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Bundesministerium für Gesundheit

Bekanntmachung
der Richtlinie nach § 5 Absatz 12 Satz 1 bis 3
der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung

Vom 26. September 2017

Auf Grund des § 18 Absatz 1 Satz 2 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung vom 20. Januar 1998 (BGBl. I S. 74, 80), die zuletzt durch Artikel 1 der Verordnung vom 22. Mai 2017 (BGBl. I S. 1275) geändert worden ist, macht das Bundesministerium für Gesundheit Folgendes bekannt:

Die Bundesärztekammer hat nach § 18 Absatz 1 Satz 1 in Verbindung mit § 5 ­Absatz 12 Satz 1 bis 3 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung in einer Richtlinie den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen ­Wissenschaft für die Substitution opioidabhängiger Patientinnen und Patienten festgestellt.

Das Bundesministerium für Gesundheit hat die am 19. Juli 2017 vorgelegte Richtlinie der Bundesärztekammer genehmigt und macht die Richtlinie nachfolgend ­gemäß § 18 Absatz 1 Satz 2 der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung ­bekannt (Anhang).

Bonn, den 26. September 2017

117 - 40101 - 01/011

Bundesministerium für Gesundheit

Im Auftrag
Dr. Markus Riehl
Anhang

Richtlinie
der Bundesärztekammer zur Durchführung
der substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger
vom Vorstand der Bundesärztekammer in seiner Sitzung am 27./28. April 2017 verabschiedet
1 , 2

Inhaltsverzeichnis

Vorbemerkung

Rechtsgrundlage, Wirkung und Verfahren

Anwendungsbereich und Verhältnis zu anderen Rechtsnormen

1. Therapieziele

2. Allgemeine Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung einer substitutionsgestützten Behandlung

3. Therapiekonzept

3.1. Abklärung der Indikation und des Therapiekonzeptes

3.2. Festlegung patientenbezogener Therapieziele

3.3. Auswahl und Einstellung des Substitutionsmittels

3.4. Einbeziehung psychosozialer und weiterer Betreuungsmaßnahmen

4. Bewertung des Therapieverlaufs einschließlich der Durchführung von Kontrollen

4.1. Voraussetzungen und Feststellungen für das Verschreiben des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme („Take-home-Verschreibung“)

4.1.1. „Zwei-Tage-Regelung“ zur Take-home-Verschreibung (gemäß § 5 Absatz 8 BtMVV)

4.1.2. „Sieben-Tage-Regelung“ zur Take-home-Verschreibung (gemäß § 5 Absatz 9 BtMVV)

4.1.3. Begründete Einzelfälle für eine über sieben Tage hinausgehende Take-home-Verschreibung

4.2. Beendigung und Abbruch der substitutionsgestützten Behandlung

5. Einbeziehung externer Einrichtungen in die Substitutionsbehandlung

6. Qualifikation des behandelnden Arztes

7. Dokumentationsanforderungen im Rahmen einer substitutionsgestützten Behandlung

Vorbemerkung

Der Bundesärztekammer wurde 2001 mit der Fünfzehnten Betäubungsmittelrechts-Änderungsverordnung (15. BtMÄndV) erstmalig die Möglichkeit eingeräumt, in Richtlinien den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Wissenschaft für definierte Bereiche der Substitutionsbehandlung Opioidabhängiger festzustellen. Die ersten „Richtlinien der Bundesärztekammer zur Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opiatabhängiger“ legte sie daraufhin am 22. März 2002 vor, die zum 19. Februar 2010 einer umfassenden Überarbeitung unterzogen wurden.

Die vorliegende Richtlinie knüpft an die vorgenannten Richtlinien-Fassungen an. Aufgrund der Vorgaben der Dritten Verordnung zur Änderung der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) stellt sie den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft insbesondere für die Therapieziele der substitutions­gestützten Behandlung Opioidabhängiger, die allgemeinen Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung einer Substitution sowie die Erstellung eines Therapiekonzeptes gemäß § 5 Absatz 12 BtMVV fest. Letzteres umfasst insbesondere die Auswahl des Substitutionsmittels, die Bewertung und Kontrolle des Therapieverlaufs, die Voraussetzungen für das Verschreiben eines Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme sowie die Entscheidung über die Erforderlichkeit einer Einbeziehung psycho­sozialer Betreuungsmaßnahmen. Darüber hinaus werden Anforderungen an die ärztliche Dokumentation bestimmt.

Die Richtlinie enthält zudem Verweise zu einem Anhang3 mit Hinweisen zur erforderlichen Patienten­aufklärung. Diese sind im inhaltlichen Kontext der Richtlinie zu sehen, ohne Bestandteil der Richtlinie selber zu sein.

Rechtsgrundlage, Wirkung und Verfahren

Die Bundesärztekammer stellt gemäß § 5 Absatz 12 Satz 1 BtMVV den allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft für die Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger in einer Richtlinie fest. Deren Inhalt bestimmt sich nach Maßgabe der in § 5 Absatz 12 Satz 1 BtMVV nicht abschließend aufgeführten Gegenstände.

Daneben kann die Bundesärztekammer gemäß § 5 Absatz 12 Satz 2 BtMVV nach dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft weitere als die in § 5 Absatz 2 Satz 2 BtMVV bezeichneten wesentlichen Ziele der Substitution in der Richtlinie feststellen. Darüber hinaus bestimmt sie gemäß § 5 Absatz 12 Satz 3 in Verbindung mit § 5 Absatz 11 Satz 1 BtMVV auch die Anforderungen an die Dokumentation der Substitution.

Die Einhaltung des allgemein anerkannten Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft wird gemäß § 5 Absatz 12 Satz 4 BtMVV vermutet, wenn die in der Richtlinie der Bundesärztekammer getroffenen Feststellungen zu § 5 Absatz 12 Satz 1 und 2 BtMVV vom substituierenden Arzt beachtet worden sind.

Sollte im Einzelfall eine medizinische Notwendigkeit für eine Abweichung von der Richtlinie bestehen, so muss hierfür eine fundierte Begründung dokumentiert oder eine fundiert begründende Zweitmeinung eingeholt und dokumentiert werden. Die Hinzuziehung einer begründeten Zweitmeinung kann auch über die Beratungskommission der zuständigen Ärztekammer erfolgen.

Die Richtlinie wurde im Rahmen eines strukturierten Konsultationsverfahrens von den Landesärztekammern und relevanten in der Suchthilfe tätigen Spitzen- und Fachverbänden diskutiert. Die Stellungnahme des Gemeinsamen Bundesausschusses gemäß § 5 Absatz 13 BtMVV wurde in die Beratungen und die Entscheidung mit einbezogen. Die Genehmigung durch das Bundesministerium für Gesundheit gemäß § 5 Absatz 14 in Verbindung mit § 18 Absatz 1 BtMVV wurde am 26. September 2017 erteilt.

Diese Richtlinie entspricht dem allgemein anerkannten Stand der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft vom 28. April 2017.

Anwendungsbereich und Verhältnis zu anderen Rechtsnormen

Bei der substitutionsgestützten Behandlung der Opioidabhängigkeit sind die Regelungen des Betäubungsmittel­gesetzes (BtMG), der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) und des Arzneimittelgesetzes (AMG) zu be­achten. Bezüglich bestehender Dokumentationspflichten wird auf Kapitel 7 der Richtlinie verwiesen. Ausführungen zu den Anforderungen an die im Rahmen der substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger erforderliche Patientenaufklärung befinden sich im Anhang3 der Richtlinie.

Diese Richtlinie gilt unter Beachtung des ärztlichen Berufsrechtes für alle Ärzte, die eine solche Behandlung durchführen. Ein Verstoß gegen diese Richtlinie kann über die straf- oder ordnungsrechtlichen Folgen gemäß den §§ 16, 17 BtMVV, §§ 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 6, 13 Absatz 1 BtMG hinaus eine berufsrechtliche Prüfung nach sich ziehen. Darüber hinaus können haftungsrechtliche Konsequenzen in Betracht kommen.

Soweit die substitutionsgestützte Behandlung Opioidabhängiger als Leistung der gesetzlichen Krankenversicherung gewährt wird, sind darüber hinaus die Vorschriften des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) und die entsprechenden Richtlinien des Gemeinsamen Bundesausschusses zu beachten.

1. Therapieziele

Opioidabhängigkeit ist eine schwere chronische Krankheit. Sie bedarf in der Regel einer lebenslangen Behandlung, bei der körperliche, psychische und soziale Aspekte gleichermaßen zu berücksichtigen sind. Die substitutionsgestützte Behandlung ist eine wissenschaftlich gut evaluierte Therapieform und stellt für die Mehrheit der Patienten die Therapie der Wahl dar.

Ziele der substitutionsgestützten Behandlung sind:

Sicherstellung des Überlebens,
Stabilisierung und Besserung des Gesundheitszustandes,
Unterstützung der Behandlung somatischer und psychischer Begleiterkrankungen,
Reduktion riskanter Applikationsformen von Opioiden,
Reduktion des Konsums unerlaubt erworbener oder erlangter Opioide,
Reduktion des Gebrauchs weiterer Suchtmittel,
Abstinenz von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden,
Verringerung der durch die Opioidabhängigkeit bedingten Risiken während einer Schwangerschaft sowie während und nach der Geburt,
Verbesserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität,
Reduktion der Straffälligkeit,
Teilhabe am Leben in der Gesellschaft und am Arbeitsleben.

Ob und in welchem Zeitrahmen diese Ziele auch jeweils einzeln erreicht werden können, hängt wesentlich von der individuellen Situation des Opioidabhängigen ab. Die aufgeführten Ziele sind nicht konsekutiv zu verstehen. Nach Erreichung und Stabilisierung von Therapiezielen soll der Patient auf weitere, realistischerweise erreichbare Therapieziele angesprochen, für diese motiviert und unterstützende Begleitmaßnahmen vereinbart werden.

Im Rahmen eines zielorientierten motivierenden Gesprächs soll – entsprechend der Vorgaben des § 5 Absatz 2 Satz 1 BtMVV – auch eine Opioidabstinenz thematisiert und entsprechend dokumentiert werden.

2. Allgemeine Voraussetzungen für die Einleitung und Fortführung einer substitutionsgestützten Behandlung

Voraussetzung für die Einleitung und Fortführung einer substitutionsgestützten Behandlung ist gemäß § 5 Absatz 1 Satz 2 BtMVV eine Opioidabhängigkeit, die Folge eines Missbrauchs von erlaubt erworbenen oder von unerlaubt erworbenen oder erlangten Opioiden ist. Für ihre Feststellung ist die International Classification of Diseases (ICD) in der jeweils geltenden Fassung maßgebend.

Für die Entscheidung, ob eine Substitutionsbehandlung indiziert ist, ist der Nutzen einer Substitutionsbehandlung gegenüber den Gefahren eines unkontrollierten Drogenkonsums abzuwägen. In begründeten Fällen kann eine Substitutionsbehandlung auch bei derzeit nicht konsumierenden opioidabhängigen Patienten – z. B. Inhaftierte mit hohem Rückfall- und Mortalitätsrisiko – eingeleitet werden. Bei schweren Verläufen kann eine Behandlung mit Diamorphin indiziert sein. Hierfür gelten die besonderen Voraussetzungen nach § 5a Absatz 1 bis 4 BtMVV.

Für die individuelle Indikationsstellung und Einleitung einer substitutionsgestützten Behandlung sind die Besonder­heiten des Patienten zu berücksichtigen. Besondere Sorgfalt bei der Indikationsstellung ist bei Jugendlichen und Heranwachsenden sowie bei erst kürzer abhängigen Patienten geboten und in der Behandlungsdokumentation zu begründen. Eine psychosoziale Betreuung sollte bei dieser Zielgruppe regelhaft mit einbezogen werden.

Während und nach der Schwangerschaft opioidabhängiger Patientinnen ist die Substitutionstherapie die Behandlung der Wahl, um Risiken für Mutter und Kind zeitnah zu vermindern und adäquate medizinische und soziale Hilfemaßnahmen einzuleiten (z. B. Einbezug eines Perinatalzentrums).

Bei einer Substitutionsbehandlung müssen relevante Vorerkrankungen des Patienten anamnestisch erhoben, beachtet und gegebenenfalls weiter abgeklärt sowie mögliche Therapiealternativen besprochen werden.

Bei einem Übergang von einer ambulant durchgeführten Substitutionsbehandlung in eine Krankenhausbehandlung, Rehabilitationsmaßnahme, Inhaftierung oder andere Form einer stationären Unterbringung und umgekehrt soll die Kontinuität der Behandlung durch die übernehmende Institution sichergestellt werden.

Im Rahmen der Substitutionsbehandlung sind spezifische Dokumentationsanforderungen zu berücksichtigen, die in Kapitel 7 dieser Richtlinie aufgeführt sind. Ergänzend sind Ausführungen zu den spezifischen Anforderungen an die Patientenaufklärung dem Anhang3 zu entnehmen. Daneben sind auch die allgemeinen Anforderungen an die Ein­willigung in die medizinische Behandlung zu beachten.

3. Therapiekonzept

Eine Opioidabhängigkeit wird in der Regel von psychischen und somatischen Erkrankungen sowie psychosozialen Problemlagen begleitet. Um der Vielfältigkeit der mit der Erkrankung einhergehenden medizinischen, psychiatrischen und psychosozialen Problemlagen gerecht zu werden, ist die substitutionsgestützte Behandlung in ein umfassendes individuelles Therapiekonzept einzubinden, das im Verlauf der Behandlung einer ständigen Überprüfung und An­passung bedarf.

3.1. Abklärung der Indikation und des Therapiekonzeptes

Die Indikationsstellung für eine substitutionsgestützte Behandlung umfasst die Abklärung des Vorliegens einer Opioid­abhängigkeit gemäß Kapitel 2 Satz 1, die Berücksichtigung im Einzelfall vorliegender Kontraindikationen sowie die jeweils individuelle Situation des Patienten.

Insbesondere sind folgende ärztliche Maßnahmen bei Einleitung und während einer Substitutionsbehandlung er­forderlich:

gründliche Erhebung der Vorgeschichte des Patienten, insbesondere hinsichtlich des Drogenkonsums sowie assoziierter Begleit- und Folgeerkrankungen,
eingehende Untersuchung des Patienten,
gegebenenfalls Austausch mit Vorbehandlern (nach entsprechender Schweigepflichtsentbindung),
Durchführung eines Drogenscreenings,
Feststellung der Opioidabhängigkeit und Indikationsstellung,
die Abklärung weiterer substanzbedingter und komorbider psychischer Störungen – inklusive bestehender Medi­kation,
die Abklärung begleitender somatischer Erkrankungen, insbesondere kardialer, hepatologischer, pneumologischer und infektiöser Erkrankungen,
Abklärung einer eventuell bestehenden Schwangerschaft,
die Abklärung der aktuellen Lebenssituation und gegebenenfalls vorliegender psychosozialer Belastungen unter Hinzuziehung der gegebenenfalls vorhandenen psychosozialen Betreuung.

3.2. Festlegung patientenbezogener Therapieziele

Abhängig von der Indikationsstellung sind im Rahmen des Therapiekonzeptes die im Kapitel 1 aufgeführten Therapieziele zu identifizieren und mit dem Patienten abzustimmen. Hierzu gehören neben der Überlebenssicherung und der Behandlung der Opioidabhängigkeit insbesondere

die Behandlung komorbider psychischer und substanzbedingter Störungen,
die Behandlung begleitender somatischer Erkrankungen,
die Vermittlung in bedarfsgerechte psychosoziale Betreuungsmaßnahmen.

Die Ziele sind im Verlauf der Behandlung zu überprüfen, gegebenenfalls neu zu bewerten und entsprechend anzu­passen.

3.3. Auswahl und Einstellung des Substitutionsmittels

Zur Substitution dürfen nur die in § 5 Absatz 6 in Verbindung mit § 2 BtMVV genannten Substitutionsmittel eingesetzt werden. Diese haben unterschiedliche Wirkungs- und Nebenwirkungsprofile, die zu beachten und unter Berücksich­tigung der individuellen Patientensituation in ein umfassendes Therapiekonzept einzupassen sind. Bei gleichwertigen Substitutionsmitteln soll die Patientenpräferenz Berücksichtigung finden, da hierdurch die Behandlungsadhärenz verbessert werden kann.

Die Einstellung auf die erforderliche Dosis des jeweiligen Substituts muss mit besonderer Sorgfalt erfolgen. Einstiegsdosis und Dosisfindung sind so zu wählen, dass auch bei nicht bestehender Opioidtoleranz eine Überdosierung vermieden wird. In besonders schwierigen Einzelfällen sollte die Dosisfindung stationär erfolgen.

Bei einer Substitutionsbehandlung auf der Grundlage von ICD F11.21 – derzeit abstinent, aber in beschützter Um­gebung – ist wegen des unklaren Toleranzstatus besondere Vorsicht geboten.

Ein die Substitution gefährdender Gebrauch weiterer psychotroper Stoffe einschließlich Alkohol muss bei Einleitung sowie während der Substitution hinsichtlich möglicher Risiken berücksichtigt und gegebenenfalls begleitend behandelt werden.

Bei einer Substitution mit Diamorphin sind die spezifischen gesetzlichen Anforderungen gemäß § 5a BtMVV zu beachten.

3.4. Einbeziehung psychosozialer und weiterer Betreuungsmaßnahmen

Eine psychosoziale Betreuung sowie psychiatrische oder psychotherapeutische Behandlung können die Behandlungsergebnisse verbessern. Eine psychosoziale Betreuung soll dem Patienten regelhaft empfohlen werden. Auswahl, Art und Umfang der Maßnahmen richten sich nach der individuellen Situation und dem Krankheitsverlauf des Patienten. Dies erfordert die Einbeziehung weiterer Einrichtungen und Professionen. Psychosoziale Betreuung sowie weitere ärztliche und psychotherapeutische Behandlungen sollen vom substituierenden Arzt koordiniert werden.

Für eine diamorphingestützte Substitutionsbehandlung gelten die Regelungen zur psychosozialen Betreuung gemäß § 5a Absatz 3 Satz 2 BtMVV.

4. Bewertung des Therapieverlaufs einschließlich der Durchführung von Kontrollen

Die Bewertung des Therapieverlaufs orientiert sich an den mit dem Patienten vereinbarten Therapiezielen.

Die Kontaktdichte soll dem Behandlungsverlauf angepasst werden. Sie sollte während der Eindosierungsphase engmaschiger gesetzt werden. Bei stabilem Verlauf können größere Intervalle gewählt werden, die in instabilen Behandlungsphasen gegebenenfalls wieder zu verkürzen sind.

Der substituierende Arzt muss sich im gesamten Behandlungsverlauf anhand des klinischen Eindrucks und gegebenenfalls unter Hinzuziehung laborchemischer Parameter ein Bild davon machen, ob der Patient das Substitut in der verordneten Weise einnimmt sowie ob und in welchem Umfang ein Konsum anderer psychotroper Substanzen einschließlich Alkohol besteht.

Hat der Patient akut andere psychotrope Stoffe konsumiert, die in Kombination mit dem Substitut zu einer gesundheitlichen Gefährdung führen können, ist das Substitut in angepasster Dosierung zu verabreichen oder gegebenenfalls von einer Verabreichung vollständig abzusehen.

Bei dem Konsum weiterer psychotroper Substanzen sollte zunächst die Ursache eruiert und nach Möglichkeiten ihrer Beseitigung gesucht werden. Dabei sollen insbesondere folgende Gründe berücksichtigt werden:

eine erfolgte Destabilisierung der individuellen Lebenssituation,
eine inadäquate Dosierung oder Wahl des Substitutionsmittels,
eine komorbide somatische oder psychische Erkrankung, inklusive einer weiteren substanzgebundenen Abhängigkeit.

Die Ergebnisse der sich daraus ergebenden Überlegungen sollen in das Therapiekonzept einbezogen werden. Hierbei empfiehlt sich eine Zusammenarbeit mit den an der Behandlung bzw. Betreuung beteiligten Berufsgruppen.

4.1. Voraussetzungen und Feststellungen für das Verschreiben des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme („Take-home-Verschreibung“)

Eine Take-home-Verschreibung ist eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme. Sie ist mit einer Ausgabe des Rezeptes an den Patienten im Rahmen einer persönlichen Konsultation verbunden. Eine Mitgabe von Substitutionsmedikamenten aus dem Praxisbestand ist hingegen strafbar (siehe § 13 in Verbindung mit § 29 BtMG). Eine Ausnahme sieht die BtMVV lediglich für die in § 5 Absatz 7 Satz 2 genannten Voraussetzungen vor (Substitution mit Codein oder Dihydrocodein).

§ 5 Absatz 8 und 9 BtMVV erlauben in ausgewiesenen Fällen eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme. Wegen des Missbrauchsrisikos obliegt dem behandelnden Arzt bei Take-home-Verschreibungen eine besondere Verantwortung. Diese umfasst auch eine Abklärung möglicher Gefährdungen des Patienten sowie Dritter, z. B. im Haushalt lebender Kinder.

In der Regel sollte eine Take-home-Verschreibung zunächst für kurze Zeiträume erfolgen. Die Verschreibung unterliegt der Entscheidung und Verantwortung des behandelnden Arztes, ein Anspruch auf sie besteht seitens des Patienten nicht.

Die Einschätzung zur Take-home-Verschreibung ist fortlaufend gemäß den nachfolgenden Anforderungen und Feststellungen des allgemein anerkannten Standes der Erkenntnisse der medizinischen Wissenschaft zu überprüfen.

Für eine Take-home-Verschreibung sind die in Kapitel 7 aufgeführten besonderen Dokumentationspflichten sowie die im Anhang3 aufgeführten besonderen Aufklärungspflichten zu berücksichtigen.

4.1.1. „Zwei-Tage-Regelung“ zur Take-home-Verschreibung (gemäß § 5 Absatz 8 BtMVV)

Grundsätzlich ist dem Patienten das vom Arzt verschriebene Substitutionsmittel zum unmittelbaren Verbrauch zu überlassen (§ 5 Absatz 7 BtMVV). Das Substitutionsmittel darf davon abweichend zur eigenverantwortlichen Einnahme

in der für bis zu zwei aufeinanderfolgende Tage benötigten Menge oder
in der Menge, die benötigt wird für die Wochenendtage Samstag und Sonntag und für dem Wochenende vorangehende oder folgende Feiertage, auch einschließlich eines dazwischenliegenden Werktages, höchstens jedoch in der für fünf Tage benötigten Menge

unter den folgenden rechtlichen Voraussetzungen verschrieben werden (§ 5 Absatz 8 Satz 1 BtMVV):

die Kontinuität der Substitutionsbehandlung des Patienten kann nicht anderweitig gewährleistet werden,
der Verlauf der Behandlung lässt dies zu,
Risiken der Selbst- oder Fremdgefährdung sind soweit wie möglich ausgeschlossen und
die Sicherheit und Kontrolle des Betäubungsmittelverkehrs werden nicht beeinträchtigt.

Gemäß § 5 Absatz 8 Satz 3 BtMVV darf der substituierende Arzt dem Patienten innerhalb einer Kalenderwoche nicht mehr als eine Verschreibung aushändigen. Die Risiken einer Verschreibung für den Patienten oder Dritte, wie z. B. im Haushalt mitlebende Kinder, sind gegenüber einer andernfalls in diesem Zeitraum nicht erfolgenden Substitutions­behandlung abzuwägen.

4.1.2. „Sieben-Tage-Regelung“ zur Take-home-Verschreibung (gemäß § 5 Absatz 9 BtMVV)

Ist eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch nach § 5 Absatz 7 BtMVV nicht mehr erforderlich, darf dem Patienten das Substitutionsmittel im Rahmen einer persönlichen Konsultation zur eigenverantwortlichen Einnahme

grundsätzlich für einen Zeitraum bis zu sieben Tagen (§ 5 Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 BtMVV) oder
in begründeten Einzelfällen in der für bis zu 30 Tage benötigten Menge (§ 5 Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 BtMVV)

unter den nachfolgend aufgeführten Feststellungen verschrieben werden (§ 5 Absatz 9 BtMVV):

Eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme für einen Zeitraum bis zu sieben Tagen kann dann erfolgen, wenn der Patient sich in einer stabilen Substitutionsbehandlung befindet. Zur Bewertung des Einzelfalls soll der Arzt folgende Kriterien heranziehen:

regelmäßige Wahrnehmung der erforderlichen Arztkontakte,
die Einstellung auf das Substitutionsmittel ist abgeschlossen,
der bisherige Verlauf der Behandlung hat zu einer klinischen Stabilisierung des Patienten geführt,
Risiken einer Selbst- und Fremdgefährdung, insbesondere für gegebenenfalls im Haushalt mitlebende Kinder, sind soweit wie möglich ausgeschlossen,
der Patient konsumiert stabil keine weiteren Substanzen, die zusammen mit der Einnahme des Substitutionsmittels zu einer schwerwiegenden gesundheitlichen Gefährdung führen können,
der Patient verstößt nicht gegen getroffene Vereinbarungen,
eine psychosoziale Stabilisierung ist erfolgt.

Im Rahmen der Take-home-Verschreibung nach § 5 Absatz 9 Satz 1 Nummer 1 BtMVV soll der Arzt aus medizinischer Sicht in der Regel einmal pro Woche persönlichen Kontakt mit dem Patienten haben und bei Bedarf eine klinische Untersuchung sowie eine geeignete Kontrolle komorbiden Substanzgebrauchs durchführen, um den Behandlungs­verlauf angemessen beurteilen und gegebenenfalls darauf reagieren zu können. Einmal die Woche soll auch eine kontrollierte Einnahme des Substitutionsmittels stattfinden.

4.1.3. Begründete Einzelfälle für eine über sieben Tage hinausgehende Take-home-Verschreibung

Eine Verschreibung des Substitutionsmittels zur eigenverantwortlichen Einnahme kann in begründeten Einzelfällen auf einen Zeitraum bis zu 30 Tagen (§ 5 Absatz 9 Satz 1 Nummer 2 BtMVV) ausgedehnt werden. Für diese Beurteilung sind ebenfalls die im vorherigen Absatz (4.1.2) angeführten Kriterien heranzuziehen. Die medizinische wie psychosoziale Stabilität des Patienten sind hierbei von besonderer Bedeutung.

Ein Einzelfall kann durch einen medizinischen oder anderen Sachverhalt begründet sein (§ 5 Absatz 9 Satz 2 BtMVV). Ein medizinischer Sachverhalt kann für den Zeitraum vorliegen, in dem bei einem schwerwiegend erkrankten, immobilen Patienten vorübergehend eine medizinische Versorgung nicht sichergestellt ist.

Gemäß § 5 Absatz 9 Satz 3 BtMVV liegt ein durch einen anderen Sachverhalt begründeter Einzelfall vor, wenn der Patient aus wichtigen Gründen seiner Teilhabe am gesellschaftlichen Leben oder aus wichtigen Gründen seiner Erwerbstätigkeit darauf angewiesen ist, eine entsprechende Verschreibung zu erhalten.

Der Patient hat diese Sachverhalte glaubhaft zu machen (§ 5 Absatz 9 Satz 4 BtMVV). Hierfür werden in der Verordnungsbegründung exemplarisch geeignete Unterlagen wie Nachweise über ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis mit Arbeitszeiten, die ein in der Regel tägliches Aufsuchen der Arztpraxis nicht ermöglichen, oder über einen aus­wärtigen Arbeitseinsatz sowie Nachweise über Urlaubsreisen oder persönliche oder gesellschaftliche Verpflichtungen genannt. Eine Ermittlungsverpflichtung für den Arzt besteht nicht. Vorhandene Erkenntnisse, die geeignet sind, die Glaubwürdigkeit der Angaben des Patienten zu erschüttern, müssen sorgfältig in die Entscheidung einbezogen werden.

Es sind die Vorgaben für eine Verordnung des Substituts gemäß § 5 Absatz 9 Satz 6 bis 8 BtMVV zu beachten.

4.2. Beendigung und Abbruch der substitutionsgestützten Behandlung

Eine reguläre Beendigung der Substitution kann in Abstimmung zwischen Arzt und Patient erfolgen, wenn sie nicht mehr erforderlich oder seitens des Patienten nicht mehr gewünscht ist.

Eine Substitutionstherapie soll vorzeitig beendet werden, wenn

sich schwerwiegende Kontraindikationen ergeben,
sie mit einem fortgesetzt schwerwiegenden Konsum psychotroper Substanzen einhergeht.

Eine vorzeitige Beendigung der Behandlung durch den Arzt kann dann begründet sein, wenn der Patient sich wiederholt und anhaltend nicht an getroffene Vereinbarungen hält.

Behandlungsabbrüche sind mit einem erhöhten Gefährdungspotenzial für die Gesundheit des Patienten verbunden, weshalb versucht werden sollte, Patienten möglichst langfristig in Substitutionsbehandlung zu halten. Vor einer vorzeitigen Beendigung ist daher zunächst zu prüfen, ob die Non-Adhärenz Resultat der zu behandelnden Suchterkrankung oder komorbider Störungen ist.

Sollte ein Behandlungsabbruch dennoch unvermeidbar sein, soll nach geeigneten Behandlungsalternativen und Anschlussmaßnahmen gesucht werden. Bevor eine Behandlung gegen den Willen des Patienten beendet wird, sollten andere Interventionsmöglichkeiten ausgeschöpft worden sein. Hierzu gehören insbesondere Optimierungen des Therapiekonzeptes, z. B. durch Dosisanpassungen oder Einbezug einer psychosozialen Betreuung, sowie Versuche eines Wechsels des Patienten in ein anderes ambulantes oder stationäres Therapieangebot.

Ein Therapieabbruch sollte nicht allein aus einer akuten Situation heraus erfolgen, sondern in einem wiederholten Verstoß gegen getroffene Vereinbarungen begründet sein. Zuvor müssen möglicher Nutzen und Schaden eines Therapieabbruchs gegeneinander abgewogen worden sein. Hierbei ist auch die Situation gegebenenfalls in häuslicher Gemeinschaft mitlebender Kinder zu berücksichtigen.

Bei vorliegender Schwangerschaft sind Behandlungsabbrüche nach Möglichkeit zu vermeiden, da in diesen Fällen eine besondere Gefährdung für das ungeborene Leben besteht.

Kommt es zu einem Abbruch der Behandlung, muss der Patient über die körperlichen, psychischen und sozialen Folgewirkungen aufgeklärt und ihm die Möglichkeit zu einem geordneten Entzug vom Substitutionsmittel gegeben werden. Dazu gehört, dass das Absetzen des Substitutionsmittels ausschleichend in vereinbarten Schritten erfolgt. Möglichst sollte die Überweisung an einen weiterbehandelnden Arzt oder in eine stationäre Entzugsbehandlung er­folgen.

5. Einbeziehung externer Einrichtungen in die Substitutionsbehandlung

§ 5 Absatz 10 BtMVV bestimmt den berechtigten Personenkreis und die zugelassenen Einrichtungen, in denen auf Veranlassung des substituierenden Arztes eine Überlassung des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch erfolgen darf.

Der substituierende Arzt, der in der Einrichtung nicht selber tätig ist, hat mit der jeweiligen Einrichtung eine Vereinbarung zu treffen. In dieser muss mindestens eine in der Einrichtung für die Substitution verantwortliche Person benannt werden. Darüber hinaus muss in der Vereinbarung auch festgelegt werden, wie vom substituierenden Arzt sichergestellt wird, dass das für das Überlassen des Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch eingesetzte Personal fachlich eingewiesen wird und wie erforderliche Kontrollen durch den substituierenden Arzt durchgeführt werden. Unbenommen hiervon besteht die Möglichkeit einer konsiliarischen Substitution durch einen in der Einrichtung tätigen Arzt gemäß § 5 Absatz 4 BtMVV.

6. Qualifikation des behandelnden Arztes

Die Durchführung der substitutionsgestützten Behandlung Opioidabhängiger darf grundsätzlich nur von solchen Ärzten übernommen werden, die die Mindestanforderungen an eine suchttherapeutische Qualifikation erfüllen, die von den Ärztekammern festgelegt werden. Ausnahmen bestehen für eine konsiliarisch durchgeführte Substitution gemäß § 5 Absatz 4 BtMVV sowie für einen Vertretungsfall gemäß § 5 Absatz 5 BtMVV.

Für die diamorphingestützte Substitutionsbehandlung sind zusätzliche Qualifikationsanforderungen gemäß den Regelungen der zuständigen Ärztekammer zu berücksichtigen.

Der Arzt informiert sich gemäß seiner berufsrechtlichen Fortbildungspflicht durch geeignete Fortbildungen über die aktuellen medizinischen Entwicklungen der Suchtmedizin.

Bei Fragen zur Diagnostik oder Behandlung kann die Beratungskommission der zuständigen Ärztekammer konsiliarisch hinzugezogen werden.

7. Dokumentationsanforderungen im Rahmen einer substitutionsgestützten Behandlung

Gemäß § 5 Absatz 11 BtMVV hat der substituierende Arzt die Erfüllung seiner Verpflichtungen nach den Absätzen 1 bis 10 des § 5 BtMVV sowie nach § 5a Absatz 1 bis 4 und § 5b Absatz 2 und 4 BtMVV gemäß den Anforderungen der Bundesärztekammer zu dokumentieren. § 5 Absatz 12 Satz 3 BtMVV bestimmt, dass die Bundesärztekammer Anforderungen an die Dokumentation der Substitution nach § 5 Absatz 11 Satz 1 BtMVV in dieser Richtlinie zu bestimmen hat. Die Dokumentation ist auf Verlangen der zuständigen Landesbehörde zur Einsicht und Auswertung vorzulegen oder einzusenden (§ 5 Absatz 11 Satz 2 BtMVV).

Neben den Regelungen in § 5 Absatz 11 und 12 BtMVV ergibt sich eine Dokumentationspflicht aus dem bestehenden Berufsrecht (vgl. § 10 MBO-Ä) und aus § 630f des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB).

Aufgrund der besonderen Anforderungen an die substitutionsgestützte Behandlung Opioidabhängiger sind bei der Dokumentation gemäß § 5 Absatz 12 Satz 3 BtMVV insbesondere die folgenden Aspekte zu beachten:

a)
Vor und bei Einleitung einer Substitutionsbehandlung sind insbesondere zu dokumentieren:
Opioidabhängigkeit des Patienten gemäß § 5 Absatz 1 BtMVV und Indikationsstellung,
Vorgeschichte des Patienten hinsichtlich der Entwicklung und zeitlichen Manifestierung seiner Abhängigkeits­erkrankung,
eingehende Untersuchung des Patienten,
gegebenenfalls Austausch mit Vorbehandlern über die Abhängigkeitserkrankung, Begleiterkrankungen und Begleitmaßnahmen sowie das verschriebene Substitut und die Dosierung,
gegebenenfalls erfolgte Schweigepflichtsentbindungen,
Durchführung und Ergebnisse von Drogenscreenings,
Abklärung komorbider psychischer und substanzbedingter Störungen inklusive Medikation,
Abklärung begleitender somatischer Erkrankungen und relevanter Vorerkrankungen,
Abklärung einer evtl. bestehenden Schwangerschaft,
Abklärung der aktuellen Lebenssituation und gegebenenfalls vorliegender psychosozialer Belastungen und eines entsprechenden Betreuungsbedarfs,
durchgeführte Empfehlung einer psychosozialen Betreuung,
verschriebenes Substitutionsmittel gemäß § 5 Absatz 6 BtMVV sowie weiterer verschriebener Medikamente,
eine ausnahmsweise und zu begründende Verschreibung einer Zubereitung von Codein oder Dihydrocodein gemäß § 5 Absatz 6 Satz 1 Nummer 3 BtMVV,
Dosierung des verschriebenen Substitutionsmittels,
Einnahme unter Sicht – gegebenenfalls Ausnahmen gemäß § 5 Absatz 7 Satz 2 BtMVV.
b)
Im Rahmen der Erstellung des Therapiekonzeptes und behandlungsbegleitend erforderliche Dokumentationen:
durchgeführte Ansprache möglicher und erreichbarer Therapieziele – einschließlich der Opioidabstinenz,
Festlegung individueller Therapieziele, Zielerreichungen und Zielanpassungen im Therapieverlauf,
Termine und Ergebnisse der begleitenden Patientenkontakte und Kontrollen,
Änderungen der Dosis und des Substituts.
c)
Hinsichtlich einer eigenverantwortlichen Einnahme des Substituts (Take-home-Verschreibung) sind zu dokumen­tieren:
Voraussetzungen und Gründe für eine Take-home-Verschreibung (Berücksichtigung der klinischen Stabilität und Patientencompliance),
gegebenenfalls erfolgte Absprache mit der psychosozialen Betreuungsstelle,
in häuslicher Gemeinschaft mitlebende Kinder,
Aufklärung über eine kindersichere Aufbewahrung,
wiederholte Aufklärung über das Substitutionsmittel und dessen Wirkungen, Nebenwirkungen und Wechsel­wirkungen mit anderen psychoaktiven Substanzen,
vom Patienten glaubhaft gemachte persönliche, berufliche oder medizinische Gründe, die eine über sieben Tage hinausgehende Take-home-Verschreibung erforderlich machen (bis zu 30 Tage),
Begründung der vorgenommenen Rezeptfraktionierungen und Änderungen,
fortlaufende Überprüfung der Voraussetzungen, Gründe und Rezeptfraktionierungen.
d)
Erforderliche Dokumentationen bei Beendigung bzw. Abbruch einer Substitutionsbehandlung:
Gründe für eine Beendigung der Behandlung,
versuchte Anpassungen des Behandlungsregimes,
gegebenenfalls erfolgte Abklärung einer Sicherstellung der Behandlungskontinuität,
gegebenenfalls erfolgte Weiterleitung an eine nachbetreuende Stelle.
e)
Im Rahmen der Substitution in einer externen Einrichtung sind zu dokumentieren:
Voraussetzungen für das Überlassen eines Substitutionsmittels zum unmittelbaren Verbrauch in einer externen Einrichtung, wenn dieses nicht durch den substituierenden Arzt erfolgt (insbesondere Abschluss einer Verein­barung),
Erfüllung der sich aus mit der Einrichtung abgeschlossenen Vereinbarung ergebenden Anforderungen (insbesondere fachliche Einweisung und durchgeführte Kontrollen).
f)
Erforderliche Dokumentationen in Bezug auf eine Konsiliar- und Vertretungsregelung:
Dokumentation der sich aus einer konsiliarischen Substitution gemäß § 5 Absatz 4 BtMVV ergebenden besonderen Erfordernisse,
Dokumentation der sich aus einer Vertretungsregelung gemäß § 5 Absatz 5 BtMVV ergebenden besonderen Erfordernisse (insbesondere Vertretungszeiten, Begründung für eine im Einzelfall vorgenommene Vertretung durch einen nicht suchtmedizinisch qualifizierten Arzt, Schriftwechsel des Vertreters mit dem originär substituierenden Arzt).
g)
Bei einer Behandlung mit Diamorphin gemäß § 5a Absatz 1 bis 4 BtMVV sind die besonderen Dokumentationserfordernisse zu beachten.
h)
Es sind die besonderen Erfordernisse im Rahmen der Meldeverpflichtungen an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) gemäß § 5b Absatz 2 und 4 BtMVV zu beachten.
1
Korrespondenzadresse:
Bundesärztekammer
Herbert-Lewin-Platz 1
10623 Berlin
2
Mit den in dieser Richtlinie verwendeten Personen- und Tätigkeitsbezeichnungen sind gleichwertig beide Geschlechter gemeint. Zum Zwecke der besseren Lesbarkeit wird jeweils nur die männliche Form verwendet.
3
www.bundesaerztekammer.de/Substitution-Anhang-Patientenaufklaerung