenden Systemen innerhalb des Sicherheitsbehälters finden sich in Anlage 3. Weitere fachspezifische Anforderungen finden sich gegebenenfalls in den fachspezifischen Regelwerkstexten.
1 (2)
Zur Nachweisführung sind gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ Nummer 5 (2) deterministische sowie probabilistische Methoden heranzuziehen:
Die deterministischen Methoden umfassen
a)
die rechnerische Analyse von Ereignissen oder Zuständen,
b)
die Messung oder das Experiment,
c)
die ingenieurmäßige Bewertung.
Die deterministischen Methoden bilden die Basis für die Durchführung von Systembewertungen. Ergänzend zu den Ergebnissen aus der Anwendung deterministischer Methoden fließen im jeweils erforderlichen Umfang Ergebnisse aus probabilistischen Analysen in die Systembewertung ein. Die Systembewertung dient dem Nachweis der Erfüllung der Anforderungen an die Wirksamkeit und Zuverlässigkeit der Maßnahmen und Einrichtungen auf den verschiedenen Sicherheitsebenen.
1 (3)
Die Nachweisführungen sind in geschlossener und nachvollziehbarer Form in Nachweisunterlagen zu dokumentieren.

2 Grundlegende Anforderungen an die Systembewertung

2 (1)
Durch die Systembewertung ist zu zeigen, dass die geforderte Wirksamkeit und Zuverlässigkeit von Maßnahmen und Einrichtungen sowie deren wesentlichen Qualitätsmerkmale erfüllt werden. Die Bedingungen, die sich aus der rechnerischen Analyse von Ereignissen oder Zuständen ergeben, sind dabei zu berücksichtigen.
2 (2)
Die Durchführung einer Systembewertung erfordert eine aktuelle Zusammenstellung der sicherheitstechnisch wichtigen Informationen über die bestehenden Bedingungen für eine ausreichende Wirksamkeit sowie den Zustand der betroffenen sicherheitstechnisch wichtigen Maßnahmen und Einrichtungen, gegebenenfalls unter Einbeziehung geplanter Änderungsvorhaben, mit Angabe der auf den jeweiligen Sicherheitsebenen durchzuführenden Aufgaben oder zu erfüllenden sicherheitstechnischen Funktionen sowie zu deren Aufbau, Anordnung und Auslegung.
2 (3)
Ergebnisse der Auswertung der Betriebserfahrung sind, sofern für den zu analysierenden Sachverhalt von sicherheitstechnischer Bedeutung, in die Systembewertung einzubeziehen.

3 Grundlegende Anforderungen an die deterministische Analyse von Ereignissen oder Zuständen

3 (1)
Durch die Analyse von Ereignissen oder Zuständen ist zu zeigen, dass in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ aufgestellte quantitative Nachweiskriterien erfüllt werden.
3 (2)
Bei Nachweisführungen durch die Analyse von Ereignissen oder Zuständen sind
a)
aktuelle Zusammenstellungen der sicherheitstechnisch wichtigen Informationen über den bestehenden Zustand der betroffenen sicherheitstechnisch wichtigen Maßnahmen und Einrichtungen heranzuziehen, gegebenenfalls unter Einbeziehung geplanter Änderungsvorhaben;
b)
für den jeweiligen Anwendungsbereich validierte Analyseverfahren gemäß den in Nummer 3.1 dargestellten Anforderungen zu verwenden;
c)
den Analysen hinsichtlich ausgewählter Anfangs- und Randbedingungen die in Nummer 3.2 aufgelisteten Vorgaben zu Grunde zu legen;
d)
für die Sicherheitsebenen 1 bis 3 die Unsicherheiten, die mit dem jeweiligen Analyseergebnis für das jeweilige Nachweiskriterium verbunden sind, in ihrer Gesamtheit gemäß Nummer 3.3 zu quantifizieren und zu berücksichtigen oder gemäß Nummer 3.4 zu berücksichtigen;
e)
für die Sicherheitsebene 4 die Unsicherheiten des Analyseergebnisses im Hinblick auf das Nachweisziel zu bewerten.
3 (3)
Bei Nachweisführungen durch die Analyse von Ereignissen oder Zuständen sind insbesondere zu dokumentieren:
a)
die relevanten verwendeten Daten; sofern nicht anlagenspezifische Daten verwendet werden ist deren Übertragbarkeit zu begründen;
b)
die Begründung der Auswahl der zu Grunde gelegten Einwirkungen, Ereignisse, Betriebsphasen und Betriebszustände im Hinblick auf die Einhaltung des jeweiligen Nachweiskriteriums;
c)
bei Verwendung statistischer Verfahren die Ermittlung der Unsicherheit des Analyseergebnisses, die bei der Analyse verwendeten Verteilungen für die relevanten Eingangsparameter, ihre Herleitung sowie, sofern relevant, ihre Abhängigkeiten gemäß Nummer 3.3 (1).
3.1
Validierung von Analyseverfahren
3.1.1
Zielsetzung
3.1.1 (1)
Analyseverfahren, die für die sicherheitstechnische Nachweisführung zur Einhaltung der Nachweiskriterien eingesetzt werden, müssen für den jeweiligen Anwendungsbereich validiert sein.
3.1.1 (2)
Werden bei Analysen zur Wirksamkeit von präventiven oder mitigativen Notfallmaßnahmen Berechnungsverfahren angewendet, sollen diese für den jeweiligen Anwendungsbereich validiert sein.
3.1.1 (3)
Die Validierung eines Analyseverfahrens muss die Überprüfung des Anwendungsbereichs des Verfahrens umfassen sowie die Überprüfung der Übereinstimmung der mit dem Verfahren erzielbaren Ergebnisse mit Vergleichswerten aus
a)
Experimenten, Prüfergebnissen, dem Anlagenbetrieb, Anlagentransienten oder anderen Ereignissen,
b)
analytischen Lösungen oder
c)
anderen validierten Analyseverfahren.
3.1.1 (4)
Ein Analyseverfahren kann dann als validiert gelten, wenn die Anwendbarkeit und hinreichende Genauigkeit des verwendeten Verfahrens für die jeweilige Anwendung im Rahmen des durchgeführten und dokumentierten Validierungsumfangs gezeigt ist. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn die Ergebnisse des Verfahrens innerhalb der Bandbreiten experimenteller Ergebnisse (siehe Nummer 3.1.2 (2)) liegen.
3.1.2
Durchführung
3.1.2 (1)
Der Validierung ist eine ausreichende Zahl von Vergleichswerten zu Grunde zu legen. Der notwendige Umfang sowie die erforderliche Qualität (siehe Nummer 3.1.2 (2)) der Vergleichswerte hängen vom Anwendungsbereich des Analyseverfahrens ab.
3.1.2 (2)
Für die Validierung herangezogene Experimente sollen hinsichtlich der wesentlichen Parameter grundsätzlich den Bereich von Bedingungen abdecken, in dem das Analyseverfahren angewendet werden soll. Andernfalls ist die Übertragbarkeit der experimentellen Ergebnisse auf den Anwendungsbereich zu zeigen.
3.1.3
Dokumentation
3.1.3 (1)
Die Dokumentation der Validierung muss enthalten:
a)
Daten zu den herangezogenen Vergleichswerten (gemäß Nummer 3.1.1 (3)), bei Experimenten, Prüfergebnissen, dem Anlagenbetrieb, Anlagentransienten oder anderen Ereignissen mit Angaben zur Genauigkeit der herangezogenen Vergleichswerte,
b)
Angaben zu dem durch die Validierung abgesicherten Anwendungsbereich des Analyseverfahrens,
c)
Beschreibungen der verwendeten Rechenverfahren und -modelle sowie der Eingabedaten.
3.2
Festlegungen zu Anfangs- und Randbedingungen sowie zum Umfang der Nachweisführung
3.2.1
Sicherheitsebenen übergreifende Anforderungen
3.2.1 (1)
Für Nachweise zur Standsicherheit von baulichen Anlagenteilen, deren Einsturz zu sicherheitstechnisch relevanten Auswirkungen führen könnte, sind die relevanten mechanischen, chemischen und thermischen Einwirkungen zu berücksichtigen.
a)
Die Einwirkungen, die sich auf Grund der auf den Sicherheitsebenen 1 bis 3 zu unterstellenden Bedingungen, Ereignisse und festgelegten Betriebszustände sowie resultierend aus Einwirkungen von innen und außen ergeben können, müssen jeweils so angesetzt oder überlagert werden, dass alle Auswirkungen konservativ erfasst werden.
b)
Bei Einwirkungen aus Notstandsfällen ist eine im Vergleich zur Sicherheitsebene 3 stärkere Ausnutzung der Tragfähigkeit der baulichen Anlagenteile grundsätzlich zulässig, wobei alle wesentlichen Einwirkungs- und Widerstandsgrößen realistisch erfasst sein müssen.
c)
Die Einwirkungen, die sich durch die auf den Sicherheitsebenen 4b und 4c unterstellten Ereignisabläufe und Bedingungen auf die Anlagenteile ergeben können, können jeweils realistisch angesetzt werden.
3.2.1 (2)
Für Nachweise zur Integrität und Standsicherheit von Komponenten sind die relevanten mechanischen, chemischen, thermischen und durch Strahlung hervorgerufenen Einwirkungen zu berücksichtigen.
a)
Die Einwirkungen, die sich auf Grund der auf den Sicherheitsebenen 1 bis 4a zu unterstellenden Bedingungen, Ereignisse und festgelegten Betriebszustände sowie resultierend aus Einwirkungen von innen und außen ergeben können, müssen jeweils so angesetzt oder überlagert werden, dass alle Auswirkungen auf die tragenden Querschnitte im Hinblick auf den abzudeckenden Versagensmechanismus konservativ erfasst werden.
b)
Bei Einwirkungen aus Notstandsfällen ist eine im Vergleich zur Sicherheitsebene 3 stärkere Ausnutzung der Tragfähigkeit der Komponenten grundsätzlich zulässig, wobei alle wesentlichen Einwirkungs- und Widerstandsgrößen realistisch erfasst sein müssen. An den maßgebenden Stellen muss die Integrität des tragenden Querschnitts unter Beibehaltung der grundlegenden Geometrie erhalten bleiben.
c)
Die Einwirkungen, die sich durch die auf den Sicherheitsebenen 4b und 4c unterstellten Ereignisabläufe und Bedingungen auf die Komponenten ergeben können, können jeweils realistisch angesetzt und die Auswirkungen auf den Zustand der Komponenten entsprechend analysiert werden.
3.2.1 (3)
Kombinationen mehrerer zu unterstellender Einwirkungen von außen, oder Kombinationen dieser Einwirkungen mit internen Ereignissen sind gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ von Nummer 4.2 (1) zu unterstellen.
Die Störfall- und Störfallfolgeeinwirkungen sind mit den „äußeren Lasten des Gebrauchszustandes“ (einschließlich Schnee- und Windlast) und den „Reaktionen aus Zwang im Gebrauchszustand“ zu kombinieren. Es ist zulässig, bei der Überlagerung der Einwirkungen den zeitlichen Verlauf zu berücksichtigen.
3.2.1 (4)
Als ereignisbedingte Folgeereignisse bei Einwirkungen von außen sowie aus Notstandsfällen sind, soweit die jeweiligen Anlagenteile nicht gegen die Einwirkungen ausgelegt sind, die Möglichkeiten für
a)
Einwirkungen aus Berstdruckwellen beim Versagen von Behältern, Rohrleitungen und sonstigen Behältern mit hohem Energieinhalt;
b)
mechanische Folgeschäden beim Versagen von Anlagenteilen (einschließlich von umherfliegenden und fallenden Bruchstücken sowie von Strahl- und Reaktionskräften);
c)
anlageninterne Überflutungen infolge eines Versagens von Anlagenteilen;
d)
anlageninterne Brände und Explosionen;
e)
erhöhte Strahlenpegel;
f)
chemische Reaktionen sowie
g)
Fehlfunktionen von elektrischen, leittechnischen oder verfahrenstechnischen Einrichtungen
zu berücksichtigen und
h)
das Eintreten eines Notstromfalls
zu unterstellen.
3.2.1 (5)
Der Schutz von Bauwerken und Komponenten bei Einwirkungen von innen und außen sowie Notstandsfällen ist auf Basis spezifizierter Lastannahmen nachzuweisen. Dabei sind auch induzierte Erschütterungen von Bauwerken und Komponenten zu berücksichtigen.
3.2.1 (6)
Die Nachweisführung auf den Sicherheitsebenen 2 bis 4a muss sich vom Eintritt eines Ereignisses mindestens bis zum Erreichen des kontrollierten Anlagenzustands erstrecken, in dem die Anlage dauerhaft verbleiben kann.
Die Analysen zur Wirksamkeit von vorgesehenen Maßnahmen auf den Sicherheitsebenen 4b und 4c sollen bis zum Erreichen des für die Analyse relevanten Zustands erfolgen.
3.2.1 (7)
Bei Quantifizierung der Ergebnisunsicherheiten nach Nummer 3.3 können Mess- und Kalibrierfehler statistisch berücksichtigt werden. Bei abdeckenden Nachweisführungen nach Nummer 3.4 sind die Mess- und Kalibrierfehler durch die Anfangs- und Randbedingungen abzudecken.
3.2.2
Sicherheitsebene 1 (Normalbetrieb)
3.2.2 (1)
In Bezug auf die jeweiligen Auslegungsgrenzen ist die gesamte, während der Betriebs- oder Zyklusdauer in Betracht kommende Bandbreite der Betriebsparameter zu berücksichtigen, unter Einbeziehung der im Normalbetrieb möglichen Änderungen und Schwankungen.
3.2.3
Sicherheitsebene 2 (Anomaler Betrieb)
3.2.3 (1)
In Bezug auf das jeweilige Nachweiskriterium sind für die jeweiligen Betriebsphasen ungünstige, innerhalb realistischer Betriebszustände liegende Anfangszustände anzusetzen.
3.2.3 (2)
Alle der Sicherheitsebene 2 zugeordneten und bei dem betrachteten Ereignisablauf ordnungsgemäß angeforderten Maßnahmen und Einrichtungen können für die Nachweisführung als verfügbar angenommen werden, wenn sie nicht durch das unterstellte Ereignis als ausgefallen anzusetzen sind.
3.2.3 (3)
Eine vom Ereignis unabhängige Überlagerung des Notstromfalls muss nicht unterstellt werden.
3.2.4
Sicherheitsebene 3 (Störfall)
3.2.4 (1)
Die anzusetzenden Anfangszustände sind
a)
bei einer Nachweisführung nach Nummer 3.4 die in Bezug auf das jeweilige Nachweiskriterium für die jeweiligen Betriebsphasen ungünstigsten anfänglichen Betriebszustände des Normalbetriebs abzudecken oder
b)
bei einer Nachweisführung nach Nummer 3.3 mittels realistischer Parameterwerte unter Einbeziehung ihrer Unsicherheitsbandbreite zu erfassen.
3.2.4 (2)
Beim Nachweis der Wirksamkeit der Maßnahmen und Einrichtungen der Sicherheitsebene 3 ist das Einzelfehlerkonzept gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ von Nummer 3.1 (7) sowie gemäß Anhang 4 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ anzuwenden.
Bei der Analyse von Ereignissen der Sicherheitsebene 3 ist die Nichtberücksichtigung der ersten Anregung des Reaktorschutzsystems oder der ersten Anregung der Reaktorschnellabschaltung zu unterstellen, sofern aus physikalisch-technischen Gründen nicht nur ein Anregekriterium verfügbar ist.
Bei unterstellter Nichtberücksichtigung der ersten Anregung ist das gleichzeitige Auftreten eines Einzelfehlers an aktiven Einrichtungen zu unterstellen, jedoch nicht eine gleichzeitige Instandhaltung.
Die Ausfallannahmen gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ der Nummern 3.2 (6) und 3.2 (7) sind zu berücksichtigen.
3.2.4 (3)
Bei allen zur Störfallbeherrschung erforderlichen Maßnahmen und Einrichtungen ist auch, sofern es den Ereignisablauf nachteilig beeinflusst, ereignisabhängig ein gleichzeitiger oder zeitlich versetzter Ausfall der elektrischen Eigenbedarfsversorgung zu unterstellen. Die Berücksichtigung der Notstromversorgung in der Analyse soll entsprechend dem Zuschaltprogramm der mit Notstrom versorgten Aggregate erfolgen.
3.2.4 (4)
Bei Kühlmittelverluststörfällen ist bei den Ermittlungen der Auswirkungen
a)
des Druck- und Temperaturaufbaus im Sicherheitsbehälter,
b)
der Druckdifferenzen innerhalb des Sicherheitsbehälters,
c)
von Bruchstücken, Strahl- und Reaktionskräften und
d)
von Druckwellen innerhalb der druckführenden Umschließung sowie
e)
bei den Nachweisführungen zur Wirksamkeit der Notkühleinrichtungen und der Standsicherheit von Einbauten (insbesondere Großkomponenten) und Räumen
für das Spektrum der zu betrachtenden Leck- oder Bruchgrößen die für die verschiedenen Einzelnachweise jeweils ungünstigste Leck- oder Bruchlage zu ermitteln und zu unterstellen.
Hinweis:
Siehe hierzu neben den beiliegenden Anlagen 2 und 3 auch in Anhang 2 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, dort Anlage 2.
3.2.4 (5)
Bei den Nachweisführungen sind zusätzlich zu den Ausfallannahmen des Einzelfehlerkonzepts störfallbedingte Folgeausfälle von Maßnahmen und Einrichtungen, die im Sinne des Nachweisziels ungünstige Auswirkungen auf den Störfallablauf haben, zu berücksichtigen.
Das ordnungsgemäße Wirksamwerden von Maßnahmen und Einrichtungen der Sicherheitsebenen 1 und 2 ist zu unterstellen, sofern sich hieraus relevante ungünstige Einflüsse auf den Ereignisablauf ergeben.
3.2.4 (6)
Der Quellterm für radiologische Nachweise auf der Sicherheitsebene 3 ist bis zur Beendigung der Freisetzung zu ermitteln. Zur Definition der Beendigung der Freisetzung sind erforderlichenfalls geeignete Abbruchkriterien zu spezifizieren.
Hinweis:
Detailanforderungen an die Nachweisführung bei Kühlmittelverluststörfällen sind in Anlage 1 zusammengestellt.
3.2.5
Sicherheitsebene 4a (Transienten mit unterstelltem Ausfall der Reaktorschnellabschaltung)
3.2.5 (1)
Bei der Analyse von Transienten mit unterstelltem Ausfall der Reaktorschnellabschaltung
a)
können realistische Anfangs- und Randbedingungen gewählt werden; als Anfangszustand des Reaktorkerns ist jedoch beladungs- und ereignisspezifisch vom Betriebszustand zum ungünstigsten Zykluszeitpunkt (im Xenon Gleichgewicht) auszugehen; zudem sind hinsichtlich der Reaktivitätsrückwirkung Werte zu verwenden, die bestehende Unsicherheiten abdeckend berücksichtigen;
b)
können alle Maßnahmen und Einrichtungen als verfügbar angenommen werden, die nicht durch das unterstellte Ereignis ausgefallen sind; sofern im Kurzzeitbereich (Zeit bis zum Erreichen des Druckmaximums) vom Abschalten der Hauptkühlmittelpumpen (DWR) Kredit genommen wird, muss das Abschalten mit Leittechnik-Funktionen der Kategorie A oder B angesteuert sein;
c)
sind die durch Steuerungs- und Regelungsvorgänge verursachten Änderungen von Betriebsparametern und Betriebszuständen mit zu berücksichtigen.
3.2.6
Sicherheitsebene 4b (Ereignisse mit Mehrfachversagen von Sicherheitseinrichtungen) sowie Sicherheitsebene 4c (Unfälle mit schweren Brennelementschäden)
3.2.6 (1)
Bei der Analyse der Wirksamkeit von präventiven oder mitigativen Notfallmaßnahmen können für die zu Grunde gelegten Ereignisabläufe realistische Modelle und realistische Anfangs- und Randbedingungen verwendet werden.
Hinweis:
Die Nummern 3.3 und 3.4 müssen für Nachweisführungen zu den Sicherheitsebenen 4b und 4c nicht angewandt werden.
3.3
Quantifizierung der Ergebnisunsicherheiten
3.3 (1)
Bei der Verwendung statistischer Verfahren ist die Gesamtunsicherheit des jeweiligen Analyseergebnisses gemäß Nummer 3 (2) Buchstabe d zu quantifizieren. Hierfür sind
a)
die Parameter (Anfangs- und Randbedingungen sowie Modellparameter) und Modelle zu identifizieren, die die Ergebnisunsicherheiten wesentlich beeinflussen;
b)
die gemäß dem aktuellen Kenntnisstand vorhandenen Unsicherheitsbandbreiten der identifizierten Parameter zu quantifizieren, bei Einsatz von statistischen Verfahren mitsamt den Verteilungen der Parameter;
c)
falls erforderlich, Abhängigkeiten oder Wechselwirkungen zwischen einzelnen Eingangsparametern festzustellen und zu berücksichtigen.
3.3 (2)
Unsicherheiten einzelner Modelle im Rechenprogramm, die nicht über eine Variation von Parametern erfasst werden, sind durch Zuschläge auf das Ergebnis abzudecken, die aus der Validierung des Analyseverfahrens abgeleitet sein sollten.
3.3 (3)
Werden bei der Ermittlung der Gesamtunsicherheit statistische Verfahren angewandt, ist die in Richtung des Nachweiskriteriums gehende einseitige Toleranzgrenze zu ermitteln, wobei für die Einhaltung des Nachweiskriteriums eine Wahrscheinlichkeit von mindestens 95 % mit einer statistischen Sicherheit von mindestens 95 % nachzuweisen ist.
3.3 (4)
Die Einhaltung statistischer Nachweiskriterien ist mit einer statistischen Sicherheit von mindestens 95 % nachzuweisen.
3.4
Abdeckende Nachweisführung
3.4 (1)
Auf die Ermittlung der Gesamtunsicherheit gemäß Nummer 3.3 kann verzichtet werden,
a)
falls durch Standardisierung abgesicherte Verfahren oder Daten vorliegen, aus denen die Unsicherheit oder ein gesicherter Abstand zur Auslegungsgrenze oder zum Nachweiskriterium abgeleitet werden kann oder
b)
falls die Unsicherheit durch Zuschläge auf das Analyseergebnis abgedeckt werden kann oder
c)
falls bezüglich des jeweiligen Nachweiskriteriums
ungünstigste innerhalb realistischer Zustände liegende Parameterkombinationen verwendet werden, oder
ungünstige Werte des Unsicherheitsbereichs einzelner Parameter so kombiniert werden, dass das Analyseergebnis mit mindestens 95 % Wahrscheinlichkeit nicht überschritten wird, oder
d)
falls Berechnungsverfahren oder hinreichend konservativ gewählte Einzelparameter verwendet werden, für welche in einem vergleichbaren Fall nachgewiesen ist, dass die gemäß Nummer 3.3 quantifizierten Unsicherheiten bezüglich des jeweiligen Nachweiskriteriums abgedeckt werden.

4 Grundlegende Anforderungen an die messtechnische Nachweisführung

4 (1)
Vor der Durchführung von Messungen oder Experimenten ist der nachzuweisende Sachverhalt festzulegen und das messtechnische oder experimentelle Verfahren detailliert zu planen. Sollen Messungen oder Tests im Kernkraftwerk durchgeführt werden, sind die Auswirkungen der Messung oder des Tests auf die Sicherheit der Anlage zu prüfen und schriftlich darzulegen. Relevante sicherheitstechnisch nachteilige Auswirkungen sind zu vermeiden.
4 (2)
Werden Messungen oder Experimente nicht in der zu beurteilenden Anlage oder Einrichtung, sondern z. B. an Prototypen von Komponenten oder an Versuchsständen durchgeführt, so ist die Übertragbarkeit auf die zu beurteilenden Komponenten, Systeme oder Systemfunktionen darzulegen. Unsicherheiten bei der Übertragung der Ergebnisse sind zu ermitteln.
4 (3)
Bei der messtechnischen und der experimentellen Nachweisführung sind Unsicherheiten in der Messung zu berücksichtigen.
4 (4)
Der nachzuweisende Sachverhalt, das messtechnische oder experimentelle Verfahren und die Ergebnisse sind nachvollziehbar zu dokumentieren.

5 Grundlegende Anforderungen an ingenieurmäßige Bewertungen

5 (1)
Ergebnisse aus ingenieurmäßigen Bewertungen können bei der Nachweisführung herangezogen werden,
a)
wenn für den zu bewertenden Sachverhalt ein Bewertungsmaßstab vorliegt und der Bewertung zu Grunde gelegt wird; dieser Bewertungsmaßstab muss auf technisch-wissenschaftlich nachvollziehbaren Grundlagen beruhen; bei der Ermittlung des Bewertungsmaßstabes können auch geltende Regeln oder Normen, Ergebnisse aus Bewertungen zu gleichen oder ähnlich gelagerten Sachverhalten, Erkenntnisse aus Experimenten und vorliegende Erfahrungswerte einbezogen werden; und
b)
wenn der nach Nummer 5 (1) Buchstabe a entwickelte Bewertungsmaßstab nachvollziehbar dokumentiert ist.
5 (2)
An die Durchführung der ingenieurmäßigen Bewertungen werden folgende Anforderungen gestellt:
a)
zur Bewertung herangezogene Randbedingungen, wie Ergebnisse und Daten aus durchgeführten Berechnungen und Prüfungen, sind zu begründen und dokumentieren,
b)
die Ergebnisse der Bewertung sind vollständig und nachvollziehbar zu dokumentieren,
c)
bei Anwendung auf interdisziplinäre und komplexe Fragestellungen ist die ingenieurmäßige Bewertung durch ein geeignet zusammengesetztes Team durchzuführen.
5 (3)
Bei ergonomischen Analysen von Personalhandlungen müssen die dem Personal zugewiesenen Aufgaben im Rahmen einer Aufgabenanalyse so in Teilaufgaben zerlegt sein, dass eine Bewertung im Hinblick auf die geforderte Zuverlässigkeit der Personalhandlung und die sicherheitstechnischen Anforderungen durchgeführt werden kann.
Die Aufgabenanalyse muss die folgenden Aspekte berücksichtigen:
a)
erforderliche und bereitgestellte Informationen für den Handelnden,
b)
erforderliche Informationsverarbeitungsprozesse,
c)
erforderliche Entscheidungen und Einzelhandlungen,
d)
zeitliche und räumliche Randbedingungen der Aufgaben.

6 Grundlegende Anforderungen an probabilistische Sicherheitsanalysen

6 (1)
Die grundlegenden Methoden und Randbedingungen zur Erstellung von probabilistischen Sicherheitsanalysen (PSA) sowie die Anforderungen an deren Dokumentation sind im „Leitfaden Probabilistische Sicherheitsanalysen“ beschrieben.
6 (2)
Bei PSA für Bewertungen gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ der Nummern 5 (5a) und 5 (5b) sind aktuelle Methoden, Modelle und Daten zu verwenden. Die Aktualität der PSA muss insbesondere folgende Aspekte berücksichtigen:
a)
sicherheitstechnisch wichtige Änderungen an Maßnahmen, Einrichtungen oder der Betriebsweise, die in der Anlage durchgeführt wurden,
b)
sicherheitsrelevante Ereignisse oder Phänomene, die bekannt geworden sind und deren Übertragbarkeit auf die im Anwendungsbereich der „Sicherheitsanforderungen an KKW“ benannten Kernkraftwerke in Deutschland gegeben ist, und
c)
die anlagenspezifische Auswertung der Betriebserfahrung im Hinblick auf Zuverlässigkeitskenngrößen von Komponenten oder Eintrittshäufigkeiten von auslösenden Ereignissen.
6 (3)
Für PSA sind anlagenspezifische Daten zu verwenden. Sofern keine hinreichende anlagenspezifische Datenbasis aus der Betriebserfahrung zur Verfügung steht, können generische Daten verwendet werden. Die Übertragbarkeit der generischen Daten ist zu begründen.
6 (4)
PSA sind von sachkundigem Personal des Genehmigungsinhabers zu erstellen. Eine Unterstützung durch externes Personal ist zulässig.
6 (5)
Der jeweils erforderliche Umfang und Detaillierungsgrad der PSA ist anlassbezogen festzulegen.

7 Grundlegende Anforderungen an die Dokumentation

7 (1)
Alle Unterlagen, die bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb einer Anlage für das Genehmigungs- und Aufsichtsverfahren verwendet wurden oder werden, sind systematisch zu dokumentieren. Der Detaillierungsgrad der Dokumentation muss an die sicherheitstechnische Bedeutung des Inhalts der Dokumente angepasst sein.
7 (2)
Die Dokumentation hat folgende Anforderungen zu erfüllen:
a)
Anwendung eines Freigabe-/Genehmigungsverfahrens, das der Bedeutung des jeweiligen Dokuments angemessenen ist,
b)
eindeutige Kennzeichnung von Dokumenten,
c)
zeitnahe Aktualisierung von Dokumenten, insbesondere bei Änderungen an der Anlage,
d)
Kennzeichnung von Änderungen und des Überarbeitungsstatus von Dokumenten,
e)
Sicherstellung der Verfügbarkeit gültiger Dokumente an den jeweiligen Einsatzorten,
f)
zeitnahe Anpassung der zur Betriebsführung benötigten Dokumentation an den aktuellen Anlagenzustand und Bereitstellung im Bereich der Warte,
g)
Sicherstellung der Lesbarkeit und Erkennbarkeit,
h)
eindeutige und widerspruchsfreie Gestaltung sicherheitsrelevanter operativer Anweisungen,
i)
Kennzeichnung und Verteilung externer Dokumente an die jeweiligen Einsatzorte,
j)
Verhinderung der Verwendung veralteter oder nicht gültiger Dokumente.
7 (3)
Die Dokumentation ist nach festgelegten Regeln zu pflegen und archivieren. Es sind auch Regelungen für Pflege und Archivierung der sonstigen Dokumentation zu treffen.
7 (4)
In einem Dokumentationssystem sind Festlegungen zu Dokumentenart, Dokumentation, Unterlagenpflege, Archivierung, Verantwortlichkeiten und Prüfung zu treffen.
Anlage 1

Detailanforderungen an die
Nachweisführung bei Kühlmittelverluststörfällen

A1 (1)
Zum Nachweis der Wirksamkeit der Kernnotkühleinrichtungen sind experimentell abgesicherte rechnerisch-analytische Nachweise vorzulegen. Es ist entweder die Quantifizierung der Unsicherheiten der Analyseergebnisse nach Nummer 3.3 oder die abdeckende Nachweisführung nach Nummer 3.4 mit folgenden Annahmen vorzunehmen:
1.
Bei beiden Verfahren ist die ungünstigste Kombination unterstellt aus
a)
Ausfall infolge Einzelfehler,
b)
Unverfügbarkeit infolge Instandhaltung,
c)
Notstromfall,
d)
Ausgangsleistung im Kern (bei Störfalleintritt ist von den ungünstigsten Werten auszugehen, die im bestimmungsgemäßen Betrieb unter Berücksichtigung der Zustandsbegrenzungen hinsichtlich der integralen Leistung, der Stableistung und der Leistungsdichteverteilung auftreten können),
e)
Zykluszeitpunkt,
f)
Bruchlage und
g)
Bruchgröße und Bruchtyp
Hinweis:
Zu unterstellende Leckquerschnitte und Brüche sowie weitere Anforderungen an die Randbedingungen der Nachweisführungen sind in Anhang 2, dort Anlage 2 sowie in Anhang 5 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ aufgeführt.
anzusetzen.
2.
Bei Quantifizierung der Ergebnisunsicherheiten nach Nummer 3.3 können bezüglich der anfänglichen Kernleistung Mess- und Kalibrierfehler statistisch berücksichtigt werden.
3.
Bei Einsatz der abdeckenden Nachweisführung nach Nummer 3.4 ist zusätzlich zu den Vorgaben gemäß Nummer A1 (1) 1 bezüglich der Ausgangsleistung im Kern der maximale Mess- und Kalibrierfehler anzusetzen.
4.
Bei der Analyse des Pumpenverhaltens während der Druckentlastungsphase und der Wiederauffüllphase sind – soweit nicht entsprechende Vorkehrungen getroffen sind – mögliche Versperrungen freier Strömungsquerschnitte in der Druckführenden Umschließung durch beschädigte Anlagenteile zu berücksichtigen.
5.
Der aus der eindimensionalen Druckentlastungsrechnung resultierende Massenstrom ist für die Heißstab-Temperaturberechnung unter Berücksichtigung thermohydraulisch bedingter Strömungsverteilungen und eventueller Kühlkanalverengungen um 20 % zu reduzieren, solange keine dynamischen Berechnungen der Hüllrohrdehnungen vorgenommen werden.
6.
Für die Ermittlung der Zulaufhöhe der Nachkühlpumpen ist nach Umschaltung auf Sumpfbetrieb mit Atmosphärendruck im Sicherheitsbehälter zu rechnen.
7.
Bei der Berechnung der zeitabhängigen Wasserhöhe im Reaktorgebäudesumpf sind insbesondere zu berücksichtigen:
a)
die Volumenänderung des Primärkühlmittels bei Temperaturänderungen,
b)
der Befüllungsgrad des Reaktorkühlsystems,
c)
der Dampfgehalt in der Sicherheitsbehälteratmosphäre,
d)
die Benetzung der Oberflächen im Sicherheitsbehälter,
e)
Spritzwasser und Ansammlungen von Wasser, welches nicht oder nur verzögert in den Reaktorgebäudesumpf gelangt.
8.
Beim Nachweis, dass die Kernkühlung sowohl kurz- als auch langfristig sichergestellt ist, ist zu berücksichtigen:
a)
freigesetztes Isoliermaterial und weitere Materialien, die die mechanische Stabilität der im Reaktorgebäudesumpf angebrachten Sumpfsiebe und den kavitationsfreien Betrieb der Nachkühlpumpen für den Sumpfbetrieb sowie die Funktion weiterer für die Ereignisbeherrschung erforderlicher Einrichtungen ­beeinflussen können, wobei im Hinblick auf die Ermittlung der Menge der freigesetzten Materialien als maximale Leckgröße 0,1F bezogen auf die Hauptkühlmittelleitung angesetzt werden kann, sofern die Anforderungen an den Bruchausschluss für die Hauptkühlmittelleitung erfüllt sind, sowie
b)
der Einfluss von freigesetztem Isoliermaterial und weiteren Materialien, die in den Kern eingetragen werden.
Den Nachweisen sind thermohydraulische Randbedingungen zu Grunde zu legen, die Leckgrößen einschließlich des doppelendigen Bruchs der Hauptkühlmittelleitung abdecken.
9.
Bei der Ermittlung der ausreichenden Herbeiführung und dauerhaften Aufrechterhaltung der Unterkritikalität ist beim DWR zu unterstellen, dass sich der sekundärseitige Inhalt eines Dampferzeugers mit dem Primärkühlmittel und dem durch die Notkühlung eingespeisten Kühlmittel vermischt.
A1 (2)
Beim Nachweis, dass die Wasserstoffkonzentration im Sicherheitsbehälter zu keinem Zeitpunkt während des Betriebes und nach Kühlmittelverluststörfällen lokal oder integral die Zündgrenze (4 % Wasserstoff in Luft) überschreitet, sind folgende Vorgaben zu berücksichtigen:
1.
Wasserstoffquellen:
Radiolyse im Kern,
Radiolyse im Sumpf,
Radiolyse im Brennelementlagerbecken,
Metall-Wasser-Reaktion im Kern,
sonstige Metall-Wasser-Reaktionen.
2.
Die Wasserstoffbildung ist für mindestens 100 Tage nach Störfalleintritt zu berechnen. Hierbei ist anzunehmen, dass der aus Metall-Wasser-Reaktionen stammende Wasserstoff sofort freigesetzt und näherungsweise homogen verteilt wird. Für den langfristig durch Radiolyse entstehenden Wasserstoff ist anzunehmen, dass dieser kontinuierlich mit oder aus dem Kühlmittel freigesetzt wird. Bei der Berechnung ist der Freisetzungsort zu berücksichtigen.
3.
Als Nettoentstehungsrate für die Radiolyse im Reaktorkern und im Sumpf ist ein G(H2)-Wert von 0,44 Moleküle/100 eV anzusetzen (dieser Wert stellt die experimentell abgesicherte obere Grenze der Bildungsrate für die zu erwartende wirksame Strahlung dar).
4.
Wirksame Nachzerfallsleistung des Kerns:
a)
Als Quelle der radiolytisch wirkenden Strahlung ist mindestens der der vorgesehenen Abbrandstrategie entsprechende Gleichgewichtskern am Zyklusende anzunehmen, wobei die Spaltstoff- und Spaltproduktzusammensetzung der im Kern befindlichen Brennelemente und die Aktivierungsprodukte zu berücksichtigen sind.
b)
Der im Kühlmittel absorbierte Anteil der γ-Nachzerfallsleistung ist als Zeitfunktion zu ermitteln. Sind für die Berechnung vereinfachende Annahmen erforderlich (z. B. Einteilung in Energiegruppen, Vereinfachung der Reaktorkern-Geometrie), so ist nachzuweisen, dass diese Annahmen zu konservativen Ergebnissen führen. Andernfalls ist ein zeitlich konstanter Wert von 10 % zu verwenden.
c)
Eine Absorption von β-Strahlung im Kühlmittel muss wegen des Selbstabschirmungseffekts nicht berücksichtigt werden.
5.
Bezüglich der wirksamen Nachzerfallsleistung im Sumpf sind für die in das Kühlmittel freigesetzten Spaltprodukte Werte entsprechend dem maximal zulässigen Brennstabschadensumfang anzusetzen, sofern nicht durch eine Schadensumfangsanalyse ein niedrigerer Wert nachgewiesen ist.
Für die Radiolyseberechnung ist in Anlehnung an die Störfallberechnungsgrundlagen anzunehmen, dass sich von den freigesetzten Spaltprodukten folgende Anteile (bezogen auf das Inventar der defekten Brennstäbe) im Sumpfwasser befinden:
a)
6 % der Halogene, Alkalimetalle (90 % spontane Ablagerung im Sumpf der 1 % freigesetzten Halogene, Alkalimetalle und 5 % durch Auslaugung während des Sumpfbetriebs),
b)
0,5 % der spontanen Feststoffe (99 % Ablagerung im Sumpf der 0,01 % freigesetzten sonstigen Feststoffe und 0,5 % sonstige Feststoffe durch Auslaugung).
Es ist anzunehmen, dass ihre γ- und β-Strahlungsenergie zu 100 % vom Sumpfwasser absorbiert wird.
6.
Bei der Berechnung der reagierenden Zirkonmenge im Reaktorkern ist der zeitliche und räumliche Temperaturverlauf den Ergebnissen der Kernnotkühlrechnungen zu entnehmen.
7.
Sonstige Metall-Wasser-Reaktionen können dann nicht berücksichtigt werden, wenn nachgewiesen ist, dass sie keine nennenswerten Wasserstoffmengen freisetzen.
Anlage 2

Detailanforderungen an die Ermittlung
von Differenzdrücken innerhalb des Sicherheitsbehälters

A2 (1)
Bei der Ermittlung der Differenzdrücke innerhalb des Sicherheitsbehälters ist von folgenden Vorgaben auszugehen:
1.
Ausgangspunkt ist der Betriebszustand bei 100 % der spezifizierten Leistung.
2.
Es sind gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ Anhang 2, dort Anlage 2 („Unterstellte Leckquerschnitte und Brüche in der Druckführenden Umschließung (DfU) sowie in den Äußeren Systemen und an Komponenten“), der Nummern 2.1 (7) und 3 (9), Leckquerschnitte bis zu 2F in den Hauptkühlmittelleitungen zu Grunde zu legen.
3.
Beim Einsatz von Mehrfachpunktmodellen ist eine ausreichend feine Nodalisierung zu wählen (mindestens eine Zone für jeden betrachteten Raum).
4.
Für die Freisetzung Energie- und Masseinhalte aus der Druckführenden Umschließung des Reaktorkühlmittels und definierter angrenzender Systeme sind die maximal möglichen Freisetzungsraten zu Beginn des Ausströmvorganges anzusetzen.
5.
Für jeden Raum ist die ungünstigste Bruchsituation zu erfassen.
6.
Die Wärmeabgabe an die Strukturen ist konservativ zu ermitteln. Bei Verwendung experimentell abgesicherter Wärmeübergangsbeziehungen sind die unteren Werte des vorhandenen Unsicherheitsbandes zu berücksichtigen.
7.
Die beim Überströmvorgang zwischen den Räumen auftretenden Strömungswiderstände sind in realistischer Weise zu erfassen, jedoch für den Bruchraum konservativ anzusetzen. Die getroffenen Annahmen sind experimentell abzusichern.
8.
Werden bei der Berechnung der Wassertransport- und Wasserabscheidevorgänge Rechenmodelle verwendet, die eine Erfassung durch empirische Konstanten vornehmen, so sind diese Konstanten konservativ für das Differenzdruckverhalten festzulegen.
9.
Annahmen, die nicht durch Experimente abgesichert sind, sind konservativ festzulegen.
10.
Der Sicherheitszuschlag auf die so berechneten maximal auftretenden Differenzdrücke muss mindestens 15 % betragen. Für den Differenzdruck ist ein Wert von mindestens 10 000 Pa anzunehmen.
Anlage 3

Detailanforderungen an die Ermittlung von Strahl- und
Reaktionskräften bei Lecks an druckführenden Systemen innerhalb des Sicherheitsbehälters

A3 (1)
Bei der Ermittlung von Einwirkungen durch Strahl- und Reaktionskräfte sowie Bruchstücke an druckführenden Systemen innerhalb des Sicherheitsbehälters ist bei der Berechnung von folgenden Vorgaben auszugehen:
1.
Ausgangspunkt ist der Betriebszustand bei 100 % der spezifizierten Leistung.
2.
Für die Auswahl und Größe von Lecks gelten die Annahmen gemäß den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ von Anhang 2, dort Anlage 2 („Unterstellte Leckquerschnitte und Brüche in der Druckführenden Umschließung (DfU) sowie in den Äußeren Systemen und an Komponenten“). Für diese Lecks ist stationäre Ausströmung für verschiedene Bruchlagen zu unterstellen.
3.
Freistrahlausbreitung und Rückwirkung auf im Wege liegende Strukturen sind zu erfassen.
4.
Es ist die jeweils ungünstigste Bruchlage zu wählen.
5.
Zur Berechnung der Reaktionskräfte der Rohrleitungen sind entsprechende Rechenmodelle oder experimentell abgesicherte Beziehungen anzuwenden.
6.
Für die Belastung der sicherheitstechnisch wesentlichen Anlagenteile durch Strahlkräfte und durch die von den Strahlkräften gelösten und beschleunigten Strukturteile ist ein Sicherheitszuschlag von 15 % zu Grunde zu legen.
1
Das Eintreten eines Ereignisses oder Ereignisablaufs oder Zustands kann als ausgeschlossen angesehen werden, wenn das Eintreten physikalisch unmöglich ist oder wenn mit einem hohen Maß an Aussagesicherheit das Eintreten als extrem unwahrscheinlich angesehen werden kann.
2
Nur Betriebsphase A sowie im Hinblick auf die Reaktorabschaltung beim SWR auch zeitweise in der Betriebsphase E während des Brennelementwechsels.
3
Nachweiskriterien für die Wirksamkeit der Reaktorschnellabschaltung (nur Betriebsphase A sowie beim SWR auch zeitweise in der Betriebsphase E während des Brennelementwechsels) und der dauerhaften Abschaltung (alle Betriebsphasen). Die in den „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“, Nummern 3.2 (6) und 3.2 (7) genannten Randbedingungen sind einzuhalten. Beim Brennelementwechsel (Betriebsphase E, SWR) muss das Nichteinschießen des wirksamsten Steuerelements nicht unterstellt werden.
4
Die zur Gewährleistung der uneingeschränkten Weiterverwendbarkeit im Rahmen der Auslegung von Brennelementen sowie von weiteren Kernbauteilen des Weiteren heranzuziehenden Nachweiskriterien sind zu spezifizieren.
5
Kein Erreichen der Brennstoffschmelztemperatur im Heißstab unter Beachtung der radialen Leistungsverteilung im Pellet.
6
Kein kritischer Siedezustand an den Brennstabhüllrohren oder Einhaltung eines geeigneten Temperatur-Zeit-Kriteriums, das die Integrität des Hüllrohres sicherstellt.
7
Ein vorgelagertes Nachweiskriterium hierzu ist die Integrität des Hüllrohres. Die Integrität des Hüllrohres ist sichergestellt, wenn die maximale Enthalpiefreisetzung im Brennstoff (radial über den Pelletquerschnitt gemittelt) unterhalb einer werkstoffzustands- oder abbrandabhängigen Hüllrohr-Defektgrenze bleibt.
8
Durch Einhaltung der Nachweiskriterien ist zu gewährleisten:
– Erhaltung einer Restduktilität des Hüllrohrs, unter Berücksichtigung der transienten, ggf. auch beidseitig stattfindenden Sauerstoff- und Wasserstoffaufnahme in das Hüllrohr, sodass eine Fragmentierung des Hüllrohrs infolge des Ereignisablaufs nicht eintritt. Definition Hüllrohroxidationstiefe: Äquivalenter Anteil der durch Oxidation verbrauchten Hüllrohrwand. Die Berechnung der verbrauchten Hüllrohrwand erfolgt dabei gemäß „L. Baker Jr., W. C. Just, Studies of Metal-Water-Reactions of High Temperatures III, Experimental and Theoretical Studies of the Zirconium-Water-Reaction, ANL-6548, 1962“.
– Verhinderung des Erreichens von Temperaturbedingungen, unter denen die Zirkon-Wasser-Reaktion autokatalytisch verläuft. Die Gültigkeit dieser Kriterienkombination zur Erreichung dieser Nachweisziele für die jeweils verwendeten Hüllrohrwerkstoffe ist nachzuweisen.
9
Erhaltung einer freien Strömungsfläche, durch die eine ausreichende Kühlung der Brennstäbe sichergestellt wird.
10
Sofern für die Aufrechterhaltung der Kühlung der Brennelemente die Begehbarkeit des Sicherheitsbehälters (SHB) oder des Reaktorgebäudes erforderlich ist, ist nachzuweisen, dass die Bedingungen für die Begehbarkeit eingehalten werden.
11
Vermeidung mechanischer Wechselwirkungen zwischen Brennstoff und Hüllrohr (Pellet Clad Interaction: PCI), die die uneingeschränkte Weiterverwendbarkeit der Brennstäbe beinträchtigen.
12
Die Äußeren Systeme stellen keine der im Barrierenkonzept genannten drei Barrieren dar. Die sicherheitstechnische Bedeutung des Erhalts der Integrität der Äußeren Systeme liegt vorrangig in der Aufrechterhaltung der Wärmeabfuhr aus dem Reaktorkern. Da hier jedoch, wie bei der Druckführenden Umschließung, auf die Beanspruchungsstufen der Anlage 1 Bezug genommen wird, sind die Äußeren Systeme mit in Tabelle 3.1c aufgeführt.
13
Zur Bestimmung des Auslegungsdrucks des Sicherheitsbehälters siehe Anhang 5 der „Sicherheitsanforderungen an Kernkraftwerke“ („Anforderungen an die Nachweisführung und Dokumentation“), Anlage 2.
14
Für spezielle Ereignisse (siehe Ereignisliste Tabelle 5.3): > 0,98.
15
Sofern zur Aufrechterhaltung der Kühlung der Brennelemente die Begehbarkeit des Sicherheitsbehälters oder des Beckenbereichs erforderlich ist, ist nachzuweisen, dass die Bedingungen für die Begehbarkeit eingehalten werden.
16
Nachweisziele sind nur für nasse Lagerungs- und Handhabungsvorgänge gültig.
17
Aus der Nachweisführung zur Beherrschung von Ereignissen der Sicherheitsebenen 2 und 3 können sich weitere Anforderungen an die gemäß den betrieblichen Anweisungen erforderlichen keff-Werte ergeben (Vorhalt für zu beherrschende Ereignisabläufe).
18
Bei Steuerelement freiem Reaktorkern.
19
Beim Anfahren des SWR aus kaltem Zustand erfolgt ein direkter Übergang von Phase C nach Phase A, wegen nuklearem Aufheizen durch Ausfahren der Steuerelemente.
20
Bei Nullleistungsprüfungen wird die bis zum Erreichen der Kritikalität erforderliche Anzahl an Steuerelementen ausgefahren.
21
Nicht während der Funktions- und Unterkritikalitätsprüfungen oder des Abschaltsicherheitstests; dabei aber höchstens 2 Steuerelemente nicht eingefahren.
22
Die Betriebsphase F ist bei einer SWR-Anlage in der Regel nur in besonderen Fällen (z. B. zur Druckprüfung des Reaktordruckbehälters) gegeben.
23
Ausgenommen ist das große Leck an der DfU innerhalb des Sicherheitsbehälters.
24
Für Lecks > 0,1F innerhalb des Sicherheitsbehälters: Stufe D ist nicht zulässig, wenn nachfolgend der Einsatz der Komponente zur Störfallbeherrschung erforderlich ist.
25
Für die Beanspruchung aus dem Ereignis nur dann, wenn Funktionsanforderungen nicht beeinträchtigt werden; falls erforderlich muss ein Funktionsnachweis erbracht oder die Beanspruchung auf Stufe B eingeschränkt werden.
26
Für Beanspruchungen des Sicherheitssystems aus dessen Betrieb.
27
Für Komponenten, die für die Beherrschung des Ereignisses erforderlich sind, ist ein Funktionsnachweis zu erbringen.
28
Die Einhaltung der Stufe C kann erforderlich sein, falls die Integrität der Komponenten, insbesondere der Rohranschlüsse, bei Einhaltung der Stufe D nicht gewährleistet werden kann. Bei Einwirkungen durch Erdbeben sind dabei auch Nachbeben zu berücksichtigen.
29
Für die Lastfälle „Flugzeugabsturz“ und „Explosionsdruckwelle“ ist der Integritätsnachweis für die ungestörten Bereiche des Sicherheitsbehälters zu führen.
30
In Beanspruchungsstufe A, siehe Anlage 1.